[1043] Festa dei Serpari [Valerios, Achilla, Adamo, Angelique]

[Dezember '20]
Benutzeravatar
Valerios
Jünger des Seth
Beiträge: 922
Registriert: Do 18. Jun 2020, 21:53

[1043] Festa dei Serpari [Valerios, Achilla, Adamo, Angelique]

Beitrag von Valerios »

Eine Gruppe Mauren hatte es sich bequem gemacht auf den Stümpfen, Mauern und Tischen rund um die große Bühne auf dem Platz der Wunder. Zwei saßen bei der Kartenhexe, und warfen einen Blick in ihre blutige Zukunft, die anderen sahen gebannt auf das Schauspiel auf der Bühne.

In der ersten Reihe lümmelten drei Straßenjungen, hinter ihnen drei buntbemalte, leichtbekleidete Frauen, deutlich älter als die Knaben, die ihnen durch die Locken strichen
und mit den Augen schmachtend auf die Bretter über ihren Köpfen blickten.

Eduardo, genannt "Der Grieche" hatte sich hinaufgeschwungen. Ihm war heute wehmütig ums Herz, und mit ebenso trauriger Stimme begann er sein Gedicht:

"Braun geboren, blaß geboren, jeden doch gebar ein Land.
Jede Woge geht verloren, jedes Meer hat seinen Strand.
Eins kennt jede armen Seele, etwas das sie haben muss;
Wein braucht meine trockne Kehle, und mein Gaumen Betelnuss"


Bei der letzten Zeile prostete der Mann mit seinem Krug - das er schon seit Beginn des Abends leer war, gut verborgen, den sarazenischen Trunkenbolden am Hang zu.
Sein langes lockiges schwarzes Haar quoll unter dem Hut mit der Fasanenfeder, den er tief ins Gesicht gezogen hatte, hervor. Sein melancholischer Blick wanderte wieder ziellos über die Menschen auf dem Platz.

"Komm Verlader, komm Matrose, lang schon summ ich hier mein Lied;
ab tu ich dir selbst die Hose, nehm in meinen Mund dein Glied",
stimmten die drei Freudenmädchen in das Gedicht des Griechen ein,
bevor dieser wieder selbst das Wort ergriff:

"Schaben steifen deine Füße, auf der Wand starrt Schimmelschiss,
vor hält über jede Süße, den Geschmack von Bitternis.
Komm in die vermorschte Tonne, kriegt die schwarze Assel heim;
Rote Leier ist die Wonne und mein Summen trüber Reim."


Ebenso unerwartet wie vorher die Huren schlossen die drei Buben:
"Dunkel ist schon und vom Hafen kommt ein reiner Sternenwind;
und wir sind, wie wir da schlafen, jedes einer Mutter Kind."


Der Grieche glitt von oben wieder herab auf den Platz, zu seiner illustren Familie. Und genoss dort unten das Rufen und Pfeifen seiner Landsleute.
Er hoffte nur, das diese kleine Einlage, nicht den Neid des Mauricio auf sich zog, den Gauklerkönig und unumstrittenen Maestro dieses Hofes.

Im Schatten, den die Bohlen der Bühne warfen, rückte er seinen Hut zurecht. Dabei war sein Gesicht zu sehen, ein Gesicht, das ein Unsterblicher der des Nachts über den Platz gehen würde, zweifelsfrei erkennen würde.
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
Benutzeravatar
Adamo Manacres
Toreador
Beiträge: 962
Registriert: Di 3. Nov 2020, 10:40

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Adamo Manacres »

Es vergeht einige Zeit nach dem Vortrag, als der junge, gutaussehende Toreador auf den Platz der Wunder spaziert. Sein Blick wandert über den Platz und das bunte Treiben, welches auf diesem herrscht. Ein aufmerksamer Beobachter kann erkennen, dass sich seine Mimik einen kurzen Augenblick verändert. Etwas scheint ihn bei dem Treiben deutlich zu stören. Er hält kurz inne und scheint wieder umdrehen zu wollen, scheint es sich dann jedoch anders zu überlegen. Er spaziert weiter auf den Platz, beobachtet ein wenig das Treiben und die Leute die sich dort Tummeln.

