[1046] Nachts am Theater [Achilla, Adamo]

[Signora Achilla]

“Oh, da muss ich bescheidener sein”, meinte die Signora milde. “Das Stück stammt aus der Feder einer Neugeborenen der verschiedenen Geblüter und ich kann den Horizont der Älteren und Mächtigeren kaum ermessen. Auch wenn ihnen gewiss ein Platz gebührt, so will ich mir nicht mehr erhoffen als ich es sollte.”
Es klang ein wenig verschmitzt, so wie sie das sagte: Die Signora besaß genug Humor oder Selbstironie, um über den eigenen, flatterhaften und womöglich bedeutungslosen Tanz in der Gesellschaft zu lachen.

“Doch ich glaube wohl, dass das Stück eine gewisse Lehre und Unterhaltung für die übrigen biete. Gewiss auch hier nicht für alle, eh? Es gibt genug, die keine Freude an Theater, Musik oder Kunst haben. Doch die sind mir mit einem solchen Unterfangen ohnehin verloren… .”
Sie zuckte kunstvoll mit den Schultern, mit ihrem Flechtwerk noch in den Händen.

“...doch auf der anderen Hand ist es wohl für einen jeden in unserer Gesellschaft interessant, wenn viele in einer Nacht der Unterhaltung und Kunst zusammen kommen. Und wenn schon nicht die Kunst selbst von Interesse ist, dann doch ihr Echo in den Einzelnen im Publikum. Und ich glaube doch, dass diese oder jene Sache in meinem Stück ein Echo hervorrufen kann.”

[Adamo Manacres]

Adamo rutschte ein wenig aufgeregt auf seinem Platz hin und her.

" Eine Lehre aus einem Stück ziehen ist so viel mehr als nur eine bloße Zeit mit Unterhaltung zu verbringen. Wer keine Freude am Theater oder keine Freude am Stück hat, der wird vielleicht Freude am Verhalten der anderen Gäste haben. Ihr selber seid Harpye und werdet mit Sicherheit nicht nur das Spiel eurer Darsteller verfolgen, sondern auch das Spiel, welches sich Euch auf den Rängen bieten wird. Emotionen lassen sich ja bekanntlich recht gut im Gesicht ablesen.

Gibt es denn ein Echo, welches ihr Euch erwartet, oder geht ihr ohne Erwartungen in die Vorstellung ?"

Adamo beugte sich interessiert zu der Nosferatu hinüber.

[Signora Achilla]

“Ah, in dem Stück liegt so einiges”, meinte die Signora dazu vergnügt. Doch die Heiterkeit verblasste rasch, als ihre nächsten Worte ernster klangen: “Es wird ein Echo in den Rängen geben. Ich kann zwar hoffen, dass es nicht eben die Künstler trifft, doch wir leben in einer dunklen Welt und so verschwende ich keine Gedanken an Hoffnung.”

“Und das Übrige? Ai, ich erwarte mir einiges. Doch ich will Euch nicht zu viel verraten, nicht zu viel der Überraschung rauben, nicht zu viel entblättern und entblößen, was Ihr selbst entfalten könnt. Doch es bleibt die Frage: Wollt Ihr mich dieses Stück in Eurem Hause aufführen lassen?”

[Adamo Manacres]

Adamo, welcher in aller Ruhe gelesen hatte, welches Potenzial in dem Stück lag, nickte der Nosferatu zu.

" Aber selbstverständlich wäre es mir eine Freude, euch das Stück in dem Theater aufführen zu lassen. Wer wäre ich, wenn ich nicht zulassen würde, das ein provokantes Stück das Licht der Welt erblickt, nur um wenig später wieder im Dunkel zu vergehen."

Dann schien Adamo einen Moment nachzudenken.

" Wieso ich so gezielt nach dem Echo frage ist eher der Gedanke, ob nach der Aufführung einige der Besucher, nun nennen wir es einmal, überstürzt das Haus verlassen werden und sich einen Weg nach draußen bahnen, oder ob es andere planbare Ereignisse geben könnte. Lediglich ein Aspekt der Sicherheit"

[Signora Achilla]

“Es erleichtert mich, dass Ihr es so sagt. Denn dann will ich dies gern zusagen! Ihr erbaut ein Theaterhaus und ich habe ein Theaterstück. Soll beides zueinander finden!”
Die Signora schwenkte in einer verschnörkelten, ausladenden Geste die Maske einmal umher als besiegele damit irgendeinen Zauberspruch.

“Ich will wohl annehmen, dass das Stück genügt, dass der eine oder die andere etwas zu beißen hat. Ob sie übereilt aus dem Haus stürmen? Vielleicht! Doch eben auch nicht mehr als das. Bedenkt auch: Wir sind für unsere Taten verantwortlich, jeder und jede Einzelne von uns, die wir freigesprochen wurden.”

