[1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

[Juli '22]
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Iulia Cornelia
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Ihr missdeutet nicht nur mein Interesse an Nervi.“, erklärte die Ventrue in einem ruhigen und sachlichen Tonfall, bevor sie nach einer kurzen Pause ergänzte: „Sondern auch die Aufgaben meines Amtes.“ Die Harpyie richtete sich von ihrer eher entspannten Haltung auf, beugte sich in die Richtung des Herolds, während sie ihm in die Augen blickte, ihre Hände adrett auf dem Tisch platzierte und diesem mitteilte: „Deshalb lehne ich auch euer überaus zuvorkommendes Angebot entschieden ab.“

„Als Harpyie habe ich Wichtigeres zu tun, als Jagd auf die Baali zu machen. Doch wenn andere Domänen anfangen, Drohungen gegen Genua auszusprechen, weil sie die Baali in ihren Domänen erfolgreich vernichten, aber Baali angeblich in unserer Domäne Unterschlupf finden, und bisher Niemand auch nur einen einzigen Nachweis über die erfolgreiche Vernichtung in mehreren Jahrzehnten erbracht hatte, so ist dies ein Thema, welches mich als Harpyie durchaus interessiert.“, gab Iulia weiter zu verstehen.

Dann erst fuhr die Harpyie weiter fort: „So ich es also für einen inakzeptablen Zustand empfinde, und deshalb mit dem mir geliehenen Recht, einen natürlichen Feind der Baali, sowie einen Kainiten, der in meinen Augen stark genug in seinem Glauben ruht, um den falschen Verlockungen und Versprechungen der Baali widerstehen zu können, die Aufgabe zuteile die Teufelsanbeter aufzuspüren, so verbitte ich es, dass meine Entscheidung und meine damit verbundene Integrität von euch in Frage gestellt wird.“

Die Ventrue machte eine bewusste Sprechpause, bevor sie zu verstehen gab: „So es euch also nicht passt, wie ich Dinge in eurer Abwesenheit regle, kann ich gerne dem Prinzen davon berichten, dass ihr dessen Autorität in Frage stellt und ihr dessen Kind offenkundig für völlig unfähig erachtet.“ Iulias Augen lagen kühl und distanziert auf denen des Kappadozianers.

„Ganz davon ab widersprecht ihr euch selbst, ohne es zu merken.“, stellte die Harpyie mit einer gleichmäßigen Stimme fest, als sie erklärte: „So plädiert ihr für mehr Informationsfluss, in einem großen all umspannenden Handel, haltet aber zugleich zu viel Informationsweitergabe für gefährlich.“ Iulia schüttelte nur sanft den Kopf, bevor sie von ihm zurück ging und ihre Hände erneut in ihrem Schoss ablegte.

„Zudem sind die Baali keine Ratten, wie ihr sie offenbar sehen wollt.“, meinte Iulia, bevor sie weiter zu verstehen gab: „Sie sind keine schwachen Opfer, die unwissend herumsitzen und nur darauf warten, ob wohl Jemand vorbeikommt, um ihr verachtenswertes Dasein zu beenden. Stattdessen sind sie selbst gefährliche Raubtiere in ihrem Inneren, wie wir alle. Und ein Raubtier, welches den Fehler begeht und sich unter anderen Raubtieren in Sicherheit wiegt, ist vor allem eines: schneller vernichtet, als es ihm lieb ist. Doch das wurden sie nicht, oder?!“
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Nubis
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Nubis blickte die Harpyie weiterhin ernst an, blieb aber vollkommen ruhig.
"Ich denke, manchmal, ihr wollt mich falsch verstehen. Auch in der Vergangenheit gab es schon Passagen, bei denen mir das Gefühl vermittelt wird, dass ihr das eine Wort hört, euch eine Meinung bildet und den Rest ignoriert, der die ganze Thematik umschreibt. Ja, ihr sagtet mir auch schon, dass ich mich vielleicht falsch ausdrücke, aber nun, dann sind unsere Ausdrucksweisen wohl nicht besonders kompatibel."

