[1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

[Juni '21]
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Ventrue war allein ins Leuchthaus zurückgekommen und ihr aufrechter Körper hatte sich sichtlich versteift, als der Kappadozianer berichtete, dass er den Täter und den Hergang kenne. Eine gewisse Schwere lag in ihrem Blick, der nachdenklicher wurde je länger er sprach. Offenbar hatte sie zuerst angenommen, er spräche in Rätseln zu ihr, doch als er mit ruhigen Worten beschrieb, was vorgefallen war, wurde ihr nach und nach klarer, dass es keine Metaphern waren, welche ihr Gegenüber verwendete.

Ihre blaugrauen Augen fixierten den Kappadozianer, fast so, als würde sie ihm direkt in die Seele bei jedem seiner Worte blicken. Als würde sie nach einem Anzeichen einer offenkundigen Lüge darin suchen. Nachdem er geendet hatte, betrachtete sie ihn so noch einen Moment, bevor ihre blaugrauen Augen ihn schließlich freigaben und sie auf den Leichnam vor sich blickte. Sie wirkte einerseits seltsam erleichtert, doch andererseits wich die Nachdenklichkeit nicht aus ihrem Blick. Trotz der offenkundigen Trauer, die sie trug und dem Zittern ihrer Hände, welches noch immer nicht gänzlich verschwunden war, wirkte sie dennoch kühl und kalkulierend. Sich vehement weigernd, sich ihren Gefühlen unkontrolliert hinzugeben.

„Ihr sagtet ihr erlebt den Tod der Person selbst mit. Als wärt ihr er?!“, begann die Ventrue nach einem längeren Schweigen schließlich. „Erzählt mir mehr von dem Moment an, an dem er ausgerutscht war. An alles woran er und somit ihr euch erinnert. Mit welchem Fuß verlor er den Halt? Fiel er dabei nach hinten oder nach vorne? Überschlug er sich? Welcher Teil seines Körpers landete dabei zuerst im Wasser? Hatte er noch etwas in seinen Händen, als er stürzte? Klammerte er sich daran oder glitt es aus seinen Händen? Wie genau stieß er sich später den Kopf? Hatte er zuvor sicheren Stand gefunden? Spürte er das Rutschen des Sandes unter seinen Füßen oder stand er auf festem Grund? Rissen die Wellen an seinem Körper? Fühlte er die Kälte des Meeres? Die Schwere der mit Wasser vollgesogenen Kleidung, die ihn nach unten zog? Schmeckte er das Salz in seinem Mund? Spürte er das Wasser in seiner Nase? Woran dachte er bei dem Ganzen? Fluchte er innerlich? War er gar panisch oder klar bei Verstand?“, erkundigte sich Iulia ruhig, bevor sie ihre Hände öffnete und sanft meinte: „Bitte, nehmt keine falsche Rücksicht auf meine vermeintlichen Gefühle, sondern erzählt mir so detailreich, wie ihr euch erinnern könnt. Auch darüber, ob sich das Erlebte für euch nach dem Sturz, ähnlich detailreich für euch angefühlt hat, wie vor dem Sturz.“
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Nubis
Kappadozianer
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

Der Kappadoziaer trug keinen Zweifel im Blick, doch als ihre Fragen ihn förmlich überrollten, blinzelte er leicht und seine Stirn legte sich in leichte Falten. Mit leicht verwundertem Ton antwortete er...

"Ich frage mich, warum ihr all diese Fragen stellt. Sie tragen nicht viel zum Fall bei und erscheinen mir..."

