[1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

[Juli '22]
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Giada Salvaza Rossi
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[1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Als eine Fortsetzung der Entwicklungen von hier: viewtopic.php?p=75733#p75733



Der Preis muss gezahlt werden.

Ilarios Worte hatten Giada begleitet, als sie in jener Nacht wieder zurückgekehrt war. Es klang richtig und wahr: Wo sie waren, konnte nicht zugleich Licht sein. Diese Welt aus Farben und Formen, Licht und dem greifbaren, fassbaren Stoff, aus dem sie von Gottes Hand gewoben war, war ihnen fremd.
“Es werde Licht…”, flüsterte Giada die Worte der Schöpfung aus der Bibel, den ersten Beginn, den Bruch der Unendlichkeit, indem Gott das Endliche erschuf. “...und Gott schied das Licht von der Finsternis.”

Dort hatte es begonnen. Die von Lasombras Blut trugen ein Erbe in sich, eine Schuld, welche aus jener Ewigen Finsternis vor und nach dem Licht entstanden war.

Sie nennen dies den Ewigen Feind.
Diese Worte Ilarios trug sie mit sich, wenn sie sich zum Gebet und zur Meditation niederließ. Ihr Ort dafür war steinern und kühl, doch nun trug sie auch ein Licht hierher, nur um es auszulöschen.
“Dieser Feind ist nicht ewig”, flüsterte sie der Finsternis zu, welche hinter der dünnen Fassade der Wirklichkeit lag. Für jene, die Lasombras Blut und Erbe nicht in sich trugen, war diese dünne Fassade die ganze Welt. Doch diese ganze Welt war vergänglich, der Teufel verdarb sie von innen, Zeit und Verfall nagten an ihr. Eines Tages würde sie enden, zum Jüngsten Gericht, und danach gäbe es keine Tage mehr.

Diese Worte wurden ihr zum Mantra, Trost und düstere Ahnung vom Ende aller Dinge zugleich. Eines Tages würden ihre eigenen Mühen vollständig vergeblich geworden sein. Doch jede einzelne war ihren Preis wert, hier und jetzt. Sie konnte nicht leugnen, was war. Sie konnte ihre Pflichten nicht abstreifen. Doch sie konnte lernen, sie zu verstehen.
Und so sprach sie ihr Gebet für die Finsternis:

”Dieser Feind ist nicht ewig,
Er hat einen Anfang und er hat ein Ende,
Seine Zeit ist abgezählt.”


Mit diesen Worten löschte sie das Licht aus, das sie mit sich getragen hatte, ein ums andere Mal. Es war ihre Hand, die es löschte. Es war ihr Blut, das sie mit der Finsternis verband.

Giada wusste nicht, wie oft sie diese Übung vollführt hatte. Es war nicht einfach: Die Rote Furcht ließ sich niemals ganz bezwingen. Doch dort, in ihrer eigenen, verborgenen Finsternis, konnte sie sich wappnen. Und wenn ihre Beherrschung brach, dann konnte sie sie zurück erkämpfen, handbreit für handbreit, mit jedem Funken ihres Willens. Es war nur eine kleine Flamme - dieser Feind ist nicht ewig.

Aus der Übung formte sie sich eine neue Stärke: Eine Stärke ihres Willens, ihrer Kontrolle und ihrer Bereitschaft, in Feuer und in Finsternis zu greifen, wenn es nur sein musste.
Der Preis muss gezahlt werden.




Sie sandte eine Botschaft an Ilario Contarini, als die Übung nicht weiter getrieben werden konnte ohne die Feuer zu vergrößern und damit zu etwa gänzlich anderem zu werden. Die Botschaft war dieses Mal kein Brief, doch sie wurde von einem ihrer Diener persönlich überbracht.

Tatsächlich handelte es sich um ein feines, metallbeschlagenes Kästchen. Es war innen mit schwarzem Stoff ausgekleidet, in dem sicher eingebettet eine einzelne Kerze lag. Die Kerze war offenkundig bereits einmal angezündet worden, doch jemand hatte sie wohl unsanft ausgelöscht: im oberen Ende war das vermutlich einst warme Wachs verformt vom Abdruck von Giadas Faust. Sie war bereit. Er würde das weitere bestimmen.
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Ilario
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Re: [1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Wieder ward Giada eingeladen Ilario in seiner Villa zu besuchen, eine stille Dienerin führte sie in seine Schreibstube. Dort waren Stühle, Pult und Tisch an die Wände des kleinen Raums gerückt. Auf dem blanken Boden waren mehrere konzentrische Kreise gezeichnet, um welche sich allerlei Symbole rankten. Manches mochte Giada bekannt vorkommen, manches nicht, waren darunter doch sowohl christliche wie ältere Schutzzeichen. Einige so fremdartig als hätten sie ihren Ursprung nicht in dieser Welt. Teils waren sie mit Asche, Teils mit Salz gezeichnet. Und dann war da noch der innere, sehr feine Kreis um Ilario selbst, der von feinem, schwarzem Sand war.

