[1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

[Februar '21]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Nubis
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Nubis »

Der Lehrmeister nickte mit strengem Blick. "Ja, aus Fabeln kann man mindestens eine Lehre ziehen, die für das Leben eine wichtige Rolle spielt, wenn nicht sogar mehrere. Die Geschichte von Hochmut und Schläue findet sich in vielen Gesichtern dieser Stadt wieder...in Handel, Politik und auch anderen Kreisen."

Er sah nun auch zur Karte. Die umliegenden Städte waren deutlich alle zu erkennen, Genua, Lucca, Savona und noch viele weitere. Er wusste nicht, ob Achilla etwas dazu beisteuern konnte, aber wenn, nun, würde es sein Wissen erweitern. Vorausgesetzt, es stimmte, was sie zeigen würde. Also nickte er mit einer einladenden Geste in Richtung der Karte und liess den Jüngling mal machen....
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Signora Achilla
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Natürlich konnte Achilla das nicht wirklich. Galeno mit seiner Bildung und Gelehrtheit war beeindruckend. Was ihr allenfalls zugute kam, war, dass sie tatsächlich dort gewesen war, an den allermeisten dieser Orte, die der Kappadozianer aufgezeichnet hatte. Achilla wusste, wie die Hügel um Florenz duften konnten, wie die Nacht sich über Savona legte, wie verflucht schlecht die Straßen zwischen Milan und Venedig gewesen waren, wenn es im Herbst zu regnen begonnen hatte.
Doch der junge Mann, der sie gerade war? Der wusste nichts davon. So fingerte er etwas unbeholfen an der Karte herum und besah sich diese oder jene Kleinigkeit.
Und eben da beschloss die Signora, dass es Zeit für einen kleinen Szenenwechsel war - oder wenigstens doch für einen Einschnitt.

“Ai”, sagte er und tippte auf Savona auf der Karte. “Hier ist einer unser nächsten Verbündeten gewesen. Ein strammer Tagesmarsch, der Krieger und Tiere schindet. Dann sind sie von da aus hier.”
Er maß mit den Fingern und an der Länge des Schreibzeugs die Entfernung in etwa ab. Dann zirkelte er mit den Fingern etwas herum, blieb aber an der Küste. “Gut dreimal so weit weg, Pisa. Ganz anderes Ansinnen, eh? Und heutzutage all der Schlamassel mit den abgefangenen Waren, dass uns die Stadt am langen Arm verhungert.”

Er sah auf zu Galeno, studierte das fremde, bleiche Gesicht. “Wenn Ihr’s erlaubt, könnten wir ein wenig über Politik reden. Ich würde gern Eure Sicht der Dinge hören.”
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Nubis
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Nubis »

Er hatte erst neugierig verfolgt, wie der Junge die Karte inspiziert hatte, doch als das Thema umschlug, blickte er kritisch.

"Mich sollte es nicht wundern. Ein Treffen kann wohl selten ohne Politik auskommen.. Nun, werte Harpyie... Was bringt euch dazu, dass ihr mit mir darüber sprechen wollt, statt mit jenen, die sich sicherlich besser damit auskennen?"
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Signora Achilla
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Tahh, stellt Euer Licht nicht so unter den Scheffel”, meinte Achilla. Sie blickte kurz zu Galenos Diener herüber doch ging mit dem Umschwenken seines Tonfalls mit.

“Und was ist schon ‘Ahnung’ von der Politik, eh? Am Ende wird das meiste von der Politik dann doch durch solche gemacht, die keine haben. Die blind herumstolpern und dies oder jenes wollen, aber gänzlich anderes erreichen. Meist gelenkt von wieder anderen, aber der Wille der Mächtigen im Hintergrund wird verwässert durch all die, durch die er hindurch wirkt… .”
Sie zuckte mit den Schultern.

“So oder so: ich will von Euch nicht direkt etwas über die Politik wissen. Ich will von Euch was wissen über einen Augenblick. Über einen Abend, eine Nacht. Ich will wissen, wie es war als die Geißel von Savona starb.”
Für einen Moment ließ sie die Worte in der Luft hängen. Dann neigte sie den Kopf - eine eher weibliche, verhaltene Geste, die im krassen Gegensatz zu dem vernarbten Kerl stand, der sie war.
“Sagen wir: ich kenne die Hände darin und genug von der Politik drumher. Doch ich will wissen, wie es war. Ich will von Eurer Sicht der Dinge hören… vielleicht Euch eine Gelegenheit und Stimme geben. Würdet Ihr so eine Gelegenheit ergreifen wollen? Eine Nacht aus Eurem Leben?”
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Nubis
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Nubis »

Galenos Miene verfinsterte sich, als sie auf Savonas Geissel zu sprechen kam.
"Warum wollt ihr dazu etwas wissen? Dies liegt in der Vergangenheit, hatte seine Auswirkungen, ist Geschichte. Warum mir eine Stimme geben? Ich habe dazu gegenüber höheren Instanzen Worte und Einsichten vermittelt....ich wüsste nicht, warum ich es euch gegenüber tun sollte..."
Trotz der gewählten Worte war der Klang in der Stimme noch immer angenehm, wenn auch mit einem leicht abwehrenden Unterton....
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Signora Achilla
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Ich kann mir gut vorstellen, dass Ihr’s in die Vergangenheit schieben und dort lassen wollt”, stimmte die Signora da beschwichtigend zu. Sie sah auf die Karte herunter.
“Doch ich glaube nicht, dass es da bleiben wird.” Ein Schulterzucken. “Wenn’s Euch tröstet: Ich hätte auch gern gewollt, dass ein paar meiner eigenen Taten aus jenen fünf Nächten besser dort bleiben und nicht wieder erwachen wie alte Gespenster, um mich zu erschrecken.”

