[1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

[März '21]
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Valerios
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[1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Valerios »

Die Handel waren auf unterschiedliche Weisen zustande gekommen. Die beiden Lehrmeister könnten verschiedener nicht sein.
Doch der Schüler, den beide in den letzten Jahren unterrichten, war ein und der selbe - und jedem der beiden zeigte er sich auf seine ganz eigene Weise.

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Dem Ghul des Herolds Galeno, der Valerios in Latein unterrichten sollte, begegnete er stets freundlich - vermutlich kannte er auch Kainiten, die sich ganz anders ihm gegenüber verhielten - doch war er auch klar, was er von seinem Lehrer erwartete, streng gegen ihn, aber auch gegen sich selbst.

Das Gedächtnis des Unsterblichen war über die Maßen gut, denn als Schauspieler war er in der Ars Memorandi wohl bewandert. Schnell zuckten seine Finger, die ihm wohl auf seine eigene Weise halfen, sich Worte schnell einzuprägen. Mehr kämpfte er hingegen mit Grammatik und Satzbau, Struktur schien ihm weniger zu liegen - und bei Unregelmäßigkeiten konnte er schon einmal die Fassung verlieren, doch niemals richtete sich sein Zorn direkt gegen seinen Lehrer.

Immer wieder fragte er nach Formen von Anrede, Floskeln, Höflichkeiten, trennscharf hakte er nach genauen Bedeutungen der Worte - er lernte verbissen, nicht aus Leidenschaft, sondern um sich zu wappnen für weitere Begegnungen am Hofe.

Doch gerade zu Beginn ihrer Lehrstunden war er oft zu einem lockeren Gespräch aufgelegt, redselig, höflich und bestimmt erkundigte er sich nach dem Befinden seines Herren, in der Hoffnung dem Diener das ein oder andere über Galeno zu entlocken.

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Doch auch Angelique sollte ihre helle Freude mit ihrem Schüler haben. Er war wissbegierig, die Alphabete lernte er schnell. Es war offensichtlich, dass er sowohl des Italienischen wie des Lateinischen mächtig war, sein Griechisch jedoch war gelinde gesagt holprig, fast wie nicht vorhanden. Nur die Laute passten. Wer dieser Sprache mächtig war, erkannte einen dorischen Zungenschlag.

Doch fragte er hin und wieder skeptisch: "Wird das was ich hier erlerne, nicht auf lange Sicht Vergesslichkeit bewirken, weil ein Lesender das Gedächtnis nicht mehr übt?
Im Vertrauen auf Geschriebenes lasse ich mich von außen erinnern durch fremde Zeichen, nicht von innen heraus durch meine Seele selbst.
Ich kann auf Rollen und in Büchern vieles hören ohne mündliche Unterweisung. Und mir danach einbilden, vieles zu verstehen und überzeugt sind, klug zu sein, ohne wirklich etwas zu wissen und zu beherrschen."

Dennoch wollte er einmal befähigt, gar nicht aufhören zu lesen, und fragte unaufhörlich nach neuen Texten.
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
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Angelique
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Re: [1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Angelique »

Angelique war eine chaotische Lehrerin, die eher im Stil alter Philosophen durch Praxis und Beispiele lehrte. Es war eher verspielt, als dass es strenger stringenter Unterricht war, wie er in Klöstern stattfand.

Sie hatte damals, als sie Alain lehrte, sich eine Methode ausgedacht, auch Schüler mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Eichhörnchens Dinge beizubringen, die eher langweilig und repetitiv waren.
Außerdem hatte sie mit ihrem sterblichen Hintergrund im einfachen Volk deren Grundmethode des Lernens durch Vormachen und interaktiven Lernens nie ganz abgelegt.

Das war eine sehr progressive oder, je nach Sichtweise, sehr archaische Form der Wissensvermittlung. Und sie ging natürlich auf die Stärken des Schülers ein, förderte diese und versuchte, die Schwächen insbesondere die des Griechischen und der Grammatik durch abwechslungsreiche Aufgaben mit unterschiedlicher Herangehensweise zu kompensieren.

Den alten, dorischen Dialekt, der so perfekt für die Texte der Philosophen passte, vermerkte die auf natürliche Weise multilingual begabte Angelique aufmerksam und fragte ihn, wer ihm denn diese, seit 1300 Jahren nicht mehr gebräuchliche Aussprache beigebracht habe, die von der Koiné des Hellenismus abgelöst und durch das moderne oströmische Griechisch noch mehr verändert wurde. Letzteres modernes Griechisch hätte sie eher bei ihm erwartet.

"Jemand hat Euch die Sprache gelehrt, der sie selbst nur an alten Texten gelehrt bekam, kein aktiver Sprecher", stellte sie fest, "es sei denn es wäre ein wahrhaft alter Vampir gewesen."

