[1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

[November '21]
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Brimir
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Brimir »

Die minimale Regung der jungen Kainitin enttäuschte Brimir. Er hatte sich mehr erhofft. Mehr Furcht, mehr Überraschung, mehr Anfeindung… irgendwas. Und während sie sich vor ihm verneigte, entschied Brimir für sich, dass sie es nicht wert war, sich weiter daran zu stören. Im Grunde war die junge Ventrue nur eine geringe Beute… wie sie alle Beute in den Augen eines erfahreneren Jägers waren.

Dann jedoch stellte sie sich selber vor. Das war der Moment, in dem ihr Wert als Beute stieg. Aurores Kind. Welch freudige Überraschung. Und zugleich auch nicht. Brimir erfasste kurz den Prinzen an seiner Seite mit den Augen. Hatte er es gewusst? Würde er den Gangrel als Preis für den Frieden hier an einen Welpen verschachern? Unwahrscheinlich, wusste Luitprand sehr wohl um die Gefahr, die momentan über ihnen Allen schwebte. Vielleicht war es auch nur ein Scherz des königlichen Anchilla und die Beiden würden im Nachgang darüber gemeinsam lachen. Brimir hatte nicht sonderlich viel Zeit darüber nachzudenken. Das Protokoll bot dafür keinen Platz, aber er musste auf Alles vorbereitet sein.

Den Holzvogel begutachtete der Gangrel und nickte anerkennend dem Prinzen zu, dann dem Gast. Was er über dieses Geschenk dachte, war jedoch nicht zu erkennen.

Das Folgende ließ Brimir kurz schnaufen und fast währe ihm ein „natürlich nicht“ über die Lippen gekommen, als Iulia offenbarte, dass sie keine Handlungsmacht hatte. Als würde Aurore auch nur ein Funken der Macht aus den Händen geben, die sie noch in Genua hatte, nachdem erst Mailand und dann Lydiadas sie immer mehr auf den Boden der Tatsachen gedrückt hatten. Als hätte sie es jemals getan oder anders gehandhabt. Klar… sie hatte Ämter vergeben, aber meist nur die Verantwortung abgedrückt und nur mit den Kompetenzen ausgestattet, die absolut notwendig waren. Warum sollte das jetzt anders sein?

So lauschte Brimir erst den Worten des Prinzen zu Ende und wirkte auch zufrieden damit, dass diese die Blutjagd als Erstes thematisierte.

„Es wäre in der Tat ziemlich bedauerlich, sollte ein Liktor ihrer Majestät, der falschen Annahme unterliegen eine Jagd auf mich überleben zu können… oder ich präventiv zuschlagen müssen, um sicherzustellen, dass meine Aufgaben in Votori nicht gefährdet wären. Ich habe keinen Streit mit den Vasallen und Gästen Genuas, aber sollten sie mich weiter jagen… ich werde nicht so gnädig sein, wie in jeder Nacht, als ihre Mäjestät ihren Schwur mir gegenüber brach, die Jagd auf mich ausrief und ich diejenigen, die mich vernichten wollten überdauern ließ.“

Brimir ließ eine kurze Pause, seine Körpersprache jedoch machte klar, dass er noch nicht fertig war.

„Ebenso… hege ich keinen Groll gegen deinen Prinzen. Ich verstehe, dass ihre Majestät unter Druck stand… Lydiadas mich loswerden wollte… und Aurore seiner ‚Bitte‘ sicher nachkommen musste. Jedoch kann ich euch versichern, dass ich niemals mit Absicht gegen meinen Schwur ihr gegenüber handelte… Es war das Blutsband zu Acacia, dass Lydiadas gegen mich nutzte… um mich gegen Aurore zu stellen. Aber nun bin ich frei… frei von Acacia… frei von Lydiadas… frei von Genua…“

Er nickte bei den letzten Worten dem hiesigen Prinzen zu, um ganz deutlich zu machen, wem seine Loyalität nun gehörte. Dann erfüllte der Blutvogt auch den Wunsch seines Prinzen und erläuterte etwas mehr zu dem ‚Fall‘, den Liutprand ansprach.

