Nach den ganzen Spielen und der Aufruhr bewegte sich Liviu etwas abseits der Massen in den Schatten der Nacht. Er holt tief Luft und ruft in gedämpfter Stimme:
„Medusa tua nos ad te allicit eximia forma, sed vultus tui nos ad lapidem vertunt“
Spoiler!
Medusa deine außergewöhnliche Schönheit lockt uns zu dir, aber deine Blicke lassen uns zu Stein verharren
Er holt noch einmal tief Luft und will sich wieder umdrehen um zurück gehen, als er plötzlichen jemand unbekanntes in der Nähe stehen sieht. Er geht dort hin und erkennt einen Mann, diesen nickt er zu und spricht diesen freundlich an.
„Entschuldigt, ich wollte euch nicht stören. Wenn ihr gestattet ich bin Liviu Cosma Neugeborener und Gelehrter des Clan Toreador, Erschaffen von Maria di Caltagirone, Anchilla des Clan Toreador. Gast dieser Domäne und einst Gelehrter und Heiler des Benediktiner Ordens. Ich hoffe euch nicht erschreckt zu haben.“
Vincente hatte das Spiel Gabriels, seines vorherigen Gesprächspartners, aus der Entfernung verfolgt, wollte jedoch nicht den ganzen Abend an dessen Rockzipfel hängen. Er hatte daher nur einen Teil der Spielzüge mitbekommen, zumal er auch den Rest der Gesellschaft im Blick behalten wollte.
Der Fremde, der gerade eine Partie gespielt hatte, trat in seine Nähe und schien zu sich selbst zu sprechen: „Medusa tua nos ad te allicit eximia forma, sed vultus tui nos ad lapidem vertunt.“ Als er sich als Liviu Cosma vorstellte, reagierte Vincente nicht sofort. Offenkundig war er noch mit den zuvor geäußerten Worten beschäftigt, da er lautlos die Lippen bewegte, ganz so als versuchte er die Worte der Kirchen in eine ihm bekannte Sprache zu übersetzen. Sein Kopf einigte sich auf etwas wie: „Medusa, dein ausgezeichneter Körper legt sich wie eine finstere Miene auf mich.“ Er sprach die Worte leise aus wie um zu testen, ob sie richtig schmeckten.
Dann fokussierte sich sein Blick auf sein Gegenüber und er besann sich auf seine Manieren. Er stellte sich ebenfalls vor: „Ein Gelehrter und Heiler?“, fragte er erfreut. „Wie schön eure werte Bekanntschaft zu machen. Ich bin Vincente Carlos, Neugeborener der Lasombra, Kind von Kasib Sami, Ancilla des Clan Lasombra.Erschreckt habt ihr mich nicht. Sagt, was haben die Worte, die ihr soeben gesagt habt, zu bedeuten? Ich fürchte ich werde aus ihnen nicht ganz schlau.“
„Verzeiht mir, ich war etwas angespannt und um habe aus einer griechischen Sage rezitiert. Medusa deine außergewöhnliche Schönheit lockt uns zu dir, aber deine Blicke lassen uns zu Stein verharren.“
„Wie gefällt euch der Abend, die Spiele und vor allem die Stadt. Ich bin selbst erst seit 7 Jahren hier und gehöre wie mein Schachpartner noch zu den Gästen. Mich hat damals die Art der Begrüßung etwas irritiert und vielleicht am Anfang auch etwas überfordert. Der Herold hat mich damals mit Informationen über die Stadt regelrecht überhäuft und der wohlwerte Nubis ist sehr gewissenhaft in seiner Arbeit. Die Stadt kann sich glücklich schätzen ihn zu haben“
Als Liviu sagte, dass er aus einer griechischen Sage zitiert hatte, hob Vincente staunend beide Augenbrauen. Entweder sein Gegenüber hatte eines der bekannteren Zitate aus der Sage zitiert – und Vincente war einfach nur zu ungebildet, als das er dieses hätte kennen können – oder Liviu konnte die Sage auswendig und könnte sie auch im Ganzen vortragen. Er würde dem nachgehen.
