[1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

[Januar '22]
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada ging vor Angelique in die Hocke, um trotz ihrer eigenen Körpergröße doch ungefähr auf Augenhöhe mit der Malkavianerin zu sein. Anders als so mancher Neugeborene scheute sie den direkten Augenkontakt nicht sondern sie suchte ihn.

“Wollt Ihr mir dies versprechen? Ich weiß nur Bruchstücke dessen, was Euch widerfuhr, was Ferruccio tat oder was die Belange des Ketzers sein mögen. Doch ich sehe die Auswirkungen dessen, was voran ging: Den doppelten Eidbruch der Weißen Prinzessin, die Ernennung und das Wirken Ferrucios in dieser Domäne, die Blutstaufe von Iulia Cornelia und die Riten, die dem nachgefolgt sein sollen.”

Wenn Angelique dies zuließ, dann griff Giada sogar nach ihren Händen.
“Und ich sehe Euch. Ihr gehört mit in diese Bewegungen, auch wenn ich nicht klar erkennen kann, wie. Vielleicht könnt Ihr es?”
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Angelique
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Angelique »

Das Mädchen erschrak und senkte scheu den Blick. Ein leichtes Zittern ging durch die kühlen Händchen.

Es war lange her, dass Angelique von einer Vampirin berührt worden war.
Man musste kein Meister der Verführungskünste sein, um zu merken, dass bei aller Durchtriebenheit einer Untoten sapphische Gelüste ein Schwachpunkt der in sittlicher Unreife in die Nacht geholten kleinen Blutsaugerin waren.

Die sonst so wortgewandte Angelique stammelte nur: "Ich, äh, ja, ich würde es versprechen."

Sie wirkte fast süß und unschuldig, wie sie sich zierte und doch nach der Berührung der scheinbar Älteren verzehrte.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Vielleicht irre ich mich. Vielleicht wird es nie dazu kommen. Doch ich fürchte es.” Giada flüsterte die Worte leise, obwohl niemand sonst im Raum war. Es war eine merkwürdige Szene, bizarr in dem Verlangen Angeliques, bizarr auch durch das der Lasombra: Giada hob eine ihrer Hände an wie um Angelique die Haare zurecht zu streichen so wie eine Mutter es bei ihrer kleinen Tochter vielleicht getan hätte. Mitten in der Geste hielt sie jedoch an, von sich selbst ertappt.

“Ich will Euch etwas sagen und etwas fragen, etwas, das ein Teil Eurer Geschichte ist und Eures Blutes, doch auch ein Teil meiner Geschichte und meines Blutes. Ich wünschte, ich hätte es hier niemals erfahren. Und ich glaube, dass Benjamin bereits einiges von diesen Dingen ahnt, doch ich konnte nicht einschätzen, wieviel ich ihm sagen kann, ob ihm zu trauen ist.”
Jetzt vollendete sie ihre Geste doch, strich ein paar feine Haarsträhnen aus Angeliques Gesicht. Die letzten Worte klangen seltsam milde: “Oder Euch.”
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Angelique
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Angelique »

Angelique schlug die Augen nieder und antwortete sehr leise:
"Das ist wahrscheinlich weise. Ich traue mir selbst nicht einmal. Wie könnte ich verlangen, dass jemand anderes mir vertraut?
Ich kann nur sagen, dass ich niemals einen Eid vor GOtt brechen würde, wenn ich ihn im vollen Bewusstsein gegeben habe."

Die kindliche Vampirin genoss die sanfte Berührung einer ihrer eigenen Art sichtlich. Ein unbewusstes Verlangen, von Seinesgleichen gemocht zu werden, war ein Schwachpunkt der Untoten, seit Kain einst den Fehler begangen hatte, aus Einsamkeit Gefährten in die Nacht zu holen.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada rang mit sich und das auch sichtlich. Es konnte fast wie Sorge anmuten: die Sorge einer Mutter um eine geliebte Tochter, vielleicht? Sie war eine harte Frau, aber welche Mutter, welche Matrone eines Hauses, musste das nicht auch immer sein?

“Dann will ich es vorsichtig versuchen”, antwortete sie leise. Und dann flüsterte sie, obwohl sie beide in dem Raum alleine waren. “Ihr, mit Eurer Sehergabe, wart es, die seinerzeit den Weg zur Herrin Aurore fand, nicht wahr? Als sie wehrlos und schutzlos war. Als ein einfacher Handstreich ihr Schicksal hätte beenden können.”
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Angelique
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Angelique »

Angelique nickte nur.

Sie schwieg eine Weile. Schließlich sagte sie:
"Das hätte mich fast vernichtet. Und das genau war der Plan gewesen. Ich sollte vernichtet werden und Aurore damit in den Bann des Häretikers geraten.

