[1045] Auf, zu neuen Ufern! [Der Nubier, Anastasia]

[Der Nubier]

Ein Mann steigt weit nach Sonnenuntergang von einem Schiff und spaziert langsam durch die Straßen des Hafens von Genua. Er ist mit einem gelb-brauen Kaftan bekleidet und trägt eine runde Kopfbedeckung. An seiner linken Seite baumelt ein Säbel.

Er trägt zwei große Seesäcke über den Schultern, aber scheint trotz ihres Gewichts nur Augen für die Stadt zu haben. Fast wie ein Kind mustert er mit großen Augen Gebäude, setzt dann und wann sein Gepäck ab, um über Bäume zu streichen oder mit einer Hand in die Erde zu fassen. Er lächelt und wendet sich vom Hafen ab, um sich der Stadt zuzuwenden.

[Anastasia]

Aus dem Schatten beobachten ihn dunkle Augen. Ein Mann in Gelb. Wer hat das schonmal gesehen? Neugierig, wie eine Motte vom Licht angezogen, schleicht sie ihm zuerst hinterher, Anastasia, ein Schleier, der die untere Hälfte des Gesichts verbirgt, ein dreckiges Kleid, das an manchen Stellen vielleicht mal ebenfalls gelb war, ihr Gang fahrig, aber nicht unkoordiniert. Doch dann, als er in eine der Gassen abbiegen will, unter ihrem Schleier lächelnd, spricht sie ihn an. "Martrose, was ist dein Begehr? Die guten Frauen sind doch alle am Hafen, im Pellegrino zu finden. Du gehst in die falsche Richtung."

[Der Nubier]

Der Fremde bleibt stehen und dreht sich langsam um. Seine Gesichtszüge sind eindeutig afrikanisch. Er mustert Anastasia einige Augenblicke, nickt ihr kurz grüßend zu und sagt mit hartem Akzent und fragendem Blick: "Wenn das nicht Pellegrino,. . . heißt das, Du bist schlechte Frau?"

[Anastasia]

Anastasia lacht freundlich, aber auch belustigt. "Oooh, das kommt bestimmt darauf an, wen du fragst... wonach suchst du? Junge Frauen? Männer? Alte Frauen? Wein? Bier? Was suchst du hier, Fremder?"

[Der Nubier]

Der Fremde scheint Anastasia einschätzen zu wollen, aber zu keinem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Er deutet mit einem Blick in Richtung der Stadt und sagt: "Ich suche den, der diese Stadt des nachts für sich beansprucht. Verstehst Du, was ich damit meine?"

[Anastasia]

Da wird die quirlige kleine Frau plötzlich ernst. "Stell dich vor, werter Fremder." Ihr Blick ist fest, forscht nach Anzeichen, dass ihm diese Anrede mehr sagt, als verwundert zu sein über die ungewöhnliche Anrede.

[Der Nubier]

Der dunkelhäutige Fremde lässt die Seesäcke von seinen Schultern gleiten und richtet sich auf: "Man nennt mich den Nubier. Ich bin Kind Diotimas von Alexandria, vom Clan des Tiers.
Wer bist Du?"

[Anastasia]

Anastasia nickt erfreut. Neigt sanft den Kopf. "Willkommen in Genua. Ich bin Anastasia die Verborgene, Liktor des Prinzen. Ich kann dich zu deinem Clansältesten hier bringen, so dass du bei ihm vorstellig wirst, solange du auf etwas Zeit der Herolde wartest. Möchtest du die Sachen hier unterstellen? Nicht weit habe ich eine Möglichkeit. Oder möchtest du sie mitnehmen?" Sie scheint erhlich erfreut. "Bist du hungrig?"

[Der Nubier]

Der Nubier verneigt sich noch einmal, tiefer diesmal, doch ohne den Blick gänzlich von Anastasia abzuwenden. "Ich danke Dir, Liktor. Ich kenne Deinen Titel nicht. Verzeih mir, wenn ich die falschen Worte wähle, ich habe nicht die Absicht, Dich zu beleidigen."
Er richtet sich wieder auf.
"Wenn Du mich zu meinem Ältesten bringen könntest, wäre ich Dir sehr dankbar, Anastasia. Und auch die übrigen Ältesten will ich kennenlernen.
Was Dein Angebot betrifft: meine Taschen sind schwer und hungrig bin ich auch. Ich nehme Deine Hilfe ebenso wie Deine Gastfreundschaft an und werde sie nicht vergessen."
Der Nubier scheint einen Hang zu feierlichen Ansprachen und intensiven Blicken zu haben.

[Anastasia]

Anastasia lächelt. "Wunderbar, dann folge mir, großer schwarzer Mann." Ein leises Lachen dringt unter ihrem Schleier hervor. Sie führt den Nubier zum Pellegrino, wo er, nach einem kurzen Gespräch, eine der Damen beglücken darf. Auf dem Weg zur Schleiferei merkt man, als aufmerksamer Mann, ein klein wenig Ungeduld in den Bewegungen von Anastasia, vielleicht sogar Vorfreude. "Was führt dich nach Genua? Wonach suchst du? Eine Bleibe? Oder fährst du bald wieder? Ich habe eine Freundin, die dich ganz sicher unbedingt kennenlernen möchte. Aber alles zu seiner Zeit. Bei mir kannst du deine Sachen unterstellen, und falls du es je benötigst, deine Klingen schärfen. Dort kannst du mich auch immer erreichen. Fragst einfach nach mir. Vielleicht bin ich irgendwo, auf jedenfall bekomme ich Nachricht. Versuche nicht reinzuschleichen. Wenn du nicht gesehen werden willst, dann... " sie überlegt kurz. "Was magst du am liebsten? Natur? Bäume? Tiere? Gras?" Als sie ankommen werden sie kurz von zwei Hunden begrüßt, die sich aber zurückziehen, auf ein Zeichen von Anastasia hin.