[1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

[Mai '22]
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Vincente Carlos
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[1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Vincente Carlos »

Es war eine warme Nacht, die den Geschmack von Salz in der Luft trug. Vincente lief in der Mitte der Straße und machte hin und wieder einen verspielten Schritt nach links oder rechts, sodass er durch die so entstehende Schlangenlinie für die Wegstrecke deutlich länger brauchte als sonst. Statt sich daran zu stören, machte er lieber noch mal einen Schritt mehr, um den Moment des Weges so lange wie möglich auszukosten.
Er hatte es nicht eilig und genoss es in der Stadt alleine zu sein. Er wusste natürlich, dass er nicht wirklich allein war, niemand war in einer Stadt alleine, wenn diese nicht gerade von Seuche oder Krieg ausgelöscht worden war. Doch um diese Zeit war die Straße zumindest einmal leer und er konnte er selbst sein. Zumindest fast.

Für einen Beobachter würde es aussehen als würde er mit sich selbst tanzen. Es war ein Tanz zu dem nur er die Schritte kannte. Dafür ließ er jeden an dem Lied teilhaben, dass er aus voller Kehle schmetterte. Er traf nicht jeden Ton, dennoch klang es insgesamt nicht schlecht, im Gegenteil. An seiner Stimme würde man sicher keinen Anstoß nehmen, dafür jedoch am Text. Dieser war wüst, voller Andeutungen und Obszönitäten. Ein Schanklied. Ein Lied, bei dem man mit der Hand auf den Tisch schlug und mit den Beinen fest aufstampfte.

Er sog die Luft ein und breitete die Arme aus, als wollte er einen lang vermissten Freund umarmen. Dabei schwappte ihm Alkohol aus der Flasche, die er in der rechten Hand hielt, über den Handrücken. Schnell führte er diesen zum Mund und saugte die Flüssigkeit so gut es ging auf. Es war billiges Zeug, das ihm bereits im Magen brannte. Auch die Männer, mit denen er den frühen Abend verbracht hatte, hatten sich an diesem berauscht. Und Vincente dann an ihnen, ohne dass sie es gemerkt hätten. Jetzt war er satt und guter Dinge.

Er führte die Flasche zum Mund und musste feststellen, dass diese nur noch wenige Tropfen enthielt, die ihm kaum die Zunge benetzten. Er hätte schwören können, dass diese noch einige Schlucke enthalten hatte, offenbar musste er bei seiner Geste mehr verschüttet haben als beabsichtigt.

Kurz hielt er sich die Flasche ans Ohr und schüttelte sie. Er hörte nichts darin schwappen. Enttäuscht warf er sie über die Schulter in eine dunkle Gasse, an der er gerade vorbei gekommen war. Statt des Zerschellens hörte er ein „Aua“ von einer nicht menschlichen Stimme. Das Geräusch ernüchterte ihn, ließ es doch böses erahnen. Langsam drehte er sich um und blickte in die Gasse und zu dem was ihn dort erwartete …
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Arash
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Arash »

Arash strich durch die Straßen in der Nähe des Hafens. Er war allein aber niemand griff ihn in dieser warmen Nacht an. Die meisten verstanden schon durch das Betrachten das er größere Raubtier war. Seine geschmeidigen beinahe lautlosen Bewegungen wurden zwar zu einem gewissen Teil von dem dunkelgrünen Kapuzenumhang verdeckt, aber die Schritte und die Körperhaltung sprachen für sich. Hier war ein Jäger auf der Pirch.

Auch, wenn Arash in dieser Nacht satt war, so dass er nicht unbedingt auf der Jagd war, ganz zu schweigen davon das diese innerhalb der Mauern verboten war, musste er doch seinen Aufgaben nachgehen. Gerade hatte er eine dunkle Gasse betreten die zum Hafenbecken führte, als er den Gesang eines Betrunkenen wahrnahm. Kurz blieb er stehen und seufzte. Er hatte heute kein Interesse sich mit einem Betrunkenen herumzuschlagen. Insbesondere, da diese selten wussten an wen sie gerieten. Kurz wartete er am Ausgang der Gasse, um zumindest einen Blick auf den Säufer zu erhaschen, bevor er sich umwandte um diesem auszuweichen. Dann aber traf ihn etwas am Hinterkopf und zersprang dann klirrend auf dem Boden.

