[1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

[Juli '22]
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Ilario
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[1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Als Vincente zu einer seiner Übungsstunden mit Mariam im Elysium erschien, erwartete ihn an ihrer statt der Hüter selbst am Schachbrett. Angetan mit einer langen schwarzen Tunika, ebenso dunklen Beinlingen und Schuhen, waren die einzigen Akzente die von Ilarios blassem Gesicht ablenkten die silbernen Stickereien an den Säumen des Gewands. Seine schlanke Gestalt ruhte in einem der beiden Stühle die vor dem Tisch mit dem Schachspiel standen, Spielfiguren standen keine darauf.

"Ihr müsst der werte Vincente sein von dem Mariam sprach. Tretet näher und stellt euch gemäß der alten Bräuche vor."

Mit einer Geste seiner Rechten gab Ilario seinem Gast zu verstehen näher zu kommen. Er lächelte sacht, die Art und Weise wie Vincente um das Gespräch ersucht hatte, stimmte Ilario wohlgesonnen. Dieser Neugeborene war nicht auf den Kopf gefallen, wenn er da an die letzte Seefahrer-Lasombra dachte... konnte es eigentlich kaum schlimmer kommen.
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Vincente Carlos
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente war auf seinem Weg zum abendlichen Spiel mit Mariam durch die Gärten geschlendert, um sich auch an dieser Schönheit zu erfreuen. Als er zum festgelegten Spielort erschien, erblickte er statt der Schönheit selbst einen Mann, der ihm fremd war. Kurz überlegte er, ob er sich vielleicht im Datum geirrt hatte und er mit Mariam in einer anderen Nacht verabredet war. Aber er hatte sich in noch keiner Verabredung geirrt, warum sollte er also gerade in dieser Nacht damit anfangen?

Er hatte sich dem Spielort mit langsamen, fast schon gemütlichen Schritten genähert. Mit dieser Unerwartetheit konfrontiert blieb der Fuß, den er gerade noch vor sich auf dem Boden hatte absetzen wollen, einen Moment länger in der Luft schweben. Einem sehr aufmerksamen Beobachter wäre dies vielleicht aufgefallen, jedoch fing sich Vincente schnell wieder. Er blickte sich um, konnte Mariam jedoch nicht in der Nähe entdecken.

Dies ließ nur wenige Möglichkeiten offen:

Mariam war von ihrem Herrn mit einer dringenden Aufgabe betraut worden, die keinen Aufschub duldete. Dies erklärte jedoch nicht, warum sie nicht einen anderen Diener damit beauftragt hatte, hier auf ihn zu warten und ihm mitzuteilen, dass das Schachspiel heute leider entfallen musste. Sicher musste es auch in ihren Augen wie eine Beleidigung erscheinen, ihn auf diese Weise ohne eine Erklärung zu versetzen. Hoffte er.

Mariam war entführt worden oder tot – so oder so konnte sie keinem mehr mitteilen, dass man ihn doch bitte über das entfallene Spiel informieren sollte.

Mariam hatte hier auf ihn gewartet. Ein Unbekannter hatte sie überwältigt, getötet oder entführt. Sollte es Kampfspuren geben, so hatte er sie bisher nicht entdecken können.

Mariam hatte einen Geliebten und beim nächtlichen Stelldichein die Zeit aus den Augen verloren. Dergleichen würde er ihr verzeihen, war ihm doch der Einfluss der Lust auf das eigene Zeitempfinden nicht fremd.

Mariam war von einem anderen Kainiten gebeten worden, über das nächste Spiel informiert zu werden, damit er so Vincente an ihrer statt treffen konnte. Dies geschah entweder mit oder ohne das Wissen ihres Herrn.

Letztlich war es am wahrscheinlichsten, dass Mariam auf Anweisung gehandelt hatte und deshalb an diesem Abend nicht anwesend war.

