[1069] neue Leichen [Génotin, Toma]

[Genotin]

Genotin nahm Platz und überhörte die spitze Bemerkung von Toma, ohne eine Regung zu zeigen.

"Beginnen wir von hinten: Mir wurde Genua empfohlen als eine Stadt, in der ..."

Hier musste er kurz für einen Hustenanfall unterbrechen.

"... in der es viel Platz und dafür wenige von uns gibt."

Bevor er fortfuhr, deutete er mit der Hand zum Helm, als wolle er Toma fragen, ob dieser ein Problem damit hätte, wenn er selbigen und seine Maske ablegen würde.

"Ich komme aus Tarent, Domäne von Prinz Guarin du Tarent, Ancilla des Clans Brujah. Gezeugt wurde ich bei der Belagerung Capuas und ich ... "

Ein kurzes Röcheln unterbrach den Satz.

"... war maßgeblich beteiligt an der Einnahme der Stadt und auch von Tarent."

Er legte den Kopf etwas schräg, als würde ihn die noch zu beantwortende Frage nach den Dingen, die er einbringen könne, etwas befremden.

"Ich denke, durch meine Freisprechung ist mein Wert für unsere Gemeinschaft bereits bewiesen."

Genotin ließ die Worte einen kurzen Moment wirken, bevor er fortfuhr.

"Wie jedes gute Mitglied dieser Gemeinschaft bin auch ich selbstverständich bereit, Aufgaben zu übernehmen. Erläutert mir doch bitte, was zur Zeit einer gewissen Aufmerksamkeit bedarf."

Er breitete die Arme aus, als würde er sich präsentieren wollen. Dabei zog er kurz die Luft ein, was von einem metallisch kratzigem Geräusch begleitet wurde.

"Was ihr seht, bekommt ihr. Ich habe nicht vor, ein Geheimnis aus dem zu machen, was ich bin und was ich am besten kann."

[Toma Ianos Navodeanu]

"Wo liegt Tarent?" fragten sie als ersteres. "Davon haben wir noch nicht gehört."

"Ihr irrt euch aber wenn ihr meint dass euer Wert bereits bewiesen sei. Euer Potential wurde anerkannt...von einem Prinzen, doch wird der unsere euch ebenso anerkennen? Das müsst ihr erst beweisen. In Genua ist es Sitte, dass der Gast sich einer Aufgabe für die Domäne annimmt. Ebenfalls solltet ihr nach fünf Jahren zwei Fürsprecher, Vasallen der See, vorweisen können die guten Leumund für euch haben. Nun ist tatsächlich die Frage, wofür ihr gut seid, wo ihr am wertvollsten für die Domäne sein könnt.... Es bedarf der Domäne aktuell an Liktoren. Jedoch gehört dazu mehr als Köpfe spalten zu können. Fragen stellen, Nachforschungen, Verhandlungen und Verhöre führen. Meint ihr ihr seid auch in diesen Punkten bewandert? Alternativ gibt es einige Probleme an der Grenze zu Savonna, die das Dörfchen Votori ebenfalls für sich beanspruchen. Sicher könntet ihr dort einen Dienst für die Sicherheit der Domäne leisten, der werten Geißel zur Hand gehen und uns berichten, was ihr dort tut. Was meint ihr?"

[Genotin]

"Tarent liegt im Süden Italiens, auf einer östlich verlaufenden Landzunge. Es gehört zur See der Schatten und wurde Byzanz vor ein paar Jahren entrissen."

Stolz straffte Genotin seinen Rücken. Ein kurzer Husten lies ihn wieder etwas zusammensinken, bevor er fortfuhr.

"... nicht zuletzt mit meiner Hilfe."

Als Toma auf die Aufgaben zu sprechen kam, wurde Genotin nachdenklich.

"Ich verstehe. Wie ihr euch sicher denken könnt, sind meine Möglichkeiten, offen mit Menschen zu sprechen, begrenzt. Aber ich habe meine ganz eigenen Methoden, Dinge herauszufinden. Überzeugende Methoden. Wenn der Blutvogt Verwendung für mich hat, bin ich gerne bereit, die Lücke als Liktor zu füllen."

