[1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

[September '21]
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Nubis
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Nubis »

Galeno schmunzelte bestätigend, erfreut und somit auch die Augen erreichend. Anerkennung ob Giadas Einstellung zu Disputen.

Er verfolgte ihre Worte mit den Ohren und wanderte passend dazu mit den Augen.
Es war interessant, wenn auch eines anderen Grundes wegen...oder war es doch der selbe?

"Was, wenn diese Formen etwas wie Schrift sind? Wenn es alte Zeichen der Bewohner sind, hielten sie Stein vielleicht für ewig und unvergänglkch. Ein gutes Medium um ihre Chronik nieder zu schreiben oder sie in Bildern festzuhalten. Ja."

Er betrachtete den Ochsen, die Linien, den Pflug, der auch ein Pfeil hätte sein können.
"Vielleicht ein Abbild ihrer Arbeit oder auch eine Anleitung, Lehren für Nachfolgende."

Krieger mit Waffen in unterschiedlichen Stilen... mhh hier, diese unterscheiden sich erheblich. Eine andere Zeit vielleicht? Denn auch unser Schaffen unterscheidet sich von dem der Griechen und Römer deutlich und zugleich sind jene auch unsere Lehrmeister.. Es kann aber auch sein, dass es die gleiche Zeit war und dieser hier weniger gut in diesem Handwerk war.
Doch wenn es unterschiedliche Zeiten sind, dann mag es darauf hindeuten, dass auch stets Kriege herrschten."

Er blieb an eher geometrischen Figuren mit Punkten hängen.
"Götzen....möglich. Oder Himmelsphänomene. Was wenn dies hier ein Sternbild ist? Die Punkte als Sterne, die Linien darum, um ihnen Form zu verleihen. Und der Pfeil hier, der zu dieser Figur zeigt....ein Blitz? Vielleich aber auch göttliche Macht, wie der Griechen Zeus?
Vielleich wurde das Wetter oder der Himmel verehrt oder gefürchtet?"

Er wirkte wieder nachdenklich.
"Wenn dise Zeichen so etwas wie eine Chronik darstellen, dann zeigt es uns auch auf, wie wir uns weiter entwickelt haben. In manchen Situationen scheinen wir gleich zu handeln...in anderen Gebieten unterscheiden wir uns deutlicher."

Er liess den Blick nochmals darüber schweifen.
"Sicherlich würden sich Ausflüge dorthin lohnen. Vor allem, um diese zu dokumentieren. Was meint ihr? Unsere Zeit ist knapp bemessen...aber vielleicht könnte man ein paar Menschen schicken, die weitere solcher Abdrücke anfertigen. Vielleicht werden sie uns dann klarer in ihrer Bedeutung?"
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Das ist einen Versuch wert”, antwortete die Lasombra darauf langsam. “Es ist schwer, solche zu finden, die zugleich achtsam und feinsinnig genug auf der einen Seite sind und auf der anderen auch hartgesotten genug, um eine solche Reise zu tun. Ich bin auch recht sicher, dass jede Gesandtschaft solcher Art allzu leicht allzu argwöhnische Blicke auf sich ziehen kann.”
Sie sah auf die Zeichen herunter. “Es müssen Menschen sein, welche ohne auch nur einen Tropfen unseres Blutes sind. Sie müssten aus eigenem Antrieb handeln, entweder aus Forschergeist, aus dem Drang heraus, unchristliche Zeichen selbst sichten und löschen zu wollen, aus Geldgier und Söldnertum. Es kann kein direkter Einfluss durch uns sein, denn in Brescia herrscht nun ein Feind. Ein Feind der meinen gewiss, womöglich ein Feind Genuas. Die Tedesci haben unweigerlich ihre Blicke auf La Superba gerichtet.”

Mit einem kühlen, toten Finger strich sie eine der kopierten Linien nach. “Was Ihr vermutet, ergibt Sinn. Doch es ist die Auswahl der Dinge, die die Altvorderen dem Stein zum Erinnern gaben, welche mich fasziniert. Die Dinge, welche sie für wert und wichtig hielten. In solcherlei liegt eine Macht der Sterblichen und des Weltlichen.”
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Nubis
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Nubis »

"Jemand, der sich für Geschichte interessiert, ein Gelehrter... Jemand, der sich auf das Zeichnen oder solche Abdrucke versteht... Dazu ein paar Söldner, die sich erwehren können, sollten Wegelagerer oder Tiere Schwierigkeiten machen."