Ab und zu bleibt er stehen, um Gespräche zu beobachten und das Treiben in sich aufzunehmen. Dann jedoch wandert sein Blick wieder über den Platz, die Bühne und die umstehenden Gebäude. Seine Augen sind klar und hell, die Mimik ist aufgeschlossen und freundlich interessiert.

Auf diese Weise umrundet er einmal den ganzen Platz, sofern er nicht unterbrochen wird, um dann wieder an dem Ort anzukommen, an dem er den Platz betreten hat.
Benutzeravatar
Valerios
Jünger des Seth
Beiträge: 922
Registriert: Do 18. Jun 2020, 21:53

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Valerios »

Eduardo hatte das bekannte Gesicht wahrgenommen und folgte ihm mit seinen Augen über den Platz, so er konnte. Ab und an verlor er ihn im Getümmel der Menschen, dann tauchte er an anderer Stelle wieder auf. Er setzte den Hut ab und band die Haare hoch, so dass er noch ein bisschen mehr der Erscheinung ähnelte, mit der er sich unter den Unsterblichen präsentierte und rückte aus dem Schatten.
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
Benutzeravatar
Adamo Manacres
Toreador
Beiträge: 962
Registriert: Di 3. Nov 2020, 10:40

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Adamo Manacres »

Adamo hatte den Platz umrundet, das Treiben gesehen, die Häuser in Augenschein genommen - und auch den komischen Mann gesehen, welcher ihm im vergangenen Jahr bei seiner Vorstellung bei der Justitia begegnet war. Offensichtlich jemand, mit dem es in den vergangenen Monaten keine weiteren Berührungspunkte gegeben hatte.
Er nickte dem Mann einmal kurz zu, wandte sich dann jedoch wieder einem aus Stein gehauenen Toreingang zu, welcher ihn zu interessieren schien.
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4642
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Angelique »

Derweil marschierten auch einige normannische Söldner über den Platz. Man sah die schwer gepanzerten Krieger mit den unverkennbaren tropfenförmigen Schilden, die eher an die byzantinischen im Süden erinnerten, und den zweischneidigen Langschwertern im Gegensatz zu den einschneidigen Liguriens, nun immer öfter in Genau.

Ganze Familienklans der nordfranzösischen Wikingerabkömmlinge verdingten sich im Süden und Genua war das Tor dorthin, seit die Vormacht der Sarazenen auf See gebrochen worden war.

Ein kleiner Knappe der Normannen mit süßem, von Locken umrahmten Gesicht schaute interessiert auf die Holzplättchen, die die Wahrsagerin benutzte, um die Zukunft vorherzusagen.
Er lauschte mit großen aufgerissenen Rehaugen dem byzantinischen Lied und konnte das Fernweh dabei kaum verbergen.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Benutzeravatar
Valerios
Jünger des Seth
Beiträge: 922
Registriert: Do 18. Jun 2020, 21:53

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Valerios »

Erstaunt hob Eduardo den Kopf. War es auch nicht ungewöhnlich, dass Söldner auf der Suche nach Vergnügen und Zerstreuung sich in der schlammbespritzten Juwelenschatulle Platealongas verirrten - waren sie doch in der Regeln nicht gerüstet. Trugen ihre harten Schwerter in der Hose und nicht am Gürtel, wenn es das strohige Dickicht oder die schlüpfrigen Gässchen waren, wegen derer sie kamen.

Auf der Bühne war inzwischen eine Artista zu sehen, die ihre Gliedmaßen in alle möglichen und unmöglichen Richtungen zu biegen vermochte, ohne das ihre Knochen dabei brachen. Es wurde einem fast etwas schwindlig beim Zusehen, so verrenkt und verzerrt sah sie bei mancher Bewegung aus.