„Und so kann ich mich endlich vollumfänglich der Gefahr stellen, die uns Alle bedroht: Die Baali. Sie treiben ihr Unwesen im ganzen Norden von Italien. Sie morden unsere Art… fressen ihre Seelen… vernichten, was sie nicht bekehren können. Ihr Blut ist verflucht… und damit meine ich nicht den Fluch, der uns alle betrifft. Die Baali waren schon in Genua aktiv… und ich war so nahe dran sie aufzuspüren, bevor ich vertrieben wurde. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie hinter den Aufhetzungen der Menschen stecken… bei denen so viele Kainiten ihr Leben verloren haben. Haben die Liktoren Genuas dazu schon etwas rausgefunden? Oder waren sie so… erfolgreich, wie immer?“
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Iulia Cornelia
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Ventrue hörte ihrem älteren Clansbruder sichtlich aufmerksam zu, sich auf das konzentrierend was er sagte, aber vor allem auch dessen was er nicht sagte. Auf das Abschlachten hin senkte sich ihr Blick für einen Moment leicht und als der Prinz schließlich geendet hatte, schwieg Iulia im ersten Moment beherrscht, anstatt impulsiv und vorschnell zu antworten. Stattdessen wanderten ihre blaugrauen Augen etwas höher auf den einstmaligen Vasallen ihres Erzeugers, dessen Nicken zuvor sie mit einer höflichen Verneigung quittiert hatte. Offenbar hatte sie, auch wenn der Ancilla in ihrer Heimat zur Blutjagd ausgerufen war, kein sonderlich gesteigertes Interesse daran, diesem ins Wort zu fallen. Trotz, oder gerade wegen allem, schien Iulia auch ihm nicht weniger Aufmerksamkeit und Gehör zu schenken als dem Prinzen. Ihre blaugrauen Augen verblieben dabei weiterhin respektvoll auf seine Brust gesenkt, auch wenn sie diese auf seine ersten Worte für die Dauer eines Herzschlags sichtlich demütig, geradezu unterwürfig tiefer geschlagen hatte, war die junge Neugeborene sich offenkundig durchaus im Klaren darüber, wie ein Präventivschlag des Blutvogts wohl auch aussehen könnte, bevor ihr Blick langsam und gefasster auf seine Brust zurückgefunden hatte, während manches von dem was er sagte, ihr offenbar bereits bewusst war, denn sie nickte stumm auf den Blutsband hin oder auch die Baali, die er als Gefahr für sie alle genannt hatte.

Nach Brimirs letzten Worten sah Iulia auf den Boden vor dem Prinzen zurück und als Beide geendet hatten, geduldete sie sich kurz, ob er oder auch der Gangrel noch etwas ihrerseits ergänzen mochten. Das Geschenk der jüngeren Ventrue aus feinem Olivenholz, welches in der Hand des Prinzen lag, umschmeichelte diese angenehm, ähnlich wie die ruhige und warme Stimme der Harpyie, die es einem leicht machte, ihr gerne zuzuhören, als sie höflich sprach: „So ihr gestattet, höchst verehrter Prinz, würde ich gerne eurem verehrten Blutvogt antworten dürfen, sowie Aurore eure Hoffnung auf den Verzicht des Anspruchs auf Votori und die Blutjagd auf euren Bluvogt übermitteln, doch zuvor möchte ich mein aufrichtiges Bedauern, mein tiefstes Mitgefühl und meine ehrliche Anteilnahme bezüglich der Ermordung eures Kindes ausdrücken dürfen, von welcher ich erst kurz vor meiner Abreise nach Savona erfuhr.“ Ihre feingliedrigen Hände wanderten nach oben und legten sich flach übereinander auf die Stelle, wo ihr eigenes Herz lag, als sie sich tief vor ihm verneigte. Demütig verblieb sie in jener Haltung für einen Moment, bevor sie sich erneut aufrichtete und mit ernster Stimme bestätigte: „Seid versichert, höchst verehrter Prinz, ihr seid in eurer Verärgerung hierüber nicht allein. Es ist und war eine verachtenswerte Tat, die nicht nur als ein Akt gegen euch, sondern gegen den Clan Ventrue als solches gesehen, und gemeinsam gerächt werden sollte, sobald die Zeit dafür reif ist.“ Ihre nach unten sinken gelassene Hand hatte dabei zart in seine Richtung gedeutet, bevor sie sie auf sich geführt hatte, ihre Verbundenheit zeigend und sanft unterstreichend, bevor sie noch einmal verbal verdeutlichend sprach: „Nicht nur hätte ich heute so womöglich die große Freude und Ehre gehabt, euer Kind kennenzulernen, nein, auch die Situation zwischen Savona und Genua, sowie die Herrschaftsverhältnisse in Genua wären nun sicher andere, so euer Kind mit dem Nachschub durchgekommen wäre und Aurore müsste nicht ihren Thron teilen mit einem süditalienischen...“ Iulia machte eine kurze Sprechpause, als sie offenkundig kurz nach freundlicheren Worten suchte und sich schließlich entschied es zu umschiffen, indem sie es nicht weiter ausführte, sondern abschloss mit: Lasombra.“
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Il Canzoniere
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Er grinste als sie das letzte Wort aussprach und nickte zustimmend. "Natürlich sind die Lasombra das Problem. In ganz Italien sind sie das Problem. Fragt doch in Neapel, Volterra oder in Verona unser Verwandten dreier weiterer unserer Linien. Alle werden das gleiche sagen: Die Kappadozianer sollte man im Auge behalten. Aber die Lasombra...sind ein Problem." er beugte sich leicht vor, hielt inne und warf noch einmal einen Blick auf das Geschenk, legte es vorsichtig zur Seite und wandte sich erst dann wieder an Aurores Botschafterin.

