[1045] Onkel Bens Wunderland [Angelique, Benjamin]

[Angelique]

Sie saß eine Weile schweigend da und ließ die Worte einwirken.

Schließlich sagte sie: "Eigentlich hätte ich sterben sollen nach dem Willen des Ältesten, als ich die Prinzeps rettete. Aurore hätte mich töten sollen und leertrinken. Auf irgendeine magische Weise hätte dann der Häretiker, der Älteste meiner Linie in der Lombardei auch endlich Macht in Ligurien bekommen, wenn sie mein Blut getrunken hätte.
Eigentlich bin ich ein Geist und müsste tot sein. Irgendwie hat der Häretiker aber trotzdem Macht erlangt und die Domäne versinkt jetzt in Malkav gefälligem Chaos. Aurore benimmt sich, als sei sie unter Ferrucios Macht und der Seneschall ist komplett wahnsinnig.
Erinnert Ihr Euch an den Hoftag? Komplett wahnsinnig..."

Sie seufzte wieder. "Konzentrieren wir uns also darauf, was wir tun können, und nicht darauf, was hätte sein können. Machen wir das mit dem Rückkauf der Kinder so, wie wir es besprochen haben."

[Benjamin]

Benjamins Miene hellt auf.

"Das ist die richtige Einstellung Angelique! Ja wir sollten uns dem widmen was wir tun können und nicht dem was wir nicht mehr ändern können. Sobald die Hungersnot vorbei ist werden wir uns dem Rückkauf widmen. Bis dahin seid ihr natürlich herzlich eingeladen euch vom Wohl der bisher geretteten Kinder in Pontedecimo zu überzeugen." sein Gesicht zeigt eine unverholene Fröhlichkeit darüber das zumindest schon ein Teil der Kinder vor dem Hungertod sicher ist.

[Angelique]

Angelique wehrte ab. "Um Himmels, nein! Ich vertraue Euch da völlig. Ich habe im Übrigen auch meine Methoden zu helfen. Sie sind nicht so pragmatisch, eher chaotisch.
Ich verschenke schlechtes Getreide, dass ich nicht handeln kann."

[Benjamin]

Benjamin lächelt nur und schüttelt leicht den Kopf.

"Oh nein Ich meinte nicht um euch von der Echtheit meiner Worte zu überzeugen, sondern vielleicht um zu sehen. Das obwohl alles momentan dunkel und trist wirkt, es doch noch Grund für ein Lachen gibt. Manchmal wenn denke Ich könnte alle Hoffnung verlieren, wenn Ich mich frage wieso Ich all das hier mache... Dann schaue Ich für ihnen für ein paar Momente beim Schlafen zu oder beteilige mich Abends bei der Essensausgabe an die Kleinen. Es klingt vielleicht albern... aber es gibt Kraft. Ich hüte mich davor Teil ihres Lebens zu werden. Das würde sie nur in Gefahr bringen aber ...nun ja."

[Angelique]

"Ja, das sehe ich ähnlich. Ich dachte lange Zeit auch, dass das Hegen sterblicher Beziehungen diese auf ihrem Weg zu erleuchteten Wesen unterstützen würde. Aber es machte sie, wie gesagt, nur zu Zielscheiben der Diener des Demiurgen und der Teufel, die manche Blutlinien gegründet haben.

Ich mache jedes Jahr zum Namenstag des Heiligen Nikolaus Kindern Geschenke, so wie er es tat, damit sie sich aus den Bordellen oder der Sklaverei freikaufen können.
Das gibt mir Befriedigung. Und das Bestrafen der Todsünder natürlich, die Unschuldige gefährden."

[Benjamin]

Benjamin schaut eine Weile stumm weiter auf die See hinaus. Sein Blick hat etwas melancholisches.

"Ja ihr habt Recht, deswegen versuche ich mich so wenig wie möglich meine Existenz mit denen der Sterblichen zu vermischen. Auch sehe Ich den Fluch den wir weitergeben an jene die wir durch Blut an uns binden als bedenklich an. Es gibt nur zwei Möglichkeiten damit umzugehen. Entweder man sucht sich Seelen welche gewillt sind wie Dominic, märtyrerhaft für ihre Brüder und Schwestern, diesen Fluch auf sich zu nehmen. Oder man verdammt jene Seelen die sowieso nicht mehr gerettet werden können. Habt ihr euch schon einmal tiefer mit dem Weg der Nacht beschäftigt werte Angelique? Keine Angst Ich will alles andere als euch zu konvertieren, doch eure und meine doch in vielen Dingen sehr ähnliche Sicht werfen bei mir immer wieder Fragen auf. Fragen die Ich gerne beantworten würde. Ihr wandelt auf dem Weg des Himmels oder? Lässt der Weg des Himmels das bestrafen von Todsündern so zu wie sie es verdient haben?" interessiert schaut er die kleine Malkavianerin an. Auf jeden Fall waren die beiden auf eine spezielle Art und Weise verbunden, kämpften beide einen mehr oder minder aussichtslosen Kampf und doch waren beide noch hier und kämpften.

[Angelique]

"Ich weiß wenig über andere Philosophien. Entweder machen die Jünger einer Via ein großes Geheimnis daraus oder sie verbreiten Propaganda, die ihren Weg als den besten darstellt. Zumeist straft die alltägliche Praxis sie dann Lügen.
Und manche sind einfach Dämonenlehren, die einen auf den Pfad der Verdammnis führen.

