[1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

[März '21]
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Iulia Cornelia
Ventrue
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[1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Es waren einige Monate ins Land gezogen, bis Iulia sich bei Achilla nach ihrem letzten Treffen gemeldet hatte. Die Nachricht, die die Nosferatu dann erreichte, war kurz und knapp verfasst. Nicht unhöflich, aber auch nicht sonderlich warmherzig. Stattdessen herrschte in den Zeilen eine kühl und distanziert wirkende Sachlichkeit vor.

Die Ventrue schrieb es gäbe in ihrem Amt als Harpyie etwas zu tun, worin sie sich mit Achilla über das Vorgehen diesbezüglich abstimmen wolle. Als Ort war das neue Elysium genannt, genauer gesagt die Casa des Gartens, eine Stunde nach Mitternacht.

Und so schritt die Ventrue von Mascharana her durch den Rosenbogen ins Elysium in dieser Nacht. Den grauen Wollumhang mit dem Lammfellbesatz adrett über ihren Arm drapiert, während ihr hochgewachsener Körper und ihre Haare feinsäuberlich von einem seidenen weißen Kleid und Tuch bedeckt waren, dessen Säume kunstvoll von dunkleren, ineinander verschlungenen, Stickereien geziert waren.
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Signora Achilla
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Der Bote mit jener Nachricht war mit einer simplen Bestätigung zurückgeschickt worden. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Nosferatu in jener Nacht auf Iulia wartete.
Die Signora hatte die bunten und ausgefallenen Kleider, die sie sonst meist für Iulia getragen hatte, heute Nacht wohl daheim gelassen. Vielleicht war es auch dem Elend und Hungern außerhalb des Gartens geschuldet, doch sie trug Grau und Braun, groben Stoff, Leder, handfeste Kleidung wie so mancher auf den Straßen, die und der sich überhaupt ordentliche Kleider leistete.

Ihre Maske war ebenso gemacht, erinnerte an die Tücher, die sich die Leichen- und Lumpensammler um Mund und Nase banden. Diese kamen dieser Tage nicht mehr damit hinterher, aus den Straßen und Gassen abzulesen, was am Tage dort liegen geblieben war. Doch natürlich war diese Maske kein loses Tuch. Im Gegenteil saß sie wohl fester als je zuvor. Die milchig-toten Augen der Nosferatu betrachteten Iulia einen Augenblick. Motten krochen ihr über das Kinn und die Schläfen der Maske oder hockten dort einfach wie braune Fetzen der Maskerade, die sich in jedem Augenblick lösen konnten.

All dies machte es einfach, die Harpyie im ersten Augenschein zu übersehen, so wie sie ein wenig außerhalb des nächsten Lichtkreises stand. Erst, als sie sich regte, wurde das anders. Sie trat zu Iulia hinzu, vielleicht zum Gruß oder um die letzten paar Schritte gemeinsam zu gehen.
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Iulia Cornelia
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia nickte Achilla kurz zu, als sie diese sah und an die Nosferatu gewandt meinte sie: „Seid gegrüßt, werte Signora Achilla.“ Dann lud sie sie mit einer höflichen Geste ein, mit ihr gemeinsam in Richtung der Casa zu gehen. Sie überließ dieser dabei, erneut von einer höflichen Geste begleitet, zuerst den Zutritt, sowie die Platzwahl auf den edlen Hölzern der Sitzgruppe im Inneren.

Dann legte sie in einer ruhigen Bewegung ihren Umhang gefaltet auf dem Stuhl neben sich ab, bevor die Ventrue sich selbst in einer kerzengeraden Haltung auf dem Achilla gegenüberstehenden Stuhl niedergelassen hatte. Im Anschluss begann die Harpyie mit einem ruhigen und gleichmäßigen Ton zu sprechen: „Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt.“

Sie machte eine bewusste Sprechpause, bevor sie ohne Umschweife zu machen erklärte: „Ich gestehe, ich hatte nach eurem überstürzten Aufbruch noch einige Zeit der Musik eures Geschenkes gelauscht und mich dabei gefragt, wo und wann sich eigentlich unsere Wege derart getrennt hatten.“

