[1040] In einer neuen Nacht erwacht [Alain, Aurore (SL)]

[La Cronista]

Die helle Stimme der Herrscherin Genuas hallte durch den hohen Raum.

"Willkommen zurück, Alain. Lucio hat dich ja schon ein wenig informiert.
Es gibt einige Dinge über die wir bedauerlicherweise sprechen müssen."

Ihr ernster Ausdruck bei diesen Worten wechselte zu einem etwas sanfterem und eine Hand fuhr durch die Luft, gebot Alain zu sprechen und sich zu erheben.

"Berichte mir von der Nacht als du in Starre geschlagen wurdest. Von Anfang an."

Ein Bein über das andere legend, die Hände ruhig darauf gebettet erwartete sie den Bericht.

[Alain le Beau]

"Öh... Höchst verehrte Aurore..." Wer Alain kennt, könnte das Gefühl bekommen, dass er unter Drogen steht, so benebelt wirkt sein Verstand. Aber wer hätte ihm diese verabreichen können? Oder wurde nicht nur sein Körper, sondern auch sein Kopf verwundet? "Also, von der Sache mit Benjamin wisst ihr. Also ich hatte Benjamin gesagt: 'Wir sollten zusammenarbeiten'. Wegen, ihr wisst schon, Genua und die See der Schatten zusammen. Hab gedacht das wär ein gutes Signal. Also, das hat ja nicht geklappt." Erst jetzt scheint sein Kopf die Handbewegung zu registrieren und er versucht schwankend auf die Beine zu kommen. Aber diese haben ihn gerade noch so an ihre Tür gebracht, nun versagen sie den Dienst und Alain schlägt schwer auf dem Boden auf, mit einem schmatzenden Geräusch in der Bauchgegend.

Nach einigen Sekunden stützt er sich auf die Ellenbogen und bringt sich in eine Haltung, die man mit viel gutem Willen als "kniend" bezeichnen könnte, auch wenn einige Winkel nicht stimmen. "Benjamin..." sagt er dann "...hat gesagt ich will eine Belohnung und ich hab gesagt das ist deine Aufgabe als Liktor und das fand er nicht gut, da hat er über das Schiff und über Bord gejagt." Er stutzt und seine Zunge hängt leicht heraus. "Wir mussten lange schwimmen..." sagt er, während er nach dem verlorenen Faden sucht. "Ah! Ja und darum haben die Sterblichen Zeit für eine Falle gehabt, aber sie war nicht gut. Äh..."

Er reibt sich vorsichtig die Stirn. "Also ich hab gedacht Gasparo ist schlau und die Ah... also, er hat sich gut gemacht, also wär' er ein guter Zeuge und ihm vertraue ich mehr als anderen, darum hab ich ihn als Zeuge geladen. Und Arash, weil wir haben ja seinen Bruder gesucht und er ist Gangrel. Die können kämpfen." Die Stimme krächzt, versagt immer öfter den Dienst. "Also, die Falle war nicht gut. Hab sie direkt gerochen. Die haben mit Öl geschmissen, also, die wussten wer wir war'n und dann konnten wir sie töten, aber wir haben die, äh, Stille haben wir nicht gebrochen." Darauf scheint er stolz. "Dann haben wir sie befragt, hehe, da hat mir der eine verraten, dass der andere was wusste und der hat mir dann verraten was er wusste und so wusste ich wo der Gangrel liegt. Haben gedacht, wir müssen ihn ausbuddeln nur, also ist Gasparo mit den Gefangenen weg. Arash und ich sind hin."

Wieder stutzt der brabbelnde Idiot, bevor er sich fängt. "Ah, der Gangrel Cylo...Cynus..., die Bestie, der war im Apfelhain bei Ravecca verbuddelt. Aber jemand hat da Zelte aufgebaut und Söldner drin. Bestimmt die Gangreliten! Weil die mussten den ja jetzt beschützen. Waren Söldner und zu viele. Hab euch, äh, höchst verehrte Aurore, und diesem verdammten Ly..." Nun stockt er, aber eher aus Schock denn aus Verwirrung. "Dem, äh, dem sehr verehrten Seneschall hab ich ja immer wieder Bericht erstattet. Ja und sein Kettenhund, der Salvador, der Verräter, der hat mir gesagt, ich soll ihn holen wenn jemand sterben soll. Also hab ich ihn jetzt geholt. Bin ja nur die Harpyie. Also haben wir alle angegriffen zusammen. Viele Männer von Salvador und er selbst, dann Arash und seine Bogenschützen, ich, meine Ghule Sergio und Beppo, ja, und Lucio und meine Männer, alle zusammen, aber jetzt sind die alle tot. Weil Salvador hat, als die Söldner tot waren, mich zusammengehauen, Arashs Verwundete getötet. Mehr weiß ich nicht. Bis hier. Sind alle tot, weil sonst hätte ich Sergio hier, und..."