Er seufzte.
"Scheinbar wisst ihr auch nicht, dass Ratten keineswegs dumme, unwissend herumlungernde Tiere sind, sondern tatsächlich sehr schlau und gefährlich, natürlich in ihrer Umgebung, gemessen an anderen Tieren. Selbst ein Jäger wie eine Katze hat oft Angst vor ihnen. Ratten raffen sich in Rudeln zusammen und werden dadurch noch stärker. Kein Tier will einem Haufen Ratten zu nahe kommen, keines.
Die Baali mit ihnen zu vergleichen, finde ich daher sehr passend."

Er machte eine Pause.
"Wir können natürlich auch versuchen, die Baali aus ihren Löchern zu locken, nur wie gesagt, dazu bräuchten wir eine gewisse Einigkeit, dazu bräuchten wir Kainiten, die wirklich dagegen vorgehen wollen und können. Wenn wir die nicht haben, sind wir die Gejagten und nicht die Baali. Ich bin froh, dass Niccolo wieder in der Domäne ist. Sein Anliegen ist die Suche nach den Baali und Informationsbeschaffung darüber, wie man sie aufspüren kann. So werden wir wieder gemeinsam an dieser Aufgabe arbeiten und hoffen, dass sich andere dem anschliessen, die wirklich interessiert und tatkräftig sind und uns nicht sabotieren wollen.
Ich sagte nie etwas von totschweigen oder niemandem etwas mitteilen. Und nein, ich widerspreche mich nicht. Jene, die gegen die Baali streiten, sollten diesen allumfassenden Handel wertschätzen. Andere Domänen haben wahrscheinlich ein sehr viel besser funktionierendes Netzwerk an Geissel und Liktoren. Wir haben bereits Probleme, jene zu finden, die diese Ämter mit Ehrgeiz angehen wollen."

Sein Blick blieb weiterhin ruhig, genau wie seine Stimme.
"Zudem, nur weil ich eine eurer Entscheidungen nicht ganz für die beste halte, so stelle ich weder die Autorität der höchst verehrten Prinzessin infrage, noch halte ich euch für völlig unfähig. Da solltet ihr auf andere mit dem Finger zeigen, nicht auf mich. Es gibt genügend, die eure Autorität wahrlich untergraben wollen oder dies gar offen zelebrieren.
Es kann nur eben gut möglich sein, dass er bei dieser Aktion sterben kann, sehr wahrscheinlich sogar, denn viele sind schon verschwunden oder vernichtet worden. Eben, weil es so schwierig ist. Ich hätte beispielsweise gern auf dem Fest Yshmael kennengelernt, doch war er leider nicht anwesend."

Er legte die Hände übereinander und schloss die Augen für einen kleinen Moment, einem sehr kleinen.
"Nun, wollen wir versuchen, dies gemeinsam anzugehen? Etwas in der Domäne ändern, weil etwas geändert werden muss? Meinetwegen auch die Warnung an alle herausgeben und schauen, wer sich meldet...oder ob es überhaupt einer wagt. Oder weist ihr einen Verbündeten ab, nur weil dieser einmal nicht eurer Meinung ist?"
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Iulia Cornelia
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Daumen der gepflegten Hände der Ventrue, die adrett aufeinander platziert worden waren, tippelten in einem gleichmäßigen Rhythmus aufeinander, während sie dem Kappadozianer zuhörte. Als er schließlich geendet hatte, zog eine beinahe unangenehm wirkende Stille in dem Raum ein, bevor sie sich an Nubis wandte und meinte: „Ihr hört offenkundig nicht zu. Aber gut, versuche ich es noch einmal klarer.“

