[1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

[März '22]
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Wache hörte den Erzählungen des Ghuls wohl zu, doch verblieb sie weiterhin wenig bis kaum gesprächig. Sie erklärte in kurzen Worten, dass die Beschaffung und Zubereitung der Nahrung für die Familie nicht in ihr Aufgabengebiet fallen würde, weshalb sie auch nicht wisse, ob das Fleisch, welches es an Festtagen nebst Wein gab, koscher sei. Offenkundig war er selbst kein Jude, noch lebte er allein. Dennoch trug er keinen Ring an seinen sehnigen Fingern, der auf eine Vermählung hätte hindeuten können. Auch keine sonstigen religiösen Zeichen, wie ein Kreuz oder gar einen Rosenkranz war an seiner Kleidung zu sehen. Sein Gesicht war jedoch von markanten Zügen geprägt und die aufrechte Haltung, mit der er dastand, mochte ebenso gut zu einem Söldner passen, wie auch einem Nachkommen einer noblen altrömischen Linie.

Iulia musterte den Salubri schweigend einen Moment länger, ihren Ellenbogen dabei aufgestützt und mit dem hellen Zeigefinger gedankenverloren über ihre zartroten Lippen streichend, bevor sie ihre Hand leicht senkte und mit respektzollender Stimme gedämpft feststellte: „Ich frage mich, was sie wohl gesehen haben muss.“ Offenkundig war die Ventrue Niemand, die Derartiges als Humbug leichtfertig bei Seite schob, denn sie schien es durchaus ernst zu nehmen und intensiver hierüber nachzudenken. Fast wirkte sie, als wäre sie beinahe besorgt ob des Bildes, bevor sie den Gedanken wohl mit einem sanften Kopfschütteln bei Seite schob, sich zu einem zarten Lächeln zwang, ihre Hände erneut in den Schoss legte und freundlich erklärte: „Und nein, ich erkundigte mich einzig auf Grund der von euch gewählten Vorstellung, denn es ist wie ihr wohl selbst wisst, nicht unbedingt üblich, auf den gesellschaftlichen Rang des Erzeugers zu verzichten. Vor allem nicht so es sich dabei um einen Ahnen handelt.“ Die Harpyie machte erneut eine kurze Sprechpause, bevor sie sich höflich weiter erkundigte: „So ich eure Absichten demnach richtig verstanden habe, gedenkt ihr für längere Zeit in Genua zu verweilen, werter Yishmael?“
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Yishmael Levi
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Yishmael Levi »

Wein zum Fleisch, also schon einmal kein Muslim und auch kein Jude, so viel war klar. Der Mangel an christlicher Symbolik deutete darauf hin dass er wohl auch nicht unbedingt in den Schoß der Kirche. An irgendetwas musste doch auch er glauben. Waren seine 'einigen Jahre' etwa derart viele dass er noch aus Zeiten stammte als das Kreuz nicht so stark verbreitet war in Italien? So viele Fragen... Mehr als er in einer Nacht stellen konnte...

Nun, die Harpie schien doch ziemlichen wert auf Dinge wie Orakel zu legen, immerhin schien es sie sehr zu beschäftigen. Mehr als ihn selbst den es mehr gestöhrt hatte dass er in diesen Bildern vorkam. Die Zukunft zu wissen oblag Adonai, nicht seinen Kindern und auch nicht den Verdammten, darum wollte er selbst nicht zu viel damit zu tun haben. Die Torah machte es sehr deutlich was der Herr von Leuten hielt welche die Zukunft voraus sagten. (Hebräisch)"Niemand von euch darf seinen Sohn oder seine Tochter als Opfer verbrennen, niemand soll wahrsagen, zaubern, Geister beschwören oder Magie treiben." sang er einen passenden Bibel Vers, genau wie früher in der Synagoge und lächelte etwas verlegen als er im Anschluss übersetzte. "Ihr seid so scharfsinnig wie Ihr schön seid." merkte er dann mit einem aufrichtigem Lächeln an. "Ich gedenke in der Tat eine Weile hier zu bleiben und zu lernen, vielleicht kann ich hier auch meinem Volk zu Diensten sein."
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Ventrue neigte ihren Kopf leicht schief, ob des fremdartigen Sing-Sangs ihres Gegenübers. Offenkundig verstand sie seine Worte nicht, dennoch musterte sie scheinbar durchaus interessiert die Art und Weise wie sich seine Lippen, seine Kehle und Brust dabei bewegten. Wie er die Töne und Laute formte, die er dabei von sich gab. „Ihr besitzt eine äußerst angenehme und sehr eindrucksvolle Singstimme.“, gab Iulia das Kompliment ehrlich zurück, nachdem sie ihren Kopf in eine aufrechte Position zurück geführt hatte und seine Aussage mit einem offenen Lächeln begegnet war. „Seht es mir jedoch nach, dass ich mit den Zeilen, die ihr hierbei rezitiert hattet, nicht vertraut bin, noch recht verstehen kann, wie ihr dazu kommen mögt, die Gabe eures Erzeugers zu verdammen?“, erklärte die Ventrue nachdenklich mit einer ruhigen und unaufgeregten Stimmfarbe, bevor sie eine kurze Sprechpause machte, ihre Stirn in zarte Fältchen gelegt hatte und sie sich weiter erkundigte: „Auch erwähntet ihr gerade eben, ihr wollt eurem Volk hier zu Diensten sein? Was genau ist es, was ihr damit meintet, werter Yishmael?“
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Yishmael Levi
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Yishmael Levi »

