[1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

[Februar '21]
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Valerios
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[1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Valerios »

Mit grimmigem Blick beobachtet Francesco die zerlumpten Massen der Hungernden in den Gassen von Platealonga. Angesichts der Hungersnot hatte er seinen Laden auf der großen Marktstraße geschlossen, denn die Kräuterfrau und der Fischhändler neben ihm zogen Verzweifelte und Hungerleider an, die bereits mehrmals versuchten auch seine Ware zu stehlen. Nun verkaufte er nur vom Kontor aus.

Seine Hand lag bereit auf der Axt, die er am Gürtel führte, denn er trug einen großen Sack Essen nach Hause. Graupen und Wurzeln, und ganz tief darunter versteckt, einen gestohlenen Streifen Speck - war er sich doch nicht zu schade, sich an den Schwächeren und ihrem winzigen Besitz zu vergreifen. In Zeiten der Not ist jeder sich selbst der Nächste.

Mit einem tiefen "Hey!", schlug er die Hand eines Langfingers zurück und stieß durch die schnelle Rückwärtsdrehung abgelenkt gegen eine Frau, die ihm auf der Straße entgegen kam. Als er wieder auf sah, blickte er erstaunt in ein bekanntes Gesicht..
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Arash
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Arash »

Tia war nicht allein in Plateolonga unterwegs. Sie war in Begleitung von zwei Männern in grünen Kapuzenumhängen, die mit Speeren und Bögen bewaffnet waren und so die Hungernden von von der jungen Frau, die nicht wirklich hungrig aussah, fernhielten. Da diese aber schräg hinter Tia gingen und diese nicht mit dem Rückwärtsschritt des Mannes gerechnet hatte stieß dieser sie fast zu Boden und nur ein schneller Ausfallschritt bewahrte sie davor hinzufallen.

Die beiden Gestalten die sie begleiteten trugen Masken. Auch, wenn es diesmal andere waren, als die er beim letzten Mal gesehen hatte. Ein Falke oder Adler und ein Bär sahen ihn an. Tatsächlich war der Bär auch etwas größer als der Falke und recht muskulös. Wie ein Bär eben.

Tia sah überrascht aus, aber die beiden Maskierten nahmen ihre Speere fester, sollte es sich um eine Bedrohung handeln. Die junge Frau entschärfte die Situation allerdings mit einem Lächeln. "Ich hätte nicht erwartet euch hier zu treffen, während einer Hungersnot." schmunzelte sie.
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Valerios
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Valerios »

Francesco erschrak kurz angesichts seines Missgeschicks und auch der plötzlich auftauchenden maskierten Waldläufer. Kurz funkelte er den Falken böse an, bevor er sich gänzlich orientiert hatte. "Oh, Verzeihung, mia signorina. Das tut mir leid.."

Dann erst schien er sie zu erkennen: "Signora Tia, nicht wahr? Nunja, hier passt ein Seebär und Händler weit besser her, als in den Wald oder? Ich war eben Essen kaufen, für mich und die Kinder. Ist ja nicht viel, was man kriegt gerade, aber der Mensch muss essen. Es ist schon furchtbar, nicht?

Und wie trifft es eure Gemeinschaft dort draußen? Viele Wilderer unterwegs hört man.."
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Arash
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Arash »

"Si! Signore Francesco!" schmunzelte die blonde Frau und schien auch den Blick belustigend zu finden, die ihr Gegenüber dem Falken zuwarf. Wobei der oder die Maskierte den Blick vollkommen regungslos erwiderte. So wie eine Maske es eben tat. "Ich wusste nicht, dass man in der Stadt noch Essen kaufen kann, ohne direkt erschlagen zu werden." erwiderte sie. "Und betrifft dies kaum. Die meisten Menschen können die Spur eines Wolfes nicht von der eines Kaninchens unterscheiden. Und die Wolfsrudel kommen nun näher an die Dörfer heran. Sie finden schließlich auch weniger zu fressen. Daher sterben die meisten Wilderer einen recht unrühmlichen Tod und füttern damit nur unsere Nahrung."

Es schien die Ghulin überhaupt nicht zu stören, dass die Menschen starben. "Für uns reicht das Essen. Wie ergeht es auch? Kommt ihr über die Runden?"
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Valerios
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Valerios »

"Wir sind dankbar für das, was wir haben, ja. Müssen keinen Hunger leiden, aber der Wamst spannt weniger und der Gürtel wird enger.
Der Herr nährt sich mehr auswärts, um die Leiber unserer Familie zu schonen - was vor allem den Kinder gut tut. Nur um den alten Salvatore mach ich mir manchmal Sorgen, ob sein Körper den Hunger gut erträgt.