Er setzte ab und schüttelte mit dem Kopf. Nun war der Ausdruck fragender Natur, so auch seine Tonlage, gepaart von einer gewissen Selbstverständlichkeit in seiner Aussage.
"Bevor ich antworte, möchte ich wissen, wieso ihr dies alles fragt und zwar eine ehrliche Antwort. Ich denke, ich habe meine Gründe euch die Antwort auf diese Fragen zu verweigern. Ihr könnt euch recht wahrscheinlich vorstellen, warum."
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Ja.“, erklärte die Ventrue, bevor sie einen Moment bewusst schwieg, indem sie ihm ernst weiter in die Augen blickte, bevor sie ergänzte: „Aber auch nein.“ Ihre Hände beschrieben eine zarte sich öffnende Geste, als sie ihm zu verstehen gab: „Seht, ich weiß nicht, wie eure Gabe funktioniert und ehrlich gesagt, will ich hier auch gar nicht zu tief graben, denn ich bin offen gestanden meines eigenen Daseins dafür nicht müde genug.“

Mit einer ruhigen, unaufgeregten und vorwurfsfreien Stimme stellte sie fest: „Was ich euch fragte ist für mich von Relevanz, denn zwar habt mir bisher keinen Anlass dafür gegeben grundsätzlich anzunehmen, dass ihr mich bewusst anlügt oder auch hintergeht, aber es gibt gewisse Auffälligkeiten in eurer Geschichte. Denn so er zuvor Bretter festgehämmert hatte, wie ihr sagtet, weshalb hatte er den Hammer dann nicht in der Hand, sondern rutschte angeblich auf eben diesem aus? Dies widerspricht sich beispielsweise. Ihr sagtet zudem, er hätte sich im Wasser aufgerichtet und den Kopf gestoßen, doch so er bereits stand, weshalb richtete er sich dann nicht langsam auf? Er hatte doch schließlich bereits wieder Luft und festen Boden unter den Füßen. Und so er keinen festen Stand hatte, woher nahm er dann die dafür benötigte Kraft, um sich derart hart, an was auch immer zu stoßen zu können, dass er bewusstlos davon wurde?“

Mit einer noch immer kalten und beinahe erschreckend kalkulierenden Ruhe betrachtete sie den Kappadozianer, bevor sie weiter meinte: „Ihr sagtet, es wäre bereits dunkel gewesen. Ein Kainit hätte also unauffällig etwas unter seinen Fuß platzieren können, damit er stolpert. Deshalb wollte ich auch wissen, in welche Richtung er ging. In welche er letztlich stolperte, aber auch wie. Auch könnte ihm Jemand womöglich einen Gegenstand über den Kopf gezogen haben, damit er bewusstlos wird, sobald er im Wasser war. Denn so er vom Steg wegfiel, wie konnte er sich an genau eben diesem dann stoßen?“

Fragend blickte sie auf ihr Gegenüber, während sie ihre Hände zum Körper zurückführte, bevor sie feststellte: „Womöglich ertrank er also in diesem Moment nicht, sondern wurde erst weit später getötet, indem man ihn mit einem Kissen oder ähnlichem erstickte, so dass keine verräterischen Spuren zurückbleiben würden. Denn was mich vor allem bei dem Ganzen stutzig machte ist, dass seine Leiche erst in den Morgenstunden von den Arbeiten gefunden wurde. Doch hier gibt es Ebbe und Flut. Nicht viel und nicht stark, aber doch genug, dass ihn diese unweigerlich im Laufe der Nacht aufs Meer hätte hinausziehen können, gemeinsam mit dem Wellengang. Davon ab hattet ihr keine Prellungen ausmachen können, die darauf hinweisen hätten, dass sein Körper in den ganzen Stunden gegen den Steg oder auch scharfe Steine gespült worden wäre. Verwunderlich, so er doch am Steg sich gestoßen haben soll. Zudem müsste seine Kleidung, ja sein gesamter Körper, doch deutlich mitgenommener sein, nach einer kompletten Nacht im Wasser. Zumal ihr nicht davon berichtet hattet, dass er sich beim Fall an irgendetwas verheddert hätte, so dass er nicht wegtrieb, noch weist sein Körper derartigen Spuren auf, dass er irgendwo festgehangen wäre. Ich frage mich also, ob er womöglich bewusst niedergeschlagen, entführt und verhört wurde, bevor sein Leichnam am nächsten Morgen zurück ins Meer geworfen wurde, damit das Ganze wie ein schrecklicher und unglücklicher Unfall aussieht, zudem Niemand sonst mehr Fragen stellen würde. Vor allem, nachdem er nicht der Einzige ist, der verschwunden ging.“