So oder so ging Vincente nicht davon aus, dass der Fremde ihn wegen seiner herausragenden Schachkünste unbedingt hatte kennenlernen wollen. Es musste also einen anderen Grund für das Treffen geben. Er hatte eine Ahnung, um wen es sich bei dem Unbekannten handeln könnte. Sollte er mit dieser Vermutung richtig liegen, so war dies ein geschickter Zug. Vielleicht hoffte man ihn auf dem falschen Fuß zu erwischen?

Vincentes breites Lächeln zeigte Zähne, ohne dabei bedrohlich zu wirken. Tatsächlich erfreute er sich an den strategischen Künsten, die sein Gegenüber da genutzt hatte. Indem das Treffen nicht angekündigt worden war, befand sich Vincente nun im Nachteil, hatte er doch weder dem Treffen entgehen noch sich im Vorfeld darauf vorbereiten können. Hätte er einen Hut getragen, er hätte ihn in dieser Nacht anerkennend gelüftet.

Er blieb in gebührendem Abstand stehen, als der Fremde ihn ansprach und aufforderte sich vorzustellen. Kurze tranken seine Augen die Gestalt seines Gegenübers auf.

Er hat mich mit „Werter“ angesprochen, was hieße, dass wir den selben gesellschaftlichen Rang inne haben. Aber er hat nicht genickt und sitzt auch wie ein Herrscher, der einen Untergebenen empfängt. Den Namen hat er wahrscheinlich von Mariam genannt bekommen, oder er hat im Vorfeld bereits Erkundigungen über mich eingeholt, sinnierte er. Er ging in Gedanken das durch, was er bei seinem Treffen mit Herold Toma und auf dem Schachturnier durch Gabriel über Etikette an Wissen gewonnen hatte. Und musste feststellen, dass es noch immer kaum der Rede wert war. Jedenfalls war es nicht genug, um zu ergründen, warum er das Gefühl hatte, dass hier etwas nicht stimmte.

Letztlich könnte er die ganze Nacht und bis zum Morgen, an dem sie beide, ganz sicher aber er, zu Staub zerfallen würden, sein gedankliches Ratespiel spielen. Es würde ihm nichts nützen, da er nur Antworten bekam, wenn er mit dem Fremden sprach. Es blieb nur der Gang nach vorne, wollte er nicht wie ein grinsender, dümmlicher Idiot wirken und schweigen.

„Ich bin Vincente Carlos, Neugeborener aus dem Clan der Lasombra, Kind des Kasib Sami, Ancilla des Clan Lasombra“, stellte er sich vor. „Es ist mir eine Freude eine neue Bekanntschaft an diesem schönen Abend zu machen. Mit wem habe ich das Vergnügen?“ Er hoffte, dass ihm der Fremde mit seiner Antwort genügend Hinweise geben würde, damit er auf dem Parkett der gesellschaftlichen Etikette nicht ausrutschte und auf dem Gesicht landete. Sowohl im übertragenen Sinne, als auch im wörtlichen. Manch einer konnte bei einer falsch gewählten Anrede sich schnell dazu entschließen, den Boden mit dem Gesicht des anderen zu wischen. Er hatte nicht vor sein Gesicht an diesem Abend dafür herzuhalten.
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Ilario
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Das Lächeln blieb, es gefror nicht einmal ein wenig. "Pax noctis werter Vincente Carlos, Neugeborener aus dem Clan der Lasombra, Kind des Kasib Sami, Ancilla des Clan Lasombra." Nun erst wurde das Lächeln eine Nuance kühler. "Mariam sprach von euch, nichts Schlechtes, weshalb ich euch eure aus Unkenntnis geborene Vorsicht vergebe." Ilario schätzte, dass dieser hier kein Lasombra war dessen Erzeuger, oder der selbst, auf der Via Reaglis wandelte. In Sachen Förmlichkeit war noch Luft nach oben, aber er war auch nicht auf den Kopf gefallen.

