[1053] Vermisst [Angelique, Iulia]

[Iulia Cornelia]

Es waren einige Jahre ins Land gezogen, seitdem die Ventrue und die Malkavianerin sich zuletzt gesehen hatten. Die damalige Hungersnot schien inzwischen ihren Schrecken, den sie über Genua gebracht hatte, weit hinter sich gelassen zu haben, weshalb es galt ihre offenen Schulden bei dem Mondkind zu begleichen. Doch auch etwas anderes lag der Ventrue auf dem toten Herzen, worin sie das Orakel Genuas ersuchen wollte. Und so lud Iulia Angelique höflich zum Leuchthaus zwischen Genua und Quinto al Mare ein.

Seit das Mondkind hier vor einigen Jahren bei dem Treffen unter anderen Kainiten gewesen war, hatte sich nicht viel von außen verändert. Damals wie heute wartete nur ein einzelner Wachmann vor der Tür, welchen Angelique bereits mehrmals gesehen hatte und der sich vor dem Kind respektvoll schweigend verneigte, anklopfte, die Tür für sie öffnete und wieder hinter ihr zugezogen hätte, nachdem die Ewigjunge eingetreten war.

Er selbst trug ein Kettenhemd sowie einen grauen Mantel und ein Speer lehnte neben ihm an der Wand gemeinsam mit einem Schild und einem Windlicht, welches zu seinen Füßen stand. Etwas abseits lagerten einige Männer, die sich jedoch nicht genähert hatten. Im Inneren selbst, hatte die junge Ventrue wohl allem Anschein nach auf einer der beiden römischen Liegen geruht, den Blick auf die Reste des gegenüberliegenden, niedrigen Feuer gerichtet, bevor sie sich auf das Klopfen hin erhoben und Angelique höflich zugenickt hatte.

„Werte Angelique.“, grüßte die Ventrue die Malkavianerin mit einem ehrlich erfreuten Lächeln. „Wie schön euch wiederzusehen. Ich hoffe ihr seid wohlauf. Bitte, gesellt euch doch zu mir.“, lud Iulia ihr Gegenüber mit einer freundlichen Geste ein näher zu treten und es sich auf einer der Liegen bequem zu machen, während die Ventrue sich ihrerseits auf der anderen entspannt niederließ. „Wie ist es euch ergangen? Haben es die vergangenen Jahre gut mit euch gemeint?“, erkundigte sich die Ventrue höflich.

[Angelique]

"Habt vielen Dank für Euren freundlichen Empfang, werte Iulia."

Angelique hatte Mühe und es sah etwas putzig aus, als sie versuchte, es sich auf der Kline bequem zu machen. Sicher hatte sie in der Theorie tausendmal von der alten Sitte gehört zu Tische auf einem Triclinum zu liegen. Doch außer in der Literatur waren es nur noch wenige Untote, die diese alte Tradition der Römer und Griechen m Leben hielten.
Schon früher bei Sousanna hatte sie sich immer bäurisch gefühlt, gerade weil sie es ja eigentlich wissen musste, wie man es richtig machte.
Aber du konntest die Müllerstochter zwar von den Schemeln und Bänken wegbekommen, aber sie würde auch auf einem Thron wie auf einem Schemel wirken.

"Nun, ja", meinte sie schließlich und fand wieder einmal kindliche Freude an dem vergessenen Möbelstück, das so passend für die Vampire war, als sie letztendlich Platz gefunden hatte, der halbwegs würdevoll aussah. Angelique hatte ein Kleidchen an, das vortrefflich zu dem Ambiente passte.
"Das Gute mit Schlechten, wie man so schön sagt, nicht wahr?
Und selbst? Ich hoffe, Eure Geschäfte laufen gut und bin sicher, die princeps ist hochzufrieden mit Euch."