Erneut machte die Ventrue eine bewusste Sprechpause und es wirkte als hätte das Schwarz ihrer Kleidung einen noch düsteren Ton angenommen. Mit allerdings geöffneten Händen und wohlwollender Stimme gab sie Galeno zu verstehen gab: „Wie ich bereits sagte weiß ich nicht, wie eure Gaben funktionieren, noch habe ich Grund zur Annahme, dass ihr mich vorsätzlich belügt. Zumal dies bedeuten könnte, dass ihr hierin nicht nur mitverwickelt wärt, sondern auch, dass Jemand mich gut genug kennen würde, dass ich gerade euch um Hilfe ersuchen würde, um die Tragik eines vermeintlichen Unfalls zu bekräftigen.“

„So ihr also tatsächlich selbst davon überzeugt seid, dass dies was ihr vor kurzem meintet, miterlebt zu haben, wahr ist, sollte es für euch keine Schwierigkeit darstellen, meine Fragen zu beantworten. In allen Details. Doch so ihr es jedoch nicht könnt, muss dies nicht zwangsweise bedeuten, dass ihr lügt oder eure Gabe nicht wirkte. Aber es könnte bedeuten, dass Jemand sehr mächtiges Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte, damit das Wirken dieser bewusst verfälscht hätte könnten.“, erklärte Iulia mit einerm dunklen Ton in ihrer Stimme, bevor sie Galeno zu verstehen gab: „Und in genau diesem Punkt, würden sich unsere beiden Interessen treffen. Ich suche den Mörder und ihr die Antwort darauf, ob und so ja, wie man eure Gaben womöglich überlisten könnte.“
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Nubis
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

Galeno blieb ruhig und runzelte leicht die Stirn.
"Eine interessante Überlegung. In der tat gibt es eine oder zwei Ungereimtheiten, doch bei manchem kann dies auch daran liegen, dass Unachtsamkeit oder dergleichen dazu geführt hatte."

Er seufzte.
"Eines voran, ich lüge euch nicht an und ich stecke sicherlich auch mit niemanden zusammen in irgendeinem Komplott gegen euch. Wozu. Mir würde es nichts nützen, ausser dass ich wahrscheinlich noch mehr fälschlicherweise zu einer Art Feind von Genua benannt werde... Es gibt wahrscheinlich einige andere, die euch etwas antun wollen, sei es nun wegen eurer Herkunft oder eurem Amtes und Ranges, doch nicht meine Wenigkeit."

Er schüttelte mit dem Kopf, nicht schnell, sondern langsam und bestimmt.

"Ich bin nicht euer Feind. Ich sage euch nur, was ich gesehen habe.
Der Hammer war nicht in seiner Hand, da er aufgeräumt hatte und gerade ein Brett in Händen hielt. Vermutlich lag der Hammer nur da. Natürlich kann diesen auch jemand dort hin gelegt haben, aber dann hat er ihn nicht bemerkt. Alles in Allem ging der Sturz zu schnell, um ganz sicher sagen zu können, mit welchem Fuss, doch vom Gefühl her war es der rechte.
Er hatte sich vom Meer weggedreht, war also noch hinten ins Meer gestürzt und da der Steg nicht hoch genug ist, hat er sich nicht überschlagen, sondern kam mit dem Rücken im Wasser auf. Das Brett verlor er dabei aus den Händen.
Was ihn am Kopf traf, weiss ich nicht. Der Boden jedenfalls war nicht so fest, dass man gut aufstehen konnte, der Sand rutschte unter den Füssen weg und man neigte dazu einzusinken.
Vielleicht traf ihn das Brett..vielleicht der Steg selbst, denn Orientierungslosigkeit nach dem Sturz könnte zu einem zu schnellen Aufstehen und somit einem selbst beigebrachten Stoss am Steg geführt haben. Vielleicht konnte es auch ein Angreifer gewesen sein...auch das konnte mir die Vision seines Todes nicht mitteilen. Er wird es selbst nicht gewusst haben."

