[1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

[Mai'21]
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Signora Achilla
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[1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora Achilla meldet sich mit einem ihrer Leute, einem jungen Jongleur mit biegsamen Körper und einem Gesicht voller Sommersprossen, bei Iulia Cornelia an. Es ginge um eben diese Angelegenheit, so richtet der junge Mann wohl gegenüber einem Diener des Haushaltes aus, welche die Hausherrin mit seiner Herrin in einer ganz noblen Runde einmal gefordert habe. Er wisse ja auch nicht, worum es geht, aber jedenfalls bitte man um ein erneutes Treffen in der Angelegenheit.
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Iulia Cornelia
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

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Es dauerte, bis die Nosferatu eine Nachricht erhielt, die sie in einer Woche an den Brunnen im Garten eine halbe Stunde nach zwölf einlud. Die Ventrue stand dort bereits. Kerzengerade, den wollenen Umhang unbewegt auf ihren Schultern liegend und die Hände entspannt an ihrer Seite ruhend. Ihre langen Haare waren wie so oft unter einem weißen Seidentuch verborgen und auch ihr Körper war mit demselben Material züchtig bedeckt. Unbewegt blickte die Harpyie auf das an Blut anmutende Wasser des Brunnens, während sie sich geduldete, bis Achilla erschien würde.
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Signora Achilla
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Als die Nosferatu zum Brunnen kam, musste man wohl schon ein zweites Mal hinsehen, um sie zu erkennen. Auf den ersten Moment hätte man sie für einen Schreiberling halten können, vielleicht einen Betbruder oder einen, der für reichere Händler arbeitet. Robe und Gürtel, ein etwas tintenfleckiges Tuch darunter geschoben, einen Ranzen auf dem Rücken und eine bescheidene Kappe auf dem Kopf.

Doch die Illusion verflog, wenn man genauer hinsah: Zumindest hier und zumindest für Iulia Cornelia hatte die Signora mit der ledernen Maske, die sie trug, doch deutlich genug gemacht, dass dies auch nur eine Gewandung war, eine Rolle vielleicht? Die Maske war hellbraun wie feines Pergament und so fein genäht, dass sie weich und glatt wirkte. Römische und sogar arabische Zahlenkolonnen reihten sich an ihren Rändern aneinander, in einer unmöglichen Mathematik.

“Guten Abend, schönste, werte Iulia Cornelia”, grüßte die Signora geschmeidig, setzte zu einem Knicks an und machte daraus dann doch die Verbeugung, die für einen älteren Schreiberling etwas angebrachter gewesen wäre. “Ich hoffe, Eure Nächte sind zu Eurem Wohlgefallen?”
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Iulia Cornelia
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Zeit zog sich, bis die Ventrue überhaupt reagierte, ganz so als wäre sie derart tief in Gedanken versunken gewesen, dass sie die Anwesenheit der Nosferatu nicht mitbekommen hatte, während sich das Rot des Wassers in ihren Augen gespiegelt hatte. Dann wandte sie sich jedoch in einer ruhigen Bewegung ab, bevor sie mit neutraler Stimme unaufgeregt meinte: „Guten Abend, werte Signora Achilla.“ Sie nickte ihr leicht zu, bevor sie sich erkundigte: „Ihr wolltet mich sehen. Was soll ich für euch tun?“
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Signora Achilla
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora störte sich nicht an den Eigenartigkeiten der Ventrue - oder jedenfalls sah man es ihr nicht an. Es verschaffte ihr die Zeit für ein paar Schritte hierhin, dann doch dorthin, den Genuss der Nacht, vielleicht auch für die nächsten Worte.

Mit der Frage der anderen jedoch hielt sie inne und neigte den Kopf ein wenig. “Ich komme, um Euch zu bringen, was Ihr einst so gestreng eingefordert habt.” Sie hob ein wenig hilflos die Hände, mit einem halben Schulterzucken. “Jener Plan gegen Hungersnöte, den Hunger von nun und Not in der Zukunft. Ich sagte zu jener Zeit, dass ich die werte Aurora dafür mitnehmen will und so begann ich.”