Sprachkunde war eines der vielen Beschäftigungsfelder der Malkavianerin, die ihr halfen, die Ewigkeit interessant zu gestalten.
"Ihr müsst wissen, der Fluch Babels, der die Sprachen der Menschen aufgeteilt hat, war kein singuläres Ereignis, sondern wirkt immer noch fort. Das hat man schon zur Zeit Ciceros verstanden, als das Latein der Gelehrten vom Pöbel nicht mehr verstanden wurde. Und man merkt es bei jedem Hoftag, wenn der lustige Effekt Babels Aurores Ansprachen zu einer Komödie macht."

Auf die besorgte Frage nach dem Schwinden der Erinnerung meinte sie lächelnd: "Das Gegenteil ist der Fall. Auch hier wirkt der Fluch Babels, ohne dass Ihr es überhaupt merkt. Ihr prägt Euch was ein und ich garantiere Euch, in fünfzig Jahren werden sich kleine Veränderungen eingeschlichen haben und in 100 Jahren werden es große sein. Einzig die Erinnerung, die man schreibt, bleibt.

Die Germanen, die Heiden sind... Heiden waren bis vor kurzem..."

Das untote Mädchen schauderte, als es begriff, dass inzwischen auch die letzten der alten Heiden Christen waren und die Welt sich auch in diesem Aspekt komplett geändert hatte.

"Äh, jedenfalls sind die Vorstellungen von Heiden wie Brimir von ihrem obersten Götzen Odin andere, als sie die Sachsen und Friesen hatten, die ihn sogar Wotan oder Woden nannten, dabei sind ihre Sprachen einander noch sehr nah. Und das ist der Name ihres obersten Götzen, der sich komplett geändert hat, weil er nur mündlich weitergegeben wurde.

Ihr seht also, wie essenziell Lesen und Schreiben ist, sonst seid Ihr am Ende nur ein Gangrel, der in die Nacht hineinlebt."

Sie schauderte in einem unbeobachteten Moment, als ihr bewusst wurde, dass ihre alten Aufzeichnungen das einzige waren, was von der reichen Kultur Brimirs in Genua und vielleicht in der ganzen Welt übriggeblieben war.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
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Nubis
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Re: [1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Nubis »

Der Diener Galenos, ein gewisser Luciano, konnte dann Unterricht geben, wenn er keine sonstigen Verpflichtungen gegenüber seinem Herrn hatte. Gerade zu diesen Zeiten war er daher oftmals anderweitig eingespannt, was allerdings durch eine Mitteilung Galenos entschuldigt wurde, denn die Jahre der Hungersnot waren schwierige Zeiten und Lucianos Kompetenzen waren noch anderweitig gefragt, um diesem Hunger entgegen wirken zu können, die Not schmälern zu können.

Doch wenn er denn die Zeit aufbringen konnte, so kam er stets gut vorbereitet, mit Wachtafeln und Papier, mit vorbereiteten Schriftstücken und stets einem freundlichen Wort auf den Lippen.
Der Unterricht betraf mehrere Aspekte und wer meinen könnte, man würde nur die Texte aus der Bibel bei ihm lernen, der lag falsch. Texte von Philosophen und der Geschichtsschreibung kamen ebenfalls zum Tragen. Zuerst einfache texte, später dann schwerere. Schriftbild und Grammatik waren bei Luciano genauso wichtig, wie das Erlernen neuer Vokabeln...Stück für Stück. Auch sprach ab einem bestimmten Level Luciano nur noch Latein mit seinem Schüler. Fragen mussten dann so formuliert werden, dass man mittels Latein diese stellen konnte und man erhielt auch in Latein die Antwort. Dabei achtete aber der Lehrer auch stets darauf, wie das Sprachniveau seines Schülers war, um eine verständliche Antwort zu formulieren und keine Frage in tausend weitere ausufern zu lassen.

Herzlich und freundlich war der Mann, der wohl normalerweise etwas besser in seine Kleidung passte, als derzeit. Die Kleidung schien mindestens eine Nummer zu gross. Zumindest an einigen Körperpartien schlugen sich Falten nieder, wo sonst wohl eher keine gewesen waren. Dennoch, auch wenn er wohl etwas zu entbehren hatte und sicherlich bei seinem Herrn auch so manche Schicksalsschläge mitbekam, so war sein sonniges Gemüt nicht tot zu bekommen... Doch liess er sich auch nicht so einfach in die Karten schauen...nein, ging man zu weit oder folgte dem Unterricht nicht, so konnte er auch streng werden oder gar damit drohen zu empfehlen, dies abzubrechen. Doch bei Valerios war dies wohl nicht unbedingt notwendig, denn er schien wohl ein ehrgeiziger Schüler zu sein...