Eduardo - inzwischen als Valerios erkennbar - hatte Angelique bisher nicht wahr genommen, doch die aufmerksamen Augen eines der Jungen waren in ihre Richtung gewandert. Er pustete sich eine Haarlocke aus dem Gesicht, wobei seine dichten Wimpern im Schein der Bühnenfackeln glitzerten, dann wandte er sich dem Buben neben ihm zu und die beiden tuschelten.
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
Benutzeravatar
Adamo Manacres
Toreador
Beiträge: 962
Registriert: Di 3. Nov 2020, 10:40

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Adamo Manacres »

Söldner, die über einen Platz marschieren hatte Adamo schon viele gesehen, die Besonderheit hierbei waren normannische Söldner, die bewaffnet und beschildet auf einen Platz einmarschierten, auf welchem Feierlichkeiten und Kunstvorträge präsentiert wurden, war schon wieder so ungewöhnlich, dass es danach schrie, genauer betrachtet zu werden. Somit trat Adamo ein paar Schritte auf den Platz und lehnte sich dort genügsam gegen eine Hauswand. Sorgsam nahm er diese vorher in Augenschein um sicher zu stellen, dass kein Schmutz seine Kleidung verunstalten würde.
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4642
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Angelique »

Einer der Söldner hatte einen Falken auf der gepanzerten Faust. Ein ungewöhnlich nervöses Tier trotz der Kappe, die es beruhigen sollte.

Der kleine Page nickte unmerklich in Richtung des kecken Jungen, der sich die Haarlocke aus dem Gesicht pustete.
"Bel not, jovene!", rief der Mann, dessen Gesicht hinter dem Kettenvisier und dem Nasalschutzhelm verborgen war. Der Falke kreischte dazu. "Ich habe hier einen Vogel und du bringst ihn zu einem Mann, dem es nach ihm verlangt."

Der Krieger schien keinen Widerspruch zu erwarten. "Schütz deinen Arm, jovene! Die Krallen sind scharf."
Dann streckte er den Arm dem Jungen hin und sagte zu seinem kleinen Pagen, der niemand anderes als Angelique war: "Gib dem jovene Geld für seine Mühen!"

Ein Zweiter Söldner blieb die ganze Zeit wachsam und hatte eine Armbrust schussbereit, um wohl Taschendiebe und Halsabschneider auf Distanz zu halten.
Wie alle Söldner und auch jeder mit Verstand ging keiner unbewaffnet nachts auf die Straße, trotz absurder Erlasse des Senats. Wo hätten Reisende wie Söldner auch ihre Waffen lassen sollen, selbst wenn sie sich an solchen Wahnsinn halten wollten?
Wie ihre Waffen zu den Schiffen bekommen, mit denen sie reisten?

Da hatte einer nicht nachgedacht und sich für den Kaiser des Alten Roms gehalten, als er das vorgebracht hatte, und der Senat musste komplett betrunken gewesen sein, um dafür zu stimmen.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Benutzeravatar
Valerios
Jünger des Seth
Beiträge: 922
Registriert: Do 18. Jun 2020, 21:53

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Valerios »

Beschwingt sprang Geoffredo auf, als der Page ihm zunickte. Das kecke, strahlende Lächeln wurde etwas kürzer als der Krieger ihn ansprach.
Seit ihrem Treffen im letzten Jahr war er ein ganzes Stück gewachsen und leichter Flaum zeigte sich auf seinen Wangen und seiner Oberlippe.
Einer der anderen Jungen gab ihm einen Knuff auf die Schulter zum Abschied.

Am Ende des Platzes angekommen wollte der junge Mann vor der Signora keine Schwäche zeigen und versteckte seine Angst vor den eindrucksvollen Klauen des Vogels - wenn auch nicht besonders gut. Noch nie hatte er einen Falken aus der Nähe gesehen, er war sichtlich beeindruckt von der Anmut des Raubtieres. Er schlüpfte langsam aus seinem Obergewand und wickelte den Stoff um seinen Arm.