Mit einer betont ruhigen Stimme sprach sie: „Mein Interesse hinsichtlich Nervi betrifft nicht primär oder exklusiv die Baali, sondern kainitische Aktiva per se und in jedweder Form. Ich gedenke diese ganz sicher nicht öffentlich wie ein Waschweib herumzuerzählen. Stattdessen ist mein Interesse hinsichtlich Nervi privater Natur. Da Niemand in unserer kainitischen Gesellschaft etwas ohne Gegenleistung gibt oder auch tut, habe ich euch nach dem Preis für jene Informationen hinsichtlich Nervi gefragt, und ob ihr sie verkaufen würdet.“

Iulia machte eine bewusste Sprechpause, bevor sie trocken weiter fortfuhr: „Ratten fürchten unsereins und fliehen. So sie dies nicht tun, solltet ihr sie schnappen und ihnen das Genick brechen, denn dann ist offenkundig etwas falsch mit ihnen.“ Ihre Daumen hatten während sie selbst sprach mit dem Tippeln aufgehört und es war schwer zu glauben, dass derart saubere Hände zu einer solch grausam anmutenden Tat fähig wären, doch die Distanziertheit ihrer Augen spiegelte wieder, dass auch sie ein Raubtier in ihrem Inneren beherbergte, welches sich nicht sonderlich um derart sterbliche Befindlichkeiten noch kümmerte.

„Entsprechend nein, Ratten mit Baali zu vergleichen ist schlichtweg falsch. Zumal ich bezweifle, dass Baali in größeren Rudeln längere Zeit überstehen könnten. Schließlich wäre ein derartiges Verhalten wider unser aller Natur.“, schloss Iulia ab. „Was derweil die Bekämpfung der Baali per se anbelangt, so habe ich, wie ich bereits sagte, nicht die Kapazitäten frei, mich auch noch dieser Problematik anzunehmen. Badaure.“, erklärte die Harpyie mit einem leicht genervten Unterton in der Stimme. Offenkundig war sie mit vielerlei Dingen beschäftigt, als sie ihm erneut zu verstehen gab, dass sie bereits zuvor abgelehnt hatte.
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Nubis
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Nubis »

"Gut, dann macht mir einen Vorschlag, was ihr für Informationen bezüglich Nervi bieten wollen würdet. Allerdings würde mich auch interessieren, was euer ganz privates Interesse an Nervi ist, gerade weil ich dort nicht mehr ganz untätig bin. Was mich ganz persönlich interessieren würde, wäre unter anderem ein Kontakt zu einem oder auch mehreren unserer Art, die sich mit unserem Dasein auseinandersetzen. Tieferes versuchen zu ergründen und natürlich ein gewisses Alter erreicht haben, sodass daraus Weisheit gezogen werden konnte. Kein verehrter Ilario, Ferruccio oder Benedetto und auch nicht der sehr verehrte Lydiadas oder die höchst verehrte Aurore. Jemand, der mehr noch als sie unserem Ursprung nahe sind oder diesen zu greifen sucht. Aber solch jemand, womöglich auch noch aus einem anderen Kulturkreis, mag schwer zu finden und zu erreichen sein. Dies würde wahrscheinlich einen anderen Handel bedeuten. Ansonsten bin ich, wie schon gesagt, an Politik, vor allem zu Gunsten der Entwicklung der Domäne, stets interessiert. Oder weitreichendere Kenntnisse über...sagen wir...das höhere Sozialgefüge unter den unsrigen, welches sehr wahrscheinlich eher euer nächtlicher Umgang sein müsste. Oder ihr aufgrund eures Amtes diesen pflegt und pflegen müsst", meinte er ruhig. Er tippelte nicht mit den Fingern, waren diese noch nicht einmal unter all dem Stoff zu erkennen.

"Jedoch glaubt mir, wenn ich euch sage, dass der Vergleich der Baali sehr passend sein dürfte und ihr hier und da von falschen Informationen oder Annahmen ausgehen mögt. Der Vergleich funktioniert natürlich nicht, wenn ihr den Umgang zwischen euch und Ratten in Betracht zieht, das ist aber auch das falsche Verhältnis. Es funktioniert so, wie ich es euch gesagt habe. Und glaubt mir, ihr möchtet auch nicht unbedingt in einer Grube mit unzähligen Ratten gefangen sein. Ihr könntet Gefahr laufen zu erkennen, dass ihr sie ziemlich unterschätzt habt."