Als wir uns vor zehn Jahren kennenlernten, war Salvatore kaum älter als ich. Doch inzwischen ist er vollkommen grau - und ich"
- jovial schlägt er sich auf die Brust - "immer noch das blühende Leben. Das sind die Momente, bei denen mich der Segen der mir zu Teil wurde, manchmal gruselt. Wie wir in Ihrem Windschatten durch die Zeit gleiten, so langsam beginne ich zu verstehen, was das auf lange Sicht bedeuten soll."
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Arash
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Arash »

Tia nickt verständnisvoll. "Wollen wir ein Stück gehen?" sie blickte Richtung Hafen zu dem sie wohl gerade auf dem Weg war. "Ich kann eure Gedanken aber gut verstehen. Die Länge unseres Lebens ist wirklich eine Sache, an die man sich gewöhnen muss." Sie seufzte. "Die Beiden, die uns begleiten habe ich aufwachsen sehen. Sie waren einst Waisenkinder und seht sie nun an." sie schmunzelte, waren ihre Gesichter doch unter den Masken verborgen. Sie sah zu dem größeren Mann hoch. "Was glaubt ihr bedeutet das letztendlich? Für uns? Für alle Anderen?"
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Valerios
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Valerios »

"Das ist es, vor allem jetzt, wo die Zeit naht, an der mein Leben bald enden würde, wenn ich Ihn nicht getroffen hätte. Es ist eine gewaltige Macht, die Ihnen innewohnt.
Nach unserem Schiffbruch in Sizilien und dem Ende unserer Zeit als Seeräuber und Plünderer hatte ich bereits das Gefühl mir würde ein neues Leben geschenkt, ohne dass ich es verdient hätte. Dann kam unser sesshaftes Leben in Masala, dann in Tunis und dann in Caliagri. Ich hätte mich nie als Tavernenwirt gesehen, ich dachte ich würde mit dem Schwert in der Hand bei einer Kaperfahrt sterben. Und jetzt bin ich Händler und verkaufe Indigo, Sandelholz und Silberschmuck.

Manchmal wird mir dabei schwindelig und ich frage mich, wer von diesen Männern bin ich eigentlich? Habe ich eine Bestimmung in dem großen Plan der Welt? So wie die hohen Herren, die von ihren Thronen die Geschicke der Welt lenken. Werde ich eines Tages jemand sein, der von Bedeutung ist für den Fortgang der Zeit?

Habt ihr auch manchmal solche Gedanken? Wenn das Leben eurer Kinder an euch vorüberzieht? Auch das ich einmal Vater werde, war nichts mit dem ich gerechnet habe. Und jetzt habe ich vier davon.."
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Arash »

Tia lächelte bei den Worten des Mannes. "Mein Leben wäre schon vor vielen Jahren geendet, wenn ich Arash nicht getroffen hätte. Dabei habe ich ihn noch kennen gelernt, als er noch nicht in die Nacht getreten war. Deswegen sind wir auch eher Bruder und Schwester." Sie schmunzelte.

"Allerdings hat er mich im Laufe der Jahre auch gelehrt was Freiheit bedeutet. Wir sind viel durch die Länder gereist, haben Landstriche gesehen, die kaum ein Mensch vorher gesehen hat. Zumindest kam es mir so vor. Tiefe Höhlen, hohe Berge, weiter Täler und dunkle Wälder. Die weite See und die stürmischen Klippen." ein entrücktes Lächeln war auf die Lippen der Frau getreten.

"Ich bin nie Mutter geworden. Auch habe ich nie daran gedacht Kinder zu bekommen. Es gab lange Zeit nur Arash und mich. In meinem Leben vorher...verschwende ich wenig Gedanken. Ich habe dem Tod in die Augen gesehen und ich habe gesehen, wie Arash diesen Tod von mir abwendete. Meine Bestimmung habe ich in diesem Moment gefunden, als er mich zu sich nahm. Ich habe es nie bereut. Habt ihr es je bereut?"
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Valerios »

"Niemals, nein. Auch wenn es mich manchmal ärgert, das Er und ich gerade hier festsitzen. Ein paar Jahre auf See hätten mir gut gefallen als wir aus Sardinien weg sind. Ich hab's nicht so mit den Höhlen und den Bergen - aber mit der Freiheit. Und so genieß ich erstmal die Freiheit eines vollen Geldsäckels, bis die Fahrt wieder los geht.
Aber wenn ich die Kapitäne so reden höre, da wollt ich auch gerne mal wieder mitfahren..

Ja, ich kenn ihn auch schon lange - wir waren Burschen damals noch als wir aus Griechenland weg sind. War mir damals schon klar, das aus ihm mal was großes wird.
Aber das er uns das Tor in eine andere Welt hinter der Welt auftut, das hätt' ich nicht gedacht. Einen Auserwählten hat der Meister Timotheus ihn immer genannt. Und er hatte verdammt recht damit.

Ich muss eurem Herrn Arash übrigens sehr danken. Augenöffnend hat mein Herr es genannt. Euer Bruder muss mit großer Macht gesegnet sein."
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Arash
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Re: [1045] Das Jahr ohne Sommer [Arash, Valerios]

Beitrag von Arash »

"Das Fahren ist wohl aktuell kein wirkliches Vergnügen, wie ich hörte." erwidert Tia lächelnd. "Aber ich kann euch verstehen. Ich würde auch gerne aus dieser Stadt verschwinden und mit Arash wieder den Wind der Freiheit wieder spüren. Diese Stadt hier ist...Gift...für mich...für ihn..." sie wirkte traurig, als sie das sagte.

Dann schüttelte sie mit dem Kopf und lächelte traurig.

"Ja. Er ist weise...war er schon immer. Sein Eintritt in die Nacht hat dies nur verstärkt. Aber...seit wir hier sind." sie seufzte. "Scheint er sich sehr zu veändern...und das ist nicht gut. Nicht gut für ihn...nicht für...uns."
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