„Nun, es ist mein erster Abend in der Gesellschaft Genuas und später trete ich noch zum Turnier an. Ich bin daher etwas aufgeregt, denn ich bin noch ein Anfänger im Spiel. Da ich bisher nur den werten Herold Toma nach meinem Eintreffen in Genua kennengelernt habe, ist es interessant nun die anderen Persönlichkeiten zu treffen. Angesichts der Anzahl der Gäste werde ich nur leider nicht die Gelegenheit haben, um alle um ein Gespräch zu bitten. Schließlich hat eine Nacht nur begrenzte Stunden und kein Gastgeber wäre wohl in der Lage daran etwas zu ändern. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf weitere Veranstaltungen dieser Art, bieten sie doch viele Gelegenheiten.“ Er legte den Kopf etwas schief. „Euren Worten entnehme ich, dass ihr beim werten Herold Nubis vorstellig geworden seid? Sagt, ist das Beherrschen einer Kunst Teil des Herold-Amts?“, fragte er neugierig.
„Auch muss ich euch gestehen, dass ich das Zitat um Medusa nimmer erkannt hätte. Ich fürchte die Griechen mit ihren Sagen sind mir nicht vertraut. Lest ihr denn viele ihrer Werke?“, fragte er.
„Oh wie schön, ein weiterer Freund des Spiels und ich würde mich freuen, wenn wir auch ein Spiel zusammen machen könnten. Natürlich alles zu seiner Zeit und wenn ihr mögt, könnt ihr mich gerne in Votori besuchen. Das Dorf liegt im Westen. Diese Art von Veranstaltungen sind leider nicht ganz so häufig und eine gute Gelegenheit mehr kennen zu lernen ist die Personen anschreiben und den Brief im Elysium abzugeben.“
„Nein, die Beherrschung der Kunst ist nicht Teil des Herold´s und Kunst gibt es in einer ganzen Reihe unterschiedlicher Ausprägungsarten. Es liegt sozusagen im Auge des Betrachters und im weitesten Sinne kann Kunst jede Tätigkeit sein die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist sein. Wir sprechen auch von Heilkunst, Schwertkunst, Kunst der freien Rede und eine ganze Reihe von weiteren Künsten. Ich unterstütze alle Art von Kunst und genieß sie, wenn die Zeit dafür da ist. Ich erfreue mich besonders an der Buchkunst und Heilkunst.“
„Ja, ich schätze Bücher sehr und leider sind nur ein Teil der griechischen und arabischen Werke schon ins latinische übersetzt worden.“
„Gerne“, sagte Vincente. „Sofern es euch nicht stört, dass ihr mit einem Anfänger spielt. Mehr Übung wird meine Fähigkeiten in Sachen Schach auf lange Sicht sicher nur verbessern.“ Er lächelte.
„Ich selbst war leider noch nie in Votori, werde es jedoch sicher finden, wenn ihr mir eine Beschreibung des Treffpunktes gebt. Ist es denn von hier aus gut zu erreichen?“, fragte er. In Gedanken ging er die Gebiete durch, welche er schon kannte, und versuchte Votori auf seiner mentalen Landkarte zu verorten. „Es klingt fast so, als wärt ihr selbst nur selten in Genua. Halten euch die Geschäfte von der Stadt fern?“ Er klang ehrlich interessiert.
Als er die nächsten Sätze sprach, klang er ein wenig zögerlich und auch – ganz vielleicht – ein wenig verlegen. Hätte man ihn gefragt, so hätte er dies jedoch niemals zugegeben.
„Wenn ich eure Worte so höre, dann scheint ihr sehr belesen und gebildet zu sein“, begann er. Er ließ den Blick über die Gesellschaft wandern, bevor seine Augen wieder zu Liviu huschten. Wie viele von ihnen wohl Fremdsprachen beherrschten? Oder gar Sprachen längst untergegangener Völker? „Darf ich fragen, welche Sprachen ihr beherrscht? Außer die Sprache der Kirchen, die ihr eingangs zitiert habt?“ Eine erwartungsvolle Pause setze sein in welcher Vincente Liviu hoffnungsvoll ansah.
Zwischen den Sätzen gibt es kleinere Pausen, als ob kurz Luft holen müsste.
Spoiler!
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„Das stört nicht, im Gegenteil ich freue mich über jedes Spiel! Ich bin nämlich der Meinung, dass das Spiel das Ziel an sich ist. Selbst bei Spielen, die man unterliegt, lernt man eine Menge über das Spiel und vor allem seinem Mitspieler. Ich habe nur eine Abneigung, wenn man aufgibt oder kein wirkliches Interesse an dem Spiel zeigt.“
Nun nehmen die Pausen wieder mehr und mehr ab. Bis sie bei den letzten Sätzen nicht mehr auftauchen.
