[1067] Schwarze See [Arash, Giada]

[März '22]
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Giada Salvaza Rossi
Lasombra
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Registriert: Mo 14. Jun 2021, 21:34

Re: [1067] Schwarze See [Arash, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada krallt sich an der Reling fest und sucht die Meeresoberfläche nach Arash ab. Ihre Hände reißen Splitter aus der Reling. Er taucht nicht auf! Eine Bewegung hinter ihr - sie wirbelt herum, schlägt zu, der Mast knirscht und bricht. Doch von Arash keine Spur. Nur Wellen und Wind im Segel. Das Segel! Es spannt sich durch den nun schrägen Mast, flattert und lockt. Sie reißt die Seile herunter, reißt das Segel herunter, reißt alles herunter!
Zeit fliegt, schwarze Wolken, schwarzer Himmel, schwarze See. Niemand ist hier außer ihr, alle sind geflohen. Sie hetzt von einem Ende des kleinen Bootes zum anderen, fällt beinahe, krallt sich in Holz und Netze, Takelage und Riemen.



Es dauerte Stunden. Irgendwann brachte das kalte Auf und Ab der Wellen, die schwarze Leere eine Art von Ruhe. Der ewige Druck des Hungers blieb, doch der Zorn kühlte ab zu dem schwelenden Funken Glut, der sich unter dem Gleichmaß von Nacht zu Nacht begraben ließ.

Doch mit der Klarheit kam auch die nüchterne Erkenntnis davon, was sie angerichtet hatte. Das Boot lag in Trümmern. Arash war fort. Hatte sie ihn umgebracht? Nein, da war kein Blut, nicht an ihr, nicht auf ihrer Zunge. Die Ungewissheit nagte an ihr. Sie hatte die Kontrolle verloren und nun saß sie auf einem sinkenden Haufen Brennholz. Sank das Boot wirklich? Wasser war hereingeschwappt, wo der Mast das Boot in Schieflage geworfen hatte, aber zum Glück war nichts tatsächlich geborsten und der Mast hatte das Boot nicht umgerissen. Sie wuchtete seine gebrochenen Reste über Bord, schlug mit einem der Haumesser die verhedderte Takelage los und es sah aus als könnte das Boot zumindest den kommenden Tag überstehen. In der Ferne wurde der Himmel bereits grauer, die Zeit ging aus. Giada verfluchte sich selbst, verfluchte den Gangrel, verfluchte die Sonne und die ganze Welt. Sie warf den Anker aus und musste hoffen, nicht einfach von der Küste abgetrieben zu werden.

Am Ende musste sie in das stinkende Bilgewasser klettern. Es gab einen schmalen Laderaum für die paar kleinen Deckplanken. Hier unten lag sonst der Fang und es stank nach verrottendem Fang, totem Fisch, Algen und faulem Wasser. Sie hatte jedoch keine Wahl, zog ein paar Fetzen des Segels um sich her und kroch in den schmalen Zwischenraum.



Das nächste Erwachen kam mit dem Geräusch von Wellen auf Strand, wispernde Gischt und Brandung. Wo war sie? Für einen Moment kämpfe sie gegen die Panik des engen Raums, umschlungen von nassem Segeltuch, in stinkender Enge. Dann stürzten die Bilder auf sie ein, das Boot, die Fahrt, Arash, der Nervenkitzel des Moments, Rausch und Raserei.
Grollend brach sie sich ihren Weg aus dem Lagerraum frei. Das Holz war verquollen und verkantet, doch die Luke hatte sich gelöst.

Sie stand an einem nachtdunklen, felsigen Strand. Ihr war die Kontrolle vollständig entglitten, das Ankertau gerissen. Das Boot hätte kentern können, abtreiben, hätte von irgendwem bei Tage aufgebracht werden können. Glück. Sie hatte Glück gehabt. Nicht Fähigkeit, nicht Wissen, nicht Können oder Macht. Pures Glück, die Laune der See.

In blankem Zorn schleuderte sie noch ein paar Trümmer des Bootes von sich. Doch Zorn half nicht. Klagen half nicht. Blut würde helfen, Orientierung würde helfen, ein Weg zurück zur Stadt würde helfen. Giada war keine verweichlichte, verzogene Närrin, die hier draußen völlig hilflos sein musste. Ihre Herren hätten derlei Schwächlichkeiten niemals geduldet.
Sie packte ein Haumesser, das sonst als Werkzeug auf dem Schiff gedient hatte, trennte Segeltuch als einen Mantel ab und ließ das Boot hinter sich. Wellen und Wind würden die wenigen Spuren, die sie zwischen Felsen und Gesträuch hier machte, sicher bald verwischen.

Jetzt blieb nur die Jagd.



Mit dem gemeinsamen Handel als Anlass treffen sich Giada und Arash erneut. Der Gangrel lädt die Lasombra auf sein Fischerboot ein, mit dem die beiden in See stechen. Auf See und beim eindringlichen Gespräch kommen sich die beiden näher. Beide spielen mit der Verwischung der Grenzen von Kontrolle und Macht, sowohl in Worten als auch körperlich. Ein Kuss - doch der Bogen wird überspannt und Giada stürzt in zornige Raserei. Das Handgemenge ist kurz und brutal - Arash springt letztlich flink von Bord, Giada bleibt in frustrierter Raserei mit leeren Händen zurück. Da sie das eigene Boot beinahe kaputtgeschlagen hat, verdankt sie es wohl nur der Laune der See, dass sie auf dem Boot übertragen und in der nächsten Nacht an der Küste wieder an Land gehen kann.
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