Knurrend blieb er stehen. Er hatte keine Schmerzen. Das Tier hatte ihn beschützt, aber diese Provokation konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Weiterhin knurrend trat er aus der Gasse heraus. Die Fauste geballt und Seine grünen Augen fixierten den betrunkenen Sänger.
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Vincente Carlos
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente musterte den Fremden, der mit geballten Fäusten aus der Gasse getreten war und ihn jetzt aus grünen Augen anfunkelte. Menschen knurrten selten, und wenn dann klang es meist anders. Hinzu kam, dass er wie ein Tier die Zähne gefletscht hatte. Ihn hatte mal ein tollwütiger Hund ganz ähnlich angesehen...

Vielleicht lag es aber auch am Alkohol, der durch seine Adern rann und der alles ein wenig verzerrte.

Er ließ den Blick über sein Gegenüber wandern, um zu erkennen mit wem oder was er es hier zu tun bekam.

Er wollte nicht, dass die Situation eskalierte, bevor er sich nicht sicher war, dass er genau das wollte. Daher schenkte er ihm ein Lächeln und sagte: „Schöne Nacht, nicht wahr? Wie ich sehe habt ihr meine Flasche fallen lassen und kaputt gemacht. Wie unhöflich!“ Er deutete in die Richtung, in der die Splitter liegen mussten. „Ihr könnt es wieder gut machen, indem ihr einen mit mir hebt. Wie klingt das? Ich kann auch noch eine zweite Stimme beim Singen gebrauchen. Sicher kennt ihr das ein oder andere Lied? Aber bitte nichts zu sittsames!“ Er kicherte.
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Vincente Carlos
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Vincente Carlos »

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Arash
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Arash »

Arash schnaubte bei den Worten des Fremden. Trinklieder, Flaschen, Alkohol. Ein Säufer, wie es sie zu hunderten hier gab. Das Tier rumorte, ein leichter roter Schleier legte sich über die Szenerie. Seine Lippen zogen sich zurück. Offenbarten für einen winzigen Augenblick seine Fänge.

Blut rauschte durch seinen Körper. Ein Knurren nun deutlich guturaler ertönte. Angriff! Nur ein Mensch! Zerreißen! Demütigung!

Nur! Ein! Mensch!

Seine Muskeln spannten sich. Die übernatürliche Geschwindigkeit die sein Blut ihm verliehen nutzte das Tier um den Trunkenbold blitzschnell zu packen. Noch bevor dieser realisieren konnte was dort geschah, machte er eine Drehung, schob mit einem Bein den Fuß des Anderen nach hinten und nutzte den Schwung, um den Fremden über die Kaimauer ins Hafenbecken zu katapultieren. Ein befriedigtes Knurren ging von Aradh aus, als er sich abwandte und nur kurz die Stelle beobachtete an dem der Mann ins Wasser eingetaucht war.


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Siehe Kampf in der Arena
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Vincente Carlos
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Vincente Carlos »

Das ist doch unfassbar!, dachte Vincente und fügte diesem Gedanken sogar noch ein Ausrufezeichen hinzu, so schockiert war sein Verstand. Statt mit ihm einen zu bechern und ein paar schmutzige Strophen zu singen, hatte der Fremde ihn einfach gepackt. Einfach so! Blitzschnell! Es hatte kaum mehr als ein Blinzeln gedauert, da stand ihm der Kerl nicht mehr gegenüber, sondern hatte ihn fest an der Kehle. Ihn! Vincente. Den Sagenhaften. Den Unglaublichen. Den Herrscher der See! Wäre der Griff nur ein wenig lockerer gewesen, er hätte vor Wut Gift und Galle gespuckt - seinem Gegenüber direkt ins bartlose Gesicht. Stattdessen meldete sich das Tier, wollte spielen und ließ sich nicht bändigen. Wollte an diesem Abend aber auch gar nichts glücken?

Bevor er wenigstens die Gelegenheit hatte das Ringen und Gerangel zu genießen und dem Tier ein wenig Spaß und Abwechslung zu verschaffen, trat man ihm auch schon den Fuß weg. Der Horizont kippte und schon flog er durch die Luft, über die Mauer und direkt in die Plörre des Hafenbeckens.
Kurz war er gewillt dem Fremden dafür zu danken, dass er auf seinem Weg ins Nass wenigstens Boden und Kaimauer auslassen durfte. Allerdings hielt die Dankbarkeit nur so lange an wie er nicht darüber nachdachte, was alles ins Meer entleert wurde...
Und natürlich sank er auf den Meeresgrund wie ein „Versehen“, dem man noch Gewichte um den Leib gewunden hatte, damit es bloß nie wieder an die Oberfläche trieb.

