[1041] Wem kann man vertrauen? [Alain, Anastasia]

[Alain le Beau]

An der Tür steht bereits Luca, der Anastasia nicht wirklich in die Augen sieht, sie aber hineinführt. Durch den reich geschmückten Vorraum, in dem die beiden Statuen auf sie hereinsehen, bis in die große Halle, wo Alain mit verschränkten Armen steht, seine Leibwächter neben ihm. Der eine hält Speer und Schwert in der Hand - eher demonstrativ als praktisch - während sich der andere, kleinere seine Fingernägel mit einem Messer reinigt. Beide sind sichtlich gealtert und wirken nervös.

"Wie schön, dass ihr kommen konntet, werte Anastasia", sagt der Drache, während Luca sich verneigt und hinauseilt. "Auch wenn ich wirklich wünschen würde, ihr würdet euch anmelden, bevor ihr in meiner Zuflucht herumschleicht. Insbesondere, wenn man bedenkt, warum ihr hier seid. Luca hat euch informiert, ja?"

[Anastasia]

Anastasia nickt. "Verzeiht, dass es mir nicht gelungen ist, euch ungesehen und unbemerkt zu erreichen, wie es euer Wunsch war. Als Luca bei mir war, hatte er Angst. Sehr viel davon. Und sie rührte nicht nur daher, dass er in Clavicula weilte. Da meine Schleiferei nicht befestigt ist und ich Lauscher nicht ausschließe, habe ich mit Absicht keinen Tag genannt, damit mögliche Lauscher nicht den Vorteil des Wann bekommen. Luca sagte aber, es sei dringlich, also kam ich schnell. Ihr habt eine Verborgene eingeladen, und ihr wähntet euch in Gefahr. Also sah ich zuerst nach, ob die Gefahr vor mir da war, um mich nicht in Gefahr zu bringen. Das hättet ihr bestimmt ebenfalls getan. Als ich hier ankam, zeugte alles von einem Überfall, also sah ich mich zunächst um, ob dies eine Falle sei." Sie spricht offen, ohne groß nachzudenken, frei heraus. Sie meint, was sie sagt.
"Und dann... diese Falle unter dem Fenster. Ihr habt mich beeindruckt." Man entdeckt tatsächlich eine Begeisterung in ihrem Blick, und soetwas wie Respekt. "Wenn ich euch aber etwas dazu sagen darf, macht sie mindestens einen, vielleicht ein und halb Schritt breiter. Und die Pfähle dichter. Dann habe auch ich keine Chance." Sie lächelt und nickt Richtung des Kleineten Mannes an Alains Seite.

[Alain le Beau]

"Ich werde euren Rat berücksichtigen", nickt Alain. "Aber es geht um mehr als nur eine unbestimmte Gefahr. Ihr solltet wissen, dass ich das Opfer einer Intrige der See der Schatten geworden bin. Vielleicht kann ich euch das volle Ausmaß eines Nachts berichten, aber wichtig ist vor allem, dass - während ich in Starre lag - mein Palast gestürmt und meine Blutsdiener gefangen genommen wurden. Ich vermute stark, dass jemand zuvor meine Zuflucht ausgespäht hat. Ich nenne nicht viel mein eigen. Doch meine Zuflucht ist mir heilig und so heilig meiner Familie die Gastfreundschaft ist, so schwer wird jeder Bruch der zweiten Tradition geahndet. Nun ist vor einigen Nächten erneut jemand in meinem Anwesen herumgeschlichen."

Die Augen des Drachen starren Anastasia an. "Ich habe die Vermutung, dass diese Person auch diejenige ist, die den Schatten berichtet hat. Was denkt ihr darüber?"

[Anastasia]

Anastasia sieht ihn grübelnd an. Man sieht, dass sie schwer hin und her überlegt. Dann nickt sie in Richtung der Leibwächter. "Ich fürchte, wir müssen sehr offen... und sehr gefährlich sprechen. Aber es ist notwendig, sonst können wir nichts besprechen. Aber... es gibt vielleicht einen Ausweg. Nicht erschrecken Jungs." Sagt sie zu den Leibwachen gewand, greift unter ihren Rock und zieht einen Dolch und einen Pflock heraus. "Werter Alain, ich biete euch für diese Nacht, die Gastfreundschaft meiner Waffen in euerem Haus an. Bis Sonnenaufgang, oder falls früher gewünscht, bis Ihr diesen Zustand beendet, steht ihr unter unserem Schutz, falls ihr zustimmt." Sie zeigt auf sich und ihre Waffen, die sie vor sich hingelegt hat. Es klingt tatsächlich irgendwie förmlich. "Das sollte uns ermöglichen unter uns zu sprechen, falls ihr annehmt und euere Männer so weit wegschickt, dass sie gesprochenes nicht hören können und uns nicht sehen können." Sie sieht ihn fragend an.

[Alain le Beau]

Alain überlegt einen Moment, dann schüttelt er den Kopf. "Was soll mir das nützen? Es wird uns niemand heute Nacht hier angreifen. Der Spion ist nicht gefährlich, sonst wäre er nicht geflohen. Außerdem: Meine Männer haben schon allzu viel erlebt, als dass ich noch irgendetwas vor ihnen geheim halten müsste." Hinter seinem maskenhaften Lächeln ist Müdigkeit zu spüren. Und Zorn. Die Männer stehen da, wie stoische Heldenfiguren in ihren Rüstungen, mit ihren Waffen.