Erneut schwieg die Ventrue für einen Moment, bevor sie ergänzte: „Oder auch weshalb.“ Zum widerholten Male hielt Iulia kurz inne, bevor sie meinte: „Doch was auch immer es letztlich war, es missfällt mir.“ Wieder hielt sie inne, bevor sie sprach: „Mir missfällt wie es derzeit zwischen uns ist.“
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Signora Achilla
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Achilla saß still während Iulia sprach. In den letzten Monaten hatte sie viel über die Stille gelernt… oder vielleicht hatte sie sich erinnert an das, was ihr im Blut lag. Ihr und so vielen anderen, die am Rande der Dinge warteten und zusahen, lauschten und lauerten.
Sie neigte den Kopf ein wenig, nur als ein Zeichen, dass sie gehört hatte, denn die Maske verriet die Regungen darunter nicht.
Vielleicht war dies gut so, dachte Achilla. Wen interessierte die hässliche Wahrheit eines echten Gesichtes?

Und doch, trotz allem, trotz der Bitterkeit und dunklen Lehren, trotz der Stille konnte sie die Worte Iulias nicht einfach von sich schieben.
“Ich mag es auch nicht leiden”, sagte sie leise, beinahe geflüstert wie ein flüchtiges, gefährliches Geheimnis.
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Iulia Cornelia
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia nickte auf ihre Worte hin nur leicht, als sie sich bei ihrem Gegenüber nachdenklich erkundigte: „Wie also sollen wir weiter verfahren, werte Signora Achilla?“
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Signora Achilla
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

“Nun”, begann die Signora vorsichtig, “wenn uns beiden dies nicht gefällt, so sind wir beide doch frei, diese Lage zu verändern.”
Sie hob die Hände und Arme ein wenig an.
“Es bedarf Mut, so glaube ich. Wir tun Schritte, die nicht üblich sind in unseren Welten, aufeinander zu anstatt voneinander fort.”
Für einen Moment zögerte sie und meinte dann: “Ich will mit diesem beginnen, der vielleicht klein und behutsam ist, doch in die richtige Richtung führen könnte: Ich habe unsere Abmachung nicht vergessen und ich halte weiter auf sie zu. Doch mein Weg ist nicht frei und jemand anderes war schneller. Jemand, der mächtiger und schlauer, älter und wissender ist als ich.”
Sie zuckte mit den Schultern. “Ich kann’s ihm schlechterdings übel nehmen, wenn ich zugleich doch wahrhaftig dankbar bin, für dies Elysium.”

“Und nun? Nun bin ich ein wenig verzagt, denn ich wollte Euch nicht erzürnen noch traurig stimmen und doch ist mir wohl beides gelungen während ich eben am Gegenteil davon arbeitete.” Achilla senkte die Hände wieder.
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Iulia Cornelia
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulias Blick lag einen Moment schweigend auf ihrem Gegenüber, bevor sie meinte: „Ist dem so, werte Signora Achilla?!“

Fragend lag ihr Blick auf der Nosferatu, bevor sie nur sanft den Kopf schüttelte und feststellte: „Weshalb aber fühlt es sich dann gerade für mich an, als hättet ihr mich nie verstanden? Und ich auch euch nicht?“
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Signora Achilla
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

“Weil wir so verschieden sind, dass wir einander anschauen wie Fremde”, meinte die Signora da leise. “Und vielleicht haben wir nicht mehr als ein Bild davon wie die andere wohl ist, wie ihr Dasein wohl ist, wie ihre Sorgen und ihre Nöte sein mögen.”

Sie setzte sich ein wenig zurecht und bald war sie in ihrer Haltung wie ein Spiegelbild ihres Gegenübers, Iulia Cornelia. Doch zugleich konnten die Unterschiede kaum klarer sein: die weiße, schlicht elegante Schönheit der Ventrue - die graubraune, abgerissen hässliche Erscheinung der Nosferatu, in deren Fleisch das Ungeziefer fraß.