Vincente, der halb auf dem unebenen Meeresboden stand, halb kniete, und sanft in den Wellen hin und her schwang als wäre er nichts weiter als ein Stück Seegras, schrie seine Wut ins Wasser. Was für ein seltsames Gewächs würde er abgeben, sollte er auf dem Grund bleiben müssen. Ihm kamen die Geschichten seiner Mutter wieder in den Sinn. Wie anders es doch war, wenn man sie nicht aus der Sicherheit eines Bettes hörte, sondern selbst in ihnen gefangen war.

Es stiegen nur wenige Luftblasen an die Oberfläche, da er seine Lungen nicht mehr zum Atmen brauchte. Nur wenn er sprach füllten Sie sich mit Sauerstoff, da dieser schließlich die Stimmbänder passieren musste, um ihm das Sprechen überhaupt erst zu ermöglichen.
Er spürte wie die Luftblasen an seinem Gesicht abperlten und nach oben stiegen – eine mit Wut und Hass gefüllte Liebkosung seiner Haut.
Dunkelheit umschloss ihn. Der kleine Teil, der noch er selbst war, war froh, dass er das Tier hatte und das Tier anders handeln und denken konnte. Sonst hätte er vielleicht Panik bekommen.
Hin und wieder glitschte ihn etwas aus der Dunkelheit an und er war sich nicht sicher, ob es Fische oder Seegras waren. Oder ganz andere, noch abscheulichere Dinge. Dinge, von denen ihm seine Mutter früher erzählt hatte.

Er hatte Schwierigkeiten Auftrieb zu bekommen. Ein paar mal versuchte er sich mit den Beinen vom Boden abzustoßen, erreichte damit aber nur, dass Dreck aufgewirbelt wurde und die Dunkelheit um ihn herum noch trüber wurde. Auch das Rudern mit den Armen half nur wenig, sodass er sich kaum vom Boden heben konnte. Das Tier wurde rasend und wollte nicht mehr in dieser nassen und wahrscheinlich auch stinkenden Brühe sein. Es wollte Vincentes Finger in das Fleisch des Angreifers stoßen, mit dessen Blut und Flüssigkeiten Bilder malen und sich darin suhlen bis Vincente zwar immer noch nass, aber nicht mehr mit Hafenwasser überzogen wäre.

Es schrie weiter vor Wut, auch wenn kein Laut mehr erklang, da ihm längst die Luft ausgegangen war. Wahrscheinlich schluckte er bei dem Versuch Wasser. Er würde es nachher einfach wie den Alkohol erbrechen müssen. Was für eine Schande um den guten Stoff.

Er überließ sich der Raserei und feuerte sie insgeheim weiter an, hoffte er doch so wieder an die Oberfläche und damit aus dem Hafenbecken zu gelangen. In der Wut lag Kraft. Seine Muskeln spannten und er ruderte schneller und kräftiger mit den Armen, schaffte es sich weiter vom Boden abzustoßen. Und als er schon fast nicht mehr damit rechnete, durchbrach sein Kopf die Wasseroberfläche. Das Tier schrie und fauchte und fluchte weiter und wurde nur vom Blubbern und Prusten des Wassers unterbrochen, wenn Vincente den Kopf nicht weit genug oben halten konnte. Er blickte sich um, womit er sich wieder an Land hieven konnte, als er etwas hört und einen Lichtschein bemerkte. In der Nähe befand sich eine Deckwache, welche durch den Lärm angezogen worden war und nun nach dem Rechten schaute.

Das Tier hatte Hunger...
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Arash
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Arash »

Arash war in eine Gasse verschwunden, nachdem er den Trinker ins Hafenbecken befördert hatte. Während er die Gasse langsam entlang ging hörte er hinter sich ein Knurren und ein Platschen. Seufzend schloss er die Augen. Natürlich ein Kainit. Wieso kannte er diesen Kainiten nicht? Knurrend drehte er sich wieder um und kam zurück zum Kai. Er sah den rasenden Kainiten im Wasser, der offenbar nicht sonderlich gut schwimmen konnte. Dann fiel sein Blick auf die Deckwache. "Der Gehört zu mir!" rief er dem Mann zu, bevor er sich wieder an dem Schwimmenden zuwandte. "Na komm. Wozu hast du Schwimmen gelernt?" Immer noch hatte er die Kapuze aus und der Umhang verschleierte seine Gestalt.

