[Fluff] Thur aïe! [Sterbliche]

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Angelique
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Re: [Fluff] Thur aïe! [Sterbliche]

Beitrag von Angelique »

"Wankt nicht, Ihr räudigen Söhne lepröser Kamele! Eure Töchter und Frauen sind verloren, wenn ihr wankt!"
Verzweifelt und zornig spornte Asad ibn Akhi das Aufgebot, das seine Askari verstärkte, an.
Das waren alles nur Milizen. Einfache Leute der Stadt. Bäcker, Schlachter und Schneider, keine Berufssoldaten wie seine Garde.

Sie waren geschockt von den anstürmenden slawischen Barbaren, die die Verteidiger der Bresche mürbe machen sollten. Über ihnen pfiffen die Geschosse der christlichen Geschütze. Die eigenen waren auf den Türmen inzwischen längst verstummt, systematisch eins nach dem anderen zum Schweigen gebracht von konzentriertem Geschützfeuer und durch todesmutige Angreifer, die mit Sturmleitern die Mauern erklommen hatten.
Über manchen Türmen wehte inzwischen das Kreuz der Christen.

Die von Allah verfluchten Kirchenglocken der Stadt hörten nicht mehr auf zu läuten. Der feige Emir wagte nicht, sie zum Schweigen zu bringen aus Angst, die vielen Christen der Stadt würden sich erheben. Ja, schlimmer noch, viele dringend gebrauchten Milizen waren abgestellt, in der Stadt Aufstände zu unterdrücken.

Dabei hatten die wenigsten Christen Grund dazu. Trotz der Fundamentalisten aus Nordafrika, die in letzter Zeit Ärger machten, waren alle immer zufrieden mit der besonnenen Herrschaftsweise des Emirs gewesen.
Trotzdem hatte der Emir die Angebote einiger Christen abgelehnt, Söldner oder gar Askari zu stellen, die bei der Verteidigung halfen.
Kein reicher Grieche wollte unter Franji-Barbaren leben, kein Langobarde unter papistischen Schwaben.
Verschenkte Chancen!

Asad wehrte mit dem Schild den mörderischen Hieb einer Axt eines wildbärtigen, halbnackten Slawen ab und nutzte das Moment, um sein Schwert tief in die Seite des Barbaren zu hacken.
Ein Speer flog auf seine Brust gezielt heran wie ein Blitz, aber wieder konnte der Faris seinen runden glänzenden Schild mit den Segenssprüchen des Korans hochreißen.

Inzwischen keuchte der stolze Krieger vor Erschöpfung. Sein Köcher war leer. Sein Kompositbogen nutzlos. Blut und Staub bedeckten den inzwischen zerschlissenen grünen Umhang und seine glitzernde Rüstung war über und über mit Schrammen und Beulen überzogen.

Er merkte gar nicht, dass inzwischen alle seine treuen Ghulam tot oder verwundet waren und er als einziger noch in der Bresche stand.
Wie hungrige Wölfe umkreisten ihn inzwischen slawische Krieger und schwäbische Christen in Schuppenpanzern und mit runden Schilden.
Geschickt hatten ihn Letztere von der schwankenden Reihe der Verteidiger getrennt. Rechts und links strömten die Christen durch die Bresche.

Er hatte versagt! Allah sei der Stadt gnädig! Er hatte versagt!

Auf einen herrischen Ruf hin teilte sich die Flut der Angreifer wie das Rote Meer vor Musa.
Zwei Hünen auf riesigen Pferden erschienen und die Sonne rahmte die behelmten Köpfe wie in ein Halo christlicher Soldatenheiliger ein.

Der Vordere sagte im schlechtesten Griechisch, was Asad je gehört hatte, dass er sich ergeben solle.

Trotz aller Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit musste Asad lächeln bei diesen ungelenken Worten.
Er würde gegen ein hohes Lösegeld ausgelöst werden, wenn er das tat. Aber was war mit seinen Soldaten, die nicht so reich waren?

Er blickte zu seiner schrumpfenden kleinen Streitmacht, die mehr und mehr zurückgedrängt wurde.
Langsam schüttelte er den Kopf und hob sein Schwert, um wenigstens beim Versuch zu seinen Getreuen durchzubrechen, zu fallen.

Die beiden riesigen Franji unterhielten sich miteinander, während Slawen, Schwaben und breitkrempige Helme tragende Sergeanten mit Armbrüsten sich bereitmachten, ihn in Allahs gütige Arme zu schicken.