"Ich bin Ilario Contarini, Zeichner der Wege, Hüter der genuesischen Elysien, Ancilla im Blut der Schatten, Kind des Lucius Valerius Galba, Ahn der Schatten zu Venedig, Kind des Magnus Sertorius Mamercus, Ahn im Blut der Schatten, Kind des Eremiten, Ahn im Blut der Schatten... und ich möchte mit ein Bild von euch machen."

Sodann deutete er Vincente zu sprechen und achtete gelichzeitig darauf, ob dieser wohl etwas essentielles versäumen würde. Dennoch war da noch immer dieses Lächeln.
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Vincente Carlos
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Vincente Carlos »

Als Vincente hörte, dass er mit Ilario Contarini einen Ancilla vor sich hatte, entspannte er sich für einen Moment. Endlich jemand, bei dem er in Sachen Etikette nicht gänzlich versagen würde, war doch schließlich sein eigener Erzeuger ebenfalls ein Ancilla. Rasch rief er sich in Erinnerung wie er sich Kasib Sami gegenüber zu verhalten hatte.

Dann verneigte er sich vor Ilario, ein wenig tiefer und ein wenig länger als vielleicht nötig, da er schließlich sein Gast war und Mariam ihn stets zuvorkommend behandelt hatte. Außerdem stand er bereits mit kleineren Gefallen in des anderen Schuld, da konnte es nicht schaden freundlich zu sein.

„Verehrter Herr,“ begann er auf Ilarios Zeichen hin zu sprechen, „es ist mir eine Ehre eure Bekanntschaft zu machen. Habt Dank, dass ihr mir meine Vorsicht verzeiht. So lasst auch mich noch einmal vollständig vorstellig werden. Vincente Carlos, Neugeborener aus dem Clan der Lasombra, Kind des Kasib Sami, Ancilla des Clan Lasombra, freigesprochen von Mohammad al Shaik, Ancilla des Clans der Schatten, Konsul Sardiniens, Diener Calistus, Ahn des Clans der Schatten und Prinz zu Pisa.“ Er blickte zu dem Stuhl, in dem er für gewöhnlich während des Schachspiels Platz nahm. „Ihr gestattet?“ Dass sich der Ancilla für ihn interessierte, ließ ihn aufhorchen. Für gewöhnlich wurde man von wichtigen Leuten nur bemerkt, wenn man ihnen auf die Füße trat und sie Anstoß daran nahmen, oder wenn sie Pläne hatten, die man für sie ausführen sollte. Er war gespannt.
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Ilario
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Vincentes vollständige Vorstellung quittierte Ilario mit einem wohlwollenden Nicken. "Nun denn werter Vincente Carlos, nehmt Platz. Euch mag verwundern, dass ich euch hier und heute erwartete, doch eure Treffen mit Mariam blieben nicht unbemerkt. Ein neuer Schatten den das Meer nach Genua trug weckt stets mein Interesse und dass der verehrte Mohammad al Shaik euch freisprach zeigt mir, dass ihr ein Mann von gewissen Qualitäten sein müsst. Also erzählt mit doch ein wenig von euch. Was treibt euch an? Was führt euch nach Genua und seid ihr, wie man annehmen könnte, ein Capitano oder anderweitig Mann der See?"

Ilario lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander, dabei betrachtete er noch einmal das Äußere seiners Gastes. Meistens gab dies einen Hinweis auf den Charakter eines Mannes oder einer Frau, manchmal täuschte es aber auch. Insbesondere bei Kainiten war es nie so einfach wie es schein.
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Vincente Carlos
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente machte es sich auf dem noch freien Sitz gemütlich, ohne dabei zu lümmeln oder derespektierlich zu sein. Dass er sich hier schon öfter zum Schachspielen getroffen hatte, hatte den Vorteil, dass ihm zumindest die Umgebung vertraut war. Damit konnte er seine ganze Aufmerksamkeit auf den Ancilla und das Gespräch richten – schließlich fühlte sich der Ort schon fast familiär an.

