[1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario]

[Macario]

Zu wenig wußte Macario von dieser Närrin. Zu wenig und doch zuviel, als dass er ihr zum Spielball wollen würde.

"So seid ihr wohl viel gereist und einige Jahrhunderte zu alt für ein Kind...", gab er ihr noch neckend zur Antwort.

Denn er verstand es den Ball in diesem Spiel zumindest weiter zu treiben.

"Wie dem auch sei... wie ist wohl die Position des verehrten Hofgelehrten zu Eurer conclusio? Sicher habt Ihr mit Eurem Ersten im Blute dies eifrig diskutiert..."

Es war ein belehrender Tonfall der unlängst an die Stelle des anfangs noch väterlich wohlwollenden Anklangs in Macarios Stimme getreten war.

Mit gewisser Anspannung beobachtete Macario die Reaktion der Angelique hierauf.

[Angelique]

"Habt Ihr schon einmal mit Circumcellionen versucht zu diskutieren? Ist sehr witzig, vorausgesetzt Ihr mögt es, von sterblichen Fanatikern verprügelt und mit den eigenen Blutkräften der Familie fast getötet zu werden.

Nein, ich kam nie dazu mit dem Hofgelehrten irgendetwas näher zu diskutieren, selbst, wenn er das Grundwissen eines Klosternovizen hätte und nicht einfach nur ein Gossenprediger ohne Kenntnis der sieben Künste wäre.

Offenbar mögen seine und meine Blutlinie einander nicht, denn ich kann mir nicht erklären, warum er von Anfang an gegen mich und nicht mit mir gearbeitet hat."

[Macario]

Verblüffung. Er konnte sich gerade noch beherrschen, um seinem Gesicht nicht diese allzu menschlichen Züge zu gewähren. Er wollte nicht derart jung erscheinen...

Macario nickte bedächtig zu den Worten der kleinen Närrin.

"Ich kenne Euch und Eure Geschichte nicht, noch habe ich mehr vom verehrten Hofgelehrten gesehen und gehört als Anno Domini 1041 ad kalendas augustas... es will mir aber scheinen, dass Ihr, werte Angelika, sehr offen sprecht über das, was und wie Ihr seht und denkt ohne dabei Hintergedanken zu hegen...", so analysierte der Mönch nun wieder mit nüchterner Stimme, "... eine allzu seltene Gabe unter unseresgleichen.", schloss er seine kurze Rede.

[Angelique]

Sie verbeugte sich tief und lächelte. "Danke schön! Das nehme ich als Kompliment.
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten.
Was wäre ich für eine Christin?
Was wäre ich für ein Orakel, wenn ich nicht einmal dieses klarste aller Gebote beachten würden?
Wer würde meinen Prophezeiungen glauben, wenn ich nicht um Ehrlichkeit bemüht wäre?"

[Macario]

Macario seinerseits erwiderte diese Ehrerbietung der Kleineren, wenngleich er sich nicht verbeugte, jedoch ein langanhaltendes und tiefes Kopfnicken vollführte.

Ehe eine Gesprächspause entstand, fragte der Mönch:
"Ihr sprecht von Prophezeiungen, die Ihr verlauten lasst. Dies mag mir sonderbar erscheinen. Doch ahne ich, dass Eure Blutskräfte Euch dazu befähigen. Darf ich Euch danach befragen, denn noch ist mir solcherlei nicht begegnet in meinen Nächten... "

Diplomatisch ergänzte er die Frage:
"Falls Euer Blut zur Verschwiegenheit darüber verpflichtet, entsagt der Antwort selbstredend."

[Angelique]

"Nein", erklärte die Kleine frei heraus, "unser Ahnherr Malkav ist ein Engel des Firmaments gewesen und nie ein Mensch. Von ihm haben manche seine Gaben geerbt. Ich gehöre dazu und war auch schon zu Lebzeiten mit dem Zweiten Gesicht gesegnet.