Aber wenn ich sehe, welche Position Ferrucio bei Hofe hat und auch ich an ihrer Seite stehe, gab es wohl auch einen Ausweichplan, wenn das klappen nicht würde.

Ich mag die Zukunft sehen, aber komme nicht gegen die Erfahrung und Geduld wirklich alter und hundert Züge vorausdenkender Ahnen an."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Nein, das glaube ich nicht”, flüsterte Giada. Sie hatte sich ein wenig vorgebeugt. Von außen könnte es fast so wirken als wollte sie Angelique wie eine Mutter tröstend in die Arme nehmen. Noch zögerte sie.
“Ich weiß, wie dies ist, dies Gehen wie an unsichtbaren Fäden gehalten, die in den Händen und nach dem Willen der Alten gewoben sind.”

Wenn Angelique nicht zurückschrak, dann tat sie es nun wirklich und nahm die kleine Kainitin in die Arme. Der Stoff ihrer schweren Kleider raschelte leise und ihr toter Körper war ebenso kalt wie der Angeliques.
“Er wird Euch sehen wie seinen verlängerten Arm, einen Splitter seiner Macht, einen Tropfen seines Blutes im Ozean der Macht.”

“Nein, Eure Sehergabe kommt von ihm, seinem Blut. Er hat Euch benutzt, doch nicht, um Euch zu zerbrechen, zu vernichten oder zu verschwenden. Er hat Euch benutzt, um zu zeigen, dass diese Aurore von Genua von jenem Moment an nur noch dank seiner Hand, dank seiner Gnade, dank seiner Vorhersehung und seiner Macht herrscht. Und ja, weil Ihr Euch doch sträubt und vielleicht ein Teil von Euch in jener Nacht doch zerbrach, muss sich seine unsichtbare Hand nun anderweitig in Genua zeigen.”
Giada presste ihre Lippen aufeinander. “Ich weiß nicht, ob ich Euch für dies Sträuben bewundern oder für Eure dunkle Furcht, dass Euer eigenes Blut Euch töten wollte, mit Euch trauern soll. Doch vielleicht kann ich Euch diese Furcht jetzt nehmen? Ihr wart sein Bote, nicht sein Opfer.”
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Angelique
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Angelique »

Angeligue wollte den Zauber des Moments nicht zerstören und erwiderte nichts zu den Worten der scheinbar Älteren.
Hatte sie selbst einstmals auch so ein blindes Vertrauen in die Weisheit der Älteren besessen?
Es half nicht gerade, dass Giada sprach, als wisse sie sehr genau, was der Häretiker plante oder geplant hatte.

Ihre gesunde Paranoia ließ die kleine Malkavianerin hellhörig werden.
Nicht schon wieder Intrigen um die Macht in der Nacht Genuas!

Sie ignorierte das einfach und genoss die Nähe der schönen Untoten, deren kühle Haut wie ihre eigene die Temperatur der umgebenen warmen Nacht angenommen hatte.
Seufzend schmiegte sie den lockigen Kopf an den Busen der Schönen und träumte von vergangenen Nächten in den Armen Sousannas, als der Hauch sapphischer Symposien der Antike noch eine nahe Erinnerung gewesen war.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Hätte Angelique ihre Gedanken ausgesprochen, Giada hätte ihr vielleicht sagen können, dass das Schachern und Ringen um Macht in Genua und allen Städten und Ländern dieser Welt niemals endet. Doch wahrscheinlich musste sie das ohnehin nicht.
Sie hielt Angelique in den Armen so wie eine Mutter das verlorene Kind hielt. Ihre Sehnsucht war eine andere als die der kleinen Malkavianerin, ihre Erinnerungen waren andere und sie ließen den schmalen, kleinen Körper in ihren Armen fast lebendig erscheinen.

“Keine solche Furcht mehr”, flüsterte sie. Der Tonfall war beruhigend als wären ihre Worte nichts als eine süße, kleine Nichtigkeit, die man einem Kind zum Einschlafen sagt, gegen all die Monster und Drachen, die in den Traumgespinsten unter seinem Bett lauern.
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Angelique
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Re: [1065] Woher und wohin [Angelique, Giada]

Beitrag von Angelique »

Die Worte und die mütterliche Geborgenheit hatten einen überraschenden Effekt.

Die kleine Malkavianerin entspannte sich völlig. Ja, sie schloss sogar ihre Augen. Diese Augen, die nie blinzelten, und starrend alle Details aufsaugten.

Die zärtliche Fürsorge schien Balsam für ein ewiges Kind zu sein, das immer erwachsen sein musste und immer auf der Hut, umgeben von viel stärkeren und teuflischeren Monstern als sie selbst.
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