[1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

[Dezember '20]
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Benjamin
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[1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Seit ihrem letzten Treffen ist eine gute halbe Dekade ins Land gegangen und nun führen die Schritte des Jungen ihn wieder durch die verworrenen Gassen die den Hof der Wunder umgeben. Seine Kleidung ist abermals etwas zu gut für die Gegend und lockt die gierigen Blicke vieler Tageslöhner an. Doch sobald sie den Blick erkennen den ihnen der Wanderer von unter der Kaputze zuwirft suchen sie schleunigst das weite. Ein Blick voller Gier, ein Blick der sagt: kommt ruhig näher fürchtet euch nicht. Und die kriechende Gewissheit das man sich fürchten sollte.

"Entschuldigt, wisst ihr wo Ich Achilla heute Nacht finden kann? Falls sie nicht da Is kann Ich auch wiederkommen, kein Problem." fragt er, als er sich ein bisschen in die Innereien des Hofes vorgearbeitet hat. In seinem Gepäck hat er außer guten Nachrichten auch Geschichten, traurige, fröhliche ...und alles Dazwischen.
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Signora Achilla
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Es war als würde der Name einem Türen vor der Nase zuschlagen. Wenn der Junge eben noch mit einem herzlichen Lächeln bedacht wurde, nicht zuletzt wegen des besser betuchten Äußeren, stieß er plötzlich auf leere Blicke und Ahnungslosigkeit. Einge davon konnte echt sein, doch alles? Kaum.

Darüber konnte man wohl ins Grübeln geraten und die einen oder anderen Schlüsse ziehen und vielleicht genau in einem Augenblick, in dem Benjamin dabei war, hörte er auf einmal eine Stimme schräg hinter sich. “Da tönt einer ganz schön rum, hu?”
Die Gasse war eng und hier gingen und hockten zu viele Leute umher um sofort zu wissen, wer das gesagt hatte. Doch schräg vor Benjamin antwortete ein hakendürrer Kerl, dem jemand irgendwann die Nasenflügel aufgeschnitten hatte - eine Gossenstrafe, die auch in Clavicula nicht völlig fremd war. Er starrte Benjamin mit etwas wilden Augen an, hatte offenbar selbst Angst und versuchte, diese zu übertönen.
“Ja, so ein Bengel, Caio. Is’ noch grün hinter den Ohren!” Der Kerl schien auf den ersten Blick nicht bewaffnet, aber jemand wie Benjamin konnte doch erkennen, dass er wohl irgend etwas in seinem Ärmel verbarg - ein Messer vielleicht? An seinem Gürtel baumelte auch ein schmaler Sack aus Segeltuch mit ein paar Knoten und wahrscheinlich ein ein paar Steinen darin.
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Benjamin
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin seufzt, das Seufzen hat jedoch ein besondere Note, und rollt den Kopf einmal dem Uhrzeigersinn nach sodass die Wirbelsäule mehrmals laut knackt. Er versucht gar nicht erst zu erkennen wo die erste Stimme herkam, sondern bleibt ruhig stehen und zieht aus den Untiefen seines Umhangs zwei Dolche hervor. Dem der selbst im Kampf bewandert ist fällt auf dass er sie, im Gegensatz zu jemandem der zum ersten mal einen Dolch in der Hand hält, nicht mit der Spitze nach vorne führt sondern die Klinge parallel zu seinen Unterarmen an diesen anliegt. Eine Haltung die man nur einnimmt wenn der Dolch die tatsächlich geführte Hauptwaffe in einem Kampf darstellt. Ebenso haben beide Dolche an ihrer Klinge eine komische braunrote Färbung die aber durch das schummrige Licht nur jenen auffällt die ihnen einen zweiten Blick widmen. War das tatsächlich getrocknetes Blut an den Klingen?

"Denk nichtmal daran wenn dir dein Leben was bedeutet." sagt er in ruhigem unemotionalen Ton an den Wortführer gerichtet. Seine Worte sagen das eine, aber sein Gesicht sagt etwas anderes. Es spricht von der Lust auf das was gleich folgen könnte. "Das gilt ebenso für alle Anderen die denken sie könnten sich heut Nacht ein paar Münzen verdienen. Führt mich einfach zu ihr, wir kennen uns und Ich hab gute Neuigkeiten für sie."
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Signora Achilla
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Der erste der beiden, Caio, leckte sich nervös über die Lippen und sah auf das Messer in Benjamins Hand. Wenn es eben gerade noch der übliche, gleichgültig-elende Trubel in der Gosse gewesen war, der die Gasse beengt und voll hatte wirken lassen, dann hatten sie auf einmal erstaunlich viel Platz. Niemand wollte aus Versehen ein Messer in den Bauch bekommen.