Der ehemalige Kantor nickte dankbar. Er hatte es wirklich vermisst dieser Tätigkeit nachzugehen. Die Verse und Gebete zu singen war seiner Meinung nach immer noch die schönste Form des Gebets, und es war schön zu wissen dass selbst jetzt da er nicht mehr atmete bestimmte Grundlagen noch flüssig über die Bühne gingen, auch in der Anwesenheit anderer. “Ich war ein Kantor bevor ich in die Nacht geholt wurde. Ich lernte die Torah und führte die Gläubigen ins Gebet. Ich bin mir sicher dass Ihr so etwas auch kennt?“
Offenbar verstand seine Gesprächspartnerin die Feinheiten seiner letzten Aussage nicht ganz, zweifelsohne eine Sache der menschlichen Natur: Man zeigte ihnen ein Wunder und sie staunten, man zeigte ihnen mehrere und sie folgten. Wunder gab es dabei viele, und kleinere hatte er in seinem früheren Leben auch gewirkt, die Zukunft vorher zu sagen war eines der Größeren und die Menschen hielten daran fest. Die Verdammten, welche aus den Menschen hervorgegangen waren stellten da keine Ausnahme dar. “Nicht ich bin es der die Gabe meiner Zeugerin verdammt, das steht mir nicht zu, HaSchem ist es der sie verurteilt. Sie ist eine Goya, für sie gelten andere Regeln, aber ich persönlich will nichts damit zu tun haben.“ erklärte er dann nachsichtig. Und er meinte es ernst: Die Gabe an sich war wirklich beeindruckend, beängstigend aber auch beeindruckend, doch wie so oft hatte die Torah auch hier eine Antwort parat für ihn, denn oft genug führten solche Hellseher zu falschen Göttern. Es war ein Test und er hatte nicht vor zu scheitern!
“Mein Vater war ein Rabbi und ich habe vieles von ihm gelernt, noch dazu habe ich die Gaben meines Blutes. Es gibt immer jemanden der der Heilung oder Rat gebrauchen kann, beides möchte ich bieten.“
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Natürlich.“, erwiderte die Ventrue sanft und doch mit einer Selbstverständlichkeit in ihrer wohlklingenden Stimme, die beinahe fragen mochte, wie man es denn nicht kennen konnte, während ihr Wort von einem leichten Nicken begleitet wurde. Danach hörte sie Yishmael weiter zu, während sich ein erneut nachdenklicher Ausdruck in ihrem Gesicht widerspiegelte. Als er geendet hatte erklärte sie: „Heilung und Rat sind gern gesehen und sicher immer willkommen, auch wenn mir für euch derzeit eine andere Aufgabe vorschwebt, mit der ich euch zum Wohle der Domäne betrauen möchte.“ Ihre Hand beschrieb eine dezent abwinkende Geste, bevor sie zu verstehen gab: „Doch zu dieser offizielleren Angelegenheit später mehr.“

„Momentan möchte ich euch gerne zuerst etwas besser kennenlernen und mir ein Bild über die Beweggründe eures Hierseins machen.“, meinte die Harpyie, bevor sie ergänzte: „Vor allem nachdem ihr offenbar der Weisung eures Erzeugers hierher folgtet, obwohl ihr sie eine Goya nennt und doch persönlich nichts damit zu tun haben wollt?! Eine etwas seltsam wirkende Aussage, findet ihr nicht auch?! Zudem es sich um eine Begrifflichkeit handelt, welche mir in meiner Sprache offengesagt nicht geläufig ist. Könnt ihr mir erklären, was Goya bedeutet?“ Fragend blickte sie auf ihren Gast, bevor sie ergänzte: „Oder auch, um wen es sich bei HaSchem handelt?“ Offenbar war die Harpyie sehr bemüht, sich jene fremden Worte und deren Aussprache genaustens einzuprägen. Beide Begrifflichkeiten wirken für sie jedoch unbekannt.
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Yishmael Levi
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Yishmael Levi »

Damit war zumindest schon einmal abgesegnet dass er als Ratgeber und Heiler fungierte, und Ratgeber war ein sehr offener Begriff. Die weitere Aufgabe interessierte ihn dann doch. Geduldig würde er auf diese Information warten.

