[1038] Fremde Gewässer [Benjamin, Iulia]

[Iulia Cornelia]

Ein nachdenklicher Hm-Laut fand hinter geschlossenen Lippen seinen Weg über ihre Nase, bevor die Ventrue attestierte: „Das ist eine interessante Frage über die ich mir so noch nie wirklich Gedanken gemacht habe, wohlwerter Benjamin.“ Für einen Moment senkte sich ebenfalls ihr Blick starr nach unten und ihre Stirn legte sich in zarte Fältchen. Nachdenklich betrachtete sie das Hin und Her der See, die ihre Fesseln kalt umspülte. Schließlich hob die junge Ventrue erneut ihren Kopf und mit ernstem Gesicht blickte sie auf ihr Gegenüber, als sie meinte: „Ich denke ich würde einen Abfall vom Glauben nicht vergeben können.“

Iulia schwieg für einen Moment, als sie erklärte: „Nur über unseren Glauben können wir überhaupt Vergebung erhalten. Wer sich also bewusst vom Glauben abwendet, der wendet sich auch von der Möglichkeit der Vergebung selbst ab. Dessen Weg führt wissentlich und willentlich in die Dunkelheit. Ins Verderben und ins Chaos.“ Erneut pausierte die Ventrue bewusst, bevor sie ergänzte: „Ich denke deshalb könnte ich Niemandem vergeben, der den richtigen Weg zwar sieht, sich aber bewusst dafür entscheidet in die falsche Richtung zu gehen. Jemandem, der nicht umkehrt, so er darauf hingewiesen wird und Buße tut, obwohl ihm die Möglichkeit dazu geboten wird.“

Sanft zuckte die junge Ventrue mit den Schultern, als sie sich interessiert erkundigte: „Doch ihr sagtet ihr würdet keinen unschuldigen töten, was ich interessant finde. Was wäre aber, wenn dieser Tod das Dasein anderer retten könnte? Ein Duzend gegen einen. Hunderte gegen einen. Tausende gegen einen. Gäbe es für euch irgendwann einen Punkt, an dem ihr euch anders entscheiden würdet? An dem ihr auch einen unschuldigen töten würdet?“

[Benjamin]

Interessiert zuckt Benjamins Kopf in Richtung der Ventrue als sie spricht. Seine Augen verengen sich und ein selbstgefälliges Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Es hat beinahe etwas herausforderndes.

„Nein, keine Zahl würde meine Entscheidung beeinträchtigen. Gewalt kann nie der Beginn von etwas Gutem sein, lediglich das Ende.“ sein Blick gleitet an ihrer Silhouette entlang.

„Ich lag also doch nicht ganz falsch. Aber bedeutet Vergebung im Namen des Herrn zu empfangen nicht auch immer Buße und Reue? Was wenn es nichts zu bereuen gäbe werte Iulia?“ seine Füße graben sich in den Sand als er ein Paar Schritte wagt und Iulia seine letzten Worte, sollte sie es zulassen, fast schon ins Ohr flüstert.

[Iulia Cornelia]

Iulia hielt Benjamin nicht davon ab, als er ihr näher kam, noch wich sie vor ihm zurück. Dennoch wurde sein Herantreten ihrerseits von einer womöglich unerwartet gebieterischen Geste ihrer Hand begleitet, die sie zur Seite ausgestreckt hatte. Den kurz aufgekommenen, unruhigen Geräuschen in der Ferne nach, galt dieses Einhalt befehlende Zeichen jedoch offensichtlich ihnen, und nicht dem Assamiten vor ihr.