Er trug an diesem Abend ein cremefarbenes Oberteil mit kurzen Ärmeln. Dazu hatte er ein paar einfache Sandalen und eine dunkle Hose gewählt. Das Oberteil wurde an der Seite geschnürt und hatte einen tiefen Ausschnitt, dessen Rand mit einfachen, aber eleganten Mustern bestickt war. Es saß locker, sodass es auch an einer schwülen Nacht nicht unangenehm zu tragen war. Um die Taille hatte er sich einen Gürtel gebunden, der auch an diesem Abend durch verschiedene Seemannsknoten auffiel. Er trug diesmal keine Kette, allerdings hatte er um den Oberarm und das Handgelenk des rechten Arms einfachen Eisenschmuck angelegt. Wie die Ringe an seiner Hand bestanden auch diese aus grob gearbeiteten Schiffsnägeln. Der Schmuck war einfach und wild und bestach durch seine Schlichtheit. Auch würden die Ringe im Gesicht eines Angreifers für ordentlich Schaden sorgen.

„Lasst mich euch bei dieser Gelegenheit zunächst einmal persönlich danken, dass Mariam mich bei verschiedenen Gelegenheiten so kompetent und zuvorkommend unterstützt hat.“ Sicher hatte sie ihrem Herrn bereits mitgeteilt, dass er für ihre Dienste bei ihm dafür in der Schuld stand. Vielleicht war das ja auch einer der Gründe für das Treffen. Das Gespräch würde es sicher zeigen.

„Es freut mich auch, dass ich auch ihr in so guter Erinnerung geblieben bin, dass über mich nichts Schlechtes an euer Ohr gedrungen ist.“ Er hatte Mariam keineswegs so freundlich bei ihren Treffen behandelt, damit diese ein gutes Wort für ihn bei ihrem Herrn einlegte. Schleimen überließ er gerne anderen, außerdem schätze er sie als zu klug ein, um auf dergleichen hereinzufallen. Er fand sie einfach sympathisch und hatte ihre Freundlichkeit mit seiner bezahlt.

Es trat eine Pause ein, als er nach seiner Person, seinen Wünschen, Zielen und Plänen gefragt wurde. Nicht, weil er seine Geheimnisse sortierte, um sie dann sorgfältig zu verbergen, sondern um eine gute Antwort zu finden. Er versuchte seine Worte mit Bedacht zu wählen.

„Das Leben auf See ist mir vertraut, man könnte fast sagen, dass ich den Großteil meiner Leben auf See verbracht habe.“ Vielleicht habe ich deshalb diese Startschwierigkeiten in dieser Stadt. Landratten denken anders und mir steckt noch zu sehr das Meer in den Knochen, dachte er betrübt. „Das Meer ist launisch wie ein Weib, aber es bietet auch Freiheit, Vertrautheit und am Horizont wartet immer etwas Neues.“ Er schwelgte in ein paar besonders schönen Momenten. „Ich werde es sicher nie ganz aufgeben können, dafür hat es mich zu fest im Griff – wie eine geschickte Geliebte, die einen trotz bester Vorsätze immer wieder ins Bett lockt.“ Er lächelte. „Langfristig kann es jedoch nur zu meinem Vorteil sein, wenn ich mich auch an das Leben in der Stadt gewöhne und mir etwas eigenes aufbaue. Genua ist – soweit ich die Stadt bisher kennengelernt habe – eine sehr schöne Stadt.“ Sie hatte einen großen Hafen mit Handel, was für ihn ein Plus war. In seiner Heimat hatte er viele Bekannte und Freunde und auch einen guten Ruf, allerdings würde er dort auch immer nur das Kind seines Erzeugers sein. Wenn er seinen Ruf aus- und aufbauen wollte, so musste er sich auch in anderen Gebieten beweisen. Er musste nur ein paar freundlichere Kainiten in der Stadt finden, damit er hier nicht mehr ganz so auf verlorenem Posten und damit letztlich sicherer stand.