“Ich muss gestehen dass meine Aussagen widersprüchlich klingen mögen, doch bitte ich Euch, versetzt Euch in meine Lage: Sie gehört nicht zu meinem Volk, das macht sie zu einer Goya, sie geht einer Kunst nach welche mir verboten ist, darum möchte ich nichts damit zu tun haben. Dennoch ist sie meine Zeugerin und damit das nächste was unsereins als eine Mutter bezeichnen kann und die Torah lehrt uns Vater und Mutter zu ehren.“ erklärte er sich und seufzte schwer. Es warnicht einfach für ihn und er machte keinen Hehl draus.
“HaSchem ist einer der vielen Namen die wir für den Schöpfer von Himmel und Erde verwenden“
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Ventrue betrachtete ihr Gegenüber längere Zeit schweigsam, geradezu nachdenklich, bevor sie sich schließlich interessiert erkundigte: „Ihr erwähntet bereits mehrfach euer Volk, werter Yishmael. Wen seht ihr als Teil eures Volkes an und wen nicht? Und welche anderen Regeln gelten für eine Goya, denn für euch?“
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Yishmael Levi
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Yishmael Levi »

Wer sein Volk war? War das nicht offensichtlich? Nun, scheinbar nicht so offensichtlich wie er erwartet hatte. “Mein Volk? Das sind die zwölf Stämme Israels, das verlorene Haus Israel und das Haus Juda. Wir wurden aus unserer Heimat vertrieben, leben nun im Exil doch wir lassen wir uns davon nicht unterkriegen.“ erklärte er leidenschaftlich und beobachtete seine Gesprächspartnerin. “Unsere Gesetze sind die welche uns Adonai damals am Fuße des Berges Sinai gegeben hat, entschlüsselt und erklärt von unseren besten Schriftgelehrten in Form des Thalmud. Ihr als Goyim müsst Euch nicht an unsere Gesetze halten, es sei dem Ihr wollt Euch uns anschließen, doch für uns sind diese Gesetze ein Bündnis mit dem Schöpfer von Himmel und Erde, welcher uns aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat.“
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Iulia Cornelia
Ventrue
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Ventrue hatte den Worten des Salubri aufmerksam zugehört und ihre Stirn hatte sich kurz in zarte Fältchen gelegt, ob der Erklärung, bevor sie ihn im Anschluss einen Moment schweigend gemustert hatte und schließlich höflich feststellte: „Verstehe. Nun, ich würde wirklich gerne mit euch dieses Thema noch länger betrachten, doch ich fürchte, es würde den zeitlichen Rahmen des heutigen Treffens etwas überspannen.“ Die Hände der Harpyie beschrieben eine beinahe um Entschuldigung suchende Geste, während ihr Lächeln freundlich verblieb und sie charmant weiter erklärte: „Ich weiß jedoch den ersten Eindruck den ihr mir bisher geboten habt zu schätzen und würde euch im Anschluss mit den Gegebenheiten der Domäne vertraut machen wollen.“ Iulia machte eine kurze Sprechpause, bevor sie meinte: „Zuvor würde ich euch jedoch gerne noch fragen, in wie weit ihr bereits von eurem Erzeuger mit der Existenz, oder auch dem Umgang, hinsichtlich der Baali geschult worden seid?“
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Yishmael Levi
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Re: [1067] Woher wir kommen, wohin wir gehen [Iulia, Yishmael]

Beitrag von Yishmael Levi »

Der Salubri lächelte verständnisvoll und nickte. Er wusste wohl als Sohn eines Rabbi durchaus mehr als die meisten anderen Kantoren über solcherlei Sachen, aber alles wusste er nicht, nicht einmal ansatzweise, und sie hatte Recht: Den kleinen Teil an Weisheit den er besaß zu vermitteln würde wirklich den Rahmen des Abends sprengen.
Auf die Frage bezüglich der Baali verzog er angewidert das Gesicht. „Mir sind Geschichten über eine obskure Blutlinie zu Ohren gekommen welche sich in Sündhaftigkeit suhlt wie ein Schwein im Schlamm, sie sollen Wesenheiten verehren welche Christen wie meine Zeugerin ‚Dämonen‘ nennen. Die Wahrheit finden wir in der Weisheit der Torah: Ba‘al ist ein falscher Gott welcher vorallem in Canaan und Babylon aktiv war aber auch in anderen Bereichen Mesopotamiens und Afrikas verehrt wurde und scheinbar von diesen noch wird. Ba‘al ist ein großer Feind meines Volkes und wenn diese Baali ihn verehren sind sie eine Gefahr für mein Volk.“
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