Achilla selbst überbringt diesen Brief, doch erwartet wohl keine sofortige Antwort. Ein paar Spielleute oder Bettler - es war wohl schwer, in dieser elenden Zeit einen Unterschied zu machen - begleiteten sie.An die verehrte Iulia Cornelia,
Jahre habe ich auf diese Zeit gewartet, in der Ihr nun endlich ein Stück weit vortreten konntet, vor den Augen der gesamten Gesellschaft in Genua. Ich will mir nicht nehmen lassen, Euch dafür zu beglückwünschen und bitte Euch um ein Treffen, dass ich Euch von Angesicht zu Angesicht meine Freude und Erleichterung ausdrücken kann.
Zugleich ist es wohl klug, unser beider Zeit als Harpyien in Genua gemeinsam zu beginnen und zu sehen, worauf wir unser Augenmerk richten wollen, dass sich unsere Mühen gegenseitig bestärken anstatt sich zu behindern.
frohgemut mit Blick auf die Nächte, die vor uns liegen
Achilla
Sofern sie nicht gebeten werden, Halt zu machen, ziehen allesamt auch weiter in Genuas Nacht, wahrscheinlich auf der Suche nach einem Unterschlupf oder Lager für die Nacht.
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Iulias späterer Antwort folgend, kehrte Achilla eine Weile später wieder zurück. Dieses Mal ohne die Spielleute und stiller, mit nur einer einzigen Begleitung. Ihre Kleidung war dunkler und schlichter als üblich, ihre Maske grau, so dass die feinen, kleinen Muster darin erst auf einen genaueren Blick auffielen: Ein ganzes Labyrinth an Pinselstrichen, verschlungenen Linien und Farbtupfern, in denen sich allerlei Figuren und Fabelwesen zu verbergen schienen. Verschlungen und verborgen schien all dies, so sehr, dass es die Konturen des Gesichts unter der Maske gänzlich verfälschte und das Auge leicht ablenkte.
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Ein Geschenk - oder eher ein Zeitvertreib? - am Rande:
Als in der Nacht die beiden Harpyien zueinander fanden, nun tatsächlich unter Iulia Cornelias Dach, begann der Umgang der beiden miteinander höflich und heiter. Es war viel geschehen seit sie sich zum letzten Male nur zu zweit getroffen hatten. Viel hatte sich bewegt, war erreicht oder verworfen worden, hatte Blüten getrieben und Früchte getragen. Vielleicht war es bald Zeit für eine neue Saat?
“Ich bin froh darum wie die Dinge sich gefügt haben”, erklärte Achilla gerade. “Nie ist es gewiss wie die Dinge letztlich stehen werden: Es gibt zu viele Fäden in diesem Gewebe, zu viele Spieler am Tisch. Doch in diesen letzten Jahren habe ich dies nicht nur zu fürchten sondern auch zu lieben gelernt. Unsere Welt erhält neue Tiefe.”
Sie neigte den Kopf ein wenig für ihr Gegenüber, die junge Ventrue. “Ich glaube, hätten wir uns nicht vor Jahren getroffen, hätte ich nicht Eure Worte gehört, ich hätte wahrscheinlich gänzlich andere Wege gewählt.”