[1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

[Februar '21]
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Angelique
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[1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Angelique »

Der Schatten, der sich lautlos bewegte, stoppte und die Klinge glitt wieder in die Scheide zurück.

Fast hätte die Nemesis all derer, die sich an Christenkindern bereicherten, einen Fehler gemacht und den nichtsahnenden Kapitän, der in den Diensten eines befreundeten Kainiten stand, gemeuchelt.

Glücklicherweise hatte Angelique es sich zur Aufgabe gemacht, erst die sündigen Gedanken der Schurken zu durchforsten, bevor sie sie richtete.

Wenig überrascht, einen der Verwandten als Hintermann der sinistren Taten zu enttarnen, war sie doch erstaunt, wer hinter dem geschäftstüchtigen Schiffsfahrer stand.

Und so schlich sie wieder davon, kaum mehr als ein Rachegeist, einzig für einen Wächter kurz zu sehen.

Am nächsten überbrachte ein Bote dem Kapitän einen Brief an seinen Meister.

"Benjamin, wir müssen dringend reden.
GOttbefohlen Angelique"
, stand darin.
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Benjamin
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Als Benjamin die Nachricht ließt lässt er den Boten direkt, mit der Bitte sich in der Morgigen Nacht mit der Schreiberin dieses Briefes am Geschlechterturm treffen zu wollen, wieder in die Nacht hinaus.

Am nächsten Abend findet sich Benjamin früh, sehr früh am Geschlechterturm ein und wird dort auf das Mondenkind warten. Die Wachen kennen ihn mittlerweile und stören sich wenig an seiner Anwesenheit. Gespannt wandert sein Blick übers Meer. Die gewählten Worte der Nachricht waren... ungewöhnlich für Angelique.
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Angelique
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Angelique »

Schon bald kam eine sehr sorgenvolle und zerknirschte Angelique herbei.

Ohne Umschweife kam sie sofort zur Sache: "Der Kapitän Domenic kauft verzweifelten Eltern ihre Kinder ab und verkauft sie in die Sklaverei weiter. Warum? Ich will es verstehen!"

Das untote Mädchen wirkte nicht zornig oder verächtlich bei diesen Worten, sondern im Gegenteil verwirrt und verzweifelt nach Antworten suchend.
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Benjamin
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin schaut Angelique überrascht entgegen. Er hat wohl mit vielem gerechnet aber nicht damit.

"Weil dadurch sowohl die Kinder als auch die Eltern überleben. Auch Dominic hat mir schon in diesem Punkt seine Gewissensbisse dargelegt. Aber sie nicht zu kaufen wäre die echte Verwehrung von Hilfe. Die Hungersnot grassiert und wenn die Familie weniger Kinder hat gibt es weniger Mäuler zu stopfen statt dass Eltern anfangen ihre Kinder zu essen oder ähnliche abscheuliche Sachen. Das Geld was sie dafür bekommen haben hat sie wahrscheinlich als einziges durch den letzten Winter gebracht. Ebenso leben die Kinder wenigstens. Ich habe Dominic ebenso angewiesen die Kinder nicht an wohlweißliche brutale Herren zu verkaufen. Auch nutze Ich die Transporte um Essen ins Genuesische Hinterland zu schmuggeln wo es einen Teil der Kinder die gekauft wurden in Pontedecimo ernährt. Für mich macht es keinen Unterschied ob es sich hier um Christenkinder handelt, für mich macht es einen Unterschied ob sie leben und davon, alleine davon waren meine und Dominics Taten motiviert!" seine Worte sind energisch als er spricht. Er wirkt nicht angegriffen aber ebenso ist er sich hier keiner Schuld bewusst.

"Beantwortet das eure Frage werte Angelique?" nachdem er gerade noch seine Stimme erhoben hatte ist sein Ton bei der Frage deutlich ruhiger und empathischer geworden. Ebenso hat er sich Angelqiue gegenüber in die Hocke begeben um ihr direkt ins Gesicht schauen zu können.
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Angelique
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Angelique »

"Ja", meinte sie leise und blutige Tränen schimmerten rosa in ihren Augen.

"Ich verstehe Eure Motive und die gute Absicht ist mir in Praxis und Theorie nicht verborgen. Und doch..."