Er räusperte sich.
"Ausserdem gibt es Kainiten, die in der Tat zusammen arbeiten, eine gewisse Gemeinschaft bilden können und sei dies, weil sie ein gemeinsames, höheres Ziel besitzen. Auch unsere Gesellschaft würde anders nicht wirklich funktionieren. Ich nehme bei den Baali stark an, dass sie solch ein Ziel besitzen und gemeinsam dieses anstreben und somit interne Machtstreitereien untereinander dafür auch einmal ignorieren können. Nicht gänzlich natürlich, aber bis das Ziel erreicht ist. Laut Niccolo sind es mehrere und unter einem Anführer verbunden. Soviel dazu. Was sie zudem gefährlich macht, ist auch die Unkenntnis über ihre Fähigkeiten. Welche Domäne rühmt sich denn damit, die Baali schon vernichtet zu haben?"

Sein ernster, wenn auch ruhiger Blick, war noch immer nicht von ihr gewichen. Seine volle Aufmerksamkeit galt noch immer ihr und nicht etwa dem Gästehaus oder anderen Eindrücken.
"Ich sprach auch nicht davon, gemeinsam die Baali direkt zu bekämpfen, sondern in der Domäne etwas herzustellen, was eine gewisse Stabilität mit sich bringt. Ordnung ins Chaos zu bringen. Eine Grundlage dafür, sodass auch andere Domänen nicht mit dem Fingerzeig auf Genua deuten? Die liegt doch in eurem Aufgabenbereich? Oder nicht? Ich unterbreitete euch schon einmal ein solches oder ähnliches Angebot, doch kamen wir danach nicht wieder zusammen.
Und diese Grundlage liesse sich dann auch dafür nutzen, bessere Mittel gegen solche Feinde, wie die Baali zu schaffen. Für den direkten Kampf dagegen sollten andere Ämter sich in der Pflicht sehen."

Er setzte ab und zuckte leicht mit den Schultern.
"Ihr könnt euch dies einmal überlegen oder auch nicht. Was mich auch noch zu eurer anderen Frage, auf die ich bisher nicht eingegangen bin, bringt.
Ich habe im Moment ebenfalls wenig freie Zeit, um mich mit den Künsten zu beschäftigen. Es mag mir wie eine Ewigkeit vorkommen, als ich zuletzt einen Pinsel in den Händen hielt. Ich bin dabei, weiterhin für eine gewisse Ordnung in der Stadt zu sorgen, den Aufschwung weiter voranzubringen und ehemalige Lusttempel in etwas mit besserer Substanz und Ansehen zu verwandeln.
Den Wettbewerb würde ich an sich als eine erfreuliche Abwechslung sehen, wenn sich nicht ein dunkler Schleier darüber geworfen hätte in Form dieser Villa. Soll sie wirklich dem Sieger übergeben werden? Steht der Sieger schon im Vorfeld fest? Ansonsten frage ich mich, welchen tieferen Zweck die höchst verehrte Aurore damit im Sinn hat? Es muss einen geben. Sucht sie durch den Wettbewerb einen kreativen Geist, der mit Einfallsreichtum das Dunkel zu beherrschen vermag und dessen Wächter werden wird? Wisst ihr mehr darüber?"
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Iulia Cornelia
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Die Ventrue hörte dem Kappadozianer erneut zu, doch je länger dieser sprach, umso eher kam das Tippeln ihrer Daumen zurück. Es wirkte nicht im Geringsten als wäre Iulia nervös, denn dafür ruhte sie sichtlich zu sehr in sich. Auch der Rhythmus war erneut deutlich zu langsam dafür. Vielmehr schien es als würde die Harpyie schlicht abwarten bis Nubis mit seinem Worten fertig war. Womöglich dachte sie auch über etwas nach.