Diesem entgegnete sie stattdessen mit einer ruhigen und gleichmäßigen Stimme, in der sich keine Furcht widerspiegelte trotz der körperlichen Nähe zu Jemandem, der sich selbst Mörder nannte: „Es ist einfach moralisch zu bleiben, solange die Antwort lautet, dass die Entscheidung Jene treffen, die älter sind als man selbst.“ Die Haltung der Ventrue war noch immer aufrecht und in sich ruhend, als sie fortfuhr: „Schwerer wird es wenn man selbst die Verantwortung für etwas trägt. Wenn man auf sich allein gestellt eine Entscheidung treffen muss.“

Iulia schwieg bewusst für einen Moment, bevor sie nachhakte: „Was wäre, wenn ihr euch bei einer solchen irren würdet, wohlwerter Benjamin? Was, wenn Jemand womöglich bewusst Schmutz und Dreck auf einen völlig unschuldigen abgeladen hätte, damit dieser schuldig erscheint, um euch bewusst zu täuschen? Oder aber wenn das Gegenteil geschehen wäre und Jemand Schuldbeladenes sich selbst derart reingewaschen hat, dass er völlig unschuldig auf euch wirken mag, obwohl er es nicht ist?“

Iulia drehte leicht ihren Kopf ein, als sie nun nicht länger geradeaus sprach, sondern sich dem Banu Haqim zuwandte, der ihr noch immer derart nahestand, dass er den zarten Duft nach Kamille und einer feinen Note, die wohl am ehesten an vergorenen Wein erinnern mochte, riechen konnte, der von ihren Haaren ausging, als sie ihm nun ihrerseits mit sanfter Stimme ins Ohr flüsterte und dabei fragte: „Würdet ihr dann nicht auch Reue empfinden, so ihr auf Grund einer von euch getroffenen Fehleinschätzung einen Unschuldigen getötet hättet, der zum Schuldigen gemacht worden war? Würdet ihr dann nicht selbst Buße tun wollen für eure Tat? Oder wärt ihr gar derart moralisch, euch selbst dafür zu richten, weil ihr mit euren eigenen Idealen gebrochen habt?“

Sichtlich interessiert lagen die blaugrauen Augen dezent gesenkt auf ihrem Gegenüber, während in ihrer Stimme keine Herausforderung oder gar ein Vorwurf zu hören war. Stattdessen wirkte die Ventrue tatsächlich neugierig darüber, wie Jemand wie er, dessen Clan man nachsagte gewissenlose Mörder zu sein, dazu stehen würde.

[Benjamin]

„Ich irre mich nicht.“ ist das einzige was er auf ihre ganzen Fragen und Konjuktivitäten antwortet. Es sind nur ein paar Worte, doch in ihnen liegt so viel Selbstsicherheit das sie ihresgleichen sucht. Ein Blick nach oben, ganz nah vor Iulias Gesicht, ehe er wieder etwas Abstand nimmt.

„Aber Ich merke wir bewegen uns viel im Reich der Möglichkeiten, Hätte, Könnte, Würde Fragen und Aussagen. Bleiben wir doch beim hier und jetzt.“ langsam beginnt er um sie herum zu laufen , nicht fordernd, nicht aggressiv, mehr als wolle er den Blick auf das frei geben was hinter ihm liegt.

„Schaut euch die Schönheit von dem an was direkt vor euch liegt. Fühlt einmal das Hier und Jetzt anstatt euch euer Herz mit dem Schmerz von Morgen zu beladen. Ich hätte mir tatsächlich ob der Hoffnungslosigkeit unserer Welt, und nicht wegen eines Fehlers, das Leben nehmen müssen wenn ich diesen Fehler regelmäßig begehen würde.“ erklingt seine Stimme je nachdem hinter ihr, oder ihr gegenüber, sollte sie sich mit ihm gedreht haben.

[Iulia Cornelia]

An dem Punkt an dem Benjamin an ihr vorbeischreiten wollte, drehte sich die Ventrue in einer ruhigen Bewegung ein und trat einen halben Schritt zurück, ganz so, als würde sie sich mit ihm in einem höfischen Tanz bewegen, ohne dass sie dabei auch nur einen Moment ihre Augen von ihm ließ oder es unnatürlich gewirkt hätte.