"Ich will, dass der Eindringling bestraft wird, mehr nicht. Und ihr seid hier, damit das geschehen kann." Ein Schulterzucken. "Die anderen Liktoren stehen auf Seiten der Schatten. Ich vertraue ihnen nicht. Und Ghazed? Ich müsste ihn erst einmal finden."

Er weist zur Tür. "Ich habe Luca angewiesen, einen Zeugen dieser Nacht hereinzubringen. Versteht ihr es, mit den Tieren zu sprechen, werte Anastasia?" Er hebt die Hand. "Falls nicht, kann ich übersetzen."

[Anastasia]

Bei der Ablehnung des Zweiergespräches, zuckt Anastasia nur kurz mit den Schultern und steckt ihre Sachen wieder langsam ein. Als er aber von Tieren und mit ihnen sprechen begint, wandert eine Augenbraue nach oben, der Gesichtsausdruck wird überlegend. Sie sieht hinaus, in den Garten, lehnt an die Wand und betrachtet dann Alain erneut, nachdenklich, vielleicht gar misstrauisch. "Warum habt ihr nach mir gerufen, wenn ihr einen Zeugen habt, mit dem ihr sprechen könnt?"

[Alain le Beau]

Die Gruppe steht mitten in dem großen Ballsaal, die Wände sind recht weit entfernt. Ebenso wie die Fenster zum Garten. Draußen ist - auch dank der Öllichter - nichts als Finsternis zu sehen. Die Einsamkeit dieses Ortes wird darin auf bedrückende Weise deutlich. Abgelegen von den Augen der Welt - so, wie der Tzimisce es offenbar mag. Alains Stimme reißt Anastasia aus ihren Gedanken. "Warum? Das habe ich euch doch bereits gesagt." Er schüttelt den Kopf. "Ich will dass die dreiste Kreatur, die meine Zuflucht ohne Erlaubnis betreten hat, mich für die Schatten ausspioniert hat, bestraft wird. Und dafür..."

Was auch immer der Tzimisce sagen wollte, es geht in lautem Gebell unter. Luca, Alains Leibdiener, ist durch die Tür hereingetreten, einen Hund an der Leine. Noch bevor sich die Tür hinter dem Mann wie von Zauberhand wieder geschlossen hat, ist aus dem anfänglichen Knurren ein lauter, kläffender Ton geworden. Für die Augen der Sterblichen eine beinahe unerklärliche Drohgeste. Für jene mit der Gabe, die Tiere zu verstehen, dagegen recht erhellend. "Eindringling! Eindringling! Stinkender Eindringling! Eindringling an Mauer! Gesehen! Riecht nach Straße! Wie früher! Wie in Stadt!"

Alain zieht den Mundwinkel hoch, beinahe mitleidig, während er sich von Sergio den Speer reichen lässt. Es ist eindeutig: Er hat es gewusst, noch bevor der Hund im Raum war. Hat es die ganze Zeit gewusst.

[Alain le Beau]

Alain und seine Männer werden überrascht, als Anastasia sich zur Flucht wendet. Sie taucht unter Sergio hindurch, der ineffektiv mit seinem Schwert in ihre Richtung fuchtelt. Am Fenster holen Alain und die Ghule sie ein. Beppo und Alain greifen sie, während Sergio versucht sie zu pflocken, aber scheitert. Alain formt Anastasia die Augen zu. Draußen ertönt ein geheimnisvolles Krächzen.

Anastasia reißt sich mit übermenschlicher Kraft los und springt durch das Fenster, über die Fallgrube. Alain und die Ghule folgen. Vier Krähen greifen überraschend in den Kampf ein. Sie verletzen Alain und versetzen ihn in Raserei. Auch Anastasia gibt ihrem Tier nach und reißt sich die verformten Augenlider herunter.

Es gelingt Alain nicht, Anastasia mit seinem Speer zu pflocken. Auch Beppos Dolche sind ineffektiv, während die Krähen Alains Gesicht hart zerkratzen. Sergio versucht die Nosferatu umzurennen, wird aber von ihrer unheiligen Kraft überrascht. Sie greift Sergio. Im letzten Moment kann Alain sie mit seinem Speer in Starre senden.

Die Ghule und Alain schlagen zwei Krähen nieder, die anderen fliehen verwundet, mit einem rasenden Alain auf den Fersen.



Zusammenfassung: Anastasia folgt Alains Einladung. Sie findet den Palast seltsam verlassen vor. Sie schleicht herum, vermeidet die Hunde, stürzt aber in eine Fallgrube. Unverletzt klettert sie heraus und trifft Alain im großen Saal. Der Tzimisce konfrontiert sie mit einem Eindringen vor mehreren Nächten. Anastasia versucht zu fliehen. Nach einigen Handgemengen schickt Alains Speer sie in Starre. Mehrere geheimnisvolle Krähen greifen in den Kampf ein.