„Ihr hegt großen Zweifel, nicht nur gegen mich, sondern auch gegen meinen Erzeuger.“, stellte die Harpyie nüchtern fest, nachdem sie einen Moment geschwiegen hatte und ihre Finger zur Ruhe gekommen waren. Dann schüttelte sie sanft den Kopf, bevor sie meinte: „Allerdings nein, ich weiß nicht mehr über den Wettbewerb als auf der Veranstaltung bekannt gegeben wurde. Noch was ihr mit einem dunklen Schleier hinsichtlich der Villa meint. Lucio erwähnte, diese Vision die ihr auf der Veranstaltung hattet, soll durch seine Bekanntmachung ausgelöst worden sein? Dass diese sich stets die unpassendsten Zeitpunkte auswählen würden?“

Für einen Augenblick wirkte es, als würde sie nicht weiter auf die anderen Themen eingehen wollen, bevor sie nur schlicht erklärte: „Allerdings irrt ihr euch. Die genuesische Außenpolitik ist nicht Aufgabe der Harpyie.“ Auf andere Fragen oder auch Vermutungen des Kappadozianers ging die Ventrue offenkundig nicht ein. Entweder sie wollte nicht oder sie tat, was er selbst meinte, dies überdenken.
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Nubis
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Nubis »

"Weil ich mich nach dem tieferen Sinn erkundige?" er schüttelte sacht mit dem Kopf.
"Wenn ihr meint, ich hege grosse Zweifel an euch oder eurer Erzeugerin, dann denkt dies meinetwegen weiterhin. Allerdings solltet ihr begreifen, dass es einen Unterschied zwischen jenen gibt, die wahrlich zweifeln und dies auch nutzen, um gegen euch zu handeln und jenen, die schlicht und ergreifend versuchen zu ergründen, warum etwas getan wird und mitdenken oder Dinge durchdenken. Besonders wenn jene nicht als Berater hinzugezogen wurden, sich aber mit entsprechenden Fragen ebenfalls auseinandersetzen. Andere Gedanken zu Themen werden von manchem geschätzt, von manchem als Zweifel niedergeschmettert und abgetan. Ich kann euch natürlich nur stumm gegenüber sitzen und den Mund halten oder euch die ganze Zeit Lob huldigen. Allerdings weiss ich nicht, ob ich dafür auf Dauer der geeignete Gesprächspartner bin. Interessiert euch also meine Meinung, oder nicht?"

Er zuckte mit den Schultern.
"Und was die Visionen anbelangt, auch sie werden als Humbug oder Wahnvorstellung abgetan, besonders wenn sie das eigene Ohr oder Gemüt nicht erfreuen. Mir ist es schon oft so ergangen, warum sollte es jetzt auch anders sein? Oder steht ihr anders dazu?"

Auch wenn die Worte bei anderen vielleicht wütend oder zumindest emotional wiedergegeben werden würden, so war dies bei Nubis anders. Er sprach dies mit einer Ruhe und beinahe schon einer gewissen Gleichgültigkeit. Aber nicht wirklich. Hierzu gehörte eine gewisse Anstrengung und Zurückhaltung. Keine emotionale Gewichtung, denn dies hatte offensichtlich keinen Sinn. Er schien einfach mit Ruhe und Gelassenheit seinen Standpunkt zu präsentieren. Wichtig, dass es nicht durch anderes getrübt oder verfälscht wurde.
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Iulia Cornelia
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Ich hatte euch bisher nie das Wort verboten noch eure Meinung mir gegenüber kundzutun, oder?!“, erkundigte sich die Harpyie rhetorisch in einem ruhigen, vorwurfsfreien und unaufgeregten Tonfall.