Sie ging auf die Knie vor ihm und senkte den Kopf. "Bitte helft mir, wenn die Hungersnot vorüber ist. Und das wird sie irgendwann sein. Ich kenne schlimmere von vor hundert Jahren, als es nach der Apokalypse aussah. Helft mir, die Verkauften zurückzukaufen, wie einst mein verstorbener Roger es mit den verschleppten Kindern bei den Sarazenen tat. Helft mir, für dieses gute Werk Spenden zu sammeln."
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Benjamin
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Und wieder hatte es die Malkavianerin geschafft ihn zu überraschen. Man sieht in seinem Blick ehrliche Besorgnis. Er nickt während er sachte ihren Unterarm nimmt und sie während er sich aufrichtet stetig nach oben zieht. "Ihr müsst doch nicht vor mir knien Angelique. Eure Bitte ist aufrichtig und verständlich. Natürlich werde Ich euch dabei helfen die Spenden zu sammeln und die Kinder wieder zurückzubringen. Wenn nötig so entrichte Ich euch auch den kompletten Betrag, der dazu nötig ist. Da mein Weg es mir verbietet etwas ohne Gegenleistung zu tun einigen wir uns doch einfach darauf das diese Hilfe bei der Wiedervereinigung der Familien meine verspätete Bezahlung eures Gefallens, den ihr mir damals mit dem Ghul von Alain erwiesen habt, ist." während er gesprochen hatte, hatte er seine Hände auf ihre kleinen Schultern gelegt und zwinkert ihr als geendet hat zu.

"Klingt das nach einer Lösung mit der ihr leben könntet? Wir sammeln das Geld und dann holen wir die Kinder zurück und erweisen eurem Verstorbenen treuen Freund die letzte Ehre. Eine Rettung in seinem Namen?" er schmunzelt.
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Angelique
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Angelique »

Die väterliche Art war etwas, was der erschöpften Angelique wieder Hoffnung gab.

Benjamin konnte nicht wissen, dass sie, das ewige Kind, sich immer nach einer starken Hand sehnte, die ihr Halt gab, so wie er es jetzt tat.
Sie schmolz dahin und ließ sich für einen Moment in diesem starken und doch so sanften Griff fallen, der ihre Schultern hielt.

Sie lächelte hilflos und konnte zuerst nur nicken.

Die kleine Malkavianerin hatte immer diesen Hang, Schwächeren zu helfen, insbesondere den Kindern. Wer kannte nicht die Geschichte von den nächtlichen Geschenken zum Namenstag des Nikolaus, die sie insgeheim den ärmsten Kindern machte, damit sie nicht in die Bordelle mussten oder verkrüppelt wurden, um besser betteln zu können?

Sie wusste genau, wie das war, klein zu sein und hilflos in einer Welt großer Herren und noch größerer Mäuler.
Und das seit über hundert Jahren!

Deshalb waren es diese kleinen Gesten, die sie immer wieder aufbauten, wenn sie mental kraftlos war wie in diesen dunklen Nächten.

Wieder nickte sie und fand diesmal Worte. "Ja, das würde Roger gefallen..."
Wieder war sie den Tränen nahe. Ihr Roger! Sie würde nie darüber hinwegkommen, dass man ihn ihr genommen hatte.
Aber mit dieser Sühneleistung würde die Erinnerung an ihn und was er für diese gottverdammte Stadt getan hatte.

Ihre kleinen Schultern strafften sich wieder, wie der Assamite spürte. Und ihr Lächeln wurde wieder selbstbewusst und naiv hoffnungsvoll, wie man es kannte.

"Ja, so machen wir das!"
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Benjamin
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Die feinen Nuancen und intrinsischen Motivatoren Angeliques bleiben dem Assamiten für heute verborgen. Er hatte vor einiger Zeit entschieden, dass er seine Entscheidungen Unabhängig von Faktoren machen würde die er nicht kontrollieren konnte. Doch dieses Versprechen was er heute und hier gegeben hatte, war nicht etwa von der Bitte der Malkavianerin abhängig gewesen, sondern er hatte es aus eigenem Wunsch gegeben. Weil er das Mondenkind mochte und dafür sorgen wollte, dass nicht sie es war die litt.

Und so geht er nicht auf all die ungesprochenen Worte ein die durch die Luft schwingen sondern nickt nur aufmunternd und richtet sich wieder auf, nicht jedoch ohne noch einmal zu lächeln und Angelique mit den Daumen sanft die Blutstränen aus dem Gesicht zu wischen. Eine Geste die sagt - Es wird alles gut, macht dir keine Sorgen - und ansonsten keine Worte braucht.

Nach einem kurzen Moment der Stille in welchem sich Benjamins Blick abwendet und wieder in Richtung mehr gleitet stellt er dann aber doch eine Frage.

"Was ist damals passiert... wenn ihr darüber reden wollt und könnt Angelique?" es ist klar was er meint, aber er wird ihr ebenso auch die Möglichkeit lassen die Stille weiter auszufüllen wenn die Erinnerung ach zu schmerzhaft war.
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Angelique
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Angelique »

Angelique begann zu erzählen.

"Ich weiß es nicht genau, denn ich war in der Zeit bereits im todesähnlichem Schlaf. Es war, bevor einer wie Ihr hierherkam. Ich musste alles alleine machen, wenn es darum ging; Sünder zu bestrafen und die Auswüchse vampirischer Grausamkeit gegen die Menschen zu sühnen oder einzudämmen.

Ich hatte deshalb eine lange Fehde mit denen, die Kreuzdorf angegriffen hatten und die Bevölkerung gequält. Allen voran mit Geodoc, dem Obersten der Nesiferitu.