Er setzte ab und dachte nach.
"Die Wellen waren tatsächlich nicht sonderlich stark, was vermutlich dann auch das fehlende Hinaustreiben oder andere fehlende Stossspuren erklären könnte. Das Meer war kalt, ja und es drang in Nase und Mund hinein. Tief war es an der Stelle nicht, sodass nicht wirklich jemand heruntergezogen werden konnte. Auch das würde vielleicht erklären, warum er nicht weit rausgetrieben war. Vielleicht hatte das Meer gerade erst begonnen, ihn wirklich zu sich zu ziehen."

Er räusperte sich ein wenig.
"Ein Kissen oder Ersticken auf andere Weise könnt ihr ausschliessen, so meine Meinung. Dies ergab auch die Untersuchung am Körper selbst...
Und falls jemand diese Vision verändern kann, dann würde ich mich fragen, wer von meinem Clan euch womöglich schaden möchte. Ich bezweifle, dass viele diese Visionen verändern können."
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Iulia Cornelia
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Auf seine Aussage des nicht Lügens oder auch des ihr nichts antuen wollen, entgegnete die Ventrue nichts, sondern nickte nur sanft. Ihre Welt war kompliziert, aber für den Moment schien sie ihm zu glauben. Nachdem er geendet hatte, senkten sich ihre blaugrauen Augen nachdenklich auf den Leichnam zwischen ihnen, während ihre gepflegten Fingernägel auf dem Holz der Bahre tippelten. Für einen längeren Moment schwieg sie, während einzig das leise stakkatoartige Trommeln die Stille durchzog.

„Fühlte sie sich für euch normal an?“, wechselte sich die gedankenverlorene Stimme der Ventrue schließlich mit dem sanften Trommeln ab. Iulia sah erneut hoch und blickte den Kappadozianer an, als sie meinte: „Diese Vision des Sterbens meine ich.“

Ihre Hände lösten sich von dem Holz und beschrieben eine beinahe um Entschuldigung bitten wollende Feste, als sie weiter erklärte: „Ich weiß die Frage mag seltsam klingen, vor allem von Jemanden, der mit eurer Gabe bekanntermaßen nicht vertraut ist, aber hattet ihr den Eindruck, dass er in diesem Moment, in dem es dunkel und kalt wurde, tatsächlich auch gestorben ist? Oder nur als ob er das Bewusstsein verlor?“

Fragend blickte sie auf ihr Gegenüber, als sie ihre Frage einen Moment im Raum schweben ließ, bevor sie feststellte: „Ihr habt derartiges heute sicher nicht zum ersten Mal getan und habt entsprechende Erfahrungen hierin. Ich weiß wie gesagt nicht, wie tief es euch eure Gabe erlaubt zu blicken oder auch in welcher Form, aber hattet ihr den Eindruck, dass das was euch gezeigt wurde, so in Ordnung ist? Das der Vorgang des Todes in euren Augen in diesem Moment tatsächlich vollständig vollzogen worden war? Abgeschlossen war?“

Die Ventrue zögerte einen Moment, bevor sie ihm zu verstehen gab: „Was ich damit meine ist, würde Jemand der bewusstlos wurde, kurz wieder erwachte und danach erst gestorben ist, dieselbe letzte Erinnerung an den Vorgang des tatsächlichen Todes haben, wie er? Oder würde es für euch wirken, als sei er zweimal kurz hintereinander gestorben?“
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Nubis
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

Galeno war jemand, der lange ruhig bleiben konnte, der einfach auch nur beobachten konnte. Es war auch gerade kein Handeln nötig, während Iulia ihre Gedanken sammelte und dann erneut Fragen stellte.