"Und natürlich haben die Lasombra mein Kind ermordet damit Aurore ihre Unabhängigkeit verlor, womit wir technisch auf der selben Seite stehen. Ich frage mich nun jedoch: wieso nur technisch? Wieso wird auf Rache gewartet bis die Zeit reif ist? Das Problem wächst doch oder? Aus Sicht der See ist Aurore ein wackeliger Prinz mit viel Eigensinn. Sie verkaufen ihr also die Unabhängigkeit der See als Umfeld in dem sie ihre Berechtigung hat. Und gleichzeitig stoßen sie eine Siedlungspolitik an die Aurores Untertanen nach und nach gegen solche austauscht die aus der See entstammen. Sizilianer. Kalabrier. Sarden. Nicht auf einmal, aber Zeit ist keine besonders teure Ressource, wenn man lediglich warten muss. Was wird wohl passieren wenn jene Neugeborenen die Mehrheit stellen? Oder tun sie das schon? Ich schätze es wird den üblichen Lauf der Dinge nehmen. Einige von ihnen werden versuchen den Status eines Ancillas zu erreichen. Und bestehende Ancilla abzusägen. Welche aktuell noch Aurores Machtbasis darstellen. Und dann wird man Aurore selbst ersetzen. Weil sie ein wackliger Prinz mit viel Eigensinn ist." so wie er sie ansprach, war Iulia sicher das er es ihr erklärte, nicht Aurore. Er schien davon auszugehen das Aurore über diese Dinge offenbar bereits Bescheid wissen würde. Und falls nicht, würde Iulia es sicherlich weitertragen.

"Genua wäre nicht die erste Domäne der es so ergeht und wird auch nicht die letzte bleiben. Aber es gibt Mittel sich zu wehren. Zeugungsrechte für Loyalisten. Zulassung von Verfehlten auf Bußschaft. Konfliktvermeidung mit Nachbardomänen. Söldner. Hexerei. Die Lasombra unterstützten die Voivodenschaften im Omenkrieg mit Material, Nachschub und Waffen. Die Hexer, gegen die sie Krieg führen, wären hier ohne natürliche Verbündete. Erlaubt man ihnen die Nachschubrouten der Tzimisce zu stören, sind sie sicher zu allem bereit. Auch Aurore kann auf Zeit spielen. Der Krieg in Iberien bündelt immer mehr Ressourcen der See. Barbastro war ein Desaster für sie.

Schafft die See nicht durch ihre Siedlungspolitik die Domäne weitläufig zu unterwandern, müssen sie Aurore akzeptieren. Vor allem ihre Wünsche. Und ihre Probleme. Und ich sagte ja bereits, wer ein Problem ist."
er grinste erneut, als ob er sich über seinen eigenen Witz amüsieren würde, dann blickte er zu Brimir hinüber und wurde langsam wieder ernst.

"Brimir hat recht. Ein drängendes Problem sind die Baali. Und diese auszurotten, darauf können sich Tedesci, die See und vermutlich sogar Mailand einigen denke ich, wenn auch auf sonst so wenig. Daher bitte ich Aurore erneut die Blutjagd auf Brimir aufzuheben. Er weiß wie kein zweiter um ihre Machenschaften in Norditalien. Und deswegen versuchen sie ihn seit Jahren auf dem langen Arm ermorden zu lassen. Eine Blutjagd auf ihn die in halb Norditalien durchgesetzt wird schränkt seine Bewegungsfreiheit ein und schafft Rückzugsräume für eben jene. Wir setzen das tedescische Netzwerk ein um sie aufzuspüren und zu vernichten. Können sogar Erfolge vermelden. Aber all das bringt uns wenig, wenn sie auf eurem Territorium mit dem brüten anfangen." ein wenig nachdenklicher blickte er Iulia erneut an und wieder zurück zu seinem Blutvogt.
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Brimir
Gangrel
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Brimir »

Der Nordmann lauschte den Worten der beiden Ventrue, aber ganz besonders denen des Prinzen, dem er ganz offensichtlich ehrlichen Respekt zollte. So wie Aurore einst... vor seinem Exil. Aber daran wurde gearbeitet - hier und jetzt... und an anderer Stelle. Außerdem wäre der Gangrel nicht Jäger, wenn er sich von Reviergrenzen aufhalten lassen würde. Das eigene Überleben stand über Allem und so würde er jeden der es versuchen würde vernichten. Aber der Prinz hatte natürlich recht: Die Blutjagd war ein Problem, dass dem Nordmann trotz Allem Steine in den Weg legte.

Mit einem Grinsen stieg Brimir in den Witz des Älteren ein. "Meine Unterstützung gegen die See habt ihr, meine Majestät..." Damit wendete er sich Iulia zu. "... und sie wäre auch deinem Prinzen sicher. Ich schulde Lydiadas ohnehin... noch eine Jagd." Bei dem letzten Satz wurde sein eigenes Grinsen nur noch wölfischer.