Er wirkte nachdenklich, so mit den Fingern über den Bart gestrichen.
"Jemand aus den Klöstern fiele dabei raus, denn unchristliche Zeichen sind dann eher Dinge, die zerstört oder weggeschlossen würden. Aber wie wäre es mit jemandem, aus einem anderen Kulturkreis? Bei dem bei gut stimmender Summe egal ist, nach was man forscht und bei denen das Interesse dazu grösser sein dürfte? Jemand fremdländisches möglicherweise?"

Zustimmend nickte er.
"Ich bin auch für jene, die nicht unter Einfluss einer Blutskraft stehen, zumal die Regeln dazu hier in Genua recht...begrenzt sind. Und dafür werden sicher auch keinerlei Ausnahmen gemacht. Aber wir haben Zeit und sofern keiner gross davon weiss, werden die Zeichen sicher noch eine Weile im Stein bleiben. Somit hätten wir Zeit, solch eine Expedition zusammen zu stellen."

Bei der Erwähnung der Tedesci konnte er nicht anders, als die Mundwinkel kurz einmal fallen zu lassen, nur um dann wieder den Ausdruck an das eigentliche Gespräch anzupassen.
"Manches Mal wäre es noch interessant, wenn man auch eine Anleitung zum Deuten der Zeichen hätte. Das würde ihr Mysterium natürlich ziemlich entkräften und sie wären weniger interessant, denn auch das Geheimnis darum macht doch viel her... Aber man wüsste eher und besser, was sie damit ausdrücken wollten. Ob vielleicht auch Lehren und Hinweise überbracht werden sollten, die wir nun einfach nicht verstehen."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Eine Söldnerseele, ja. Besser zwei, die unabhängig von einander arbeiten, vielleicht nacheinander. So, dass sich ihre Arbeit wenigstens zu einem Teil doch gegenseitig abprüfen lässt, denn auf die Sorgfalt von solchen, die allein durch das Geld getrieben sind, kann man blindlings nicht viel geben.” Nachdenklich schürzte sie die Lippen und hob ihr Kinn ein wenig an.
“Wenn wir dafür Mauren oder Sarazenen anheuern, dann muss auch jemand anderes den Auftrag anleiten. Sonst zieht es zu sehr die Blicke auf sich. Vielleicht lässt sich unter den sarazenischen Sklaven jemand finden, der auf diese Weise seine Freiheit verdienen mag. Ich werde einmal nach solchen fragen lassen, die wohl solche Gelehrtheit besitzen.”


Zu dem zweiten Teil von Galenos Überlegungen schwieg Giada eine Weile und dachte nach. “Wie wolltet Ihr eine solche Anleitung erhalten? Hättet Ihr einen Weg, die Zeichen für Euch sprechen zu lassen? Oder habt Ihr etwas anderes im Sinn, eine Suche nach dem Echo jener, welche die Zeichen einst in den Stein schlugen?”
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Nubis
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Nubis »

"Ein Wunschdenken, werte Giada. Es wird wohl kaum eine geben, ausser wir finden jemanden, der in der Zeit zurückreisen oder mit den Urahnen reden kann. Oder aber einer unserer Art, der aus jener Region stammt. Die Wahrscheinlichkeiten dafür sind aber jeweils sehr gering. Also wird uns über kurz oder lang vorerst nur die Interpretation möglich sein...während sich für das andere vielleicht irgendwann einmal Möglichkeiten auftun oder wir durch Forschung, Zufall oder göttlicher Eingebung andere Mittel ausfindig machen können."

Er blickte Giada fragend an. "Der hoch verehrte Senechall merkte einst an, dass die Kräfte des Clan der Schatten und die meines Clans nah beieinander liegen oder sich sogar einem ähnlichen Quell bedienen. Bei dem, was ich bisher sehen konnte, kam mir dies nicht ganz so vor, doch dürfte ich längst noch nicht alles gesehen haben. Doch natürlich regt diese Erwähnung auch den Geist an und lässt mich fragen, inwieweit es wirklich Gemeinsamkeiten und in wieweit Unterschiede gibt."

Er blickte wieder zu diesen Zeichen.
"Vielleicht ist diese Thematik eine, die uns auch in diversen Fragestellungen Gemeinsamkeiten, wie auch Unterschiede erkennen lässt."

Er wirkte nachdenklich, fast wie in einer eigenen Welt. Die Finger der rechten Hand ans Kinn gelegt und abwesend wirkend etwas über den gut geschnittenen Bart fahrend.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ich habe unlängst mit einem anderen über eben genau dies gesprochen”, antwortete Giada, vielleicht überraschenderweise für Galeno. “Ich will dies Euch erläutern, doch will ich Euch hier gelehrte Bedachtsamkeit und Vorsicht anraten, denn es handelt sich um eine Art Modellvorstellung, eine Theorie, welche auch leicht umgeworfen werden könnte. Doch derlei mag uns dienlich sein, unseren Verstand zu schulen, unser Wissen zu prüfen und unser Verständnis zu erweitern.”