Auf seine Frage hinsichtlich seiner Vision, schwieg sie einen Augenblick. „Ich habe meinen verlorenen Sohn durch das Können eines Orakels wiedergefunden. Nur durch dieses konnte ich seine sterblichen Überreste, die in ein viel zu flaches Grab im Wald gelegt, aufgescharrt und zerrissen von…“, begann die Harpyie, bevor sie eine kurze Sprechpause machte, als sie nach einem Wort zu suchen schien und es als: „Was auch immer...“, bezeichnete und abschließend meinte: „Worden waren, wiederfinden, bevor sie anderenfalls weiter würdelos vor sich hin verrottet wären. So konnte ich ihm wenigstens noch ein angemessenes Grab schenken und seiner Seele Frieden.“

Die Ventrue schwieg für einen Moment, bevor sie weiter zu verstehen gab: „Also ja, ich denke es gibt durchaus mehr zwischen Himmel und Erde, dem wir uns gewahr sind. Die Frage jedoch ist und bleibt, was diese Vision bei euch war. Welchen Ursprung sie hatte. Ob sie ein Segen, ein Fluch oder etwas gänzlich anderes ist und war.“ Iulia musterte für einen Moment den Kappadozianer schweigsam und sagte vorerst nichts weiter hierzu.
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Nubis
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Er betrachtete sie ruhig, wartete ab und antwortete vorerst auch nicht. Auch nicht mit einem Nicken oder dergleichen. Wenn etwas Kainiten gut konnten, dann still wie eine Leiche dasitzen.

Als sie von ihrem Sohn und dem Orakel sprach, durch dass sie ihn gefunden hatte - oder zumindest dessen Überreste nickte er nur knapp verstehend, blieb aber sonst weiterhin still. Worte wären doch nur störend gewesen, hätten sie unterbrochen in ihren Gedanken.

Auch ihr Schweigen unterbrach er nicht, liess sie zu Ende sprechen.

"Diese Visionen sind für jenen, für den sie gedacht sind, für jene, die das Eintretende möglicherweise verhindern können, wohl doch als Segen zu sehen. Schliesslich können sie versuchen die Zeichen zu deuten, sich darauf einzustellen und darauf zu reagieren. Für das Orakel allerdings. Nun, ich sehe sie ebenfalls als einen Segen, denn ich kann meinen Teil dazu leisten, sie zu übermitteln, festzuhalten und vielleicht auch im rechten Moment dagegen handeln. Jedoch ist es auch hin und wieder ein Fluch. Da die Visionen sich zwar kurz vorher ankündigen, aber zu kurz, um sie zu unterdrücken oder einen anderen Ort aufzusuchen. So störe ich auch einmal eine Veranstaltung Unsereins und erzürne Gastgeber damit. Etwas, das ich natürlich nicht möchte, doch eben auch nicht verhindern kann. Wenn sich die Vision mir und anderen mitteilen möchte, dann geschieht dies. Woher sie stammt? Mein Blut ist mit dem Tode verbunden, den Schicksalen der Sterblichen, aber auch unserer Art, denn auch wir können endgültig sterben. Die Visionen zeigen mir Geschehnisse, die eintreffen können oder werden und die etwas mit dem Verfall, dem Tod, der Auslöschung zu tun haben. Aspekte des Todes, nicht des Lebens.
Und in dieser Villa steckt ebenfalls etwas Übles. Geboren aus einer Welt, aus der nichts in diese geholt werden sollte. Was ich sah, deckt sich auch mit einigen Erfahrungen, die ich in der Villa schon sammeln durfte. Dieses Haus gehörte einst Acacia, die es Avelina schenkte, allerdings mit einem recht vergifteten Handel. Die Verräterin hatte etwas in diesem Haus hinterlassen, etwas im Keller, verbunden mit dem Tode und doch nicht. Tiefer gehend, gefährlicher. Etwas, welches ich ungern im Besitz von Kainiten wissen möchte, die damit nicht umzugehen wissen. Genausowenig aber auch bei jenen, die damit umgehen können, doch es nicht hüten, sondern gegen Unsereins einzusetzen weiss. In meiner Vision streifte das Dunkel aus den Tiefen des Hauses hervor, färbte die Strassen Genuas blutig, tauchte es in Chaos und Verderben."