Das dürftige Licht, das von einem billigen Talglicht in einem Fenster ausging, flackerte, als irgend jemand schräg hinter Benjamin sich davor schob. Es wurde schlagartig eine Spur dunkler. Der Sternenhimmel oben schien hell gegen die schwarzen, unregelmäßigen Umrisse der windschiefen, zusammengeschusterten Häuser.

“Steck’ dein Messer weg”, raunzte die Stimme von hinten. Caio schien darüber zugleich erleichtert wie beleidigt zu sein. Allein schon um zu zeigen, dass er auf keinen Fall Schiss vor dem Fremden hatte, machte er eine kleine Schau daraus, die Hände etwas anzuheben, so dass man kurz das lange Fischmesser sehen konnte, das er in der Tat dort im Ärmel verborgen hatte. Er ließ es einmal über seine Handfläche tanzen, hielt es wieder fest, ließ die Hände langsam sinken. Mißtrauisch behielt er Benjamin im Blick, um zu sehen, was er tun würde.

“Gib uns einen kleinen Wegezoll für die ganze Aufregung”, schlug die Stimme hinter Benjamin vor. “Und wir bringen dich zum Maestro.”
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Benjamin
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin schlägt die Augen zu. Während er das tut grinst und feichst er über beide Backen. „Das Ding...“ mit einer flüssigen Bewegung verschwinden die Dolche wieder in seinem Mantel nachdem er auf das Fischmesser gezeigt hatte. „Ist doch genauso stumpf wie die Miniatur zwischen deinen Beinen klein ist Ciao. Beide zu nichts zu gebrauchen. Und Ich hab mich schon auf ein richtiges Massaker gefreut. Schade...“ seine Hände immer noch in den Untiefen seines Mantels, fokussiert sich Benjamin auf die Geräusche hinter ihm. „Wegezoll wollt ihr also. Ich hoffe für euch ihr seid schnell....“ noch ehe er die Worte zu Ende gesprochen hat sieht man seine Hand aus dem Schatten auftauchen. Zuerst sieht es so aus als ob er wieder ein Messer in den Händen hält. Doch ein schneller Geist und ein gutes Auge erkennt dass seine Hand voller Münzen ist. Silbermünzen! Eine ganze Hand voll! Und ehe man sich versieht Segeln diese durch die Luft. Noch bevor sie wieder landen dreht sich Benjamin zu der Stimme um die mit ihm gesprochen hat und fragt lächelnd. „Gehen wir?“ bei diesem Lächeln würde dem ein oder anderen Halsabschneider sicherlich das Blut in den Adern gefrieren und überhaupt passt seine Art so gar nicht zu einem noch nichtmal zwanzig Sommer alten Jungen. Irgendetwas sagt dem Sprecher das sie sich jetzt schleunigst auf den Weg machen sollten.
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Signora Achilla
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Es geschah alles auf einmal:

Benjamin drehte sich um und sah den Berg von einem Mann vor sich, hochgewachsen, breitschultrig, mit einem Bart wie ein schwarzer Urwald.
Der Mann, dessen Augen eben noch den funkelnden Silbermünzen mit ihrem Blick gefolgt waren, sah sein Lächeln und erstarrte für den winzigen Moment.
Caio stürzte vor, entweder um für die Beleidigung Benjamin doch das Messer in den Rücken zu rammen oder Münzen zu sammeln - und schnell war er in der Tat!
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Benjamin
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin kümmert sich nicht weiter um Ciao... und dieser nicht um ihn. Seine Augen voller Gier hetzt er in Richtung der Münzen. Mit beschwingten Beinen aber harter Stimme erklärt Benjamin dem Hünen. "Jetzt führ mich endlich zum Maestro, Ich hab keine Zeit mehr führ Spielchen!"

Kurz lässt sich der Mann von seiner Überraschung überwältigen und fängt dann doch an in zügigem Tempo zu laufen. Vorbei an Gestalten, die entweder an ihnen vorbei in die andere Richtung hechteten oder sie mit sehnsüchtigen Augen anstarrten, gefangen zwischen Angst und dem Wunsch nach einer anderen Welt. Nicht lange und die beiden biegen in einen zerfallenen Hauseingang ein um dann wieder aus dessen Hinterwand hinauszusteigen und der einzig freien Gasse nach Rechts zu folgen. Am Ende dieser Gasse hatte jemand einige Flicken über einem augenscheinlichen Loch in der Wand angebracht. Gerüche und Geräusche blieben so draußen und das private drinnen.