Dann deutete er mit den krallenähnlichen Fingerspitzen einladend auf den Gast.

"Aber sprich, Aroredottir. Ich würde gerne hören, was du mir zu sagen hast..."
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Iulia Cornelia
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die junge Ventrue hatte mit einer gleichbleibenden Höflichkeit ihrem bedeutend älteren Blutsverwandten weiterhin aufmerksam zugehört, als dieser nähergekommen war und ihr erklärt hatte, wie er ihren Erzeuger sah. Iulia war von der eher unerwarteten Nähe, welche der Prinz dabei zu ihr aufgebaut hatte, nicht zurückgewichen oder gar zurückgeschreckt, noch wirkte sie sonderlich überrascht ob dessen Sichtweise. Womöglich verstand sie sie in gewisser Weise sogar. Zumindest aber wirkte sie im ersten Augenblick nicht sonderlich verärgert darüber. Womöglich besaß sie aber auch schlicht ein eher selbstbeherrschtes Gemüt.

So war es wenig verwunderlich, dass ihr demütig gesenkter Blick wenig später schräg seitlich an dem Thron vorbei auf die Brust des Blutvogts der Domäne Savonas gefolgt war. Gerade als der Gangrel anschließend sprach. Nachdem sie von ihm aufgefordert wurde, wanderte ihr Blick jedoch noch einmal kurz prüfend zur Seite des Prinzen, so dass sie diesem nicht ins Wort fallen würde, sollte er selbst sprechen wollen.

So dem nicht so war, blickte sie zurück auf die Höhe von Brimirs Brust, bevor sie an diesen gewandt mit einer angenehmen und respektzollenden Stimme zu sprechen begann: „Ich danke euch, dass ihr gewillt seid mich anzuhören, verehrter Blutvogt.“ Offenbar erachtete die Neugeborene dies nicht als blanke Selbstverständlichkeit, wirkte der Dank der Harpyie zumindest aufrichtig. Dennoch machte es nicht den Eindruck, als würde sie ausschließlich an den Gangrel sprechen, sondern weiterhin indirekt auch mit an den Prinzen der Domäne.

„Ich darf euch berichten, dass die Domäne Genua derzeit nur über einen einzigen Liktor verfügt in Persona des ersten Liktors Liutprand, Neugeborener vom Blut der Könige.“, erklärte die Harpyie, bevor sie hier eine kurze Sprechpause machte, in der sie aus den Augenwinkeln heraus und mit weiterhin gesenktem Blick dezent mit in Richtung des Prinzen sah, offenbar seine Reaktion auf ihre Worte flüchtig verfolgend oder aber auch, um diesem höflich eine weitere Information zukommen zu lassen, wohin denn ihre Verwandtschaft wohl zuzuordnen wäre, als sie zu verstehen gab: „Einem Nachfahren aus der Linie Mithras, dem Herrn der Sonne, Ahnherr vom Blut der Könige.“

Während sie dem Prinzen diskret die Zeit ließ darüber nachzudenken, was dies wohl für seine eigenen Pläne bedeuten mochte, ins Besondere in Hinblick auf die zuvor prognostizierte Vernichtung eines Liktors durch seinen Blutvogt auf genuesischem Grund und Boden, war ihr Fokus weitestgehend auf eben diesen zurück gewandert, als sie mitteilte: „Der erste Liktor geht, soweit ich dies beurteilen kann, seinen Pflichten gewissenhaft nach. Da es in der Vergangenheit jedoch nicht nur eine, sondern vielmehr einige, Aufhetzungen gab, wäre ich euch verbunden, so ihr Ort und Zeit des Vorfalls konkretisieren wollen würdet, um euch hierüber mehr berichten zu können.“

Die Ventrue machte eine stilistische Pause, bevor sie höflich hinzufügte: „Das heißt, so ihr denn ein tatsächliches Interesse an einem Austausch von Informationen hättet. Und eure Frage nicht vielmehr zynisch zu verstehen gewesen wäre, ob dem vermehrten Ausscheiden, Verschwinden, degradiert oder gar vernichtet werden von Liktoren.“ Offenbar war sich die Harpyie durchaus selbst bewusst, dass gerade dieses Amt eine regelmäßig schwindende Ressource in Genua zu sein schien, was die Nachforschungen sicher nicht erleichterte.

Dennoch verblieb ihre Art weiterhin derart freundlich und unaufgeregt, während sie respektvoll zu dem in Genua zur Blutjagd ausgerufenen sprach, dass die Frage nach einem möglichen Spott durch den ehemaligen Blutvogt Genuas, ihre Frage nach dem Interesse an einem Austausch von Informationen dezent in den Vordergrund zog, ohne dies jedoch weiter zu betonen oder gar erzwingen zu wollen. Offenbar wusste sie selbst gut genug, auf was für einem dünnen Grat sie damit zwischen Loyalität und Verrat tanzen mochte.

