[1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

[Juli '22]
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Giada Salvaza Rossi
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[1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Ein bezahlter Bote erreicht Votori mit einer Nachricht für Valentino, den alten Jäger und Waldläufer. Wenn dieser nicht sogleich aufzufinden ist, gibt er die Botschaft dort ab, was für den kleinen Ort als Taverne oder Trinkhaus herhält.

Die Botschaft ist auch zugegebenermaßen simpel: Es handelt sich um ein Stück altes Holz, anscheinend den abgebrochenen Teil eines alten Ruderblattes so wie es auf einem kleinen Schiff oder Segelboot wohl gebraucht werden würde. Jemand hat eine simple Bootschaft mit dem Messer in das Holz geritzt:
“Es ist fertig. Zum nächsten Vollmond am Strand, an dem wir schon einmal aufbrachen.”
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Arash
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Arash »

Die Nachricht hatte Arash erreicht. Erst war er irritiert gewesen, dann aber wurde ihm Anhand des Holzes etwas klar und so war er beim nächsten Vollmond wieder an dem Strand, an dem er mit Giada das letzte Mal aufgebrochen war. Der Himmel war wolkenlos und bis auf eine milde Brise vom Meer lag die Luft still da. Auch der Strand war weit ab von den Dörfern und dementsprechend leer und friedlich. Langsam schritt er Barfuß durch den Sand. In dieser Nacht hatte er keinen Umhang bei sich. Keine Kapuze über dem Kopf. So waren die Ansätze der Hörner zwischen seinen Haaren deutlich zu erkennen. Seine sehnige Gestalt hob sich vom hellen Sand des Strandes im fahlen Mondlicht ab und die Brandung untermalte die Friedlichkeit. Und das obwohl sich hier zwei Raubtiere trafen. Die schon bei ihrem letzten Zusammentreffen beinahe Blut vergossen hätten. Seine grünen Augen schweiften über den Strand und suchten nach der Lasombra...und was auch immer sie...fertig hatte. Vielleicht ein neues Boot?
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Was Arash sehen konnte, waren die Umrisse eines Bootes - seines Bootes, soweit er sagen konnte. Der Mast und der Bug mit der Silhouette der Figur am Bugspriet sahen für ihn sicherlich vertraut aus. Es war nicht allzu weit entfernt festgemacht. Die Lasombra saß auf einem ausgeblichenen Stück Treibholz am Strand und starrte auf die See hinaus. Das Mondlicht ließ die Wellen noch schwärzer wirken, wo sie nicht silbern schimmerten, und es war diese Dunkelheit, auf die sie zu starren schien.
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Arash
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Arash »

Arash Blick streifte das Schiff nur kurz. Seine Augen weiteten sich und er begann zu verstehen, wieso er das Wrack nicht wiedergefunden hatte. Es schien wieder intakt zu sein. Sogar die Gallionsfigur schien wieder in altem Glanz zu erstrahlen. Etwas anderes aber ebenso erfreuliches. Seine Schritte trugen ihn hinüber zu Giada. Lautlos trat er hinter sie und richtete seinen Blick ebenfalls auf die Wellen. Eine Weile sagte er kein Wort. Lies nur das Geräusch der Brandung die Szene untermalen. "Wunderschön nicht wahr? Diese Schwärze. Die Kronen der Wellen...die Weite." flüsterte er dann. Durchbrach die Stille. Berührte Giada jedoch nicht.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ja.” Das Wort klang dunkel und sehnsüchtig zugleich.
“Es gibt Momente in diesen Nächten, in welchen ich in diese Schwärze eintauchen will, um all das Licht hinter mir zu lassen.”

Sie sah zu Arash und lud ihn mit einer Geste ein, sich zu ihr zu setzen. “Es gibt ein altes Lied”, sagte sie. “Ich bin keine geübte Sängerin. Doch ich will es für Euch singen.”
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Arash
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Arash »

Der Gangrel lies sich langsam und geschmeidig neben der Lasombra nieder. Dabei strich sein Blick noch einmal über die Erscheinung der Lasombra, bevor sich sein Blick wieder den Wellen und der See zuwandte. "Unter der Schwärze liegt mehr Langeweile, als ihr euch vorstellen könnt. Einsam ist es dort unten und leer. Ich war bereits dort." Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. "Aber euer Lied würde ich gerne hören."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada nickte kaum merklich bei seinen Worten über die Tiefe. Sie wollte fragen, mehr darüber wissen.
Doch sie wollte sich konzentrieren, hier und jetzt. Sie war nicht für Gesang oder Schönheit in die Nacht geholt worden. Oder dafür, eine zarte Ader oder feine Kunst zu zeigen. Mit kalter Distanziertheit bemerkte sie, dass sie Aufregung verspürte. Nervenkitzel. Womöglich würde er sie verspotten. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann etwas derartiges ihr das letzte Mal etwas bedeutet hatte.

