[1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, Valerios]

[August'20]
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Iulia Cornelia
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Wachen waren etwas weiter den Berg hinaufgegangen und ruhten sich abseits auf der Erde sitzend nach dem anstrengenden Aufstieg aus. Und während der Blick ihres Gegenübers auf dem Boden und später den Sternen lag, schien Iulia ihre Augen noch nicht gänzlich von ihm lassen zu können. Geradezu fasziniert sah sie ihn weiter an, bevor ihr Gesicht auf seine Frage nach dem gesellschaftlichen Leben von Genua hin betrübter wurde und sie sich von ihm abwandte, während sie das Windlicht neben der Tür abstellte.

Für einen Moment verblieb die Ventrue stumm, während sie in die Ferne der Stadt blickte. Dann erklärte sie mit gesenkter Stimme: „Es sind unruhige Zeiten in denen ihr nach Genua gekommen seid, werter Valerios, und die Nächte nach dem hundertjährigen Jubiläum des Prinzen haben ihre Spuren in der Stadt hinterlassen, wie auch im gesellschaftlichen Leben der Domäne.“

Iulias beinahe marmorfarbenen feingliedrigen Hände erschienen unter ihrem Umhang, bevor sie diesen etwas aufschob, als sie ihre Hände etwas zur Seite ausbreitete und sich erkundigte: „Doch wo bleiben meine Manieren? Bevorzugt ihr es hier draußen zu sitzen und den Ausblick zu genießen, werter Valerios oder möchtet ihr lieber im Inneren verweilen?“
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Valerios
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Valerios »

"Lasst uns noch einen Moment hier in der Dunkelheit verweilen, meine Teuere. Es ist seit meiner Ankuft selten, dass ich die beiden Sternbilder so klar sehe wie auf See, die meinem Clan so viel bedeuten.

Vielleicht ist es mein unzureichendes Italienisch, Signorina, aber es ist bereits das dritte Mal, das ihr von einem Prinzen sprecht, nicht einer Prinzessin. Was hat es damit auf sich?"
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
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Iulia Cornelia
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia erwiderte Valerios Entscheidung mit einer einladenden Geste auf die Bank, während sie selbst das Windlicht zum Erlöschen brachte, bevor sie sich neben dem Setiten im angemessenen Abstand niederließ. Ihr Blick folgte dem Seinen, während sie ihm weiter zuhörte. Als er endete, lächelte die Ventrue auf seine Frage hin sanft, schüttelte dann jedoch leicht den Kopf, bevor sie ihm versicherte: „Euer Italienisch ist ganz hervorragend und ebenso euer bemerkenswertes Ohr für Details.“

Iulias gepflegte Hände lagen ruhig und geradezu züchtig auf ihren Knien, während sich ihr Umhang weiter geöffnet hatte, nachdem sie saß. Ihre blaugrauen Augen fanden auf den Setiten zurück, als sie meinte: „Erlaubt mir eure Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten, werter Valerios, auch wenn dies gemeinhin als nicht sonderlich schicklich angesehen wird.“

Die Ventrue schwieg für einen kurzen Moment, bevor sie sich bei ihrem Gast erkundigte: „Wie kommt es, dass ihr und auch andere Aurore als Prinzessin bezeichnet, wo selbst die Prinzen von beispielsweise Asti, Rapallo oder auch Lucca als Prinz angesprochen werden, obwohl auch sie in ihrem sterblichen Dasein einst dem weiblichen Geschlecht zugehörig waren?“
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Valerios
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Valerios »

Valerios blickte die Ventrue etwas unschlüssig an:

"Ich kann nur für mich sprechen, aber meine Intuition sagt mir, bei einem Monarchen weiblichen Geschlechts, von Ihr als Prinzessin respektive Königin zu sprechen ganz gleich wie groß oder klein das Reich ist, das Sie beherrscht. Prinzessin Dido von Karthago; Semiramis, Königin der Assyrer; Kleopatra, Herrin der Vollkommenheit; Hatscheput, die Erste unter den vornehmen Frauen oder Helena, Prinzessin von Troja.

Aber falls das Protokoll auf den Festland es gebietet, Ihre Majestät mit dem offiziellen Titel des 'Prinzen' von Genua und Oristano anzusprechen, so will ich das ab sofort tun.

