[1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario]

[August '21]
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Macario
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[1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario]

Beitrag von Macario »

Es war in einer Neumondnacht, die erste Kühle des nahenden Herbstes lag bereits in der Luft, als Macario sich ins genuesische Elysium, in den Garten der schweigenden Rosen, begeben hatte.

Als Kleidung trug er eine schlichte, dunkle Kutte und einfache Sandalen.

Gerade stand der Lasombra inmitten des Heckenlabyrinths, als er am Ende des Labyrinths die einfache Granitplatte mit der lateinischen Inschrift für sich entdeckte und diese betrachtete.

"Asch zu Asche also...", sprach er leise, sinnierend, vor sich hin.
Wie kann man von Licht sprechen, wenn man nicht, wenigstens einmal,
die Erfahrung der Finsternis gemacht hat.
Zenon von Kition
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Angelique
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Angelique »

"Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen,
bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist.
Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden."

Es war eine helle Kinderstimme, die sich erhoben hatte.
"So heißt der Spruch richtig. Asche zu Asche ist älter und unchristlich."

"Schiavo, werter Macario!"
Eine lächelnde Angelique winkte ihm an der Ecke einer Hecke zu.
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Macario
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Macario »

Macario drehte sich in Richtung des winkenden Kindsvampirs, des Mondkindes.

"Buch Mose.", entfuhr es Macario prompt.

Es verging ein Moment ohne das der Lasombra den Gruß erwiderte.
Dann besann er sich wohl eines Besseren.

"Ich grüße Euch, werte Angelika... ", antwortete Macario schließlich,
wenngleich wohl ein Zögern in seiner Stimme lag.

Mit einer deutlichen, öffnenden Handbewegung signalisierte Macario eine Einladung, auf dass die Malkavianerin nähertrete.
Hatte er diese Bewegung ausgeführt, fanden seine beiden Hände überkreuzend vor seinem Körper wieder in einer Ruheposition zusammen.
Wie kann man von Licht sprechen, wenn man nicht, wenigstens einmal,
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Zenon von Kition
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Angelique
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique trat auch näher.

"Schön, Euch mal so ungezwungen zu treffen", meinte die Kleine. "Ich habe eine persönliche Frage, die ich Euch schon lange stellen wollte.
Ihr tragt das Habit. Ist das so, weil Ihr immer noch stark im Glauben seid? Oder ist es eine Tarnung für die Jagd oder strebt Ihr politischen Einfluss in der Kirche an?
Wenn Ihr noch glaubt, was schön wäre, wie kommt Ihr mit dem Verlust von GOttes Gnade klar, keine geheiligten Orte mehr betreten zu können? Wie mit den Schwierigkeiten, keine Sakramente mehr geben zu können?"

Ehrliche Neugier lag in den Fragen, keine spöttische Wertung oder Redundanz von Offensichtlichem.
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Macario
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Macario »

Macario wahrte dennoch einiges an räumlicher Distanz zu der Malkavianerin, in dem er in einem Halbbogen um die Granitplatte herumschritt, als die Kleine näher kam. Es war ein recht dunkler Ort hier im Heckenlabyrinth.

"Das ist wohl auch der Vorteil von Begegnungen an diesem schönen Ort...", gab Macario ihr zur Antwort.

Erst jetzt, nachdem Angelique ihre Fragen gestellt hatte, blickte er ihr entgegen und musterte sie ganz unverhohlen.

"Das Eine schließt das Andere bekanntlich nicht aus oder geht gar zuweilen einher...
Ich will Euch offen bekennen, dass mein Glaube an Gott keiner Simulation entspringt. Ich trage das Habit meines Ordens nicht aus Falschheit, sondern weil ich des Ordens bin.
", erklärte der gläubige Lasombra.

Macario beugte sich leicht vor, als er das Mondenkind fragte:
"Woher entspringt Eure Adoptio, dass die Gnade Gottes verloren sei? Sind wir nicht alle Geschöpfe Gottes?"
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Zenon von Kition
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Angelique
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Angelique »

"Wieso bereiten uns dann geweihte Orte oder Reliquien solches Unbehagen? Warum verbrennt uns das Licht der Sonne? Warum das Feuer des Erzengels Michael?

Geschöpfe GOttes sind wir sehr wohl. Aber das sind auch Luzifer und seine gefallenen Engel. Aber was ist, wenn die Gnostiker recht haben und wir und die Menschen sind die gefallenen Engel und alles, was uns Unbill bereitet, die vom Demiurgen verseuchten materiellen Elemente?
Wären wir in unserem Zustand dann gesegnet und perfecti, da wir dem materiellen Verlangen nicht mehr bedürfen und nur das Manna des Blutes brauchen?"

Waren das rhetorische Fragen? Gab es darauf überhaupt eine Antwort? Wusste Angelique eine oder hoffte sie auf eine von Macario?
Die Unterhaltungen mit der Kleinen schienen auf hohem theologischem Niveau zu sein. So viel war mal sicher.
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Macario
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Macario »

Einem Sterblichen stünde in diesem Momente die Verblüffung, ob der Eloquenz und des Wissens dieses Kindes zu Gesichte, nicht jedoch einem Unsterblichen...

Macario lächelte milde, gar väterlich zugetan.
Dies tat er seit ehedem allzu selten.

"Werte Angelika, Euer Geist ist zu beredt, zu belesen, als dass Ihr von mir eine Antwort des Wissens auf solcherlei Rhetorik erhoffen könntet, aber ich ehre Euren Wagemut, diese Fragen überhaupt zu stellen und will Euch als Antwort die sehr alte Geschichte vom Vater des Glaubens erzählen..."