„Was derweil die Baali anbelangt, so darf ich sowohl euch, höchst verehrter Prinz.“, sprach sie an den Herrscher gewandt, bevor ihre blaugrauen Augen zurück zu Brimir fanden und sie diesen weiter mit einbezog: „Wie auch euch, verehrter Blutvogt.“ Sie machte zwischen beidem eine kurze Sprechpause, bevor sie an die Älteren gerichtet fortfuhr: „Versichern, dass mein Erzeuger der Prinz Genuas weiterhin jeden Baali hinrichten lässt. Ich bin mir entsprechend sicher, dass er kein Brüten dieser auf seinem Gebiet duldet oder auch dulden wird.“ Die Ventrue schwieg für einen Moment, um den ernst ihrer Worte nachwirken zu lassen.

Dann fanden ihre blaugrauen Augen gesenkt zurück auf den Gangrel, während sie dennoch an beide weiterzusprechen schien. „Allerdings bin auch ich mir im Klaren darüber, dass gerade die Blutjagd auf den verehrten Brimir ein überaus leidiges Thema ist, und ich wünschte hier mehr vermitteln zu können.“, fuhr sie deutlich milder fort, bevor sie verdeutlichte: „Doch ist dies vorwiegend eine Sache zwischen dem Prinzen Genuas und dem verehrten Brimir.“ Ihre blaugrauen Augen wanderten unaufgeregt in einer leicht diagonalen Bewegung kurz zwischen den beiden Ancillae hin und her.

Dann fand ihr Blick jedoch erneut demütig zu Boden gesenkt vor den Prinzen zurück. „Ich möchte jedoch auch eure Bitte nicht außer Acht lassen, höchst verehrter Prinz, und alsbald ich nach Genua zurückgekehrt bin, beim Prinzen der Domäne um eine Audienz ersuchen, um mich zu erkundigen, inwieweit oder auch unter welchen Bedingungen eine vollständige oder aber zumindest zeitweilige Aufhebung der Blutjagd denkbar wäre.“, legte sie durchaus zur Kooperation bereit, ihre weiteren Schritte pflichtbewusst und höflich gegenüber dem Machthaber, aber auch dessen Blutvogt, offen.

„Was derweil die Kappadozianer anbelangt, so kann ich euch berichten, dass auf diese in Genua gerade hinsichtlich des Vorfalls in Burgus, ein verstärkter Blick geworfen wurde. Insbesondere auf eine gewisse Sofia Caruso, Neugeborene vom Clan des Todes, Kind des Stephanus Fontana, Ancilla vom Clan des Todes, Ammiraglio seiner Majestät Calistus von Pisa. Sie wurde in Starre dorthin zurückgeschickt, sowie alle bekannten Beteiligten hart bestraft, nachdem der Prinz die Putschisten geschlagen hatte.“, berichtete die Ventrue gegenüber ihrem Clansbruder mit demütig gesenktem Haupt.

Um nach einem weiteren kurzen Moment des Schweigens, dem Prinzen Savonas höflich mitzuteilen: „Was dagegen die Lasombra anbelangt, so mag vieles von dem was ihr heute auch hinsichtlich der See der Schatten sagtet, durchaus denkbare Entwicklungen sein. Als Vasall des Prinzens Aurore von Genua stehe ich dennoch hinter und zu dessen Entscheidungen.“ Die Gewissheit, die in ihrer angenehm warmen Stimme bei ihren nachfolgenden Worten mitschwang, wie auch ihre aufrechte Körperhaltung legte nahe, dass sie an diesen keinerlei Zweifel hegte oder, so doch, sehr sicher diskret dafür sorgen würde, dass ihr Erzeuger im Anschluss im Bilde sein würde, als sie abschließend diplomatisch zu verstehen gab: „Ich bin jedoch zuversichtlich, mein Lehnsherr ist sich über die Risiken und Probleme, aber auch die damit verbundenen Möglichkeiten und Lösungen sehr bewusst.“
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Brimir
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Brimir »

Brimir lauschte Iulia's Worten tatsächlich bis zum Ende ohne sie wirklich zu unterbrechen. Nur ab und an gab er ein abfälliges Schnaufen von sich. Das erste Mal direkt zu Beginn bei der Offenbarung, dass es nur einen einzigen Liktor in Genua gab. Wie sehr diese doch zur Lachnummer degradiert waren. Das zweite Schnaufen war fast schon ein leises Auflachen, als es um die Baali ging und, dass diese in Genua hingerichtet wurden. Den Rest nahm er, mit einem Nicken, als Information auf und schien diese Aussagen mit seinen Berichten abzugleichen, ehe er sanft den Kopf schüttelte.

"Nein... meine Aussage bezüglich der Liktoren, war tatsächlich genau so zynisch gemeint, wie du sie aufgefasst hast."

Eine kurze Pause seinerseits folgte, wobei der Nordmann das erste Mal den Blick wirklich von der Ventrue nahm und aus dem Fenster hinaus schaute. Es vergingen einige Sekunden, ehe er wieder zurück blickte.