Dann sah sie auf. “Doch weder mich noch Euch hat einer gefragt, was wir gern hätten. Doch wir haben in der Hand, es ein wenig… weniger schrecklich zu machen. Und dafür will ich gern Euer Wort und Eure Stimme dazu hören, nicht nur die anderer, wie’s halt weitergetragen und gehandelt wurde im Geschäft meiner Familie, eh?”
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Nubis
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Nubis »

"Also betrifft dies nicht euer persönliches Ansinnen, sondern das eures Clans? Oder jemandem, der durch euch Informationen erhalten möchte.... Es waren nicht viele daran beteiligt...von wem habt ihr bisher etwas gehört?"
Tatsächlich war es ihm ernst.
"Und mich holt hier die Geschichte nicht ein, doch sicherlich versteht ihr auch, dass ich über diese Dinge aus vielerlei Gründen nicht einfach so sprechen möchte...nicht ohne die Gründe zu wissen, warum es jetzt wieder aufkommt...."
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Signora Achilla
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Ja, dies sind Geschäfte der Familie”, gab die Signora zu und zuckte mit den breiten, muskulösen Schultern, die sie sonst nicht hatte. Dann fügte sie hinzu: “Und auch mein Handwerk.”
Sie hob die leeren Hände etwas an. Man konnte die Schwielen darauf sehen, die so mancher Schwertkämpfer mit der Übung unweigerlich bekam. Haarige Handrücken, doch immerhin saubere Hände.
Eine einzelne, kleine, braune Motte hatte sich von der Nosferatu fortgestohlen und umkreiste nun eines der Lichter im Raum. Ihr Flug ließ Schatten an den Wänden tanzen.
“Ich kann Euch also die Antwort nicht herschenken. Doch ich kann Euch eine Antwort verkaufen, wenn auch nicht sogleich, denn das würde andere Geschäfte zunichte machen und wäre fauler Handel. ‘s ist besser, in diesen Dingen ordentlich zu bleiben.”

“Wonach ich frage, ist auch kein großes Geheimnis. Ich frage nicht nach dem Wer und Was sondern nach dem Wie. Wie es sich anfühlte, wie die Stimmung war, wie die Schreie der Überraschung klangen. Gab es Rufe von Verrat? Hinterhalt? Waren sie verzweifelt und erschöpft, die Krieger, als sie ankamen und sich umringt sahen? Habt Ihr’s mit angesehen oder wart Ihr weit, weit fort? Wie sah die Geißel von Savona aus? Habt Ihr dem Mann ins Gesicht gesehen, als es zuende ging?”
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Nubis
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Nubis »

"Ohne das Wer oder Was liesse sich solch eine Geschichte sicherlich unschwer erzählen und kein grosses Geheimnis? Nun, doch. Ich würde euch einiges von mir preis geben und das alles ohne zu wissen, was damit dann geschehen wird? Ich bin nicht erst gestern freigesprochen worden, werte Achilla, um zu wissen, was mit solchen Informationen angestellt werden kann, vor allem auch, wenn ihr als Clan diese hortet und jedem verkaufen könnt. Zudem.. ihr seid dem recht hinterher, lasst nicht ab... also bedeutet euch diese Information etwas."
Er setzte ab und schüttelte leicht mit dem Kopf, so eine halbe Drehung nur.
"Eine Information über mögliche jetzige Interessenten ist im Nachhinein auch nicht wirklich hilfreich oder für mich von Wert, denn jene hätten stets einen Vorsprung in ihrem Vorhaben. Was auch immer es sein mag und in den meisten Fällen unter unsereins nichts Gutes..."

Er schüttelte nun noch einmal deutlicher mit dem Kopf. Ein klares Nein...
"Ich habe nichts, als Ärger damit, wenn ich euch diese Informationen aushändige. Und ich müsste mich auf noch mehr Ärger einstellen....nicht des Geschehens betreffend...sehr wahrscheinlich nicht, aber der sonstigen Informationen drumherum...da schon. Es ist schlichtweg zu viel, was ihr verlangt..."
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Signora Achilla
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Re: [1045] Eine Nacht im Leben des anderen [Galeno, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Das ist schon recht, werter Herr”, meinte die Signora dazu milde und durchaus verständnisvoll. Es schien für sie wohl auch wirklich nicht schwer zu verstehen zu sein, in was für einer Lage Galeno steckte. “Seht’s als eine Sache, die ich jetzt liegen lasse. Aber vielleicht erinnert Ihr Euch in einer kleinen Weile an dies Gespräch und daran, dass sich hier ein Handel machen ließe. Vielleicht ist es dann, in der Zukunft, für Euch lohnend, was ich Euch antworten könnte. Wonach ich Euch in dieser Nacht fragte, wäre dann in der Zukunft wohl nicht mehr für mich wichtig, doch wie stets lässt sich dann schon etwas finden, eh? Ich bin mir sicher, dass es sich dann, wenn die Zeit gekommen ist, für uns beide lohnen könnte.”

Sie machte eine höfliche, kleine Verbeugung und tatsächlich ließ sie damit diese Sache ruhen.

“Ich hätt’ allerdings eine andere, kleine Sache. Wir hatten ja einen kleinen Handel und einen kleinen Gefallen, Ihr und ich für die Brut von Genua. Und ich hätte da was, um ihn einzulösen und es sollte Euch recht leicht fallen: Ich suche einen Weg, wie sich ein Reisender vom Blut im schönen Florenz anzumelden hätte. Bei wem und auf welche Weise gelingt dies wohlgefällig, so dass der Reisende die Traditionen und auch alle Höflichkeit wahren kann?”
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