Ich würde aber gerne mehr über Eure Via erfahren.

Und ja, es ist eins der Ideale Sünder nicht ungestraft zu lassen und die Bestrafung der Tat angemessen zu gestalten. Seht Ihr, ich folge einer Auslegung, die der der Bogomilen ähnelt, was besagt, Menschen waren einst Engel, die rebellierten und zum Menschsein in der materiellen Welt verdammt wurden. Vampire nähern sich dabei wieder der spirituellen Welt an und sollten den Verpflichtungen, die Engel haben, möglichst nahekommen, um nicht gänzlich zu Dämonen zu degenerieren.

Deshalb nenne ich mich ja auch Angelique."

[Benjamin]

Interessiert folgt Benjamin den Ausführungen Angeliques, das Thema der Wege scheint für ihn tatsächlich von größerer Bedeutung.

"Ja da habt ihr Recht, es gibt zu viele von denen die ihre Ideale ohne Sinn und Verstand in die Welt hinausposaunen." er grinst nur leicht, Angelique würde den Seitenhieb sicherlich verstehen. "Mein Weg, der Weg der Nacht, lehnt jedoch gerade solche Dinge ab. Er fußt auf der Entscheidungsgewalt des einzelnen und dessen Entscheidungen. Er geht davon aus, dass man alles was man tut mit Überzeugung tun sollte, sodass man sich nicht grämt für vergangenes. Hat man vergangene Entscheidungen doch aus bestimmten Gründen getan. Das vergessen die meisten und versuchen so die Verantwortung von sich wegzuschieben. Wären sie aber ehrlich zu sich selbst, bereuen sie nur um nicht selber die Konsequenzen ihrer Taten tragen zu müssen. Mental sowie im Fleisch und Blut."

"Dadurch das wir das Mal des Brudermords in unserem Blut tragen sind wir schuldig, für jene die unserer Art sind und für jene die unser Blut in uns tragen gibt es nach meinem Weg keine Hoffnung mehr. Doch diese Last, sind jene die verwandelt wurden, bereit zu tragen, sodass nicht noch mehr unserer Brüder und Schwestern unser Los teilen müssen. Weil wir es verhindern. Sowohl mein Clan als auch Mein Weg verköprpern in unterschiedlichen Momenten beide Elemente, Ich denke deswegen war Ich instinktiver Weise zu diesem Weg hingezogen. Auch und vor allem weil Ich ursprünglich aus Sizilien komme und nicht aus den Kernlanden meines Clans. Wäre das der Fall gewesen, wären es jedoch die selben Werte nur unter anderem Namen. Nun ja wie dem auch sei, wir haben eine Schuld abzutragen, und ebenjene Schuld wir uns die Ewigkeit begleiten..." bei den letzten Worten sieht Benjamin definitiv nachdenklich aus, die Ewigkeit... ein Konzept was man immer nur in Teilen verstehen konnte.

[Angelique]

"Hochinteressant. Ich habe inzwischen so viele Auslegungen, Spielarten und kulturelle Eigenheiten sowohl des Glaubens, als auch der sogenannten Wege der Vampire gehört, dass ich genau wie bei den Sprachen denke, dass es einst ursprüngliche Versionen gab, die immer mehr verdreht, verändert und von den jeweiligen Völkern ihren Sitten angepasst.
Es wäre bestimmt/ gerade für Euch interessant herauszufinden, ob und wie sehr sich die Ausprägungen Eures Weges in den Kernlanden und Sizilien unterscheiden.

Stimmt es, dass Euer Erster aktiv Eure Sippe lenkt? Dann müsste er ja noch die originalen Auslegungen Eures Weges kennen und verbreiten. Oder glaubt Ihr, er entwickelt die Dogmen im Laufe der Zeit weiter und verfeinert Sie? So wie es die Kirchenväter mit dem christlichen Glauben und das Tafsīr mit dem Taʾwīl der Sarazenen machten?"

[Benjamin]

Benjamin schaute die kleine Malkavianerin eine ganze Weile an dann schien es so als ob er eine Entscheidung getroffen hatte und er verband ein Schulterzucken mit einem Nicken.

„Ich folge nicht dem Weg meines Clans auch wenn der Pfad des Blutes dem Pfad der Nacht fast schon unheimlich ähnlich ist. Beide haben sich dem Schutz der Sterblichen verschrieben, beide betonen die Wichtigkeit der eigenen Entscheidungen und dass man nicht an der eigenen Wahrnehmung zweifelt und beide lehnen es ab sich zu sehr auf die Materiellen Wünsche und die Gier zu fokussieren. Ich folge also nicht dem Pfad meiner Kerlande. Der Alte vom Berg... ist nicht der erste unseres Blutes aber eines seiner Kinder. Haqim hat ihm die Aufgabe gegeben seine Vision in die Welt zu tragen und könnte sich momentan überall in der bekannten Welt aufhalten, wahrscheinlich auch darüber hinaus.“

Es wirkt so als hätte er sich ganz genau überlegt ob er dieses Wissen mit ihr teilen wollte, hatte sich aber schlussendlich dafür entschieden.

„Unsere Wege habe keine bestimmten Dogmen. Es sind Leitfäden die unabhängig von der Zeit stehen sollten sich doch so lange gelten bis...“ er wird kurz still. „...nun bis Haqims Vision erfüllt ist. Der Pfad der Nacht hat eine ähnliche Vision.“