[Iulia Cornelia]

Iulia lächelte leicht auf Angeliques Worte hin. „Das hoffe ich, werte Angelique.“, meinte sie, bevor die Ventrue etwas ernster ergänzte: „Das hoffe ich sehr.“

Für einen Moment schwieg sie, bevor sie zu verstehen gab: „Die Geschäfte gehen derweil ihren gewohnten Gang.“ Iulia zögerte einen Augenblick, bevor sie mit hörbarem Respekt in der Stimme ergänzte: „Auch wenn es etwas gäbe, worin ich euren Rat oder auch eure Hilfe als Orakel aufsuchen wollen würde.“

Ihre feingliedrige Hand beschrieb eine öffnende und darreichende Geste, als sie erklärte: „Doch ich denke, ich sollte zuerst meine offenen Schulden bei euch begleichen. Ihr hattet damals erzählt, ihr wollt eure Flotte verstärken. Habt ihr euch inzwischen entschieden, welche Art von Schiff es werden soll, bei dem ich euch finanziell unterstützen darf?“

[Angelique]

Angelique lächelte scheu. Sie musste sogar eine rosa schimmernde Träne wegblinzeln. "Ihr seid wahrlich eine Zierde für Eure prinzeps. Die wenigsten sind so beflissen, Ehrenschuld zu begleichen. Es liegt wohl in unserer Art begründet.
Ein Nef soll es. Seetüchtiger als die Galeeren und durch die hohe Reling schwer zu entern. Eine Plattform für Armbrustschützen und ein nimmersatter Bauch für Tonnen und Abertonnen von Fracht. Nie wieder soll Genua solchen Hunger leiden, ohne dass Nachschub in Fülle kommt.
Die Werften in Massilia, bei denen ich für gewöhnlich bauen lasse, sind entweder zu überlastet oder man vertröstet mich wohl, weil Genuas Feinde nicht wollen, dass wir mehr wehrhafte Schiffe bekommen. Wenn Ihr also Kontakte zu den Schiffbauern Genuas hättet, wäre es umso besser."

Angelique fühlte sich auf der Kline inzwischen sehr viel komfortabler und bequemer. Das schien eine der Stärken zu sein, als ein aufgeschlossenes Kind in die Nacht geholt worden zu sein. Vielleicht war solche Anpassungsfähigkeit aber auch eine Stärke der Malkavianer.

"Nun aber zu Eurem Anliegen. Gerne möchte ich Euch mit einem Orakelspruch oder Rat behilflich sein. Worum geht es dabei?"

[Iulia Cornelia]

„Nein, mir sind die Schiffsbauer Genuas nicht bekannt.“, erklärte die Ventrue, als sie sanft den Kopf schüttelte, bevor sie ergänzte: „Wie ihr wisst besitze ich selbst keine Schiffe, auch wenn ich selbstverständlich darüber nachgedacht habe, mir welche bauen zu lassen. Zumal Reisen zu Schiff deutlich angenehmer und kürzer sind.“ Iulia zuckte kurz mit den Schultern, als sie meinte: „Aber ich fürchte, ich fühle mich noch immer deutlich wohler damit, sicheren Heimatboden unter meinen Füßen zu spüren, denn die See. Davon ab könnte ich mir durchaus vorstellen, dass die Werften Genuas nicht minder ausgelastet sind.“

„Was derweil auswertige Schiffsbauer anbelangt, so verstehe ich ihre möglichen Bedenken. Vor allem, so ihr euer Anliegen direkter vorgetragen hattet.“, erklärte die Harpyie nachdenklich. Dann beschrieben ihre Hände eine darreichende Geste und sie meinte: „Seht, die politische Lage ist nicht einfach. Genua ist inzwischen Teil der See der Schatten und so ein in Massila erbautes Schiff nicht zum Handel genutzt werden würde, sondern für kriegerische Handlungen, könnte dies unangenehme Fragen aufwerfen. Vor allem darüber, weshalb sie einem solchen Bau zugestimmt haben. Es könnte sie also in eine sehr schwierige, politische Lage bringen.“

Weiterhin grüblerisch betrachtete die Ventrue die Malkavianerin, bevor sie meinte: „Wie ihr wisst, verstehe ich nicht viel von Schiffen, doch womöglich könnte man eine Art Kompromiss finden, sofern man es geschickt anstellt und euer Schiff weniger gefährlich klingen lässt. Womöglich könnte man eine hohe Reling damit rechtfertigen, dass so mehr Waren auch an Bord gelagert werden können? Oder als eine höhere Begrenzung, die verhindert, dass diese ins Wasser fallen? Wäre eine Plattform für Armbrustschützen als eine Art Ausguck möglich? Oder womöglich ein später Ausbau dieser? Der Grund für Segel könnten längere Handelswege sein, die ihr bedienen möchtet und die damit weit besser geeignet wären als Menschen, die ermüden können?“