Sie hob das Gesicht gen Nachthimmel und bleckte ihre Zähne. Wer sich von Ängsten knechten lässt, bleibt ewig ein Knecht, denn die Nacht schenkte endlose Schrecken. Sie räusperte sich einmal.

Und dann sang sie. Giadas Stimme war nicht schön. Sie war dunkel für die einer Frau und sie war den Gesang nicht gewohnt. Rauh konnte das klingen. Die Weise, die sie sang, folgte nicht der Melodie von hiesigen Liedern aus dem Volk oder sogar den Harmonien von Liedern aus der Kirche. Sie lag eine Spur …neben diesen Harmonien - oder vielleicht war auch das eine Folge der mangelnden Übung der Magistra. Das Lied klang alt und einsam. Seine einzige Begleitung war das Rollen der Wellen über dem Strand.

Ich will im Dunkeln wandeln, es zieht mich in die Nacht
Ich hab zu viele Nächte mit Lichtern zugebracht
Im Zwielicht ohne Farben ruh‘n meine Sinne aus
Nun führt mich meine Straße zur Dunkelheit nach Haus.


Giada sog die salzige Luft tief ein, um Raum genug für den Refrain des Liedes zu haben. Dieser klang froher als die Melodie zuvor - fast so als stamme er aus einem anderen Lied.

Wo tausend Träume tanzend und flüsternd um mich sind
Bin eines Schwures Erbe und eines Schatten Kind.


Während all der Zeit sah sie Arash nicht an. Sie wollte nicht stocken oder ins Zaudern geraten. Das Lied war tatsächlich alt. Es hatte einen neuen, einen tieferen Sinn erhalten, als sie in die Nacht geboren wurde, doch es hatte schon zuvor geklungen.

Die Nacht mit ihrer Stille breitet den Mantel mir
Ich fand meine Gedanken noch nie so klar wie hier
Nur der soll mich begleiten, der sich bei Nacht nicht scheut
Den so wie mich das Dunkel mit seinem Samt erfreut.


Sie sang freier, weil der Nervenkitzel nicht mehr gegen sie ankämpfte sondern stattdessen ihre Stimme trug. Wann immer man seine Angst besiegte, und sei sie noch so nichtig, wurde man stärker. Giadas letzter Refrain klang ein wenig nach diesem Triumph.

Wo tausend Träume tanzend und flüsternd um mich sind
Bin eines Schwures Erbe und eines Schatten Kind.
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Arash
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Arash »

Arash folgte Giadas Blick in den Nachthimmel und lies das Lied auf sich wirken. Er nahm die Melodie schnell auf und begann zu summen. Sein leises aber gleichzeitig raues Summen untermalte Giadas Worte ohne sie zu übertönen. Gleichzeitig schien der Gangrel diese Melodie instinktiv aufzunehmen.

Als die Magista geendet hatte lies Arash die Augen vorerst geschlossen. "Ein wunderschönes Lied." meinte er dann leise. "Diese Art der Lieder ist alt. Sie wird hier kaum gesungen. Nichtmal in meiner Heimat habe ich diese Melodien besonders oft gehört. Nur am Hof der höchst verehrten Breda vom Clan der Drachen hörte ich einst einen Clansbruder eine ähnliche Melodie bei einem Thing vorsingen."

Auch, wenn er das nicht musste, atmete er einmal tief durch, bevor er die Augen wieder öffnete und seinen Blick wieder an Giada wandte. "Euer Lied erzählt von Einsamkeit unter vielen. Von Reisen und Dunkelheit als Zuflucht." Ein Lächeln legte sich auf das Gesicht des Gangrels. "Ihr hättet in meinem Clan gute Chancen ausgewählt zu werden, wenn ihr nicht in den erhabenen goldenen Käfig gesperrt gewesen wärt."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ah”, machte Giada. “Verwechselt meine Herkunft und mein Blut nicht mit anderen. Ich bin gestorben für dies. Wortwörtlich habe ich den Tod gewählt und konnte nicht wissen, was genau dahinter warten würde. Meine Existenz hat einen Zweck, von dem ich glaube, dass er tiefer reicht als die Macht von diesem oder jenem Ahnen.”