Die Lasombra legte ihre Hände ineinander und sammelte sich wohl, um ihre Erinnerungen an das zurückliegende Gespräch wachzurufen.

“Von einer Theorie der Sphären war da die Rede. Vereinfacht gesprochen davon, dass es das Reich dieser stofflichen Welt gäbe, in der das Leben auch verankert ist. Die Seelen der Menschen sind hier mit ihren Körpern verflochten. Mit dem Tode aber lösten sich die Seelen von dem sterbenden Fleisch, welches als Teil dieser Welt und Sphäre in ihr bleibt.”

“Die nächste Sphäre sei die des Totenreiches, durch welches die Seelen zögen. Vielleicht, um dort zu verharren, wenigstens für eine Weile. Für unsereins ist dies schwer zu sagen und liegt wohl eher in der Sphäre Eures Clans, dies zu erforschen? Denn wir sind an jener Schwelle zum Totenreich verblieben. Unser Leib ist nicht gestorben, um zu verrotten, sondern er bleibt erhalten und stemmt sich gegen den gewöhnlichen Lauf dieser Welt und ihrer Zeit. Unsere Seele hat die Schwelle zum Totenreich nicht überschritten, auch wenn sie wohl an dessen Grenze ging.”

“Dieser Theorie der Sphären folgend aber gäbe es etwas weiteres hinter dem Totenreich. Vielleicht streben dem letztendlich die Seelen zu, wenn sie nach und nach ihre Lasten ablegen. Es könnte wohl eine Art fortgesetzter Entropie sein, hinter der Schwelle des Lebens und so ohne einen Zufluss von weiterem - demnach folgend ein Zustand der Auflösung. Dies will ich nicht wertend aussprechen, dass es nicht als schlecht gelte, sondern allein als Beschreibung eines sich weiter fortsetzenden Zerfalls.”

“Denn was mein Gesprächspartner vermutete, war, dass hinter der Sphäre des Totenreiches eine Sphäre dessen läge, was Anathema zu unserer greifbaren Lebenswelt sei. Und dies sei, so wäre die Vermutung, die Sphäre welche mit den Kräften meines Blutes verbunden sei.”

Giada sah Galeno wachsam an, studierte seine Gesichtszüge während ihrer kühlen Rede. “Ich selbst habe mich seither mit dem Gedanken umgetrieben, wie und wo Gottes Hand in diesen Dingen ist. Wäre die Ordnung solcher Sphären sein Wirken? Oder ist sein Wirken die Existenz der greifbaren Welt, die Ordnung des Lebens und Sterbens und wie sich in dieser Sphäre alles fügt? Wären demnach die anderen Sphären gottlos? Wäre jene letzte Sphäre eben diese Finsternis aus der Genesis, in welche hinein Gott es Licht werden ließ und Seine Schöpfung fügte? Dies ist, was mich nicht ruhen lässt.”

“Doch Eure Frage geht in eine andere Richtung. Sie spricht von der Schwelle jener zweiten Sphäre zur dritten, wenn wir dieses Modell annehmen wollen.”
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Nubis
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Nubis »

Nachdenklich verfolgte er Giadas Ausführungen zu verschiedenen Sphären und was dort wohl liegen möge. Seine Gedanken kreisten mit den Worten und er sagte nichts, nickte nicht einmal oder gab irgendwelche Laute von sich, die ein Mensch bei einer normalen Konversation ausstossen würde, nur um seinem Gegenüber zu signalisieren, dass er noch zuhören würde.

Auch eine Weile, nachdem Giada geendet hatte, verblieb er in dieser Haltung, nachdenklich... Als müsse er auch eigene Erfahrungen damit abgleichen.

"Mh, also wie eine Zwiebel...meint ihr. Dies ist durchaus ein interessanter Versuch, sich derartiges vorzustellen. Nach dieser Theorie gibt es keine Vermischung und irgendetwas sorgt dafür, dass diese auch nicht geschieht. Denn sonst würden wahrscheinlich mehr...seltsame Dinge auch den Menschen auffallen. Eine Zwiebel besitzt eine feine Haut zwischen jeder Schicht, die eine Schutzfunktion aufweist. Sie sorgt dafür, dass der obere Teil zwar verderben kann, der untere aber unter Umständen noch heil bleibt. Verbinden wir das mit der Theorie, wäre es möglich, dass solch ein Schutz vielleicht auch vorhanden ist und dieser dafür sorgt, dass diese Welten getrennt bleiben. Ausser jemand durchbricht den Schutz, zum Beispiel durch Blutkräfte."

