[1065] Schreiben und Latein lernen [Angelique, Vergonzo]

[Januar '22]
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Vergonzo Faro
Nosferatu
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Re: [1065] Schreiben und Latein lernen [Angelique, Vergonzo]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Der Nosferatu nahm sich soviel Zeit in den letzten Jahren um von Angelique Latein lesen und schreiben zu lernen, wie es ihm neben all den anderen wichtigen Aufgaben, möglich war.
So langsam näherte sich das Ende der Lektionen, jedoch würde der Nosferatu vielleicht in ein bis zwei Jahrzehnten, dieses Wissen und Können vertiefen wollen.
Seine Gelehrte stellte ihm abschließend folgende Aufgaben.

Übersetze den Text und beantworte mir folgende Zusatzfragen:
Etenim iam diū, patrēs cōnscrīptī, in hīs perīculīs coniūrātiōnis īnsidiīsque versāmur,
sed nesciō quō pactō omnium scelerum ac veteris furōris et audāciae mātūritās in
nostrī cōnsulātūs tempus ērūpit. Nunc sī ex tantō latrociniō iste ūnus tollētur, […]
perīculum autem residēbit et erit īnclusum penitus in vēnīs atque in visceribus rēī
pūblicae.


1.) Stammformen von tollere?
2.) Welche Art Konditionalgefüge?
3.) Um welches Ereignis geht es hier?
4.) Wer redet und woran kann man das sehen?
5.) Wann war Cicero Konsul?

Lösung:
Denn schon lange, Senatoren, halten wir uns in diesen Gefahren und in den
Nachstellungen/ Fallen der Verschwörung auf, aber irgendwie ist der Höhepunkt aller
Verbrechen und des alten Wahnsinns und der Dreistigkeit während / innerhalb der Zeit (Akk.
der Dauer) unseres Konsulats hervorgebrochen. Wenn jetzt aus einer so großen Räuberbande
dieser eine da beseitigt werden wird, wird dennoch / aber eine Gefahr zurückbleiben und wird
tief in den Adern und Eingeweiden des Staates eingeschlossen sein (oder: wird tief
eingeschlossen worden sein).


1.) tollo, sustuli, sublatum;
2.) Realis mit Futur;
3.) Catilinarische Verschwörung;
4.) Cicero: consulatus nostri; 5.) 63 v.Chr.
Diese Aufgabe wiederholte sich um das Wissen durch Wiederholung zu verfestigen:
Sallust bringt Beispiele der Verdorbenheit Catilinas:
Iam prīmum adulēscēns Catilīna multa nefanda stupra fēcerat, cum virgine nōbilī,
cum sacerdōte Vestae, alia huiusce modī contrā iūs fāsque. Postrēmō captus amōre
Aurēliae Orestillae est, quoius praeter formam nihil umquam bonus laudāvit. Quod ea
nūbere illī dubitābat timēns prīvīgnum, crēditur necātō fīliō vacuam domum scelestīs
nūptiīs fēcisse.


1.) Sprachliche Besonderheit des Autors?
2.) Was wird Catilina vorgeworfen?
3.) Erläutere den Genitiv Aureliae Orestillae!

Lösung:
Schon zum ersten Mal als junger Mann (freier: in der Jugend) hatte Catilina viel
abscheuliche Unzucht (Pl.) begangen mit einer adligen Jungfrau, mit einer Priesterin der
Vesta und anderes dieser Art gegen menschliches und göttliches Recht. Schließlich wurde er
von der Liebe zu Aurēliae Orestillae gepackt, außer deren Schönheit nichts jemals ein guter Mensch gelobthat. Weil diese Bedenken trug, jenen zu heiraten, weil sie den Stiefsohn fürchtete (oder: den Stiefsohn fürchtend; aus Furcht vor dem Stiefsohn), glaubt man, daß er durch die Ermordung ihres Sohnes (oder: nachdem der Sohn ermordet worden war) das Haus für die frevelhafte Hochzeit frei gemacht hat / habe.


1.) Archaismus: quoius (cuius);
2.) Unzucht; Mord;
3.) Genitivus Objectivus.
Um einen Schritt tiefer gehen und intensiver in die Materie vorzustoßen, folgte neben der Aufgabe der Übersetzung auch die Aufgabe eine Erklärung und Auseinandersetzung mit den Texten zu liefern:

Seneca schrieb aus seinem Exil an seine Mutter:
Ipse tibi indico me non esse miserum. Adiciam,
quo securior sis, ne fieri quidem me posse
miserum.