Und verlor dieser einmal die Fassung, trat Luciano zurück, genau wissend, dass er sich dann nicht damit zu beschäftigen hatte. Er gab dem Kainiten dann die nötige Ruhe, um wieder runter zu kommen. Dies war er wohl zur Genüge schon gewohnt.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Valerios
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Re: [1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Valerios »

@Galeno:

Valerios war erfreut nicht nur die Bibel studieren zu müssen. Unruhe und Widerwillen erfasste ihn bei den heiligen Texten, die er nur unzureichend unter dem Mantel der Langeweile verbergen konnte. Um so interessierter zeigte er sich bei Philosophen und Geschichtsschreiber, insbesondere den Griechen.

Das Sprechen wiederum fiel ihm schwer zu Beginn, erinnerte es ihn doch an die Demütigung am Hoftag - er unfähig der Prinzessin in ihrer eigenen Sprache zu antworten.
Doch war genau dieses Ereignis der Beginn dieses Lernvorhabens und so biss er sich durch. Auch wenn Luciano einen immer öfter missgelaunten Mann ertragen musste.

Doch der warme Empfang den der Blutsdiener Francesco dem Gast bereitete sollte dies wohl aufwiegen. Immer standen Brot und Oliven für ihn bereit. Auch eine Schale Fleischbrühe wurde ihm mehr als einmal angeboten. Überhaupt war reges Treiben im Kontor, Kinder und Erwachsene besuchten den Kainiten regelmäßig und auch wenn Valerios als strenger Herr auftrat, schien er sich um seine Anvertrauten mit Fürsorge zu kümmern.

Doch manches Detail machte den Kontor, meistens gefüllt mit allerlei funkelnder Waren, edeler Hölzer, Keramik und Edelsteinen - zu einem seltsamen Ort.
Manchmal standen auf den Kisten seltsame hölzerne Statuetten: Ein Frau mit Skorpions-Scheren anstelle der Hände, eine Frau mit einer Federkrone, einem Speer und einem Schwert. Eine schwarze gepanzerte Viper, die sich aufbäumt, während eine Hand sie umschließt. Manchmal drang der bittere Geruch von Räuchwerk in den Vorraum.
Manchmal wurde eine Glocke geschlagen und seltsame sandgefüllte Gläser umgedreht.
Und niemals, wirklich nie, wurde die Tür in den Hinterraum geöffnet.
"Es ist nicht so sehr die Hilfe unserer Freunde, die uns hilft, als vielmehr das vertrauensvolle Wissen, daß sie uns helfen werden."
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Valerios
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Re: [1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Valerios »

Wiederholung und Langsamer Fortschritt schienen Valerios nicht sonderlich zu stören. Die Jahre an der Ruderbank hatten den ehemaligen Piraten Geduld und Ausdauer gelehrt. Vielmehr forderte er manchmal genau diese Struktur ein, wenn Angelique zu weit ausholte oder sich in Späßen, Belehrungen oder Gedankensprüngen verlor.

Trotzdem lauschte er interessiert ihren Ausführungen und philosophischen Einwürfen. Manchmal wirkte er dabei abwesend und gleichzeitig hoch konzentriert - doch folgte er in Wahrheit nicht ihren Gedanken, er studierte ihre Prosodie, ihre Körpersprache, ihr Verhalten.

Den Hoftag empfand er nicht als Komödie, er nahm das gesellschaftliche Spiel ernster als die Malkavianerin. War die Demütigung durch die Principessa doch eine der Triebfedern, weshalb er die Mühen dieses Lernprozesses auf sich nahm - eine davon. Allerdings wirkte er auch nicht sonderlich angefasst von all den Strafen und der unbeherrschten Gewalt des Seneschall.

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"Das sterbliche Namen sich verändern, genauso wie Worte ist wie ich es sehe kein Fluch. Sind sie doch alles nur Facetten des Ren, des wahren Namens, Bezugspunkte einzelner, in denen sich eine Essenz überliefert, ganz egal in welchen Buchstaben. Die Idee dahinter, geschrieben in der Sprache des Lebens, bleibt doch stets die selbe.
Worte reisen auf den Schiffen durch die Welt genauso wie Ratten und paaren sich in den Häfen wie Kanichen.
Und hier bei Hofe scheint Schrift genauso wie Sprache vor allem ein Statussymbol zu sein und ein Mittel zur Geheimniskrämerei - also letztendlich nur ein Vehikel der Macht."
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Re: [1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Valerios »

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Re: [1046] Die Künste des Toth [Angelique, Galeno, Valerios]

Beitrag von Valerios »

Valerios lernt von Luciano Latein zu sprechen, bei Angelique studiert er das römische und das griechische Alphabet. Er erweist sich als wissbegieriger und strebsamer Schüler.
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