Vermutlich täuscht mich meine Erinnerung an die Proklamation des sehr verehrten Regenten von Oristano Josef Szókyel, Anchilla vom Clan der Gelehrten, aber mir dünkt auch er sprach von Ihrer Majestät mit einem weiblichen Titel.

Wenn es euch gefällt, kann ich die Harpyie in Caliagri bitten, dieses protokollarische Missgeschick auf dem Süden der Insel zu unterbinden.

Auch wenn euer letzter Satz, die Türe öffnet, zu der Frage, ob es wirklich eine Frage des Protokolls ist, die wir hier betrachen oder nicht vielmehr die metaphysische Frage, ob der Natur der Verwandlung durch das unsterbliche Blut.
Sollten wir als ehrbarer Mann und ehrbare Frau über diese Frage Zwiesprache halten, begäben wir uns möglicherweise an die Grenze des Schicklichen."


Der Lächeln der Schlange lässt offen, ob diese Grenzziehung als eine rein rhetorische oder als eine tatsächliche gemeint ist.
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Iulia Cornelia
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Ja, womöglich begäben wir uns damit an die Grenze des Schicklichen.“, erwiderte Iulia amüsiert mit einem Lächeln auf den sanften Lippen, von dem unklar war, ob sie diesen Umstand nun als erfreulich ansehen würde oder nicht. Dann schüttelte sie leicht den Kopf und sprach an ihn gewandt: „Tatsächlich ist die Antwort auf eure Frage, warum ich über meine Älteste Aurore als Prinz spreche, so unspektakulär wie auch denkbar einfach. Mein Erzeuger hatte es mir so beigebracht und ich habe es so beibehalten.“ Die Ventrue zuckte leicht mit den Schultern, bevor sie ihren eigenen Blick in die Sterne gleiten ließ und sich erkundigte: „Diese Sternbilder von welchen ihr gerade gesprochen habt. Könnt ihr mir sagen, wo sie sich befinden und was sie für euren Clan bedeuten?“
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Valerios
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Valerios »

Er zwinkerte der jungen Frau zu. Die Einfachheit ihrer Antwort amüsierte ihn.

"Seht ihr dieses lange Band an Sternen, das sich von Ost nach West fast über den gesamten Himmel zieht. Das ist das Sternbild Schlange. Sein hellster Stern ist عنق الحية*, das Herz der Schlange.
Und dieser Kreis, das ist der Schlangenträger, in der griechischen Sagenwelt Asklepios, der heilige Arzt, der so heißt es ebenso wie der heilige Lazarus die Toten auferwecken konnte. Der Sage nach würden ihm die Kräuter für dieses Wunder von einer Schlange gezeigt.

Darüber hinaus lehren die beiden Figuren, die zwei Wege zur Perfektion.

Das Tier, die Bestie, die Schlange - die in der Sagenwelt Ägyptens die Überbringerin der Königswürde und Beschützerin des Pharaos darstellt, strebt in die Weite, sie symbolisiert das Wissen IN der Welt. Er verkörperte die Weisheit der Ältesten Toreador, Brujah, Gangrel, Nosferatu, Ravnos und Tschimich.

Der weise Mann, der Unsterbliche strebt in die Höhe, er symbolisiert das Wissen ÜBER die Welt hinaus.
Er verkörpert die Weisheit der Ältesten Ventrue, Kappadozius, Lasombra, Salubri, Haquim und Malkav."



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*Arabisch: ʿunuqu ʾl-ḥayya
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Iulia Cornelia
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulias blaugraue Augen suchten nach dem von Valerios beschriebenem Band, während sie ihm offenkundig gespannt dabei zuhörte. Als er geendet und nicht weitergesprochen hatte, fanden sanfte Fältchen auf ihre Stirn, als sie offenkundig darüber nachzudenken schien, was er gesagt hatte. Schließlich sah sie fragend zu ihm zurück, als sie sich höflich und interessiert erkundigte: „Wie kommt es, dass ihr euren Clan nicht erwähnt hattet, werter Valerios? Es heißt ihr und die euren wären Händler, doch ich bezweifle, dass sich dies auf ein sterbliches Handwerk beziehen soll.“
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Valerios
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Valerios »

"Ich hatte mich als Neugeborener des Clans des Seth vorgestellt. Meine Vorstellung war nach guter Sitte sehr ausführlich, da mag der Clansname etwas untergegangen sein.
Aber ja, der Clan des Seth, oder Mu'min bin Seth* - Ehrfürchtige Abkömmlinge des Seth wird in der Umgangssprache als der Clan der Schlange, oder noch profaner der Clan der Schlangen bezeichnet.