Trotzdem war sein Blick fest auf Vincente gerichtet. Er schien keine Angst zu haben.
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Vincente Carlos
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Vincente Carlos »

Die Worte des Fremden taten nichts, um ihn zu beruhigen – ganz im Gegenteil. Schwimmen, Pah!, Vincente war froh, dass er es überhaupt wieder bis an die Wasseroberfläche geschafft hatte. Das Paddeln mit den Händen verursachte kaum Auftrieb, dafür aber jede Menge Wellen. Und das Treten des Wassers sorgte nur dafür, dass der Teil von ihm, der derzeit über der Wasseroberfläche lag, wie der Schwimmer einer seltsam geformten Angel auf dem Wasser auf und ab hüpfte. Die Frage war nur, was für eine Art Fisch man versuchte mit ihm zu fangen.

Lange würde er das sicher nicht durchhalten. Irgendwann würden Arme und Beine ermüden. Und dann waren da noch die Wut, zu der sich der Hunger gesellt hatte. Es spielte für den Moment keine Rolle mehr, ob sich ein Schleier der Raserei über seine Augen gelegt hatte, oder das Hafenwasser. Beides verzerrten ihm Blick und damit letztlich auch Verstand.

Seine Arme patschten mit jeder Schwimmbewegung auf die Wasseroberfläche, als er versuchte sich dem Schiff und seiner nächsten Mahlzeit zu nähern. Für eine kurze Zeit verdrängte der Gedanke an sein Ziel sogar die Angst, dass er wieder in der Tiefe versinken könnte.

Vor ihm sah er ein Tau aus dem Wasser ragen, welches sich als dunkle Linie vor der Nacht abzeichnete. Scheinbar war der Wasserstand gerade höher, als zu dem Zeitpunkt wo man das Schiff befestigt hatte, weshalb nun ein Teil unter und im Wasser war.

Er griff danach. Es war von Wasser und Algen ganz glitschig geworden. Er packte es fester, bündelte seine verbleibende Energie und begann sich daran hinauf zu ziehen. Algen und Schlick lösten sich unter seinem Griff, das Tau presste sich in seine Handflächen. Seine Beine fanden im Wasser nichts von dem sie sich abstoßen könnten und das Gewicht eines wütenden, nassen Kainiten hing nur an den Armen.

Vincente entstieg dem Nass wie ein prustender, glucksender, nasser Gott der Tiefe der Vorzeit...*
Spoiler!
*@Vincente Carlos (MaLuRi) I rolled 4d10 for you which resulted in 28. Results: 4 8 10 6.
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Arash
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Arash »

Arash beobachtete den Mann der sich nun aus dem Hafenbecken wuchtete. "Na komm!" knurrte er leise, so dass die Schiffswache das wohl kaum hören konnte. Dann bewegte er sich zurück in die Gasse. "Folg mir. Aber beruhig dich!" zischte er. "Die Stille hast du schon gebrochen. Mach es nicht noch schlimmer!"

Währenddessen zog er sich schnell in die Gasse zurück, wo sie allein und unbeobachtet waren. Gleichzeitig begann er eine leise ruhige Melodie zu summen und gleichzeitig Vincente im Auge zu behalten, um ihm auszuweichen, sollte er erneut angreifen. "Beruhig dich!" führte er erneut aus. Arashs Bewegungen waren dabei langsam und eher wie die eines Schlangenbeschwörers.
Spoiler!
Tierhaftigkeit 3:
Manipulation + Empathie:
Arash (Daniel) Roll: [9, 4, 4, 4, 3, 2] Result: 26
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Vincente Carlos
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Re: [1069] Hafennächte [Vincente, Arash]

Beitrag von Vincente Carlos »

Der Gott der Tiefe entstieg dem Hafen indem er erst den Oberkörper auf die Hafenmauer wuchtete und dann - halb liegend, halb hängend - das linke Bein nach oben schwang. Ein paar mal rutschte er mit der Schuhsohle ab, bevor er schließlich Halt fand und es ganz hinaus schaffte.

Langsam richtete er sich auf und stand ganz still. Wasser rann wie Fäden an ihm hinab und bildete unter ihm Pfützen. Der Stoff seiner Kleider hatte sich vollgesogen und war schwer, er hatte das Gefühl das halbe Meer am Körper zu tragen. Es platsch, platschte so sehr auf den Boden unter ihm, dass man meine könnte, er würde sich gerade erleichtern.