Ein Lächeln lag dabei auf ihren Lippen, als sie mit milder Stimme feststellte: „Natürlich irrt ihr euch nicht. Das würde ich auch nie behaupten. Deshalb war es auch nicht mehr als ein Gedankenspiel. Allerdings ist in unserer Welt nur eines ziemlich sicher, nämlich dass eigentlich nichts wirklich sicher ist.“

Während sie weiter sanft mit seinen Bewegungen wog, erklärte sie: „Ich sehe mich um, doch ich sehe die Hoffnungslosigkeit von der ihr sprecht nicht. Das mag daran liegen, dass ich die Domäne meiner Ältesten Heimat nennen darf.“

Iulia zuckte leicht mit den Schultern, als sie meinte: „Ich würde euch wünschen, dass ihr eines Nachts die Schönheit darin selbst erkennen könntet.“

[Benjamin]

Benjamin erwidert die Anklänge an einen höfischen Tanz. Bis er geschmeidig stehen bleibt und Iulia lange anschaut während er sachte lächelnd den Kopf schüttelt. Es ist auch eine Veränderung in seiner Körpersprache zu erkennen. Sie wirkt leichter, fließender, offener.

"Eure Jugend ist erfrischend und schön zugleich werte Iulia. Sie zeigt soviele Blickwinkel neu auf, die schon lang vergessen sind. Vielleicht sollte Ich versuchen jene Blickwinkel wieder einzunehmen." während er das sagt beobachtet er seine Innen und Außenfläche der Hand während er sie gegen das Mondlicht hält.

"Wie würdet ihr den Rest der Nacht, sofern ihr Ihn mit mir verbringen wollen würdet, gestalten?" seine Aufmerksamkeit wandert wieder ganz auf seine Gegenüber.

[Iulia Cornelia]

„Weshalb sollte ich das denn nicht wollen, wohlwerter Benjamin? Ihr hattet euch schließlich bisher als ein ausgesprochen interessanter und äußerst charmanter Gesprächspartner erwiesen. Es wäre mir entsprechend eine Freude, den Rest der Nacht mit euch zu verbringen. Auch wenn es wohl leider nicht die ganze Nacht sein kann.“, entgegnete die Ventrue mit einem wohlwollenden Lächeln auf den Lippen freundlich und recht zügig auf den mittleren Teil der Frage, bevor sie ihm sanft zunickte.

„Ich kenne euch und eure Vorlieben zu meinem Bedauern noch nicht gut.“, stellte Iulia nachdenklich fest, bevor sie leicht mit den Schultern zuckte und meinte: „Ich würde dies zuerst ändern und herausfinden wollen was euch bewegt. Was euch persönlich wichtig ist abseits der Verpflichtungen gegenüber eurem Clan oder euren Auftraggebern.“

Iulias Hand beschrieb eine einladende offene Geste, als sie sprach: „Was ihr beispielsweise nur für euch selbst tut, weil es euch Freude bereitet oder auch weil ihr es genießt zu tun. Ich würde dann schauen, ob und wo wir womöglich gemeinsame Interessen hegen. Wo wir uns womöglich unterstützen oder auch worüber wir uns austauschen könnten. Ich würde dafür sorgen, sofern es mir möglich ist und auch ihr noch einige Zeit mit mir verbringen wollen würdet, dass ihr es nicht bereuen werdet, euch dafür entschieden zu haben, eure kostbare Zeit mit mir verbringen zu wollen.“

[Benjamin]

"Eine äußerst gut Frage werte Iulia." antwortet er auf ihre Frage bezüglich dem was ihn bewegt. "Eine Frage die ich mir selbst erst vor einigen Momenten gestellt habe. Natürlich nicht in dem Ausmaß in welchem ihr sie nun aufbringt, aber doch ist es im Grunde die gleiche Frage." kurz pausiert er un hält nachdenklich inne.