Behutsam legte sie nun die Hand auf eine Tasche an ihrer Seite. “Ich hab’s niedergeschrieben, für Euch zur Verwendung, doch will’s auch gern vortragen, wenn es Euch denn gefällt… .” Da klang schon ein wenig Spott mit, für sich, für die andere, für das Thema des Gesprächs selbst wohl auch. Das Ziel des Spotts wurde dann auch recht klar: “...auch wenn das Handeln, Verhandeln, Schieben und Schuften um solcherlei Notwendigkeiten wohl nicht eben Gefallen bedeutet. ‘s hat seinen Grund, dass Ihr’s in die Hände jener Runde pressen wolltet und ich hoffe doch, dass auch die anderen dort im Gespräch ihre Teile taten.” Sie schnalzte einmal mit der Zunge, schüttelte den Kopf und seufzte dann.

“Ah, alter Ärger. Ich will ihn beiseite legen, für diese Sache und für Euch. Hunger ist kein Freund für irgendeinen.”
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Iulia Cornelia
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Ich habe nie etwas von euch eingefordert.“, korrigierte die Ventrue ungerührt, bevor sie nur gleichgültig mit den Schultern zuckte und nüchtern ergänzte: „Davon ab deutet ihr damals wie heute meine Absichten falsch. Aber keine Sorge, ich werde nie wieder versuchen Jemanden, den ich einst lieb gewonnen hatte vor einer grenzenlosen Dummheit zu bewahren, noch Jemand politisch Unbedarften zu schützen.“ Ihr Blick lag eisig kalt und distanziert auf ihrem Gegenüber, als sie meinte: „Ich habe selbst gesehen, wohin Wohlwollen und Mitgefühl letztlich führt.“ Schweigend sah sie die Nosferatu an, bevor sie sich mit ernster Stimme erkundigte: „Was also soll ich meinem Erzeuger von euch mitteilen, gemeinsam mit meinen Empfehlungen bezüglich euren Bemühungen?“
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Signora Achilla
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Der eiskalte Blick der Ventrue ließ die Signora für einen Moment betroffen erstarren, ganz so, als hätte Iulia sie tatsächlich mit ihrem Blick eingefroren. Dann seufzte sie und reichte Iulia ein schmales Bündel aus einer Tasche an ihrer Seite.
“Und weil ich Euch ebenso lieb gewann”, meinte sie leise, “...will ich Euren Worten nicht mit derselben Härte begegnen wie Ihr sie mir entgegenhaltet.”

Sie schwieg einen Moment lang und gab Iulia die Zeit, das Bündel auch zu nehmen. Dann sagte sie: “Ihr nennt mich politisch unbedarft und Ihr habt recht darin. Doch vielleicht würdet Ihr meinen Fehler erläutern, dass ich ihn nicht erneut begehe? Würdet Ihr dies benennen, was Ihr als meine grenzenlose Dummheit erkennt, vor der Ihr mich doch nicht weiter schützen wollt?”
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Iulia Cornelia
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

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Wortlos nahm Iulia das Bündel entgegen und entgegnete der Nosferatu auf ihre Fragen hin nüchtern: „Ich sprach von Aurora als politisch unbedarft und nicht von euch. Oder hieltet ihr es damals etwa für eine kluge Entscheidung von ihr, nachdem sie bereits Lydiadas in der Arena gereizt hatte, sich auch noch mit einem seiner Getreuen anzulegen?“ Fragend blickte Iulia auf die Harpyie vor ihr, bevor sie nur sanft den Kopf schüttelte.