„Natürlich ist mein Aufenthalt an bestimmte Bedingungen geknüpft. Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen und ich benötige zwei Fürsprecher, damit ich auch nach Ablauf der 5-Jahres-Frist weiter hier leben darf.“ Dinge, die ich weder begonnen noch erfolgreich bekommen habe, dachte er wehmütig. Die Ereignisse auf dem Schachturnier haben sicher nicht geholfen, in diesen Aufgaben voranzukommen.
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Ilario
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Ilario hörte genau zu, las zwischen den Zeilen, und musterte den jüngeren Lasombra geraume Zeit. Er ließ ihn sprechen, schien Vincente doch kein besonders stiller Zeitgenosse zu sein. Ab und an nickte Ilario zu den Ausführungen seines Gastes und ließ am Schluss der Stille einen Moment Zeit den Raum zu erfüllen, ehe er selbst das Wort ergriff.

"Diese Aufgabe... welche hat man euch gestellt? Ihr solltet wissen, dass eine Erfüllung derselben nicht vonnöten ist um aufgenommen zu werden. Angegangen solltet ihr sie haben, euch bemühen und dies vorweisen können. Was nun die Fürsprecher betrifft, könnte ich eure Person jemandem anempfehlen oder es gar selbst in Erwägung ziehen, wenn ihr bis dahin eure Manieren aufpoliert habt. Wenn ihr vor die höchstverehrte Herrin Genuas tretet, darf euch kein Fehler unterlaufen."

Der tiefe Ernst der in des Hüter Blick lag sprach Bände. Nicht nur von dessen eigenem Anspruch was die Etikette anging, sondern auch was er davon hielt ungeschliffen vor die Ahnen zu treten. Mehrmals schon hatte Ilario erlebt was Neugeborenen dann widerfahren konnte. Dann faltete er seine Hände und sah Vincente einen Moment lang an, ehe er das Thema wechselte.


"Was ich suche ist ein Mann der See, jemand der ein paar Männer und Schiffe um sich sammeln kann und auch vor einem verwegenen Freibeuterstück nicht zurückscheut. Jemand der erledigt was eine Kriegsflotte nicht kann und den Feinden der Stadt und des Clans zusetzt."
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Vincente Carlos
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Mein Auftrag betrifft die Heiden Sardiniens. Ich soll sie missionieren“, gab er Auskunft zu seinem Auftrag. Er ging hier nicht ins Detail. Zum einen, weil der Herold selbst keine weiteren bedeutenden Details genannt hatte. Zum anderen, weil er schlichtweg noch nicht mit der Aufgabe begonnen hatte. Er sollte sich jedoch dringend um die Angelegenheit kümmern und zumindest mit seinem Erzeuger sprechen. Dabei hatte er noch so viel anderes zu tun, was ebenfalls nicht aufgeschoben werden sollte. Auf diese Weise würde er nie fertig werden – oder gar erst anfangen. Er würde die Aufgaben noch einmal neu priorisieren müssen.

Als die Sprache auf die Etikette kam, biss er kurz die Zähne zusammen und hoffte, dass sein Bart ein Zucken der Kiefermuskulatur gut kaschierte. Immer eckte er damit an – wenn Etikette eine Person wäre, so wäre er versucht diese in einem besonders dreckigem Brunnen zu ertränken, nur damit er sie endlich vom Hals hatte. Oder er konnte sie an einem Seil hinter einem Schiff herziehen, damit er zusehen konnte wie sich Haie und andere Fleischfresser des Meeres an ihr sättigten... Vincente ertappte sich dabei wie er gedanklich abschweifte und besann sich wieder auf den jetzigen Augenblick. Nun denn, die Gesellschaft der Nacht kam nicht ohne aus und er würde sich entsprechend fügen und anpassen müssen.