Da aber machte der eine Mann, unzweifelhaft der Anführer der Franji, etwas unerhört Mutiges oder Verrücktes und nahm den Helm ab.
Asad sog den Atem ein. Welch schöner, goldenlockiger Mann! Gesegnet mit dem Charisma eines Madhi und ebenmäßig von Allah gestaltet wie ein junger König Dawud!
Nun verstand er, wie dieser Räuberhauptmann mit der Mähne eines Löwen so viele unterschiedliche Christenbarbaren unter seinem Banner versammeln konnte.

Der Franji grinste ein wölfisches Lächeln und deutete mit dem Schwert auf die zerbrechenden Linien von Asads Soldaten.
Sofort nahmen hundert Bogen- und Armbrustschützen diese ins Visier.

Ein weiteres Mal sagte der Anführer der Franji ein paar Worte in Griechisch und Arabisch, was er kaum beherrschte. Und doch verstand Asad ibn Akhi ihn sehr gut: Gnade für seine Männer gegen seine Kapitulation.

„Und ihr könnt nicht wollen, außer dass Allah will, der Herr der Geschöpfe“, murmelte Asad zu sich selbst. Er dachte an all die todgeweihten Krieger und die Einwohner der Stadt, denen er jetzt helfen konnte, selbst wenn man ihn hernach einen Feigling oder gar einen Verräter schimpfen würde.

Und so entschied er sich gegen einen ruhmvollen Tod und für ein vielleicht schmachvolles Leben.
Klirrend fiel sein Langschwert auf die Trümmer der Mauer und mit gesenktem Haupt ging der Faris auf die Knie vor dem blonden Reiter.

Der Jubel der Ungläubigen war ohrenbetäubend, als Asads Soldaten dem Beispiel ihres Anführers folgten:

"Thur aïe!“
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
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Angelique
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Re: [Fluff] Thur aïe! [Sterbliche]

Beitrag von Angelique »

Asad ibn Akhi betete in seiner Zelle. Die Franji hatten ihm sogar extra Wasser gebracht, damit er sich vorher säubern konnte.
Sein Tod stand wohl unmittelbar bevor und die abergläubischen Barbaren wollten wohl nicht Allahs Zorn über sich bringen, indem sie Todgeweihten das Gebet verweigerten.

Kaum hatte er geendet, als die Tür entriegelt wurde.
Normannische Krieger kamen herein. Es waren die beiden Anführer selbst. Der Raum war fast zu klein, fand Asad, für das strahlende Charisma, das die beiden ausstrahlen.

Mit widerwilligem Respekt verneigte sich der gefangene Faris vor ihnen. Barbarenhäuptlinge, sicher, aber sie hatten Wort gehalten und seine Leute verschont, als sie sich ergeben hatten.

Der Hüne mit der Löwenmähne grinste und sagte Worte des Grußes, die jovial klangen, obwohl der Sarazene ihren Sinn nicht verstand.
Aber der andere schob eine kleine blonde Gestalt in die Zelle.

"Dawud, Licht meines Herzens!", entfuhr es dem Faris unwillkürlich, als er seinen Lieblingssklaven erkannte. Ein Fehler, zu zeigen, wie viel ihm der Junge bedeutete! Aber Asad konnte nicht anders. Erleichterung und Furcht zugleich hatten ihn übermannt.

"Gebieter!", rief der Junge, auch erleichtert ihn zu sehen.

Der Normanne sagte etwas und Dawud hörte aufmerksam zu.
Dann richtete er das Wort an seinen Herrn: "Der Schlauberger und sein Bruder wollen dich, Herr, als ihren Wesir und General für ihre rechtgläubigen Soldaten. Sie haben herausgefunden, dass ich dein Sklave bin und ihre Sprache spreche. Sie sagen, du sollst so reich und mächtig sein wie unter dem Emir und noch viel mehr, wenn du ihnen die Treue schwörst. Es soll den Rechtgläubigen gut ergehen unter ihrer Herrschaft, sagen sie."

Asad traute seinen Ohren kaum. Sie wollten ihn als ihren Wesir? Ihn, ihren Feind, der viele ihrer Männer getötet hatte? Ihn, der einen ihnen feindlichen Glauben hatte? So einem wollten sie vertrauen?

Der, der Schlauberger, ein passender Name, von Dawud genannt worden war, grinste wieder und zog seinen Handschuh aus. Der Normanne bot seine Hand dem Gefangen an.

Fast reflexartig ergriff Asad sie und der Barbar zog ihn auf die Füße.

"Frag ihn warum?" wollte der Sarazene verwirrt wissen.
Dawud tat, wie ihm geheißen.

Der Hüne grinste noch breiter und sagte etwas in der harschen Sprache des Nordens.

Der Junge übersetzte: "Ein ehrlicher Feind ist mir tausendmal lieber als ein falscher Freund!"