Ich machte einen Fehler, als ich einen Räubertrupp aus Clavicula, der marodierend ein Haus überfiel, angriff. Am Ende wurde ich in den Torpor geschlagen und mit einer Anzahl kleiner Spieße gepfählt.
Man sagte mir, dass ein Bote aus Clavicula kam und meinem geliebten Roger sagte, er solle sich ausliefern, wenn ich nicht vernichtet werden sollte..."

Das Mädchen stockte, fuhr dann aber tonlos fort. "Ich wäre lieber gestorben. Denn Roger ging und tauschte sein Leben gegen meins. Er wurde langsam zu Tode gefoltert und dann enthauptet.
Ich selbst wurde in einer Kloake versenkt. Als Vergonzo und Ilario mich retteten, musste ich zum Dank bei GOtt schwören, keine Rache zu üben."

Sie schaute hoch und nie hatte der Assamit so viel Trauer, aber auch Hass in Kinderaugen gesehen. "Ihr versteht, wie sehr ein Mädchen versucht war, einen Namen dem Mann zu nennen, als es die Gelegenheit hatte."

Angelique seufzte leise und war wieder die harmlose, verpeilte, kleine Vampirin.
"Bald lerne ich eine mystische Kraft, um auf der anderen Seite Roger zu suchen. Und Etienne und Alerio. Alle sind so gestorben, dass ich nicht glaube, dass sie den Frieden in GOtt gefunden haben.

Vielleicht sterbe ich aber auch und bin bei ihnen, denn ich auch werde kaum Frieden in GOtt finden können nach all dem. Ich kann einfach nicht verzeihen wie Jesus und ich habe keinen Rückhalt, um Rache wie Judith zu nehmen. Und ich werde keinen Eid vor GOtt brechen."

Wenn, dann würde sie wohl den traurigsten Geist Genuas abgeben.
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Benjamin
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Re: [1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

Beitrag von Benjamin »

Benjamin strich sich mit der Hand am Kinn entlang. Nahm die Informationen auf und hörte einfach nur zu.

"Ich verstehe." antwortet er auf ihre Aussage die sich auf ihren Wunsch nach Rache bezieht. "Der Ahn hat euch als Köder benutzt. Wohlwissentlich, dass er für eine Vernichtung von euch nach den Regeln des Vaters gerichtet worden wäre. Aber Roger wusste das nicht..." er macht eine lange Pause.

"Verachtenswert. Auch wenn mir solche Taktiken nicht fremd sind, ist ihre Anwendung doch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zu verantworten." er schüttelt den Kopf und seufzt leise. "Ich erkenne das es euch schwer fällt loszulassen Angelique. Wollt ihr meinen Rat in dieser Sache. Ich denke Ich könnte hier einen anderen Blickwinkel geben. Weiß Ich doch zumindest entfernt in was für einer Lage Ihr und Rager euch befunden habt... gezwungen eine unmögliche Entscheidung zu treffen und Opfer widerwärtigster Umstände." Benjamin würde zur Steinklippe laufen und sich auf einen der Felsen setzen, dabei schaut er in Angeliques Richtung und bedeutet ihr es ihm gleich zu tun.

"Jeder von uns hat einen mehr oder minder freien Willen. Begeht nicht den Fehler und entwertet seinen Wunsch sich für euch zu opfern dadurch das ihr die Schuld und das Leid schultert weil ihr denkt Ihr hättet es verdient. Das habt ihr nicht!" seine letzten Worte sind klar und hart, aber nicht aggresiv. "Ihr habt damals mit unvollständigen Informationen gearbeitet. Euch nach dem besten der euch gegebenen Möglichkeiten verhalten. Hättet ihr mehr tun können? Sicher... aber war es die richtige Entscheidung zu versuchen diese Räuber aufzuhalten? Definitiv. Ihr habt das getan was ihr tun musstet. Genauso wie Roger. Hätte er wissen können das es eine Lüge war mit der er in seinen Tod gelockt wurde? Möglicherweise... War es das richtige was er getan hat? Sich für euch zu opfern. Ja das war es. In seinem Leben gab es wahrscheinlich nichts wichtigeres als euch. Genauso wie ihr für ihn trauert, hätte er für euch getrauert. Vielleicht wäre sein Leid sogar noch schlimmer gewesen als es eures nun ist." er schaut die kleine Malkavianerin an und legt einen Arm um sie.

"Wenn Ich ihr wäre, würde Ich mir die Frage stellen. Hätte Ich wirklich etwas anders machen können? Ich glaube nicht das ihr das hättet tun können, wenn man eure Situation damals genau anschaut. Meine Worte mögen aber auch eingefärbt sein...." er macht eine Pause.

"Ich bereue nichts mehr, schon seit einem Jahrhundert nicht mehr... " sein Blick sucht die Ferne Horizontlinie die mit der Dunkelheit des Wassers verschwimmt.
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