„Ich bin Heiler und habe dort ein Heilerhaus aufgebaut, um die Dorfbewohner zu helfen. Dieses werde ich noch eine Zeit Begleiten und bin daher seltener in Genua. Das wird sich in den nächsten Jahren aber wieder ändern. Von Genua aus der Küste entlang liegt erst Sancto Petro de Arena und dann folgt Votori.“
„Was die Sprachen angeht so natürlich Lateinisch & Italienisch und durch meine Reisen spreche ich etwas Arabisch, Griechisch, Normannisch“
Vincente bemerkte, dass Liviu ab und an kurze Pausen einlegen musste, bevor er ihm antwortete. Er war in diesem Fall jedoch diskret genug, um ihn nicht darauf anzusprechen. Wer auf Latein fluchte, der hatte sicherlich auch ein paar andere Eigenheiten. Er würde sich nicht daran stören, sofern er Antworten bekam. Und bisher erwies sich sein Gegenüber als überaus interessant. Eine Bekanntschaft, die sich lohnen könnte.
„Sehr schön, dann will ich gerne euer Spielpartner sein. Ich werde schauen, wie ich den Weg nach Votori am schnellsten beschreiten kann. In einer Nacht werde ich es jedoch wohl kaum zu euch und wieder in die Stadt zurück schaffen. Vielleicht wäre es möglich den Tag dann in einer sicheren Zuflucht im Ort zu verbringen? Möglicherweise könnt ihr mir sogar einen entsprechenden Ort empfehlen? Auch müsste ich natürlich auf die Jagd gehen. Gibt es im Gebiet einen Herrn bei dem ich meinen Besuch anmelden muss oder ist Reisen und Jagen dort für jeden frei?“ Vincente war tatsächlich selbst ein wenig darüber erstaunt, dass er sich auf den Besuch bei seinem neuen Bekannten freute. Nur das Hin und Her würde womöglich ein Problem darstellen, welches erst noch gelöst werden musste.
Dann fielen ihm wieder die Worte ein, die zuvor den Gästen verkündet worden waren. Irgendwas mit der Vergabe des Jagdrechts, wenn er sich recht entsann. Er wurde erst.
„Wo wir gerade bei der Frage nach dem Jagen sind“, begann er, „wurde vorhin nicht verkündet, dass es ein alleiniges Jagdrecht zu vergeben gibt? Ich glaube es war sogar Votori, das als die entsprechende Domäne genannt wurde. “
„Ja das habt ihr richtig vernommen. Offizielle kann man sich für das Gebiet melden, aber zu dem Jagdrecht gehört auch die Verteidigung des Gebietes vor den Ansprüchen Savona´s. Ich bin noch Gast, daher darf ich wie jeder mit diesem Status nur außerhalb jagen und sobald das Gebiet vergeben wird, darf ich auch in dem Dorf nicht mehr jagen. Aber durch die Ansprüche der beiden Städte ist es dort nicht ungefährlich. Vor allem in den Wäldern kann man auf gefährlichen Fallen stoßen und diese würde ich meiden. Für eine Unterkunft kann gesorgt werden oder wir treffen uns in Genua. Ein Spiel kann ich mitbringen und ein Tisch mit zwei Stühlen ist im Elysium auch an den normalen Abenden zu finden.“
„Es ist sehr gastfreundlich von euch, dass ihr euch um eine Unterkunft für mich kümmern würdet. Habt vielen Dank.“ Vincente wusste das Angebot sehr zu schätzen, zumal es ihm in Bezug auf den Besuch einiges erleichtern würde. Damit blieb die Wegstrecke, um die er sich würde kümmern müssen. Dass es in dem Gebiet Fallen gab, war auch eine wichtige Warnung.
„Nun, falls ihr nach Genua kommt und sich Zeit für eine Partie fände, so nehme ich das Angebot gerne an. Ich möchte euch aber keinesfalls alleine den womöglich beschwerlichen Reiseweg aufbürden! Ich werde bei nächster Gelegenheit Erkundigungen einholen wie auch ich euch unbeschadet besuchen kann. Dann könnten wir uns die Reise aufteilen und vielleicht sogar abwechseln, wenn es euch beliebt. Tatsächlich...“, er benetzte kurz die Lippen, bevor er weitersprach. „Tatsächlich wären regelmäßige Treffen, so es eure Zeit zulässt, für mich durchaus interessant. Wie ich bereits diesem kurzen Gespräch mit euch entnehmen kann, seid ihr auf einigen Gebieten recht bewandert. Mir wäre daran gelegen, solltet ihr Zeit finden, mir das ein oder andere beizubringen. Ich würde mich dafür natürlich entsprechend meinen Möglichkeiten erkenntlich zeigen.“