Wieder strich er sich einen Moment lang über seinen Bart.

"Es macht Sinn, auch wenn es sicherlich eine von vielen Sichtweisen sein dürfte. Doch eure Frage zu Gott...meint ihr nicht, dass Gott die Welt so geschaffen hat, wie sie ist? Und wenn es diese Sphären tatsächlich so in der Form gibt, dass er nicht auch diese geschaffen hat? Ich vertrete die Meinung, dass es für alles einen Spiegel geben muss, oder Gott eine Art Gleichgewicht geschaffen hat. Gut und Böse, Licht und Dunkel, Leben und Tod, Mann und Frau, Feuer und Wasser, Jäger und Beute...Krieg und Frieden oder Herrscher und Diener...Vielleicht die Sphären der Welt als Gegenpole zu der uns bekannten Ebene?"

Wieder setzte er ab, dachte abermals nach.

"Ich weiss nicht, ob ihr dies vertiefen wollt und inwieweit dies dann irgendwann an den Grenzen der Geheimnisse unseres jeweiligen Blutes zerrt, doch wie nehmt ihr dazu Verbindung auf?"
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ah, wäre die Welt eben so wie Gott sie einst schuf, so wäre sie ein Paradies”, gab Giada zurück. Es war eine alte Frage und sie hatte so viele Argumente und Gegenargumente, nicht wenige davon ketzerisch in den Ohren der Priester der Tagwelt, welche um die Nacht nicht wussten.
“Doch so, wie sie heute ist, ist diese Welt nicht beim Ursprung ihrer Schöpfung”, argumentierte Giada bedächtig. “Viele Kleriker lehren nun, dass dies das Werk des Teufels sei, welcher durch seine Versuchung vom Sündenfall an den gerechten, guten Fortgang in der Welt störe. Und je länger die Zeit und Zeitalter voranschreiten, desto größer wird die Anzahl seiner Versuchungen und desto größer auch die Anzahl der jener, die in der Versuchung fallen. Dieser Lehre nach ist es die nicht endende Aufgabe aller Christenmenschen, jene Versuchung und das Werk des Teufels zu bekämpfen wo man ihnen auch begegnet.”

“Doch innerhalb jener Theorie der Sphären wäre dies alles innerhalb der einen Sphäre, der dieser Welt und der Schöpfung. Die Finsternis aber, von welcher ich in der dritten Sphäre sprach, war vor der Schöpfung selbst, denn so ist es in der Bibel geschrieben.”

Giada faltete die Hände vor dem Bauch ineinander. Diese Dinge bewegten sie in der Tat und sie war durchaus froh darum, die Gedanken eines anderen, gelehrten Geistes dazu zu hören.

“Die Verbindung, welche ich zur Dritten Sphäre, wenn wir dies für den Moment dieses Gesprächs so nennen wollen, spüre, ist eine, welche mir im Blute liegt. Ich kann dies schwerlich anders beschreiben und ich kann nicht abschätzen, ob Ihr etwas vergleichbares kennen könnt. Ich weiß, mit unverrückbarer Klarheit, dass diese Welt in der Ihr und ich stehen, nur ein dünnes und zerbrechliches Konstrukt ist. Ich weiß, dass diese Wirklichkeit und Wahrheit, in der die Sterblichen und allzu oft auch wir uns während unserer gesamten Existenz wie in Sicherheit wiegen, nichts als eine fahle Illusion ist. Wir sind in ihr gefangen, weil unsere Körper ein Teil von ihr sind, fleischlich, stofflich, vergänglich - wenn auch für unsereins in dem Moment an der Schwelle des Todes angehalten. Unser Verständnis von Form und Farbe, Tiefe und Höhe, Zeit und Gegenwart ist allesamt ein Teil eben dieser gefügten Ordnung Gottes, welche einen Beginn in der Genesis hat und welche dareinst auch wieder ein Ende haben wird. Doch davor und danach, darunter und allumher wartet die Finsternis.”