Alain hat leise zu weinen begonnen. "Und die weißen, die weißen Strände von Aremorica. Ah, meine Heimat, meine Heimat!"

[La Cronista]

Aurores Blick verdüsterte sich nach den ersten Sätzen des Tzimisce, während Alain sprach sah sie zu Lucio mit einem fragenden Ausdruck und ihre Augen deuteten dabei auf Alain.
Lucio zuckte mit den Schultern.
Als Alain geendet hatte, blieb etwas Stille, bis Aurore wieder sprach.

„Dir scheint es schlechter zu gehen als ich erwartet hatte…hm“ Das irritierte sie wohl.
Dennoch fuhr sie mit der Befragung fort:
„War dies ein und dieselbe Nacht, als du bei Benjamin warst? Und hat Salvador etwas zu dir gesagt bevor er dich angriff?“

[Alain le Beau]

"Nein nein, das war die Nacht davor, aber die Falle war ja nur möglich deswegen und es ärgert mich halt", sagt Alain mit missmutigem Gesicht. "Die See der Schatten, ihre Vasallen, sie sind euch nicht treu. Nicht wie ich, der ja im Auftrag der Höf..." Der Tzimisce blinzelt einmal, zweimal. Dann beißt er sich auf die Lippe und wird bleich. "Sal-sal-salvador hat nichts gesagt", setzt er hastig hinzu, als könne er seine Worte übermalen. "Er hat gegrinst. Gegrinst und mich aufgeschlitzt, und Arashs Männer starben zur selben Zeit, der werte Arash ist euch ja auch treu ergeben!"

Seine Hände zucken. "Sie stecken alle unter einer Decke, die Schatten! Der sehr verehrte Lydiadas hat mir aufgetragen, die Bestie zu finden. Hat mir Dinge versprochen. Vergebung! Mehr Diener! Und nun klagt er mich dafür an!" Ein jämmerlicher Tonfall, ein jämmerlicher Anblick.

[La Cronista]

Aurore schwieg eine Weile mit wenig Regung in ihrem Gesicht, bis sie wieder ruhig sprach:
"In dieser Welt gibt es wenig Freunde, Alain. Es war töricht von dir Salvador oder auch Lydiadas zu vertrauen. Für ihn bist du nur ein Spielstein, den er benutzen kann um in seinem Spiel vorran zu kommen und mir zu schaden."

"Und du warst so töricht ihm dabei in die Hände zu spielen.
Sag mir. Besitzt du mehr Blutsdiener als drei?"

[Alain le Beau]

Alain schiebt die Unterlippe vor wie ein Kind, das beim Griff in die Keksdose ertappt wurde. "Ja, sicher, noch. Waren ja erst, äh..." Er zählt langsam, Zunge zwischen den Lippen, an seinen Fingern ab "...fünf, äh, sechs Jahre. Wollte sie nicht einfach umbringen. Verschwendung. Hab gedacht, ich nutze sie, um die freien Ghule zu fangen, dabei sterben einige, den Rest behalte ich als Belohnung." Er runzelt die Stirn. "Ich darf drei haben. Ich brauch mehr. Lydiadas, der sehr verehrte, hat gesagt, ich kann mehr haben, wenn er den Gangrel kriegt. Hab ihm nicht vertraut. Daher die Zeugen. War ihm aber egal."

Seine Hand krampft um seinen Bauch, während er vor Aurore hin- und herschwankt. Der Blick geht durch den Boden hindurch, in weite Ferne. "Hab den Gangrel gefunden. Nicht die Liktoren. Nicht die Geißel. Ich! Hab ihn gefunden..." Er lächelt ein geistesabwesendes, schwachsinniges Lächeln. "Jetzt krieg ich mehr Diener als die Malkavianer. Als Toma. Ha! Und ich krieg noch mehr sobald ich die Rosa finde. Und ihre Freunde." Er blinzelt. "Muss sie suchen und finden."

Alain versucht aufzustehen, rutscht erneut aus und bleibt in seiner blutigen Spucke liegen. Diesmal richtet er sich nicht wieder auf.

[La Cronista]

Aurores fein geschwungenen Augenbraue hob sich einmal kurz nach oben bei dem was Alain sagte, doch erwiderte sie nicht zu allem etwas.