Übersetzung:
Ich selbst erkläre dir: Ich bin nicht unglücklich.
Und damit du umso sicherer bist, füge ich hinzu:
Ich kann gar nicht unglücklich werden.


Ovid schrieb auf dem Weg ins Exil folgende Verse:
Cum subit illius tristissima noctis imago,
qua mihi supremum tempus in urbe fuit,
cum repeto noctem, qua tot mihi cara reliqui,
labitur ex oculis nunc quoque gutta meis.


Übersetzung:
Tritt mir von jener Nacht das traurige Bild vor die
Augen, welche als letzte mir schien in der römischen
Stadt, ruf´ ich die Nacht mir zurück, da ich vieles mir
Liebe verlassen, gleitet noch jetzt eine Trän´ mir aus dem
Auge herab.

Antwort:
Seneca und Ovid äußern sich sehr unterschiedlich über ihr Exil. Während Seneca beteuert, dass ihm
die Umstände nichts anhaben (…me non esse miserum - Ich bin nicht unglücklich.), beklagt sich Ovid
und bringt sein Unglück zum Ausdruck (tristissima … imago - das traurige Bild, gutta - eine Träne).
Während Seneca sich seiner stoischen Überzeugung entsprechend unberührt zeigt (…ne fieri quidem
me posse miserum - Ich kann gar nicht unglücklich werden.), sehnt sich Ovid nach Rom zurück (in
urbe - in der römischen Stadt; …tot mihi cara reliqui – …ich vieles mir Liebe verlassen).
Über die verschiedenen Lebenseinstellungen von Seneca und Ovid sprechen Lehrerin und Schüler dann. Dazu erklärt Angelique dem Nosferatu:
Seneca wurde 41 n. Chr. unter Kaiser Claudius auf Grund einer Hofintrige (man warf ihm Ehebruch
mit Iulia Livilla, der Nichte des Claudius, vor; beider Verbannung geht wohl auf Messalina zurück)
nach Korsika verbannt. Ovid war 8 n. Chr. unter Kaiser Augustus ebenfalls auf Grund einer Hofintrige
(Ovid soll verstrickt gewesen sein in den Ehebruch der Augustusenkelin Iulia) nach Tomi am
Schwarzen Meer verbannt worden.
Ovid fühlte sich zu Unrecht verbannt - er spricht von carmen et error - und haderte bis zu seinem
letzten Lebenstag mit seinem Schicksal. Themen in den im Exil verfassten Tristien und den Epistulae
ex Ponto waren immer wieder die Rom-Sehnsucht, der Kummer um den Verlust der Lieben, die
Hoffnung auf Rückkehr, der Drang nach Rechtfertigung - ein error, kein scelus -, sein Dasein als exul
poeta sowie das verhasste Tomi.
Von Seneca hingegen ist keine Klage-, sondern nur eine Trostschrift an seine Mutter Helvia überliefert,
in der er zwar ebenfalls das Exil in düsteren Farben schildert, seiner Mutter allerdings klar
macht, dass er nicht wahrhaft unglücklich ist und dass sie daher auch ganz nach stoischer Lehre ihren
Schmerz besiegen muss. Die Trauer war ein Affekt, den es mit Hilfe der ratio zu unterdrücken galt.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
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Angelique
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Re: [1065] Schreiben und Latein lernen [Angelique, Vergonzo]

Beitrag von Angelique »

Angelique war höchst zufrieden mit den Mühen Vergonzos. Und natürlich auch mit ihren eigenen Künsten als Lehrerin. Da war sie sehr eitel und liebte es, ihr umfangreiches Wissen weiterzugeben.
Außerdem beeindruckte sie die Verbissenheit des Baumeisters, etwas zu erreichen, wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte.

Und so überschüttete sie ihn mit mündlichen Belobigungen für seinen Fleiß.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
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Vergonzo Faro
Nosferatu
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Re: [1065] Schreiben und Latein lernen [Angelique, Vergonzo]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Somit war nach einigen Jahren die vielleicht erste Lektion im Sinne einer Weiterbildung von vielen noch folgenden beendet.
Angelique war eine geduldige, strenge aber vor allem talentierte Lehrmeisterin, die sich sehr gut darauf verstand ihr Wissen in intelleigenten Lektionen weiter zu geben und zu vermitteln.
Abschließend hatte der Nosferatu Latein, Lesen und Schreiben gelernt.



Zusammenfassung:
Angelique und Vergonzo hatten einen Handel ausgemacht. Hier beglich sie ihren Teil des Handels und lehrte den Nosferatu Latein, Lesen und Schreiben.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
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