[Toma Ianos Navodeanu]

"Wir haben im Moment keinen Blutvogt. Stattdessen ist der werte Liutprand, Neugeborener aus der Linie Mithras', Ahnnherr der Ventrue, zum Ersten Liktor ernannt worden und zuständig für die Auswahl neuer Liktoren. Als Gast könnt ihr kein vollwertiger Liktor werden, das steht nur Vasallen offen, doch dieses Amt könntet ihr damit erringen. Ihr könnt den werten ersten Liktor an der Söldnerschule bei Borgo Bisagno kontaktieren oder über das Elysium, welches sich in der Stadt zwischen Mascherana und Ravecca befindet. Es ist ein Garten." erklärten sie den Sachverhalt ob der Liktoren genauer und warteten auf weitere Rückfragen.

[Genotin]

Einen Moment stand Genotin völlig still. Dann, mit einem Knacken seiner Wirbelsäule, nickte er Toma zu. Beim Versuch, Toma zuzulächeln, zeigte sein lippenloser Mund ein überraschend vollständiges Gebiss.

"Ich denke, ich weiß, wer das ist. Seid bedankt für ... die Unterstützung."

Das letzte Wort ging fast in einem verschluckten Husten unter.

"Ich werde also Liutprand kontaktieren. Gibt es sonst noch etwas, das ich für euch tun kann? Und sollte ich in Genua über die bekannten Traditionen unserer Gemeinschaft hinaus weitere Regeln beachten?"

Der letzte, für Genotin durchaus lange, Satz endete wie üblich in einem kratzigen Röcheln. Erwartungsvoll schob Genotin das Kinn etwas nach vorne. Man konnte nur schwer erkennen, welche der beiden Fragen ihm wichtiger war.

[Toma Ianos Navodeanu]

Sie nickten.

"Es ist euch nicht erlaubt innerhalb der Mauern zu jagen, ihr dürft euch dort aber aufhalten. Außerhalb der Mauern gibt es drei Jagdgebiete und zwei Domänen die tabu sind. Die Villa am Wald von Luccoli und das Castelleto samt Dorf gehören dem Prinzen. Das Dorf Burgus ist Jagdgebiet der Kappadozianer und das Kloster San Marcellino darin die Domäne deren Ältesten, dem verehrten Benedetto, Ancilla der Kappadozianer, Kind von Angelo di Sorento, Ahn der Kappadozianer. Das Dorf Borgo Incrotiatu ist Jagdgebiet der Malkavianer. Oh und das Dorf Quinto al mare solltet ihr auch mit Vorsicht betreten. Es ist euch nicht untersagt, doch der sehr verehrte Seneschall besitzt eine Zuflucht dort." Oder besaß, wer wusste das so genau, doch sicher war sicher.

"Das wäre alles. Doch wir hätten nun eine Frage an euch. Ihr seid optisch recht unmenschlich...das haben wir bisher nur bei etwas älteren eures Clans gesehen. Ihr seid bereits einige Jahrzehnte, wenn nicht ein Jahrhundert auf der Welt?" fragten sie und schoben aber gleich noch eine Frage oder viel mehr einen Wunsch hinterher, bevor Genotin antworten konnte.
"Wir würden gern euren Körper genauer in Augenschein nehmen."

[Genotin]

Genotin ließ die Erklärung zu den Jagdgebieten kurz auf sich wirken. Dann schnalzte er mit der Zunge und er fixierte Toma. In seinen Augen blitzte eine gewisse Verschlagenheit auf.

"Sprecht ihr von alten oder von zukünftigen Mauern?"

Dann nahm sein Gesicht einen Ausdruck an, der besser zu dem einer Leiche passte. Zu dem Kratzen und Röcheln in seiner Stimme gesellte sich eine gewisse Kälte.

"Ihr werdet nichts weiter finden als die Narben vieler Schlachten. Schlachten, die in den letzten zwei Jahrzehnten geschlagen wurden. Narben von Wunden, die einen normalen Menschen gleich mehrfach umgebracht hätten. Ich bin kein ... Älterer meines Clans. Vielleicht habe ich bereits mehr erlebt als manch Älterer. Was versprecht ihr euch von dieser ... Leichenschau?"