Macario erwartete wohl eine Art der Zustimmung, ob Angelique die Geschichte auch hören wolle...
Er würde nach einem kurzen Augenblick des Innehaltens, aber auch ohne ein Signal des Mondenkindes fortfahren.

"Wisst Ihr bereits von wem ich spreche?", fragte er die Kleine fast neckisch.

"Obwohl er schon alt, kinderlos und von Gebrechen war, ließ er sich von Gott rufen in ein fremdes Land, von dem er nichts wußte als das Gott es ihm auserkoren hatte. Er ließ alles, was er kannte hinter sich, nur getragen und geführt allein von seinem Glauben, von dem Vertrauen darauf, dass der Gott, der ihn gerufen hatte, ihn nicht im Stich lassen würde...
Auf seinem Weg sah er nichts von den Verheißungen, die Gott ihm versprochen hatte, ganz im Gegenteil. Gott stellte ihn auf die Probe und er zweifelte mehr als nur einmal an seinem Glauben.
Doch er bestand die Prüfungen, die Gott ihm stellte und er wurde der älteste Stammvater und ihm ward eine große Nachkommenschaft geschenkt. Denn schließlich wandelte er im Glauben und nicht im Schauen.
"

Eine Geste seiner rechten Hand leitete eine weitere Geschichte ein. Unbeirrt fuhr Macario fort. Nur kurz blickte er einmal zu der Malkavianerin herunter.

"Und siehe auch die Menschen, die sich an Jesus wandten, die nichts als einen abgerissenen Wanderprediger inmitten einer Schar ärmlich gewandeter Jünger sahen... und doch baten sie ausgerechnet ihn um Hilfe. Sie sprangen über ihren eigenen Schatten, der sich nährte aus ihren Ängsten und Zweifeln, aus Hochmut, Neid und Zorn.
Es ist gewiss nicht einfach, über den eigenen Schatten zu springen. Denn dieser Schatten, er hat die unangenehme Eigenschaft, uns auf Schritt und Tritt zu begleiten. Ja, je heller das Licht um uns herum, desto stärker wird auch der Schatten, der uns verfolgt.
"

"So ist der Glaube. Immer wieder wird er auf die Probe gestellt, immer wieder steigen Zweifel und Ängste herauf. Der Glaube will immer wieder neu ergriffen und neu erfahren werden.
Nichts ist perfekt, denn Gott und unser Dasein im Glaube bleibt eine stete Prüfung. So ihr wollt, glaubt daran, dass unserem Blute eine der schwersten Prüfungen auferlegt sei...
"

Macario hatte den Blick herabgesenkt. Seine Hände ruhten vor seinem Körper ineinandergefaltet.
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Zenon von Kition
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Angelique
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique hörte sich das gern und aufmerksam an. Erst danach sagte sie:
"Ist Abraham durch Werke gerecht, so kann er sich wohl rühmen, aber nicht vor Gott. Denn was sagt die Schrift? ‚Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden‘.“

Sie fügte hinzu: "Ihr seid gelehrt, so wisst Ihr ohne Zweifel, dass die Juden ihn als Stammvater ihres Volkes, seit er von der alten Stadt Ur aufbrach.
Wusstet Ihr aber auch, dass die Sarazenen ihn ebenfalls als Stammvater verehren?
'Wer hätte eine bessere Religion, als wer sich Gott ergibt und dabei rechtschaffen ist und der Religion Abrahams folgt, eines Hanīfen. Gott hat sich Abraham zum Freund genommen.' "

Das kleine Mädchen nahm die knospende Wissenschaft der vergleichenden Scholastik vorweg und stellte Juden, Moslems und Christen gleich im Glauben an Gott. Und offenbar schloss sie auch die Vampire in diesen ketzerischen Vergleich mit ein.
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Macario
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Macario »

"Eine derartige conclusio habe ich noch nicht vernommen... "

Mit einem sonderbarem Blick taxierte Macario das Mondenkind.

Anstatt ihre Frage zu beantworten, stellte er unvermittelt selbst eine Frage in den Raum.

"Was es bedeuten würde, wenn der Glaube an Gott allein zähle und kein Unterschied bestünde... "

Den Satz beendete der Lasombra-Mönch nicht und seine Stimme wurde zum Ende des Satzes hin immer leiser.

"Wer hat diese Lehre mit Euch geteilt? Wer ist der Urheber?", so fragte Macario wissbegierig, nachdem er sich besonnen hatte.

Er ergänzte abschließend:
"Euer Ansinnen hier und in dieser Sache ist mir nicht klar. Womöglich spricht auch Euer Blut aus Euch heraus... "

Macario musterte die Kleine nun erneut und ganz unverhohlen.
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Angelique
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Re: [1060] Elysische Begegnungen [Angelique, Macario, offen]

Beitrag von Angelique »

Verschwörerisch sich vorbeugend und überlegen lächelnd, antwortete sie: "Ich las es selbst in der Heiligen Schrift der Sarazenen, dem al-Qur'ān, in der Sprache und von der Hand ihres Propheten Mohammed selbst geschrieben.

Außerdem deckt es sich mit vielen gnostischen Lehren und den neuplatonischen Philosophien.
Ja, selbst Aristoteles, den auch die Sarazenen als größten aller Weisen verehren, sagt Die bewegte Welt setzt einen von ihr verschiedenen Beweger voraus. und stellt GOtt damit über die Götzen seiner Zeit."

"JA", meinte sie aber nur auf die Frage nach der Motivation.
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