Er schüttelte dazu mit dem Kopf und erklärte ruhig dazu:
"Ich empfand es nicht als ungewöhnlich. Es ist ein Ritual, welches mir Einblicke ausgehend vom richtigen Tod zeigt. Mal mehr oder mal weniger in der Vergangenheit liegend. Nicht ab einer Bewusstlosigkeit, sondern ab dem tatsächlichen Tod. Und diesen kann man nicht täuschen. Die Stille und Schwärze ist also sein Dahinscheiden gewesen. Wir sind in der Medizin leider noch nicht so weit, um zu sagen, warum er sich nicht noch einmal zu erheben versuchte. Vielleicht finden wir dies in den vielen Jahrhunderten, die uns möglicherweise gegeben sind, einmal heraus. Ich denke, es liegt an dem Schlag auf den Kopf, der ihn wahrscheinlich lähmte und er sich nicht weiter retten konnte."

Er setzte kurz ab und sah sie ernst an.
"Ab und an erlebe ich dadurch grausige Tode, die man keinem wünscht. Aber es waren stets echte Sterbefälle, der Moment, in dem der Geist den Körper verlässt, sozusagen."
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Iulia Cornelia
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Iulia betrachtete den Kappadozianer einen Moment stumm, dann jedoch nickte sie schließlich und ließ ihre blaugrauen Augen auf den Leichnam sinken. In ihrem Blick glomm noch immer unterschwellig die Wut, welche weniger zu werden schien, je länger sie den Toten betrachtete. Sie wirkte seltsam erleichtert, aber doch schien es ihr nicht leichtzufallen, sich damit abzufinden, dass es offenbar wirklich ein unglücklicher Unfall gewesen sein sollte.

Nur langsam wich die Kälte, die von ihr ausging, einer sanft wirkenden Milde und beinahe unerwarteten Wärme, die davon sprechen mochte, dass ihr die Menschen, die sie umgaben, wohl nicht einerlei sein mochten. Und so legte sie ihre noch immer leicht zitternde Hand auf seiner Schulter ab, bevor sie sich zu ihm hinabbeugte und ihre Lippen, nur durch den hauchzarten, schwarzen Schleier getrennt, dessen Stirn zu einem letzten Kuss berührten.

Dann richtete sie sich langsam auf und zwang ihren Körper damit in die gewohnt kerzengerade Haltung zurück. Sie wirkte erneut ernster, blickte zu Galeno hinüber und meinte mit einem mitfühlenden Unterton: „Es muss schwer für euch sein, all diese Tode zu sehen und zu ertragen. Dennoch bin ich euch dankbar, dass ihr es für ihn, aber auch für mich, getan und auf euch genommen habt.“ Iulia nickte ihrem Gegenüber respektzollend zu.

„Ich sollte ihn in Bälde für die Totenmesse waschen und salben, damit seine Seele den Weg finden kann.“, erklärte sie mit einem um Nachsicht bittenden Ton in der Stimme, bevor sie ihm höflich zu verstehen gab: „Lasst es mich wissen, sobald ihr meine Unterstützung bei etwas benötigt.“

Offenkundig hatte die Ventrue nicht vor über die Höhe oder auch die Art des Gefallens, dem sie dem Kappadozianer schuldete, zu schachern. Auch ob er ihr gleich oder später mitteilen wollen würde, was er dafür von ihr wollte, schien für die Ventrue nicht von Belang zu sein. Sie wirkte nicht in Eile und machte nicht den Eindruck, sie würde ihn vor die Tür setzen, sofern es von Seiten Galenos noch etwas konkretes geben würde.
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Nubis
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