Fragend blickte Iulia auf Angelique, die deutlich mehr Erfahrung hierin hatte, bevor sie sanft mit den Schultern zuckte und ergänzte: „So oder so, mein Angebot der finanziellen Unterstützung bleibt bestehen. Ob ihr euer Schiff nun in Genua oder auch anderen Orts bauen lassen wolltet. Lasst es mich einfach zeitig wissen, sobald ihr gedenkt es anzugehen.“ Sie schien noch einen Moment nachzudenken, bevor sie ergänzte: „Womöglich ließen sich auch jene Schiffsbauer, die in Massilia ausgelastet sind, gegen einen höheren Preis motivieren den Bau eures Schiffes vorzuziehen. Habt ihr euch diesbezüglich erkundigt? Womöglich auch im Tausch gegen Gefallen, sofern ein Kainit dort dahinterstehen würde?“

„Was derweil mein eigenes Anliegen anbelangt.“, die Miene der hübschen Ventrue verfinsterte sich leicht, als sie nachdenklich meinte: „Jemand, der mir lieb und teuer ist, ist von heute auf morgen ganz ohne jedweden Abschied verschwunden. Ich mache mir entsprechend große Sorgen um ihn, und dass ihm etwas schreckliches zugestoßen sein könnte. Zumal es keine Forderungen für ihn, noch Drohungen gegen ihn gab, von denen ich weiß.“ Ihre feingliedrigen Hände beschrieben eine beinahe hilflos wirkende Geste, als sie meinte: „Sicher habe ich mich auch bereits umgehört, doch die Informationen, die ich bisher erhalten habe, deuten in eine Richtung, die ich nicht glauben will. Nicht glauben kann. Ganz so, als hätte Jemand versucht ganz bewusst Krümel zu streuen, die in eine gefährliche Irre führen sollen.“

Mit einem hörbaren Respekt in der Stimme meinte die junge Kainitin: „Deshalb möchte ich euch auch um eure Weisheit als Orakel ersuchen. Ich möchte wissen, ob dieser Mensch noch lebt und wo er ist.“ Die Sorgen, welche die Ventrue sich offenbar machte, wirkten nicht gespielt, als sie Angelique fragend betrachtete, ob diese ihr als Orakel wohl hierin helfen konnte.

[Angelique]

"So gebt mir persönliche Gegenstände des betreffenden Menschen und ich will mein Bestes geben, zumindest herauszufinden, ob er lebt und vielleicht sogar, wo er ist.
Je eher ich das tue, desto größer sind die Aussichten auf Erfolg."

Bezüglich der Bedenken wegen des Schiffes hob die kleine Vampirin die Braue. "Ein guter und weiser Rat. Aber er wäre so selbstmörderisch wie des Nächtens unbewaffnet durch Genua zu spazieren, in der Annahme irgendjemand würde sich an alberne Waffenverbote halten und einen nicht überfallen, wenn man selbst wehrlos ist.
Niemand würde sein Schiff so bauen, dass es nicht wehrhaft wäre. Jedes Handelsschiff ist zugleich auch Korsar und Kriegsschiff. Muss es sein, denn jenseits der Küstenzone gilt keines Landes und keiner Stadt Herrschaft. Und selbst die Römer, die einst das ganze Mare Nostrum beherrschten, hatten immer wehrhafte Schiffe, denn die Gefahr der Piraten ist allgegenwärtig.
Auf der See herrscht das Recht des Stärkeren und Schnelleren. So war es immer und so wird es immer sein. Gerade die See der Schatten sollte das wissen, denn sie lebt ja selbst danach.
Und selbst wenn die See der Schatten die Sicherheit garantieren könnte, ist auch ihr Einfluss auf die sterblichen Mächte, Reiche wie Piraten, nur begrenzt.
Zudem wäre ein Schiff das sich bewusst harmlos und nicht wehrlos darstellt, ein Ziel, das Informanten jedes Mal den Piraten stecken würde, wenn es ausliefe.
Es ist nicht Kriegslüsternheit, die mich zu machtvollen Galeeren und Nefs greifen lässt, nur die Abschreckung. Jeder kluge Kapitän vermeidet Seegefechte, wenn sie zu teuer würden."