Sein Oberkörper war sehnig, seine Haut blass. Sein Atem ging tief, als er den Arm in Richtung des Kriegers ausstreckte. Er spannte den Oberarm an - entweder um das Gewicht des Vogels in Empfang zu nehmen oder um sein Zittern zu unterdrücken."Komm zu mir, mein Schöner", flüsterte er dem Tier zu.*

--
*Today at 5:40 PM: Manipulation+Animal Ken: 1 Erfolg
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
Benutzeravatar
Signora Achilla
Nosferatu
Beiträge: 1472
Registriert: Do 7. Feb 2019, 23:24

Re: [1043] Festa dei Serpari [Valerios, offen]

Beitrag von Signora Achilla »

Der Hof der Wunder war kein gewaltig großer Ort. Was ihn so besonders machte, war, dass er zwischen den Dingen zu liegen schien - etwas, das alles möglicher machte, dass den grauen Alltag mit ein wenig Farbe versah, und den Nächten eine gewisse Würze gab.

Mit all den Jahren und Jahrzehnten hatte der Hof der Wunder auch eine neue Herrin erhalten - eine, die selten in das bunte Treiben eingriff und niemals direkt. Kunstlos wäre es gewesen.
Doch gepanzerte Söldner waren nichts, das sich völlig übergehen ließ, nicht nach Feuer, Blutvergießen und Krieg in den Erinnerungen so vieler hier.

Und so zeigte sie sich, die Signora Achilla, vielleicht als eine Sicherheit für die ihren, vielleicht als eine Mahnung an alle vom Blut, die sich so gern und so leicht vergaßen. Heute Nacht trug sie ein Flickenkleid, so bunt wie alle Kleider, aus denen es zusammengestückelt worden war, mit einem Fetzen feiner Spitze und einer Handbreit Pelzbesatz, mit einer Elle abgerissenem Saum und einer bunter Stickerei. Schal und Haube waren kunstvoll übereinander gesteckt und bildeten den Rahmen für die Maske, die sie heute Nacht trug: Die Anmaßung eines Männergesichts auf der einen Seite, mit aufgemaltem und aufgeklebtem Bart, die blass-ovale und ungleich zartere Art eines Frauengesichtes auf der anderen. Die Trennlinie zwischen beiden war nicht scharf, nicht einmal beim Bart. Wenn der Blick einfach nur über die Maske glitt, konnte man leicht genarrt werden und entweder das eine oder das andere annehmen.

Als sie auf den Platz trat, mit einem Blick zu jenen Söldnern und dem Spektakel mit dem Falken, war sie natürlich nicht allein. Ihre Leute waren längst hier, Fahrende und Gaukler, Schausteller und Musikanten, Diebe und Bettler, Halsabschneider und Rosstäuscher. Der Hof der Wunder war Inspiration für viele, Heimat in der Ferne für einige, ein Scherz auf das Leben für die nächsten und ein Schmelztiegel aller Möglichkeiten für alle.
Doch für den Moment konnte es so wirken als ginge sie allein, denn wie stets war es doch besser, wenn man zunächst die Schritte behutsam setzt. In der Halbwelt auf dem Hof waren Masken wie die ihre nicht einmal selten, schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Man konnte sogar eine von einem Stand am Rande baumeln sehen, vielleicht etwas weniger kunstvoll, doch unverkennbar mit leeren Löchern für Augen und Mund, manchmal sogar für die Nase.

Die Signora sah sich ein Weilchen um, mit einem Blick für die Söldner und den Falken und dann auch unweigerlich für denjenigen, der das Tier zu sich lockte. Und auf ihn also hielt sie zu, mit geziertem Schritt als könnte oder müsste sie ihre Kleidung noch vor Unrat und Schlamm bewahren.
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
Gesperrt

Zurück zu „1043“