"In meinem früheren Leben war Ich der zweite Sohn einer christlichen Händlerfamilie in al-Hadim, oder wie es die Christen nennen Palermo auf der Insel Sizilien. Ich studierte Handelsrouten, Zählweisen und Systeme diese zu organisieren. Etwas davon hat sich auch in diese Existenz übertragen. Wenn man sämtliche weltlichen Anker von etwas entfernt dann bleibt nicht viel außer die dahinter stehende Struktur. Das System wenn ihr so wollt. Sei es noch so abstrakt. Auf Aktio folgt Rekatio wie es von den Griechen überliefert ist, doch nicht immer direkt, manchmal subtiler und manchmal sind so viele Faktoren beteiligt das es schwer wird zu erkennen welche Aktio welche Reaktio forciert hat. Ich verstehe ein solches System gerne, versuche die versteckten Mechanismen und die dahinter steckenden Prinzipien zu erkennen. Es bereitet mir persönliche Freude und zwingt mich in gewisser Weise dazu immer neue Sachverhalte in bestehende Systeme zu integrieren sowie neue Systeme zu ergründen. Es lässt mich zum Teil einer Welt werden von der Ich schon lange kein Teil mehr bin." wenn man Benjamins Augen in diesem Moment beobachtet sieht man das sein jugendlicher Körper von dem Gefühl was sie ausdrücken lügen gestraft wird. Es sind die Augen eines Reisenden, der viel gesehen und beinahe so viel schon wieder vergessen hat.

Er tritt nach ihrer einladenden Geste wieder näher an sie heran. "Keine Angst Ich habe weder das Gefühl Ich würde meine kostbare Zeit verschwenden, noch das Ich die verbrachte Zeit bereuen könnte. Um auf Meine mir selbst gestellte Frage zurückzukommen. Ich hatte mich gefragt was Ich in dieser heutigen Nacht erreichen will. Was das gewünschte Ergebnis unserer Unterhaltung sein sollte. Sagen wir einfach Ich habe gewisse Informationen durch die Ich zu dem Schluss kam, dass obwohl ihr noch ein Kind seid werte Iulia, eine positive Bindung zu euch aufzubauen, sehr vorteilhaft sein kann. Doch während unseres Gesprächs gerade habe Ich für mich entschieden, dass Ich weder persönliche Freude darus ziehe noch das Ich jemand bin der sich solcher versteckter Taktierspielchen bedienen will. Ich will Euch stattdessen lieber kennenlernen, sehen ob Ich euch bei der Bürde von der wir vorher geredet haben helfen kann. Statt also dafür zu sorgen, dass ihr meinen Blickwinkel annehmt würde Ich lieber erkunden ob Ich nicht Teile eures, noch sehr jungen Systems, in mein System importieren kann." vielleicht nicht ganz die Antwort die sie erwartet hatte, aber die die jemand wie er lieber gab als eine zur Schau Stellung seiner Talente.

[Iulia Cornelia]

„Bürde?“, fragte Iulia überrascht mit einer sanft gewellten Stirn, bevor sie leicht den Kopf schüttelte und erklärte: „Ich fürchte ich kann euch nicht folgen, wohlwerter Benjamin. Auch verstehe ich nicht, was ihr mit meinem oder eurem System meint. Oder wie ihr gedenkt, dies zu importieren.“ Die blaugrauen Augen der Ventrue verweilten weiter fragend auf ihrem Gegenüber.

[Benjamin]

„Ihr müsst es auch nicht verstehen werte Iulia. Ihr werdet es aber noch, wenn ihr es nicht schon zum Teil tut.“ er lächelt und beschreibt mit seinen Händen einen Kreislauf. „Manche Dinge muss man mehrmals durchlaufen um die dahinter liegenden Motivationen, Ziele und Mechanismen zu verstehen. Alles was wichtig ist, ist das ich gerne Zeit mit euch verbringe. Wie denkt ihr von mir werte Iulia, und was bereitet euch Spaß, außerhalb von Dingen des Clans? Was sind eure Ziele?“ gibt er die Frage umgehend zurück.