Dann blickte sie schließlich auf das Bündel blickte und meinte an die Nosferatu gewandt: „Der Prinz wird darüber entscheiden, ob dieser eurer Auslegung folgen will, und ich hoffe für euch, dass das was ihr anbietet, zufriedenstellend sein wird. Dass ihr Aurora damit womöglich bewusst hintergeht oder sie womöglich auch euch, ist eine Sache zwischen euch. Dass ihr damals meintet mich hinter hübschen Worten vor aller Augen beleidigen zu müssen und meine Integrität öffentlich in Frage zu stellen, eine zwischen uns.“

Ihre blaugrauen Augen wanderten auf ihre Brust aus der einst duzende und aberduzende kleine Falter empor gestrebt waren, als sie bitter feststellte: „Und hättet ihr mich wahrlich geliebt, wie ihr einst sagtet, so hättet ihr mir nicht den Dolch in den Rücken gestoßen.“ Dann fand ihr distanzierter und kalter Blick zurück zu der Nosferatu, als sie mit geschäftsmäßiger Stimme meinte: „Gibt es sonst noch etwas, was es derzeit gesellschaftlich zwischen uns zu besprechen gäbe?“
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Signora Achilla
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

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“Und hättet Ihr mich geliebt, so hättet Ihr mich nicht unversehens in eine Lage wie jene gebracht, gezwungen und geschoben”, antwortete die Signora da milde. “Ihr hättet nicht Eure Pflichten als Harpyie über die meinen als Harpyie gestellt, denn auch wenn ich von niederer Geburt bin, muss ich doch diesem Amt genügen.”
Die Signora sprach von diesen Dingen behutsam und leise, als wären die Worte und ihre Bedeutung etwas, das zerbrechen könnte, wenn man zu laut und zu arg mit ihnen umginge.
“Ah nein, weder das eine noch das andere ändern etwas an der Liebe, denn sie ist nichts, das plant oder auf so verzweigten, verflochtenen Wegen geht wie wir. Sie erwartet und verlangt ein größeres Herz als wir es oft haben.”

Die Signora nickte einmal dazu. “Und gewiss war Auroras Zug in der Arena nicht klug. Umso mutiger war Euer Zug, sie hernach einzuladen. Diesem Mut bin ich gefolgt… und auch dem Gedanken, dass wir beide als Harpyien die Aufgabe haben, den Mitgliedern in der Gesellschaft auch und gerade nach solchen Fehltritten zu helfen. Ich habe damit auch im Gespräch mit Aurora begonnen… . Ah.” Sie machte eine kurze Pause, aber man konnte ihr Lächeln erahnen, um die Augen her, vielleicht auch von der Stimme her.
“Ich hintergehe sie nicht sondern ich arbeite Seite an Seite mit ihr, ebenso wie mit dem geschätzten Hofgelehrten Nicolo Trevisan und mit dem werten Capitano Adamo Manacres.”

Sie deutete auf das Bündel, das Iulia nun hatte. “Es ist dort aufgeschrieben. Die werte Aurora ist in diesen Tagen sehr in jene Bemühungen eingebunden und ich will es dem zuschreiben, dass sie Euch dies darum nicht selbst auch noch einmal vorspricht. Doch vielleicht könnt Ihr in ihren Bemühungen zumindest das aufrichtige Bestreben für die Menschen Genuas erkennen und damit einen Wert für die Domäne und vielleicht auch in den Augen des Prinzen.”
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Iulia Cornelia
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Re: [1048] Wir ernten, was wir sähen [Achilla, Iulia]

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„Wie ich schon sagte, der Prinz wird hierüber entscheiden, nicht ich.“, erklärte die Ventrue nüchtern, bevor sie meinte: „Und was Aurora anbelangt.“ Die Harpyie zuckte gleichgültig mit den Schultern, als die Harpyie gefühlskalt zu verstehen gab: „Sie hatte ihre Chance.“ Mehr sagte Iulia dazu nicht. Auch nicht zu den sonstigen Bemühungen Achillas oder ihrer Auffassung darüber, wie wem und überhaupt als Harpyie geholfen werden sollte.
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