Dieser Gott der Tiefe sah aus wie eine halb ertränkte Katze. Das Tier in ihm hatte die Raserei noch nicht aufgegeben. Seine Sinne waren angespannt und er nahm die Welt anders wahr – der Blick des Mannes war noch immer dem des Tieres gewichen.

Etwas Kühles klebte ihm an Hals und Wange. Langsam hob er die zitternde Hand und zupfte sich Seetang aus dem Haar, hielt ihn sich vor Augen, um ihn mit einem besonders finsteren Blick zu taxieren, und schleuderte ihn dann angewidert auf den Boden. Wie gern würde er auch mit seinem Angreifer so verfahren.

Seine Sinne waren wie betäubt. Nicht, dass sie sonst besonders gut ausgeprägt waren, aber mit Wasser in den Ohren nahm er die Geräusche um ihn herum nur noch gedämpft wahr. Das Schütteln des Kopfs half nicht viel. Alles was er riechen konnte, waren Salz und Meer und nasse Wäsche. Er stieß einmal die Luft scharf durch die Nase aus, schmierte Rotz und Wasser an seinen Hemdsärmel. Kurz flammte sein Bewusst sein auf. Seine Kleider würden ihn womöglich immer an diese Nacht erinnern, vielleicht sollte er sie verbrennen.

Ihm war übel. Er hatte ordentlich Wasser geschluckt, sein Bauch wölbte sich unter dem Stoff, der nun eine zweite Haut bildete. Gern würde er die Zähne in seinen Angreifer schlagen – oder wer auch immer sich sonst in seinen Weg stellte. Er wollte zerren, reißen, fressen. Die Frage war, ob in ihm für seine Gier noch Platz war.

In ihm schwappte eine Mischung aus Blut, Alkohol und Meerwasser – und was sonst noch so nah am Hafen Unnennbares darin herumschwimmen mochte. Das Tier in ihm schüttelte sich angewidert. Er würde sich bald erbrechen müssen, aber damit würde er noch warten. Jetzt waren andere Dinge wichtiger. Erneut blitze sein Bewusstsein auf. Vorsichtig hob er in Gedanken eine Hand, um sie in die Nackenrolle des Tieres zu legen.

Langsam schob Vincente mit der Zunge Wasser aus seinem Mund. Ein Zittern ging durch seinen Körper. Das Tier spürte seine Absicht. Vielleicht lag es aber auch an der Kälte der Nacht. Weder Vincente noch das Tier waren bereit sich einzugestehen, dass ihnen das Sinken auf den Grund als Schreck in die Glieder gefahren war.

Vincente packte das Tier fester. Er wollte sich das Salz mit Blut von der Haut waschen. Er beugte sich vor und flüsterte in das Ohr des Tieres, sang ihm seine Rache zu und beschwor es zugleich, diese auf einen späteren Zeitpunkt zu legen. Das eine Bewusstsein rang mit dem anderen und sie bildeten einen Kanon aus Beschwörungen und Rachegelüsten.

Das Tier drehte seinen Kopf in Richtung Stadt, dorthin wo es den Angreifer vermutete. Aber die Schatten waren tief und sein Angreifer nicht zu sehen. Die Stadt war auch zu dieser Stunde noch voller Leben, aber was nützte es, wenn es galt darin ein ganz bestimmtes zu beenden? Es war schon eine Weile her, dass er jemanden auf dem Land ertränkt hatte...
Vincente verstärkte den Griff, als er die Verunsicherung und die ersten Zweifel in den Gedanken des Tieres bemerkte. Er flüsterte ihm weiter zu, auch wenn es ihn all seine Willenskraft kostete. Geschwächt und erschöpft wäre er kaum ein angemessener Gegner, auch wenn er seinen Angreifer wiederfinden könnte. Und dann waren da noch die Menschen, so zerbrechlich angesichts der Raserei. Sicher würde es zu nicht unerheblichen Konsequenzen führen, wenn er seinen Gelüsten jetzt freien Lauf ließe. Wenn er nicht überlebte, würde er sich auch nicht rächen können...

Er bemühte all seinen Willen und lenkte seine Schritte in die Schatten, wo ihn keiner bemerken konnte. Weg von den Menschen, weg von neugierigen und unliebsamen Blicken. Als er sich unbeobachtete wähnte, ließ er sich wieder ins Wasser gleiten und ging weiter ins Meer hinaus, wo das Rasen des Tieres keinen Schaden anrichten konnte. Sobald es sich beruhigt hatte, würde er wieder an Land gehen und sich vor Tagesanbruch in die Sicherheit seines Unterschlupfs begeben...
Spoiler!
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