Genotin zog einen Handschuh aus und legte ihn neben Maske und Helm auf den Tisch. Wie sein Kopf war die Hand ein Sammelsorium von Verletzungen und Verwesungen, hier und da konnte man bereits Teile bleicher Knochen sehen. Trotz teilweise fehlender oder zerstörter Sehnen schien die Hand noch voll beweglich, was Genotin mit einer Wellenbewegung aller Finger über den Tisch bewies.

[Toma Ianos Navodeanu]

" Beide. Sie sind die Mauern von Genua. Die Bereiche die bereits von der neuen Mauer umschlossen werden, sind innerhalb ihrer. Es fehlt ohnehin nur noch ein kleines Stück bei Maddalena und Nord. Alles was natürlich noch ungeschützt der Mauer ist, ist nicht innerhalb. Später wird die alte Mauer vollständig abgerissen werden." Schon jetzt fehlten Teile um die Steine für den Bau der neuen zu verwenden.

"Ihr nennt es Leichenschau, wir nennen es Leibesschau. Wir versprechen uns einiges davon, zum einen die kainitische Existenz zu verstehen. Warum seht ihr so aus und wir so? Oder die Nosferatu wie sie sind. Warum tragen manche noch alte Narben, wie ihr und andere haben ein perfektes ebenmäßiges Antlitz bekommen? Und muss es so bleiben? Ist das eure Bürde von Gott auferlegt? Könnt ihr das Leben imitieren oder gar Kälte aussenden?"

"Bevor ihr jedoch fragt. Wir können euer Antlitz nicht wieder herstellen. So scheint es."
Sie griffen nach Genotins Hand, da er sie nun einmal offenbarte. "Ihr tragt nicht einfach Narben. Eure Hand ist stark beschädigt und doch funktionstüchtig. Ihr solltet sie ohne diese Bänder gar nicht benutzen können."

[Genotin]

Zu den Mauern war keine weitere Klärung mehr nötig und so sparte sich Genotin die Worte. Den Griff nach der Hand ließ er geschehen.

"Wer nimmt diesem zerstörten Körper einen Herzschlag ab? Ich kann ihn imitieren, aber was würde das bringen?"

Die Resignation in seinen Worten schien gespielt.

"Jede Narbe ist Zeugnis meiner Taten. Ich habe Unvorstellbares überlebt und dabei Großes geleistet."

Auch der Stolz in seiner Stimme hatte einen Beigeschmack, der über die krächzend metallische Stimme hinaus ging. Sein Blick ruhte auf der eigenen Hand.

"Wir erben vieles von unseren Erzeugern und manchmal gibt es Ereignisse, die dieses Erbe ... verstärken oder vervollkommnen."

Die letzten Worte stachen wie seine Augen, die plötzlich Toma fixierten.

"Ich frage mich: Was ist euer Erbe? Sicher weniger offensichtlich als das meine. Aber sicher gibt es Dinge, die es hervorbrechen lassen."

Es klang wie der Enthusiasmus eines verrückten Wissenschaftlers, der für die Erkenntnis über Leichen gehen würde.

[Toma Ianos Navodeanu]

"In der Tat. Es ging uns auch nur um die Funktionalität, nicht um die Glaubwürdigkeit."

Interessiert betasteten sie weiter Genotins Hand und streckten dann die Hand auch zu seinem Gesicht aus. Sie kannten diesen Blick und Gier in den Augen des jüngeren Kainiten von sich selbst. Der Wunsch und das Streben nach Wissen. Hatten sie hier einen ähnlichen Geist sitzen, verborgen unter dem Antlitz eines Kriegers?

"Verstärken oder vervollkommnen? In eurem Fall mag das stimmen, scheint eure Unfähigkeit Wunden zu heilen doch passend zu dem speziellen Schicksal eures Blutes.
Unser Erbe ist...komplex. Sicher wie eures. Schließlich erben wir alle irgendwie etwas positives und negatives. Unser Blut zeichnet sich durch eine Besonderheit aus, die ihr noch feststellen werdet, wenn ihr uns länger kennt, als andere ist nicht für eure Ohren bestimmt."