Der Hüter saß im Schneidersitz, den bleichen Oberkörper entblößt, die Augen dunkel wie der Abbyss selbst. Was jedoch die einsam flackernde Kerze vor ihm noch erhellte, war eine Tatuierung über dem Herzen. Umeinader verschlungene Linien tiefster Schwärze bildeten ein unsymmetrisches Muster, dem dennoch eine schwer definierbare Ordnung innewohnte.
Ilario deutete Giada ihm gegenüber Platz zu nehmen, die Kerze zwischen ih
nen. "Willkommen werte Giada, setzen wir fort... was begonnen wurde."
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Mit ihrer Verneigung ging Giadas Blick ging über die Szenerie, um diese zu erfassen. Die Worte Ilarios setzten sie in Bewegung. Darauf bedacht, nicht eine einzige der Linien zu kreuzen, Asche, Salz, Obsidian und Onyx, suchte sie behutsam ihren Weg. Sie erinnere sich an Bewegungen wie diese, kannte die eigenen Kreise, die sie zog, wusste und ahnte, was für Kräfte diese in Bahnen lenkten. Kräfte, die ihren Willen davonreißen konnten wie ein Laubblatt vom Sturm davongerissen wurde.

Ihr eigener Blick hatte war schwarz geworden, um zu sehen, was diese Welt so arglos überdeckte. Wohin er ihr deutete, ließ sie sich nieder, wie als Spiegelbild zu seiner Haltung. Ihre Spiegelbilder aus dem Licht dieser Welt hatten sie längst verloren.
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Ilario
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Re: [1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Als sie ihm gegenüber saß ruhte Ilarios Blick minutenlang auf Giada. Maß ihre Entschlossenheit und suchte nach Anzeichen von Zweifel. Erstere schien ihm gegeben wie es einer Nachfahrin der Totila und Schülerin des Lügners zukam, letztere suchte er vergeblich. Schließlich nickte der Ancilla langsam, der Dunkelheit ihn ihrer Blick gewahr.

"Nachdem ihr das Licht, die Flamme, ausgelöscht habt, öffnet euren Geist. Für einen kurzen Augenblick besteht eine Verbindung zu dem was wir Abbyss oder Abgrund nennen. Greift nach dem Hauch eines Schattens und ruft. Sendet den Ruf aus in die ewige Dunkelheit, Kraft eures Blutes. Ruft es, lockt es, zwingt es herbei! Ihr könnt Worte sprechen, in welcher Sprache auch immer, wenn es euch nutzt. Ihr müsst es nicht. Manchem gelingt es besser in Stille und innerer Einkehr. Formt in eurem Geist das Bild eines kleinen, Gestalt- und körperlosen Schattens. Ruft ihn aus dem euren, das ist einfacher."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Es gibt diesen Moment, nachdem das Licht gelöscht wurde. Der Verstand ist verloren und ein älterer, primitiverer Teil des Denkens will übernehmen. Giada kannte diesen Moment, denn sie war einmal ein Mensch gewesen. Doch sie kannte auch, was darauf folgte: Dieses Erkennen, dass die Dunkelheit aufblühte. Sie hatte kein bessere Wort dafür und vielleicht entzog es sich auch allen Worten.
Bis heute Nacht hatte sie nicht gewusst, dass dieser Moment eine Bedeutung hatte bis Ilario ihn beschrieb. Das bedeutete, dass auch er ihn kannte. Dass vielleicht sie alle ihn kannten, als Erben des Allerersten, der mit Blut und Macht nach dem Abgrund gegriffen hatte.

Giada öffnete ihren Geist gegen die Zwänge und Grenzen dieser festen Welt. Es kam einer Befreiung gleich. Etwas brach und sie konnte nicht sagen, was es war. Etwas griff nach ihr, nein sie griff danach. Ihre Hand schnellte vor, ihr Schatten war längst da. Wer zog und wer griff? In dieser festen Welt auf Farben und Klängen, Formen und Tiefen war sie die Herrin. Hier warf sie einen Schatten, hier löschte sie das Licht.

Und doch war es ein zähes Ringen. Es war als müsste mit ihren bloßen Fingern Wasser aus einem Brunnen zerren. Es war als versuchte sie, mit ihrem Willen eine Kette zu formen. Wer kettete sich an wen? Die Eckpfeiler des Daseins gingen verloren: Form, Farbe, Tiefe, Zeit. Für einen einzelnen schrecklichen Augenblick stand sie über dem Abgrund und schwankte.

Der Anblick von Ilarios Gestalt ihr gegenüber verankerte sie fest in dieser Welt. Sie hatte Pflichten, er erinnerte sie daran. Ihr Blut und ihr Erbe zeichneten ihren Weg vor und gaben ihr die Waffen in die Hände, die sie benötigte. Sie hob ihre Hand erneut. Stille und Einkehr halfen den meisten, so hatte Ilario es gesagt. Nicht ihr, nicht für dies. Mit der präzisen, unbarmherzigen Gewalt ihres Blutes und ihres Willens formte sie in ihrem Verstand jenes Bild eines Schattens, gestaltlos und klein, an eben jener Stelle, an welcher sie unter ihrer Hand die Kerze gelöscht hatte.


Wurf zur groben Einschätzung: 9, 8, 8, 5, 5, 5, 1
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Seresa
Brujah
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Re: [1071] Scholaren des Abgrunds III [Giada, Ilario]

Beitrag von Seresa »



Zusammenfassung:
Ilario und Giada trafen sich erneut zu einer Lehrstunde.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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