"Was aber nicht bedeutet, dass ich einem Informationsaustausch abgeneigt bin. Doch dazu gleich mehr."

Sein Blick wanderte von Iulias Kinn - direkt in die Augen blickte der Gangrel der Ventrue nicht - zu deren Schultern und er rieb sich nachdenklich das Kinn.

"Mehrere Aufhetzungen? Ich meine jene bei denen Acacia vernichtet wurden... vor meinem... Exil."

Schließlich widmete er sich doch dem wohl wichtigsten - zumindest von den verbal Ausgesprochenen - Thema des Abends.

"Soweit mir bekannt hat der Prinz Genuas nach meiner Abreise... nicht einen einzigen Baali gerichtet. Davon zu sprechen, dass dein Prinz es Weiterhin tut ist also de facto... falsch. Nicht, dass es keine Baali mehr in Genua gibt, die man hinrichten könnte. Genua findet sie nur genauso wenig, wie Genua mich vernichten konnte, als die Blutjagd ausgerufen wurde. Ich weiß von mindestens einem Baali... und dieser... brütet... mitten in Genua. Wäre ich kein Jäger... würde ich mich hier hin setzen... und dabei zu sehen, wie diese Brut Stück für Stück die ganze Domäne auseinander nimmt, die mich verstoßen hat... mich vernichtet sehen will."

Brimir seufzte schwer - selbst das klang jedoch wie ein Knurren.

"Aber Rache bedeutet dem Jäger Nichts. Nur die Beute zählt. Also kann ich dir sagen, dass wir hier in Savonna durchaus Erfolge vorzuweisen haben. Meinem Prinzen und mir ist es geglückt einige Baali zu vernichten, bevor sie weiteren Schaden anrichten können. Wie ich schon sagte: Rache bedeutet mir Nichts... aber zu überleben... sehr wohl. Wenn Genua also einen offenen und ehrlichen Informationsaustausch mit mir wünscht... reicht eine zeitweilige Aufhebung der Blutjagd nicht aus. Und zeitgleich braucht Genua die Informationen und meine Hilfe, um die Baali zu vernichten."
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Iulia Cornelia
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Harpyie hatte die Zustimmung zum Informationsaustausch oder auch die Worte, dass Brimir hierzu gleich mehr eingehen wollte, mit einem stummen, aber höflichen Nicken quittiert. Offenkundig war sie diesbezüglich nicht in Eile. Und auch wenn sie seinen durchdringenden Blick auf der ebenso zarten wie auch empfindsamen Stelle ihrer unbedeckten sowie ungeschützten Haut förmlich spüren mochte, machte sie weiterhin keinerlei Anstalten ihre eigenen blaugrauen Augen auch nur einen Fingerbreit über die Brust des Gangrels hinweg erheben zu wollen. Zu tief wog offenbar der Respekt vor dem Älteren, einerlei der auf ihn ausgerufenen Blutjagd.

Auf seine letzte Aussage hin, schwieg die Ventrue für einen Moment, in dem sie zu überlegen schien. Auch blickte sie in Richtung des Prinzen, ob dieser sich nicht an der Unterhaltung mit seinem Blutvogt störte, geschweige denn schlimmer noch langweilte, oder gar selbst etwas sagen wollte. Als dieser die Beiden jedoch weiter miteinander sprechen ließ, wandte sich die Harpyie Genuas an Brimir zurück, als sie diesem zu verstehen gab: „Was das Verbleichen von Acacia della Velanera anbelangt, so wurde der Fall vor kurzem erneut aufgegriffen. Er wird derzeit vom ersten Liktor behandelt, nachdem Benjamin, ein Getreuer von Lydiadas, den Fall erneut aufbrachte und thematisierte.“ Was Iulia selbst davon halten mochte, die ohnehin raren Kapazitäten damit zu verbrauchen, war schwer zu sagen, verblieb sie dahingehend weitestgehend neutral.

„Bisher gab es jedoch keinerlei Hinweise, die auf die Beteiligung der Baali hingedeutet hätten. Stattdessen erhärtete sich der Verdacht hinsichtlich Sterblichen, die um unsere Existenz wussten und unsere Art gezielt vernichten. Sozusagen Kainitenjäger, die sich offenbar in den wütenden Mob gemischt und diesen weiter aufgewiegelt haben sollen. Jene standen angeblich in Verbindung mit der Egelgruppierung der Melissiden, welche der Seneschall und die Seinen nach den Nächten zu großen Teilen, wenn nicht sogar vollständig, ausgerottet hatten. Acacia selbst soll, während ihre Flucht die dunklen Kräfte ihres Blutes beschworen und mit diesen die Hälfte ihrer Verfolger vernichtet haben, bevor sie letztlich von diesen erschlagen wurde.“, berichtete die Ventrue.