Sie sah ihn offen an als versuchte sie, ihn unverstellt von all diesen Dingen anzusehen. “Für Euch jedoch muss es so wirken. Es waren die Worte des werten Baumeisters, die mir dies noch einmal klarer vor Augen führten. Für ihn und wohl auch für Euch muss es so wirken als säße ich in derselben Art von Käfig wie die wohlwerte Harpyie. Als wäre all dies eins und als wäre es verschlossen für Euch - oder nur schwer zu erreichen. Der Torzoll hinein mag so hoch scheinen, dass jemand mit dem Stolz Benjamins ihn nicht zu zahlen bereit sein mag.”

Sie strich über das ausgeblichene Treibholz. “Was ist an diesem Abend des Schachwettstreits tatsächlich geschehen? Dies zwischen dem werten Gabriel Ducas und Euch. Und ihr alle beide habt Euch spielen lassen wie eine der Figuren auf dem Brett gespielt wird.” Bevor Arash aufbrausen konnte, hob sie die Hand.

“Ich will Euch nicht rügen. Jeder von uns tut, was er muss. Die Preise, die wir zahlen, zahlen wir auch für Teile unserer Herzen und unserer Seele. Doch ich will verstehen, was geschah. Der Feind steht an Genuas Grenzen und Ihr seid die Geißel, welche die Grenzen schützt. Dieser Feind ist bekannt dafür, die Unzufriedenen zu korrumpieren, sie zu vereinnahmen, indem er ihnen schmeichelt und den verletzten Stolz kühlt. Was ich an jenem Abend sah, schien mir gefährlich.”
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Re: [1071] Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut [Arash, Giada]

Beitrag von Arash »

Arash musste leise Lachen, bei den Worten Giadas. "Ihr glaubt daran das eure Existenz zu mehr führt? Das ihr ein Schicksal habt das das eures Ahnen übersteigt?" Er schloss kurz die Augen und dachte darüber nach. "Ja...vielleicht ist das so. Vielleicht seit ihr zu höherem Bestimmt. Ihr wähltet das Geschenk der Nacht genau wie ich. Mir gab es die Macht jemandem vor einem Berglöwen zu retten. Ich bereue diese Entscheidung bis heute nicht." Sein Blick wandte sich wieder zu Giada. "Wie ist es bei euch?"

Bei ihren weiteren Worten ballte er die Faust und knirschte mit den Zähnen, stand dann aber ruckartig auf und machte zwei Schritte auf die Brandung zu, bevor er stehen blieb. Im fahlen Licht den Mondes zeichnete sich seine Gestalt deutlich von dem dunklen Wasser vor ihm ab. Es war fast wie ein silberner Schimmer der ihn einzuhüllen schien. Man konnte wie der Körper zitterte. Sicher nicht vor Kälte, eher vor Wut? Angestauten Emotionen? Konnte der Gangrel seine Gefühle kontrollieren? Schwer zu sagen und auch die weiteren Worten Giadas schienen keine Veränderung herbeizuführen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bevor sich Arash wieder umdrehte und sie mit seinen grünen Augen ansah. Resignation war in sein Gesicht geschrieben. "Wie ihr sagtet. Ich wurde gespielt wie ein Bauer beim Schach. Ich habe versucht einen Zug zu machen ohne zu begreifen, dass ich nicht der Spieler bin, sondern nur eine Figur auf dem Brett, ohne eigenen Willen."
Die Worte klangen verbittert und voller Trauer.

"Wenige sehen den Nutzen einer Geißel über einen heruntergekommen Haudrauf nicht." er zuckte mit den Schultern und setzte sich wieder. "Ich stehe in der Gunst des Prinzen nur unwesentlich höher als Benjamin...und dieser ist Bodensatz." er schüttelte den Kopf. "Ich habe mir nie viel aus diesen Spielen am Hof gemacht. Draußen in der Wildnis gelten andere Regeln...aber ich muss die Regeln lernen." Er setzte sich wieder und sah hinaus auf die weite See.

"Was ich mich aber noch frage." Sein Blick glitt wieder zu Giada hinüber. "Wieso seit ihr nicht der Feind? Viele sagen Aurore sei eurem Großerzeuger gegenüber Wortbrüchig geworden. Habe den Schwur zu Mailand gebrochen. Dennoch habt ihr Ambitionen Liktor in der Domäne zu werden." Er schüttelte wieder den Kopf, als würde all das nicht verstehen. "Würde ich die Seiten wechseln...wäre ich dann besser als der Prinz? Wäre ich dann besser, als eine Schwurbrecherin, weil ich meinen Schwur ihr gegenüber brechen würde?" er schüttelte den Kopf. "Meine Geschichte mit Aurore geht weiter zurück, als die meisten der Kainiten, die heute in der Domäne verweilen, sich erinnern."
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