Wir sind durchaus auch in dem Handel auf sterblicher Ebene involviert - ihr könnt also durchaus das Ebenholz im Kontor von Lorenzo de Luca begutachten - aber ja
auch in der Unsterblichen Gesellschaft treiben wir Handel.

Wir sehen den Umgang mit Gefallen weniger als eine Sache der Ehre - sondern im Sinne der Hawala** - als eine Währung des Vertrauens.

Soweit wir es vermögen, beschaffen wir für unsere Auftraggeber, was diese begehren. Informationen, Geschäftspartner, Gegenstände, Sterbliche, Veränderungen - oder besorgen die Erfüllung von Aufträgen durch Dritte.
Da wir große Herden zu unterhalten pflegen, besorgen wir in vielen Städten die Versorgung mit exquisitem, hochwertigen Blut - sowohl für Einzelpersonen als auch für Abendgesellschaften, Elysien oder Gästehäuser. So es nicht mit dem Amtsverständnis der Harpyien in einer Stadt konfligiert, bezeugen wir auch geschlossene Verträge delikater Natur in genauer Formulierung oder unterstützen beim Aufsetzen der Vereinbarung. Für ausgewählte Kunden treten wir auch als Advokaten auf.

Auch ermöglichen wir durch anonyme Vermittlung Geschäfte zwischen eigentlich verfeindeten Parteien. Auch das Einlösen von Gefallen unseres Clans bei Dritten fällt unter unser Verständnis von Handel. WIr setzen dabei auf langfristige Handelsbeziehungen. So fördern wir explizit auch den Aufstieg junger aufstrebender Mitglieder von Domänen, an deren Wert wir glauben durch das Gewähren von Gefallen.

Da sich unsere Unternehmung hier in Genua noch im Aufbau befindet, sind wir aktuell noch dabei soziales Kapital zu erwerben und treten eher als Gefallennehmer als als Geber auf. Noch sind daher unsere Dienste im Verhältnis eher günstig, ein Geschäft zu dieser frühen Phase verspricht also eine hohe Wertsteigerung im Laufe der Jahre."


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*Arabisch: genauer "Gläubige Diener"
** Arabisch/Hindi: Wechseln, Überweisen, Vertrauen - informelles arabisches Handelssystem
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Iulia Cornelia
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia nickte verstehend und meinte: „Das ist sicher keine einfache Aufgabe, der euer Clan da nachgeht. Gerade in Genua. Vor allem nach dem hundertjährigen Thronjubiläum des Prinzen, auf dem sich aus gewährten Gefallen herausgewunden wurde oder nach den darauffolgenden Nächten, in denen sich das Misstrauen der Genuesen gegenüber Mitgliedern der See der Schatten weiter erhärtet hat. Ich fürchte, ihr könntet es womöglich gerade deshalb mit euren Plänen hier nicht leicht haben. Ich heiße euer Hiersein jedoch gut und hege keine Vorbehalte diesbezüglich, denn Gefallen sind die Währung unserer Gesellschaft, mit denen wir letztlich alle bezahlen.“
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Valerios
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Re: [1039] Ein Licht in der Dunkelheit [Iulia, offen]

Beitrag von Valerios »

"Nun ja, schwieriges gesellschaftliches Gelände erschreckt einen Sarden nicht, auch auf der Insel kam es durch den Machtwechsel zuletzt zu Verstimmungen.
Aber erzählt doch etwas mehr von diesem unangenehmen Zwischenfall auf dem Thronjubiläum und dem Verhältnis der beiden Bündnissysteme und ihrer Mitglieder in der Stadt. Es klingt ja als hätte der Leumund mindestens einer Person, dabei Schaden genommen."
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