“Es war mein Gedanke, die werte Anastasia als meine Clansschwester und als Liktorin noch zur Absicherung hinzu zu ziehen. Und ich hoffe doch auch, dass noch weitere kommen werden, die zugleich auch Liktoren sind. Sollte also tatsächlich jemand derartig die Beherrschung verlieren dass er oder sie zu einer Gefahr für die Stille würde, dann sollten wir doch stark genug sein, solcherlei zu beenden.”
Sacht schüttelte sie den Kopf.
“...doch ich mute der Gesellschaft von Genua zu, dass nicht mein Theaterstück ausgerechnet eine solche Gefahr heraufbeschwören würde.”

[Adamo Manacres]

"Das freut mich zu hören" antwortete Adamo auf die Zusage zur Aufführung.

Er lehnt sich zurück, sichtlich erfreut.

" Was meint ihr, wie lange ihr noch brauchen werdet für die Fertigstellung des Stückes. Wie ist es mit den Darstellern, ihr sagtet, sie würden hungern. "

Dann rieb er sich das Kinn und dachte einen Moment nach.

" Ich freue mich, dass ihr bereits darüber nachgedacht habt, Liktoren einzuladen, um dem ganzen einen zusätzlichen Aspekt der Sicherheit zu geben. Dies wird dem Bedarf an Sicherheit decken aber auch ausreichen, um die gesetzte Form der Veranstaltung zu setzen. Rechnet ihr damit, dass die höchstverehrte Aurore und der hochverehrte Lydiadas ebenfalls kommen?"

[Signora Achilla]

“Wenn ich eines gelernt habe, hier in Genua und anderswo in dieser Welt der Nacht, dann dies: Dass ich niemals erwarte oder hoffe oder vermute oder zutraue, was eine oder einer vom Blute, die so alt und machtvoll sind, wohl tun mag oder warum.”

Die Signora griff ihr Flechtwerk wieder auf. “Ihnen gebühren Ehrenplätze und sie können darüber verfügen wie sie es wünschen. Drei Ehrenplätze für drei Ahnen in Genua.”

Sie neigte das Haupt ein wenig und hielt es so gesenkt, den Blick wohl fest auf ihr Handwerk gerichtet. “Die übrigen erhalten die die Wahl ihres Platzes, die Ancilla zuerst, die Neugeborenen danach.”

[Adamo Manacres]

Adamo beobachtete interessiert das Tun der Nosferatu. Er ließ die Worte eine lange Zeit nachklingen und schien sie für sich selber noch einmal zu überdenken. Dann, als wäre er zu dem gleichen Schluss gekommen wie seine Gesprächspartnerin, nickte er.

" Gut, gut, das ist ja wunderbar. Gibt es diesbezüglich noch etwas, bei dem ich euch unterstützen darf ? Bedarf es noch etwas, was das Stück noch runder oder vollkommener machen würde? Solltet ihr eine gewagte Idee oder einen gewagten Wunsch haben, so würde ich ihn gerne hören wollen."

[Signora Achilla]

“Mit dem Stück wage ich genug”, meinte die Signora da und tippte sich nachdenklich an ihr Kinn.
“Nun”, meinte sie dann. Da sind zwei Sachen. “Die eine ist: Die Schauspieler. Die Stille verlangt am Ende nach ihrem Tod, wenn ich sie nicht binde.”
Sie neigte den Kopf ein wenig. “Und das zweite ist: Es mag sehr gut sein, dass ich rasch gehen muss. Wird Euer Haus einen Ausgang für einen eiligen Abgang wie den haben?”

[Adamo Manacres]

Adamo hörte den Worten aufmerksam zu, die die Nosferatu an ihn richtete.

" Ich bin so frei und beantworte eure zweite Frage zuerst. In Anbetracht der Tatsache, dass ich dieses Theater erbaue, auf das es zu einem anderen Zeitpunkt ein Elsysium werden könnte, habe ich bereits solcherlei Dinge bedacht. So dass es durchaus den einen oder anderen Ausgang geben kann, welcher aber nicht als Eingang konzipiert ist. "

Dann lächelt er ein wenig, wird dann aber wieder ernst.

" Wenn es wirklich der Fall sein wird, dass ihr überstürzt abreisen müsst, so denke ich braucht ihr Euch über die Schausteller keinerlei Sorgen mehr machen. Andernfalls denke ich, gibt es ohne weiteres Möglichkeiten, sie nun sagen wir mal verschwinden zu lassen, meint ihr nicht?"