„Der Gangrel Cynolycus wurde nicht gefunden bisher. In dem genannten Obsthain konnte er nicht gefunden werden. Salvador hat noch in derselben Nacht versucht ihn auszugraben aber nicht gefunden. Es steht zu vermuten, dass die Menschen ihn bereits wieder weggebracht hatten. Doch immerhin konnten die von dir gefangenen Sterblichen einen Einblick in die Struktur dieser Jäger bringen.
Du hast gute Arbeit geleistet was das angeht, auch wenn es doch recht ungewöhnlich für eine Harpyie ist zu solchen Maßnahmen zu greifen“.
Ein aufmerksamer Zuhörer mochte ein feine Spur an Geringschätzung in ihrer Stimme vernehmen, doch Alains war nicht in der Lage diese Leistung an Konzentration aufzubringen.

„Für die Gefangennahme der beiden Sterblichen, gestatte ich dir einen weiteren Diener zu deinen sonstigen drei als Belohnung.
Salvador verlor im Übrigen all seine Söldner für sein Eingreifen und der damit verbundenen Behinderung Cynolycus zu finden.

„Dennoch hast du gegen eines meiner Gesetze verstoßen. Hast deine Diener nicht gemeldet. Nicht um Aufschub gebeten, nicht um die Verschonung ihrer Leben gebeten. Du hast sie versteckt und gehofft, dass es keiner herausfindet.“
Das war keine Frage. Mit eisiger Härte starrten ihre blauen Augen auf den Tzimisce hinab.

„Du hast ihr Schicksal entschieden und nicht genug dafür getan, dass sie ohne dich überleben und versorgt werden. Es gab bereits Unschuldige, die von einem der deinen ermordet worden, auf seiner Suche nach Blut. Es war Dank den Nachforschungen Lydiadas, dass seine Leute die Leichen fanden bevor Menschen darüber stolperten.“
Darüber war sie offensichtlich nicht glücklich.

„So es so war.
Doch selbst wenn es eine Farce von Lydiadas sein sollte, so waren es deine Entscheidungen die all diese Menschen in eine Lage brachten aus der sie allein nicht entkommen können und mich in Zugzwang. Was ich dir zur Last lege.

Du hattest bereits mehr Diener als so manch anderer und hast ihre Leben verspielt.“
Eine tiefe Zornesfalte hatte sich auf ihrer Stirn gebildet.

„Deine Diener befinden sich derzeit in der Gefangenschaft von Lydiadas bis zur Verurteilung, welche ich zur Bestrafung der letzten Stillebrecher sprechen werde, welche dich auch noch erwartet.
Du kannst nun vier wählen, die du sofort von ihm wiederbekommst. Über die anderen wird später entschieden.“

„Über den Termin der Verurteilung und Vollstreckung wirst du später noch informiert.“

[Alain le Beau]

Es ist unklar, ob Alain ihre letzten Worte überhaupt noch gehört hat. Zumindest kommt von ihm nichts weiter als ein Röcheln. Offenbar hat ihn die vorherige Situation seine letzten Kräfte gekostet.

[La Cronista]

"Was soll das?" fragte Aurore verärgert. Als keine Antwort mehr kam, runzelte sie die Stirn und bedeutete dann Lucio mit einem Fingerzeig auf Alain zu diesem zu gehen.
"Bring ihn weg und finde heraus was mit ihm los ist. Ein solches Verhalten muss ich nicht weiter mit ansehen."

So packte der Ghul Alain unter den Armen und trug ihn, so er nicht mehr selbst laufen konnte aus dem Thronsaal.
In seinem Zimmer zurück wurde dem Tzimisce noch einmal Blut gereicht, wie auch die nächste Nacht.
Diesmal auch etwas mehr.

"Was ist mit euch?" fragte der Allesfresser und schien entweder besorgt oder zumindest an diesem Zustand interessiert.
Es war auch in der zweiten Nacht, dass Lucio ihm eine neue Information brachte.
"Ich habe im Übrigen nach eurem Luca gesucht. Bei dem hochverehrten Seneschall ist er nicht, doch meint dieser, dass der Salubri Nicolo ihn nun besitzen würde. Ebenso konnten sie einen eurer Diener nicht finden, irgendein Riccardo."

[Alain le Beau]

"Nicolo!" Das Wort immerhin ist deutlich zu verstehen, offenbar hat die Erholung zumindest ein wenig geholfen. "Nicolo..." Er schüttelt den Kopf, schwach wie ein Kätzchen. "Staglieno... Andrea..." Ein Flüstern. "Wirtshaus... Bringt mich... Wirtshaus."