Er hatte weiterhin stillschweigend zugesehen und abgewartet. Iulia die Zeit und die Ruhe gegeben, die sie brauchte, sie das Wort wieder ergreifen lassen, wenn sie es für angebracht hielt.
Er schloss die Augen für eine kleine Weile, als sie über die Schwere seiner Aufgabe sprach, doch verneinte mit einem Schütteln seines Hauptes diese auch. Es war eine Bürde, die er zu tragen hatte, es war eine Pflicht, die er zu leisten hatte. Er war vom Clan des Todes und somit war dies seine Bestimmung...auf die eine oder andere Weise. Jeder von ihnen hatte seine Verbindung zu dem Tode. Jeder seines Clanes und wer dies nicht würdigte, der war auch nicht des Blutes würdig.
Sein Lächeln zeigte der Ventrue eine gewisse Gutmütigkeit dabei, ein sanftes Verneinen, kein stoisches, abwehrendes. Er war jemand, der dies für sich angenommen hatte und es wohl somit auch nicht als wirkliche Bürde empfand, sondern wohl eher stolz darauf war, eben mit jener Macht gesegnet zu sein.

Auch wenn es nie leicht war.

"Das solltet ihr, ja. Lasst euch die nötige Zeit damit."

Und nochmals wartete er ab, lies alles etwas zur Ruhe kommen.
Sein Diener sorgte dafür, dass alles verstaut wurde und sie abreisefertig waren.

"Ich werde mich melden. Gehabt euch wohl, werte Iulia."
Er nickte ihr noch einmal zu. Ein mittlerweile völlig flüssig ausgeführter Abschiedsgruss.

So wandt sich der Kappadozianer zum Gehen, liess die Trauernde mit ihrem Sohn zurück und eilte mit seinem Diener gen Norden, um bei Zeiten die eigene Behausung zu erreichen.
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Iulia Cornelia
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Re: [1053] Auf dunklen Pfaden [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Habt Dank für euer kurzfristiges Kommen, werter Galeno.“, erwiderte die Ventrue, bevor sie ihm wünschte: „Bis wir uns wiedersehen, allzeit sichere Wege.“



Zusammenfassung:
Nach einem tragischen Todesfall in der Familie der Ventrue, ersuchte Iulia Galeno, um seine Meinung als Medicus und Kappadozianer diesbezüglich. Die Harpyie ging davon aus, dass einer der ihren vorsätzlich ermordet wurde und dies wie einen Unfall hatte aussehen lassen. Galeno stimmte zu Iulia zu helfen den Mörder ausfindig zu machen und ließ sich Werkzeug, sowie Blut bringen. Eine äußerliche Untersuchung kam zu dem Schluss, dass der junge Mann bewusstlos geworden war nach einem Schlag auf den Kopf. Wodurch er ausgelöst worden war, ließ sich nicht bestimmen. Ansonsten gab es keine körperlichen Auffälligkeiten, außer etwas Schaum in seinem Mund. Da der Kappadozianer auf Grund der Kirche von einer inneren Untersuchung abriet, bot er der Ventrue an, den Tod selbst zu befragen. Zwar wollte er ihr nicht mittweilen, wie diese Gabe funktionierte, doch Iulia war gewillt ihm zu vertrauen und ihn seine Kunst wirken zu lassen. Diese brachte zum Vorschein, dass der Jüngling vom Steg ins Meer gestürzt und durch den Schlag auf den Kopf bewusstlos geworden war, bevor er dadurch ertrank. Die Ventrue stellte mehrere Fragen, bis sie anscheinend davon überzeugt war, dass der Mann tatsächlich einem tragischen Schicksal zum Opfer gefallen war oder sich aber zumindest ihre eigenen Befürchtungen diesbezüglich, nicht bewahrheitet hatten.
Gesperrt

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