Meine Blutlinie war einst mächtig, bevor die Ventrue und Michaeliten uns verrieten und zusammen mit irren Fanatikern wie Ferrucio zu einem Niederen Haus degradierten.
Einst herrschten wir an der Seite der Nesiferitu und Ventrue über die Städte der Römer.

Lasst Euch das eine Warnung sein, dass nicht auch Euer Haus einstmals ohne Wurzeln auf staubigen Straßen am Ende Welt vom Glanz des Elfenbeinturms ausgeschlossen wird."

[Macario]

"Eine mächtige Gabe, derer es Umsicht und Gottesfurcht abverlangt. Ich staune über Euch. Welch Glück Euch hier und heute allein zu begegnen und dieses Gespräch zu führen.", so setzte der Lasombra das Gespräch fort.

"Sicherlich seid Ihr unserer Gesellschaft der Nacht, derer deren Hälse wahrlich einem Turm aus Elfenbein gleichen (Hinweis: Bibel; Hohelied Salomos), sehr zu Diensten mit Euren Gaben?", so stellte Macario interessiert und mit gewissem Amüsemant im Gesicht eine weitere Frage an das Mondenkind.

"Eure Warnung an mich und mein Blut, so will ich doch recht hoffen, ist nicht in realitas bereits eine Eurer Vorsehungen, werte Angelika?", so resümierte der Mönch abschließend mit fragend kritischem Blick auf die Kleine.

[Angelique]

"Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, ein verschlossener Garten, ein versiegelter Quell", antwortete die kleine Vampirin und schaute dabei keck ihn über ihre Schulter mit diesen großen Rehaugen an.

So wie sie es sagte, klang es nicht wie die Preisung der Jungfrau Maria, sondern wie ein zweideutiges Wortspiel der Jungfer Angelique selbst.

"Ich bin all das und noch viel mehr, wenn es die Würdigen der Gesellschaft von mir verlangen."

Wieder lächelte sie altklug dabei.

"Euer Hohes Haus ist mir teuer. Ich war Kebse eines Schattens und Gespielin eines zweiten, ein dritter ist mein väterlicher Freund.
Es würde mir leidtun, wenn der Ehrgeiz weniger die Mehrzahl aller mit in den Abgrund reißt."

[Macario]

"Euch steht die Freude an Eurem rhetorischen Spiel zu Gesichte. Doch das will ich nicht verfemen.", bekannte Macario auf die rezitierten Verse aus dem Hohelied Salomos.

"Es ist gut zu wissen, dass mein Blut bei Euch wohlgelitten sei. Ich werde dies achten und mag wissen Gotte allein, was dies für mich in Zukunft noch bedeuten mag.", ergänzte der Mönch bedeutungsschwanger.
Wenngleich er im Unklaren darüber blieb, ob das Mondenkind nicht doch just in dem Augenblick eine Vorhersehung ausgesprochen hatte...

Interessiert fragte er nach:
"Wer mag es sein, den Ihr einen väterlichen Freund nennt? Hier in Genua? Ist jener gar mit mir bekannt?"
Es war offensichtlich, dass er auf Ilario anspielte...

Abschließend und verbunden mit einer entwaffnenden Geste seiner geöffneten Hände in Richtung der Kleinen sprach Macario wohlwollend:
"Nun ist es an Euch, meine allzu forschen Fragen zu beenden. Gibt es etwas, dass Ihr im Austausch von mir erfahren möchtet? "

[Angelique]

"Ja", antwortete das kleine untote Mädchen keck und es bezog sich wohl alle seine Fragen.

Im Gegensatz zu ihm präzisierte sie aber ihre eigene Frage und kam auf den Anfang Ihres Gesprächs zurück:
"Was genau macht Ihr eigentlich in Genua, Diákonos Makarios?"

So wie er ihren Namen auf den griechischen Ursprung zurückübersetzte, so tat sie es mit dem seinen.
So kindlich sprunghaft sie in der Konversation auch wirkte, vergaß sie offenbar zu keiner Zeit, was sie eigentlich wissen wollte.