Das Lächeln, das er Ilario schenkte, war ein wenig schmallippiger und wehmütiger als zuvor. „Ich verstehe sehr wohl, dass niemand wollen würde, dass mein ungeschliffener gesellschaftlicher Umgang negativ auf ihn zurückfällt. Ich werde daher versuchen mehr Kontakt zur hiesigen Gesellschaft zu pflegen, um meine Manieren etwas zu polieren und entsprechend zu verfeinern.“ Schließlich kann ein jeder dem anderen nur bis vor die Stirn schauen, weshalb es dieser verbalen Bezeugungen des Respekts und Anerkennung von Rang bedarf. Selbst, wenn es sich dabei oft nur um reine Lippenbekenntnisse handeln dürfte.

„Allerdings weiß ich nicht wie ich euch von meinen … Verbesserungen des Umgangs informieren soll, falls ihr zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Führsprecherschaft in Erwägung ziehen wolltet. Möchtet ihr, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal bei euch diesbezüglich vorstellig werde?“

Als er den Auftrag Ilarios hörte, ließ Vincente die Worte des Anchilla zunächst auf sich wirken. Um die Zeit des Nachdenkens zu überbrücken - und weil dies offensichtlich ein längeres Gespräch nach sich ziehen würde – schüttelte er das Kissen in seinem Rücken ein wenig zurecht und schlug mit der Handkante eine akurate Falte hinein, bevor er es sich auf dem Stuhl wieder gemütlich machte.

Die Ellenbogen hatte er auf die Lehne gestellt, die Finger waren ineinander verschränkt und die Hände ruhten an seinem Kinn. Sacht tippte er diese gegen sein Kinn, während er nachdachte.

Da fragt jemand einen Piraten, ob er piratisieren möchte, dachte er und unterdrückte das Lachen, das wie sanfte Trommelschläge in seiner Brust erklang. Da hat jemand Humor. Ihm war bewusst, dass jede Risikoabwägung nichts nützte, solange er nicht mehr Informationen hatte.

„Nun“, begann er und nahm die Hände vom Kinn, damit seine Worte nicht genuschelt wurden. „Bevor ich euch sagen kann, ob ihr in mir fündig geworden seid, erklärt mir doch bitte, wen ich unter den Feinden der Stadt und des Clans Lasombra zu verstehen habe.“ Ohne zu wissen, ob er sich mit dieser Aufgabe geben seinen Erzeuger oder Freisprecher richten würde, hätten alle weiteren Fragen keinen Sinn, denn diese waren vorerst die dringendsten, bargen sie doch ein immenses Risiko für ihn.
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Ilario
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Ilario hörte zu, las auch zwischen den Zeilen und erwog seine knappe Antwort gut. Er nickte. "Entweder ihr stellt euch erneut meiner Beurteilung eurer Etikette oder überlasst dies Mariam. Wenn sie zufrieden ist sollte dies für einen etwas freigeistigeren Neugeborenen reichen."

Jene andere Frage Vincentes, auch dessen Vorsicht, ließ Ilario lächeln. Es war ein kaltes, freudloses Lächeln, getragen von der bitteren Gewissheit des Unlebens.

"Die Tedesci, Hardestadts Ventrue aus den Gebieten des ehemaligen Germanien. Sie dringen immer weiter nach Italien vor. Zur See überfallen und versenken sie wichtigen Nachschub der von Venedig über Sizilien und schließlich Genua gen Mailand geht. Das muss ein Ende haben."
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Seresa
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Re: [1071] schattige Aussichten [Vincente, Ilario]

Beitrag von Seresa »



Zusammenfassung:
Bei einer von Vincentes Übungsstunden erwartete Ilario seinen Clansbruder dort. Sie machten sich einander bekannt. Sie unterhielten sich darüber, was den Schatten nach Genua führte und wie dieser sein bisheriges Dasein verbracht hatte. Sie sprachen über Vincentes Aufgabe und dessen Möglichkeiten der Fürsprecher. Auch wurden die Feinde der Stadt, sowie des Clans Lasombra zum Thema.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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