“Und wahrscheinlich ist ein guter Teil jenes Bildes falsch, gemacht aus unseren Vorstellungen, Hoffnungen, Wünschen? Dies kann ich nur raten. Doch ich bin gewillt, ich wünsche mir sogar, es herauszufinden.” Sie legte eine Hand über ihr Herz. “Ich habe gelernt, von unserem letzten Treffen. Doch ich kann… ich will es nicht bereuen. Nicht den Schmerz, nicht die Nähe zu Euch, nicht den Preis, den dies kostet. Ich glaube, dass meine Motten doch eine simple Wahrheit erkannt haben: Man kann ewig in der grauen, kühlen Nacht fliegen, unberührt von allem und unberührbar. Niemals wird sich etwas ändern und jede Nacht ist gleich. Oder man kann dies eine, helle Licht in ihr finden, um das man kreisen kann. Ja, es wird ihnen die Flügel und am Ende den Leib versengen, doch der Tanz war von ihm erfüllt, seine Wendungen unvergleichlich und jeder einzelne Augenblick darin eine Kostbarkeit.”

Sie zuckte mit den Schultern. “Ich gebe zu: Ich bin kein Nachtfalter und meine Nächte könnten viele schöne Lichter haben. Doch wenn meine Flügel brennen und wenn mein Herz sich anfühlt wie glühende Asche, dann sind dies doch nur Beweise für den Schatz der Momente, die ich zu erleben wagte.”
Einen Moment stockte sie, doch dann flüsterte sie: “Erleben!
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Iulia Cornelia
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia lächelte leicht. Ein Lächeln, dass ihre Augen jedoch nicht erreichte, als sie feststellte: „Ja, wir könnten wohl nicht verschiedener sein in den Wünschen die wir hegen, werte Signora Achilla, doch ich denke wir werden einen gemeinsamen Weg finden, so dies in unser beider Interesse ist.“ Iulia zuckte leicht mit den Schultern, bevor die Harpyie pausierte.

Sie betrachtete ihr derart aufrecht sitzendes Gegenüber mit einer ungerührten Kühle, bevor sie ihr zu verstehen gab: „Ihr hattet erwähnt, dass ihr unsere Abmachung nicht vergessen habt und ihr weiter auf sie zuhaltet. Dass euer eigentliches Ziel somit niemals Harpyie war und ihr mir meinen Platz als Harpyie niemals strittig machen wolltet.“ Iulia nickte leicht, bevor sie meinte: „Ich bin gewillt euch dies zu glauben.“

Die Ventrue machte erneut eine bewusste Sprechpause, bevor sie ihrem Gegenüber zu verstehen gab: „Also sprechen wir offen darüber, was eure Ziele wirklich sind, werte Signora Achilla, nur um erneute und äußerst lästige Missverständnisse hierüber zu vermeiden.“ Iulia pausierte noch einmal, bevor sie sich bei ihrem Gegenüber erkundigte: „Wünscht ihr, dass wir hierfür etwas gemeinsam spazieren gehen? Manche Dinge lassen sich an der freien Luft weit ungezwungener besprechen oder ist es euch hier genehm?“
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Signora Achilla
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Re: [1046] Verschwommenes Bündnis [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Als Iulia aussprach, dass sie der Nosferatu tatsächlich glaubte, geschah ein Wandel mit Achilla. Sie regte sich als wäre eine schwere Last von ihren Schultern gefallen und als Iulia noch fragte, ob sie ein paar Schritte gehen wollten, sprang sie auch schon auf - zu erleichtert und zu leicht, um sitzen zu bleiben.

“Ja, gehen wir ein wenig”, meinte sie heiter. “Auch wenn’s mir allzu eitel scheint, allein über meine Ziele zu sprechen, eh? ‘s war kein Geschwätz als ich sagte, dass wir gemeinsam eine große Menge um uns her ausrichten könnten!” Sie wartete, bis auch Iulia sich erhob.

“Ich glaube, den meisten vom Blut mangelt es an Mut. Sie fürchten sich, jede Nacht. Voreinander, vor sich selbst. Es ist ein ewig Lauern, immer in sich zurückgezogen, immer starrend auf die Welt mit leuchtenden Raubtieraugen. Es gibt immer die, die schweigend am Rande stehen, hoffend oder wissend, dass Zurückhaltung genügt, dass andere sich in selbstgegrabene Abgründe stürzen. Kelche, die vorübergehen… .” Achilla machte Anstalten, die Tür für Iulia zu öffnen.
“Und ich glaube, dass man so eine lange, lange Weile in der Ewigkeit dahergehen kann. Lange-Weile.”
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