“Erkenntnisse wie diese können einen einfachen Verstand zerbrechen und in den Wahnsinn treiben. Doch einen Verstand wie den unseren können sie schärfen so wie ein harter Wetzstein eine Klinge schärft. Sagt mir, wie ist dies für Euch? Könnt Ihr dies, war wir gerade als die zweite Sphäre zu beschreiben versuchten, klarer erkennen? Eine Verbindung spüren?”
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Nubis
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Nubis »

"Das Problem der heiligen Schrift und ihrer Überlieferung ist diese, dass sie von Menschenhand geschrieben und weiter gereicht wird. Deren Inhalt ist, was die Kleriker lehren und predigen. Jene, die vorgeben ihr zu folgen, mögen dies zu einem gewissen Teil auch wahrlich, doch nicht jeder hat sie in sich verinnerlicht oder verstanden. Als ich nach Genua kam, wurde mir dies bewusst vor Augen geführt. Und meine Erfahrung sagt mir...der Mensch und all seine Worte und Schriften sind fehlerhaft. Ich glaube an Gott und dass er die Welt schuf, doch ich glaube nicht an den gesamten Inhalt jenen Buches oder gar den Predigern in Kirchenhäusern. Lieber würde ich selbst in die vergangenen Zeiten blicken wollen, um wahrlich zu erfahren und zu begreifen, was der menschliche Verstand nicht begreifen kann. Was Gott wirklich schuf und was vor ihm war. Denn genauso gut könnte Gott auch Ursprung allen sein. Auch des Bösen, um uns wahrlich prüfen zu können....also eben auch Schöpfer all eurer Sphären."

Er zuckte wieder mit den Schultern.
"Dies allerdings zu ergründen...ein schweres Unterfangen und selbst mit der uns gegebenen Ewigkeit, sofern wir tatsächlich ewig währen, ein Wissen, dass so unerreichbar wirkt."

"Ich denke übrigens nicht, dass wir hier in dieser Welt gefangen sind. Ich kenne eure Erfahrungen bisher nicht, doch kann ich euch mit Gewissheit sagen, dass man an Knochen, Blut und Körper nicht gebunden sein muss. Ob man allerdings auch die Sphären dadurch durchschreiten kann, ist mir noch ein Rätsel. Allerdings eines, das ich zu ergründen versuche."

Er seufzte. "Meine Verbindung zu dem Reich des Todes, sollte ich es so nennen wollen, ist ebenfalls durchs Blut gegeben und sehr vielseitig. Ich besitze keinen direkten Blick auf dieses Reich, sollte es denn so existieren, doch denke ich, dass unter anderem meine Visionen damit zusammen hängen und einige meiner Kräfte direkt damit in Verbindung stehen oder gar etwas davon herausziehen können. Unsere Bindung dazu ist sogar so stark, dass sie sich in unserem Äusseren zeigt...viel deutlicher, als bei anderen Kainskindern."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1061] Das Mysterium der Zeichen [Giada, Galeno]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Es war dünnes, dünnes Eis, auf welches sich Galeno mit solchen Worten über die Bibel begab - dies ließ sich an der Miene der Lasombra ablesen. Und wer sie oder gar ihre Erzeugerin kannte, der mochte auch ahnen, was für ein Schlangennest an Disputen, an Argumenten, an Schwierigkeiten es war, das Galeno jetzt mit seinen Worten aufbrach.

Giada war jedoch zugleich eine Gelehrte und auch wenn seine Worte über die Heilige Schrift gewiss zu bestreiten waren, musste sie sich nicht um des Prinzips selbst willen ereifern.

“Ich gebe Euch recht darin, dass ein Mensch fehlbar ist in seinen Worten und Taten”, sagte sie. “Auch davon legt die Bibel Zeugnis ab, beginnend mit dem Sündenfall, in unzähligen Fortsetzungen, nicht zuletzt dem Fluch auf Babel, den Geschehnissen in Sodom und Gomorrha, der Sintflut und ihrem Urgrund, den Verlockungen des Goldenen Kalbs.”

“Doch wenn Ihr den Worten der Heiligen Schrift schon nicht trauen wollt, so bleibt das Grundprinzip, welches ich beschrieb. Wagt eine Denkart, dass es das Prinzip des Seins gibt, die Schöpfung Gottes mitsamt ihrer Endlichkeit und dem Makel des Verführers und damit einem Fortlauf des Makelbehafteten.”

“Wenn Ihr dieses Prinzip des Seins und Daseins, der Welt um uns her, des Stofflichen, Vergänglichen, Lebendigen und Sterblichen, des Vergänglichen akzeptiert, so müsst Ihr gleichsam auch ihr Gegenteil erkennen: Des Unendlichen, des vollständem dem Leben und Dasein Fremden. Was Gottes Wort vom ersten Licht in der Finsternis sagt, sind eben diese Prinzipien.”

Gewiss hatte Galeno noch weit mehr gesagt als das, doch eines musste eben nach dem anderen gehen.
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