Sie machte eine kurze Sprechpause und endete: „Ein abschließendes Ermittlungsergebnis hinsichtlich dem Verbleichen Acacias oder auch der Identität der Jäger steht allerdings noch immer aus. So ihr mir jedoch eine Kontaktmöglichkeit nennen möchtet, würde ich euch hinsichtlich neuer Erkenntnisse auf dem Laufenden halten.“ Anscheinend hatte die Harpyie wenig Skrupel selbst mit einem Blutgejagten Geschäfte zu machen, noch schien sie an dessen baldige Vernichtung zu glauben. Oder aber es war nur eine geschickte Falle, denn die Ventrue zögerte und sprach erst weiter, nachdem sie noch einmal kurz in Richtung des Prinzen gesehen hatte. Womöglich wollte sie auch nur die Zeit und Gastfreundschaft des Herrschers nicht überstrapazieren.

„Was hingegen die Aufhebung der Blutjagd anbelangt.“, begann sie schließlich höflich, als sie vorsichtig das delikatere Thema anging und andeutete: „So denke ich ist uns allen bewusst, dass dies keine einfache Angelegenheit ist. Oder auch sein wird. Auch wenn ihr sicherlich nicht gänzlich unrecht damit haben mögt, so ihr annehmt, dass Genua Informationen brauche oder auch eure Hilfe.“ Ihre Hände beschrieben eine sanft öffnende Geste, als sie ihre unbewaffneten Handinnenflächen zeigte und erneut bekräftigte: „Wie ich bereits versichert habe, werde ich das Gespräch mit dem Prinzen der Domäne Genua nach meiner Rückkehr suchen. Die letztliche Entscheidung hierüber, liegt wie ihr sicher versteht, jedoch nicht in meinen Händen.“
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Il Canzoniere
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Il Canzoniere »

Der Prinz folgte dem Wortaustausch mit schweigender Miene, sein Blick ging hin und her und er nahm jede ihm dargebotene Information mit ausdrucksloser Miene und dann und wann einem Blinzeln auf. Dann richtete er sich in seinem Sitz auf und legte den Kopf schief.

"In Ordnung. Ich schlage vor wir treten das nächste mal in Verhandlungen. Sobald ihr Aurore alles ausgerichtet habt. Vielleicht in Votori? In ein paar Jahren? Zehn vielleicht? Dann hat sie Zeit alles zu überdenken und das ganze mit ihren Bündnisgenossen abzusprechen, wenn sie möchte." verlegte er den ernsten Teil der Angelegenheit in die Zukunft.

Langsam wandte er sich dann an Brimir: "Du hattest noch etwas für sie?" Dabei wurde nicht ganz klar wen er mit "sie" genau meinen würde.

Auf einen Ruf Brimirs hin eilte kurz darauf ein Diener herein, trug offenbar eine Art Schnitzerei, die man sich als Dekoration in die Burg stellen könnte: Ein Wolfskopf - offenbar aus Zitronenholz - der ein Szepter in die Pfote gereicht bekam. Als der Diener näherkam, um es Iulia zu überreichen, nahm sie ein leichtes Aroma von Blut wahr. Eine Botschaft.
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Brimir »

"Wenn du mich kontaktieren willst, kann dies über den Hof passieren. Ich nehme an du verstehst, wenn ich dir nicht meine Zuflucht nenne. Ich habe nur ungern einen Assamiten in meinem Heim." Brimir lächelte sein Raubtierlächeln und blickte die Ventrue direkt an - ohne ihr in die Augen zu sehn.

"Gerne nehme ich die Informationen zu ihrem Vernichtung. Je nachdem... muss ich mich bei jemanden für das Abnehmen der Kette bedanken. Ihre Vernichtung hat mich klar sehen lassen, in welche Lage sie mich brachte." In seiner Stimme klang Verachtung für Acacia mit - wie schnell sich das Blatt doch wenden vermag.

Dann lauschte er dem Prinzen und bellte einen Befehl.

Das Geschenk war in einer Kiste. Es entpuppte sich nicht nur als Wolfskopf, sondern als ganzer Wolf, der ein Szepter gereicht bekam. Brimir starrte den Diener an, als würde er ihn jeden Moment fressen. Die Bewegung mit der er die Kiste nahm überdeckte die Hast, mit der er instinktiv zugreifen wollte. Jemand in diesem Raum würde einen ziemlich schlechten Abend haben.

Die Kiste wurde zugeklappt. Vorher konnte Iulia noch sehen, dass das Szepter offensichtlich aus einem anderen Holz geschnitzt war.

"Wir haben uns überlegt, dass auch wir dieses Treffen nicht ohne ein Geschenk für die höchst verehrte Aurore ausklingen lassen möchten. Ich habe darauf hin dies für sie gefertigt. Sei so gut und überbringe deiner Erzeugerin unser Geschenk."
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Re: [1063] Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit [Iulia, (SL)]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Es war ein feines und unaufgeregt wirkendes Lächeln, welches die Ventrue dem Gangrel erwidert hatte, hinsichtlich seiner Zuflucht und dem Assamiten. Sie wirkte nicht im Geringsten enttäuscht, noch herausfordernd, sondern hatte stattdessen sittsam ihr Haupt und ihren Körper vor dem Blutvogt und dessen Entscheidung verneigt. Offenkundig war dies für die Harpyie Genuas durchaus akzeptabel, auch wenn ihr Blick höflich prüfend auf den Prinzen der Domäne übergewandert war, der wohl dahingehend das letzte Wort zu haben schien.

