[1070] Ein neues Gesicht [Nubis, Vasilios]

[Vasilios]

Als der Diener, der ihn den Weg gezeigt hatte, und Vasilios in den Raum gekommen waren huschte sein Blick über die Einrichtung. Er betrachtete die Gestalt vor ihm für einige Momente, dann senkte er den Blick. Unter den geschichteten Kleidungsstücken ließen sich Vasilios lange, dürre Glieder und der schmale Torso erahnen.

Als der Herold ihn musterte, verneigte Vasilios sich und nahm die Kapuze mit einer langsamen Bewegung herab. Im Kerzenlicht schien seine nahezu weiße Kopfhaut, bedeckt einzelnen, schwarzen Haarsträhnen, zu leuchten. Einen Moment später zog Vasilios auch den Schal, den er sich um das entstellte Gesicht gewickelt hatte, herab und offenbarte den Blick auf seine zu einer Fratze erstarrten Züge. Seine verkümmerten Lippen waren kaum noch vorhanden und gaben den Blick auf dutzende schiefe, nadelgleiche Zähne, frei.

Als sein Gegenüber zu Ende gesprochen hatte, antworte der Nosferatu. Das verwachsene Maul schien seine Aussprache nicht zu behindern. Seine Stimme war hoch wie die eines Kindes und sanft. „Ich bedanke mich, dass Ihr Euch die Zeit nehmt, wohlwerter Nubis. Mein Name ist Vasilios, Neugeborener aus dem Clan der Verborgenen, Kind des Yvo. Mein Weg hat mich von Reggio di Calabria in Eure Domäne geführt. Ich bin mit der Erlaubnis der höchst verehrten Prinzessin in die Mauern Eurer Stadt gekommen.“

[Nubis]

"Vasilios, Neugeborener aus dem Clan der Verborgenen, Kind des Ivo..."
Er schwieg einen Moment lang.
"Was führt euch nach Genua? Ich nehme an, ihr entstammt den südlichen Gefilden?"

Dabei bot er Vasilios an, sich zu setzen und setzte sich auch selbst. Eine Wachstafel wurde von ihm zurechtgelegt und beschrieben. Der Name "Vasilios" landete darauf, sowie seine kleine Blutlinie und die Herkunft.

[Vasilios]

Dieses Angebot nahm Vasilios an und setzte sich dem Herold gegenüber, seine unverhältnismäßig langen Beine angezogen.

"Die Städte im Süden beheimaten so viele Kainiten, sodass man mir kein Aufenthaltsrecht gewehrt hat. Man sagte mir Genua hätte den Platz Neugeborene zu beherbergen."

[Nubis]

Wenn sich knöcherne Augenhöhlen bewegen könnten, so würden sie dies wohl gerade tun.
"Genua als Auffangbecken für ungewünschte Kainiten?", meinte er recht düster. Auch wenn seine Worte noch immer einen Wohlklang innehatten, der einfach passiv mitschwang, so zog auch so etwas wie Grabesstille plötzlich auf. Diese, die man hören konnte.

"Verwunderlich, dass es zu viele Kainiten in den Städten gibt, steht doch die Wandlung selbst nicht jedem offen."

[Vasilios]

Würde er noch atmen, so hätte sich die Atmung des Noferatus angesichts der gekippten Stimmung beschleunigt.

"Verzeiht, es sollte keine Herabwertung Eurer Stadt sein, wohlwerter Herold", antwortete der Nosferatu hastig. "Mein Erzeuger sprach zudem von Herausforderungen, denen meine Clansgeschwister in Genua begegenen. Dies trug auch zu der Wahl bei, als ich die Stadt verließ, in der ich ins Unleben fand."

[Nubis]

Die hörbare Grabesstille war noch nicht vorbei und glimmende Bernsteine starrten aus den dunklen Augenhöhlen Vasilios entgegen.

"Kein guter Start für euch..." grollte die Stimme des Herolds, begleitet von etwas, dass wie sich zermürbendes Pergament klang.
"Herausfordernd wird es für euch sicherlich werden. Doch teilt mir etwas mehr von euch mit, warum sollte ich euch in der Stadt als Gast willkommen heissen, wenn euch andere Städte nicht wollen? Welchen Wert hättet ihr für Genua?"

[Vasilios]

Vasilios straffte seine schmalen Schultern.

"Wie viele meines Clans bin ich Informationsbeschaffer. Dank unseres Blutes bewege mich ungesehen in den Schatten und kann mein Gesicht zu wandeln. Auch ohne diese Gaben weiß ich ungehört zu bleiben und zu beobachten.“ Einen Moment schwieg der Nosferatu.

„Ich spreche und schreibe neben italienisch und Latein, griechisch.“, fügte er dann an. Er hatte noch nicht genug Zeit in Genua und in umliegenden Gegenden verbracht, um zu wissen, ob ihm seine byzantinische Abstammung auch hier einen Vorteil bringen konnte, aber vielleicht ergab sich ihm daraus eine Möglichkeit seinen Nutzen zu beweisen.

[Nubis]

"Mhh"
Der Herold dachte laut nach, einen seiner weiten Glockenärmel zum Kinn geführt.

"Und ich nehme an, ihr wollt eure Dienste voll und ganz unserem höchst verehrten Prinzen, Aurore widmen?
Wie lange werdet ihr in Genua verweilen?"
Dies war wieder direkt an den Nosferaten gewandt.

[Vasilios]

"Wenn meine Dienste von Nutzen seien können." antwortete der Nosferatu mit einem langsamen Nicken. Als der Herold die Prinzessin erwähnte, zog Vasislios aus einer seiner Jackentaschen den sorgsam gehüteten Brief, mit dem ihm diese die Einreise gewehrt hatte und legte ihn auf den Tisch vor sich. "Solange es mir gestattet ist."

[Nubis]

Nubis nahm die Rolle und las den Text. Liess sich dabei etwas Zeit und legte sie dann wieder zurück.

"Vorerst fünf Jahre, in denen ihr Fürsprecher finden müsst und einer Aufgabe nachgehen sollt, für die ihr erste Ergebnisse in dieser Zeitspanne vorweisen solltet. Fürsprecher sollten zwei an der Zahl das Mindeste sein. Vasallen Genuas oder der See der Schatten, wobei einer auch lediglich ein anerkannter Gast Genuas sein darf."

Er blickte Vasilios ernst an.
"Euer Clan hielt lange Clavicula in eisernen Krallen. Dort, aber auch anderswo herrschen teilweise Banden und ihr werdet die Aufgabe erhalten, eure Stärke in dieser Richtung zu nutzen. Sammelt Informationen über die Banden Genuas, eingeschlossen Claviculas und wenn möglich, auch des Umlandes. Wer hat das Sagen, worin sind sie verwickelt, sind Kainiten beteiligt und wissen Angehörige der Banden von uns? Dies meldet ihr mit oder Liutprand, erster Liktor Genuas, zurück."