Und so wurde Asad ibn Akhi der Faris der Normannen.
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Angelique
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Re: [Fluff] Thur aïe! [Sterbliche]

Beitrag von Angelique »

Roger erkannte ihn schon am unverkennbaren hinkenden Schritt, als D'Or seine Residenz in Troina betrat.

Ohne sich umzudrehen, lachte er herzlich auf. "D'Or, mein alter Freund, sind das etwa schon wieder mehr Schiffe geworden? Deine Familie ist wirklich unersättlich."

Aus dem Fenster der Burg heraus sah der neue Herrscher Siziliens an der im Bau befindlichen ersten katholischen Bischofskirche der Insel auf den Hafen herab
.
"Sind die Söldner, die da von Bord gehen, für Ostrom? Das wäre ein schlechter Zeitpunkt, wenn sie sich den Abtrünnigen in Syrakus anschließen würden."

D*Or schüttelte lachend den Kopf. "Nein, die wollen zu dir. Es sind Angelsachsen, die dein Verwandter, der Bastard, aus England vertrieben hat.
Sie wollen jetzt als Söldner dienen, wo ihr König tot ist. Gute Axtkämpfer, muss ich sagen. Aber erbärmliche Reiter und Seeleute."

Roger drehte jetzt doch um, grinste und umarmte den alten Freund.

"Ziemt sich das noch für einen Grafen?", fragte D'Or und deutete eine tiefe Verbeugung an.

"Hah, ich mache, was ich will!", rief der normannische Eroberer. "Ich ernenne sogar Bischöfe, wie es mir beliebt. Der Papst schäumt und das ist mir herzlich egal. Der oder ein Nachfolger wird schon zahm, wenn wir ganz Sizilien für die katholische Christenheit erobert haben."

Er legte kameradschaftlich den Arm um die Schulter des Genueser Normannen. "Sag, willst du Bischof werden? Oder ein Lehen haben."

"Nein", lachte D'Or, "halte deine Feinde dir näher als deine Freunde, sagt man. Ich will dein Freund bleiben, aber ein paar Handelsprivilegien wären schon schön. Stapelrechte und Steuervergünstigungen. So was in der Art. Ich bin Händler, kein Politiker."

Er war etwas irritiert. "Ich habe viele Kampfspuren und frische Gräber gesehen. Hast du Probleme? Gibt es Unruhen?"

Das Lächeln Rogers gefror. "Nicht mehr", sagte er grimmig. "Die hinterhältigen Drecksgriechen haben von Syrakus aus Troina angegriffen und wollten meine Familie als Geiseln nehmen...."

"... was ihnen offenkundig aber nicht gelungen ist", sagte eine melodische und doch stolze Frauenstimme.

D'Or sah nicht zum ersten Mal Judith, die Gemahlin Rogers. Und doch war er wie jedes Mal ergriffen von ihrer Schönheit, ihrem Stolz und ihrem Charisma.

Die Blicke, die die beiden Eheleute tauschten, zeigten deutlich, dass das keine reine Zweckgemeinschaft war. Diese Frau hatte selbst ihren Mann erwählt und dieser hatte sich erst für würdig erachtet, sie zu ehelichen, als er ihr ein reicheres Lehen zu Füßen legen konnte, als die arme Normandie, aus der beide stammten.

"Papa, Papa!" scholl ein kleiner Chor aus Mädchenstimmen und drei kleine Wirbelwinde eilten zu Roger.
Dieser lachte und hob sie abwechselnd hoch, um sie zu herzen.

"Mathilda, Adelisa und Emma, lasst euren Herrn Vater in Ruhe, er hat einen Gast!", rief Gräfin Judith und die Kinder, die offensichtlich das Feuer ihres Vaters geerbt hatten, gehorchten widerwillig.

Diesmal verneigte sich D'Or, wie es sich geziemte und ohne Falsch, denn diese Dame war eine wahre Herrscherin, nicht minder Herrin der Insel als ihr Gemahl und dessen Bruder, der in Kalabrien weilte.

"D'Or, du bringst Söldner, kam ich nicht umhin zu vernehmen. Das sich gut. Meine eigenen Männer sind erschöpft, aber ich brenne darauf, den Griechen heimzuzahlen, was sie versucht haben. Roger hat geschworen, Syrakus einzunehmen und wenn es Jahrzehnte dauert."

"Dann wird es wohl fallen." D'Or hatte keinen Zweifel. Die mächtigste Stadt Siziliens würde letztendlich auch erobert werden, daran hatte er keinen Zweifel, wenn er diese beiden majestätischen Gestalten nebeneinander stehen sah.
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