Wieder grinst Benjamin jugendlich forsch seinen Begleiter an. "Geht doch! Das nächste mal gleich so!" aus seiner Tasche fischt er weitere drei Silbermünzen greift den muskulösen Arm, lässt die Münzen in seine Hand fallen, führt seine andere Hand unter die des Hünen und schließt mit sanftem Druck dessen Hand zur Faust. Dann nickt er klatscht zweimal gegen die Faust und ist schon auf dem Weg zum Ende der Gasse. "Bis bald mal Unbekannter!" ruft er noch nach hinten. Der bärtige schaut dem Jungen hinterher schüttelt ungläubig den Kopf und fragt sich was bei allen Höllen gerade passiert ist.
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Signora Achilla
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Münzen wie diese machten eine Menge wieder wett und der große Kerl strich sie letztlich einfach ein, bekreuzigte sich abergläubisch und zog ab.

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Hinter dem Loch in der Wand war ein für diese Zeit emsiges Arbeiten. Im Licht von einigen stinkenden, tranigen Öllampen stand der Maestro in einer seiner eher improvisierten Werkstätten. Hier wurden Hölzer gebogen und geschnitzt, Leder geformt und gehärtet, Nähte zurechtgezogen.
Mauricio war ein junger Mann - eigentlich zu jung für so einen klangvollen Titel - doch das Handwerk um ihn her war unübersehbar. Ein noch jüngerer Gehilfe, ein Bursche von vielleicht fünfzehn Jahren, war eben gerade dabei, ein paar Lederstücke miteinander zu vernähen, keines davon größer als eine Handfläche, mit Nähten, die fein genug für zarte Kleider oder edle Handschuhe gewesen wären.

Die Signora selbst saß auch dort, mit einer bereits fertig geformten Maske über der einen Hand und einem zarten Pinsel in der rechten. Weiße Farbe glänzte am Pinsel und um sie her tanzten die Nachtfalter um die Lichter in der Werkstatt.
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Benjamin
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Einmal, zweimal führt sein Blick durch den Raum, als er die Signora ausmacht legt sich ein freudiger Ausdruck auf sein Gesicht. Seit er den Raum betreten hat wirkt er ebenso nicht mehr als wäre er gerade auf dem Sprung sondern lässt sich Zeit für seine Bewegungen. Den im Raum verteilten Arbeiterinnen und Arbeitern nickt er hier und da freundlich zu und bahnt sich durch das schummrige Licht den Weg in Richtung der Signora in deren Blickfeld er schlussendlich zum stehen kommt. Er wartet noch etwas sollte er ihre Aumerksamkeit nicht sowieso schon haben, bis sie ihn bemerkt. An einem Arbeitstisch gelehnt verbeugt er sich leicht und meint.

"Die werte Signora, eine wunderschöne Nacht euch."
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Signora Achilla
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Re: [1043] Ein Genuesischer (Alp-)Traum [Achilla, Benjamin]

Beitrag von Signora Achilla »

Behutsam legte die Signora die Maske beiseite, die noch zur Hälfte nur nacktes Holz und Leder war. Sie wischte den Pinsel an einem Lumpen ab und dann erhob sie sich für einen gezierten, kleinen Knicks.

“Ein unverhoffter Gast”, sagte sie, nur um sogleich fortzusetzen: “...doch ein sehr willkommener. Ha, es ist selten, dass einfach jemand in unsere Werkstatt stolpert! Sie ist ein wenig flüchtig, so wie unser Handwerk auch.”
Dazu zwinkerte sie einmal und machte eine Geste zu den Dingen hin, die hier wohl am Ende gefertigt wurden: Kostüme, Narrenkleider, bunte Wimpel und Fetzen, Stelzen und Holzbälle und allerlei Zeug, das wohl bei den Schaustücken gebraucht wurde. In einer Ecke der Werkstatt hing ein beeindruckendes, wenn auch schon etwas mitgenommenes Bärenfell.

“Seid Ihr für einen Plausch und Unterhaltung hier?”, erkundigte sich die Signora kokett. “Oder sind’s strenge Pflichten oder lohnender Handel?”
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