[Iulia Cornelia]

„Ich verstehe, allerdings habe ich derzeit keine persönlichen Gegenstände von ihm hier. Es würde sicher einige Momente dauern sie hierher zu holen, sofern es euch nicht stört zu warten. Anderenfalls kann ich sie euch gerne morgen bringen.“, gab die Ventrue nachdenklich zu verstehen, bevor sie sich erkundigte: „Benötigt ihr denn etwas Bestimmtes?“

Bezüglich des Schiffes erklärte die Ventrue mit milder Stimme: „Natürlich soll euer Schiff wehrhaft sein dürfen, werte Angelique, und Niemand wird euch letzten Endes vorschreiben, wie ihr es zu bemannen habt.“ Ihre Hand beschrieb eine öffnende Geste, als sie meinte: „Sobald ihr es denn euer Schiff nennt.“ Die junge Königin machte eine bewusste Sprechpause, bevor sie weiter sprach: „Doch damit ihr es euer Schiff nennen könnt, benötigt ihr Jemanden, der es für euch baut und so ihr es gedenkt es in Massilia bauen zu lassen, würde hierfür ein gewisses politisches Fingerspitzengefühl von Nöten sein.“

Ihre Hand wanderte zurück zu ihrem Körper, als sie mit einer unaufgeregten Stimme weiter meinte: „Die Domäne nun einmal kein Teil der See der Schatten und will dies aller Voraussicht nach auch nicht werden. Dennoch würde ein Schiff, welches sie für euch bauen, durch Aurores Vasallität und eurer Loyalität zu ihr, somit im Kriegsfall unter der Herrschaft der See der Schatten segeln. Womöglich schlimmstenfalls gegen Massilia selbst oder auch einer seiner Verbündeten. Es wäre ein unleugbares Risiko, welches abgefangen werden müsste, zumal es ein Schiff weniger wäre, welches auf ihrer Seite segelt.“ Iulia zuckte nur leicht mit den Schultern, bevor sie ergänzte: „Womöglich wäre es also tatsächlich weitaus leichter, einfach ein Schiff in Genua bauen zu lassen.“

[Angelique]

"Zugegeben, der Einfluss von Vampiren hemmt die normalerweise freie Kundenwahl der Werften. So stimme ich zu, dass man dieses Schiff lieber in Genua bauen lässt.
Andererseits habe ich ja auch eine Verhandlung mit dem Vizegrafen am Laufen und er hat mir zugesichert, sobald Kapazitäten frei sind, dass ich den Zuschlag bekomme."

Sie wiegelte etwas ab, was die Gegenstände anging.

"Keine Mühe! Alles hilft und zur Not kann ich es ohne Paraphernalien versuchen."

[Iulia Cornelia]

„Es ist ganz sicher keine Mühe, werte Angelique.“, erklärte die Ventrue, bevor sie ihrem Gegenüber zu verstehen gab: „Er lebt nur nicht hier, weshalb es einen Moment dauern wird, seine persönlichen Gegenstände bringen zu lassen. Würdet ihr bevorzugen hier zu warten oder soll ich sie zu euch bringen lassen?“

„Und was die Kundenwahl anbelangt.“, meinte Iulia nach einer kurzen Pause, bevor sie sanft mit den Schultern zuckte und rhetorisch fragte: „Nun, was ist schon wirklich frei in unserer Welt? Die Chance, dass irgendein Kainit seine Finger mit im Spiel hat, sobald es sich um irgendetwas von Wert dreht, ist verschwindend gering und die Frage nicht ob, sondern eher wen man verärgert, so man diesem Umstand zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Zumal ihr sicher nicht die Einzige seid, die Interesse an neuen Schiffen hat. Gerade auch nach der Angelegenheit mit Pisa. Konnte euch der Vizegraf denn zumindest bereits einen groben Zeitraum benennen, indem er damit rechnet, dass Kapazitäten frei sein werden?“

[Angelique]

"Nun, das letzte Mal hat es tatsächlich sich arg verzögert wegen der Hungersnot. Es kann Jahre dauern, selbst wenn jede große Werft wie Marseille ein Schiff in einem Monat zimmern kann. Aber ich bin zuversichtlich, dass Geldgier letztendlich immer siegen wird.
Und unsereins ist ja geduldig.

Und ja, da habt Ihr sehr recht. Nichts geschieht ohne den Willen des HErrn, selbst wenn die Verwandten glauben, es sei ihr Wille, der die Welt lenkt."

Sie wehrte bescheiden ab. "Keine Umstände. Ich warte gerne, bis die Dinge gebracht werden. Ihr könnt mir derweil Details erzählen. Den Namen zum Beispiel und was die Person so tut."