Eine weitere demütige Verneigung der Ventrue erfolgte wenig später auf die Worte des Prinzen von Savona hin stumm und respektvoll tief in einer ruhigen und weiterhin unaufgeregten Bewegung. Die Jüngere leistete dem Älteren keinerlei Widerspruch, noch kommentierte sie seine rhetorisch anmutenden Fragen verbal weiter. Offenbar war ihr durchaus bewusst, dass jene Begegnung in Votori, wohl in der einen, oder auch der anderen Form, stattfinden würde. Die Entscheidung über das ob, war entsprechend nicht die ihre, auch wenn sie das wie mit ihrem Lehnsherrn letztlich tragen sollte, welchem sie nach ihrer Rückkehr diese diskret in die Hände gelegt hatte. Gemeinsam mit all dem, was die Harpyie sonst in Savona gehört, gesehen und erfahren hatte. Ihren Pflichten dabei treu ergeben und redlich nachkommend.

Nachdem Iulia sich erneut aufgerichtet hatte, folgten ihre blaugrauen Augen interessiert zu Brimir über. Aus den Augenwinkeln heraus konnte sie den Inhalt der Kiste kurz erblicken.* Selbst den Geruch des Blutes daran schien sie entfernt wahrzunehmen, als sie ob der plötzlichen Hast des Gangrels, kurz eingeatmet hatte. Doch schwieg die Harpyie höflich, ob dem was sie womöglich gesehen oder nicht gesehen hatte. Stattdessen verneigte sich die zum Boten Auserkorene mit einer andächtigen Verneigung vor dem Blutvogt. „Ich danke euch für das in mich gesetzte Vertrauen und werde mein Möglichstes tun, um euer Geschenk mit der erforderlichen Diskretion meinem Erzeuger zukommen zu lassen.“, versicherte die Ventrue.

Erst danach wanderte ihr Blick vollständig auf das inzwischen geschlossene Geschenk in den Händen des Gangrels über. Offenkundig hatte sie keinerlei Diener dabei, noch schien sie über eine angemessene Möglichkeit des Transports zu verfügen. Dennoch war die Ventrue anscheinend nicht nur gut erzogen, sondern auch durch eine lösungsorientierte Natur geprägt, als sie mit ihren feingliedrigen langen Fingern, das seidene Tuch über ihrem Haupt geschickt abgenommen hatte, nur um es im Anschluss über ihre marmorfarbenen Hände zu platzieren, so dass Brimir die Kiste darauf ablegen konnte, oder sie diese von ihm entgegennehmen, ohne dass dabei eine unsittliche Berührung entstanden wäre. Ihre Bewegungen selbst wirkten dabei ruhig und hatten einen beinahe zeremoniell wirkenden Charakter inne, während sie sich im Anschluss den Vorlieben des Blutvogts hinsichtlich der Übergabe duldsam fügen würde.

Die langen Haare, die derweil unter dem einstigen Weiß auf ihrem Haupt zum Vorschein gekommen waren, waren ungleich denen ihres Erzeugers von heller Natur. Sie waren locker, aber sorgsam eingeflochten und mit silbernen Kämmchen fixiert worden, die kleine weiße Perlen als Zierde trugen. Auch wenn sie nicht annähernd so schön war wie ihr Erzeuger, so haftete doch auch ihr jenes statuenhafte derer aus Alexandres Sippe an. Iulia war ganz ohne Zweifel, eine außergewöhnlich schöne Erscheinung und nachdem sie das Geschenk entgegengenommen hatte, schlug sie dieses in einer sorgsamen Ruhe in das Tuch ein.

Fast wirkte es so, als wollte sie es damit nicht nur vor womöglich neugierigen Blicken schützen, sondern auch vor jedweder Form der Veränderung. Offenbar schien dem jungen Kainiten durchaus bewusst zu sein, dass alles daran von Bedeutung sein mochte, selbst die Kiste die den Inhalt hielt, weshalb sie bemüht schien jene Nachricht, welche offenkundig bereits weit vor ihrer Begegnung in der heutigen Nacht festgestanden war, möglichst unverändert und unbeschadet an den Prinzen Genuas zu überbringen. Entsprechend achtsam und sicher fand es seinen Platz an ihre Seite unter den grauen Umhang verborgen, bevor ihre blaugrauen Augen und ihre Aufmerksamkeit auf die beiden Ancilla zurückgewandert war.

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*Wahrnehmung + Aufmerksamkeit: 3 Erfolge
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