Er endete und blickte sie ernst an, wartete ab, was sie nun sagen würde.
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Iulia Cornelia
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Iulia Cornelia »

„Seid unbesorgt, ihr habt mich nicht erzürnt, werter Nubis.“, erklärte die Ventrue mit einem einfühlsamen Klang in ihrer Stimme, bevor sie meinte: „Ich habe euch jedoch zu eurer eigenen Sicherheit aus dem Elysium bringen lassen. Einerseits, weil ich mir nicht sicher sein konnte, was diese Vision tatsächlich ausgelöst hatte. Andererseits weil manch ein Kainit euch für diese offenkundig am liebsten den Kopf abgerissen hätte, um hineinzusehen was wohl gerade darin vor sich gehen mag. Davon ab wollte ich, dass der Prinz sich so schnell als möglich selbst ein Bild darüber machen kann, denn die Worte, die ihr spracht, gaben offen gestanden Grund zur Sorge.“

„Ihr spracht mit einigen längeren Pausen dazwischen von einem Unheil der Tiefe. Straßen voll Blut. Alles verschlingend.“, gab sie ihm seine Worte wieder, bevor sie meinte: „Es fehlte mir auf Grund der gebotenen Eile die Möglichkeit eine genauere Untersuchung eures Zustands durchzuführen, doch Lucio berichtete mir später, dass ihr bereits auf dem Weg wieder erwacht wart, und letztlich mit eurem Diener dann eurer Wege gezogen seid.“ Es klang kein Vorwurf in ihren Worten. Vielmehr wirkte es, als beschriebe sie etwas sachlich.

„Ihr geht demnach davon aus, dass sich dieses Ding noch immer im Keller der Villa befinden muss?!“, fragte die Ventrue beinahe rhetorisch. „Doch was so eure Vision euch nicht die Zukunft zeigte, sondern die Vergangenheit? Denn die Ancilla soll bei ihrer Flucht 1034 mit den Kräften ihres Blutes eine alles verschlingende Dunkelheit heraufbeschworen haben, die unzähligen Sterblichen ihr Leben kostete und die Straßen Genuas blutrot färbte, bevor die Jahre der Jagd auf Unsereins und die Hungersnot, mit Chaos und Verderben gefolgt waren.“, meinte die Harpyie nachdenklich.
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Re: [1071] Visionen des Lebens und des Todes [Iulia, Nubis]

Beitrag von Nubis »

"Habt Dank dafür, abermals. Ich wollte euch keine Umstände bereiten. Zu schade, dass ich kein einziges Spiel verfolgen konnte. Es waren sicherlich ein paar spannende Partien dabei."

Sein Blick wirkte leicht betrübt, so tief verborgen in den Augenhöhlen.

"Bisher waren die Visionen stets die Zukunft, sogar weit vor uns liegend. Ich sah in einer anderen Glas auf den Tischen und in einer weiteren spiegelte sich alles in grossen Fenstern. Ich beriet mich auch schon mit einem anderen Orakel bezüclich Deutungen oder auch, wie sie festzuhalten seien.

Doch natürlich können sie auch andere Bedeutung haben. Die Vergangenheit kann man allerdings nicht ändern und es wäre zu töricht, dies als erledigt zu sehen, weil es einfacher ist, es mit der Vergangenheit zu verknüpfen, statt einer drohenden Zukunft."

Er seufzte, was wie das Rascheln von vielen Blättern Papier klang und zugleich wie ein tiefes Stöhnen vom Wind, der durch Mauerwerk fuhr.

"Diese Dunkelheit zog nur Sterbliche herab, nicht wahr? Doch meine Vision betrifft auch immer beide Seiten, Mensch und Kainit. Zudem hätte mir sicher Avelina dann 1034 oder 1035 eine Notiz über das Verschwinden dieses Makels mitgeteilt, wäre es mit Acacia verschwunden oder vernichtet worden."
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