[1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

[August '22]
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Virgile
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[1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Virgile »

Knarzende Balken und das Rauschen der Wellen begrüßen Virgile als die Nacht ihn wieder einmal weckte. Er wartete auf ein Zeichen und in dieser Nacht näherten sich Schritte, heute gefolgt von einem Klopfen auf der gut versiegelten Kiste, in der der junge Brujah seine erste Seefahrt überdauern sollte. Er antwortete mit einem Klopfen seinerseits. Man konnte das überraschte Zurückschrecken der Menschen regelrecht hören, genau wie ihren zögerlichen Versuch den Verschluss dieser Unterbringung aufzuhebeln.
Nach einem kräftigen Ruck erhellte trübes Fackellicht die Gestalt eines jungen Mannes, der sich ganz selbstverständlich aufrichtete. Vom Boden der Kiste nahm er zwei lange Messer auf, die er sogleich unter den lockeren Leinen seiner Gewandung verschwinden ließ, und ein Bündel, welches er in einen Umgang entwickelte und über seinen Rücken zusammen band.

Zwei Seemänner starrten Virgile ungläubig an, während er sich fertig machte und seine Gliedmaßen auflockerte, wagten aber nicht ihn anzusprechen, bis er selbst das Wort an sie richtete: “Das Schiff landet nach Einbruch der Nacht in Genua an und ich helfe euch dabei eure Ladung an Land zu bringen. So war die Abmachung. Also zeigt mir was zu tun ist.” Ohne zu antworten wurde Virgile aufs Deck geführt. Mit dem Kapitän wurden nur ein langer Blick und ein Nicken ausgetauscht, der dann seine Mannschaft mit aller möglichen Vorsicht das Schiff an einen der Stege Genuas anlegen ließ.

Das Geschäftliche interessierte Virgile wenig. Er beobachtete die Mannschaft bei ihrer Arbeit und sobald die ersten anfingen die Fracht an Land zu bringen, reihte sich Virgile zwischen die Arbeiter bis die Ladung komplett gelöscht war und er wort- und grußlos in die Stadt verschwand. Für seine Reise wurden ihm nur wenige Namen mitgegeben. Sein erstes Ziel sollte das A Tarda Ora sein. Er würde erwartet, hieß es. Also entwickelte Virgile seinen Umhang, zog ihn über Schulter und Haupt und begann seine erste Nacht auf diesen neuen Straßen.

Das A Tarda Ora war schnell erfragt, sobald Virgile den richtigen Teil der Stadt gefunden hatte. Auf dem Vorplatz der zweistöckigen Villa verweilte er für einen Moment und nahm das Gebäude in Augenschein. Er zählte Fenster und Türen, die Feuerkörbe auf dem Hof und die Wachen, deren Aufmerksamkeit er allmählich gewonnen haben sollte. Dann näherte er sich mit leichten Schritten dem offensichtlichen Haupteingang der Villa, gespannt wie die Wachen auf ihn reagieren würden.
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Nubis
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Vor dem A Tarda Ora, einem Gästehaus in Broglio, standen Wächter, die im Schutz der Feuerschalen ihrer Arbeit nachgingen. Stehen, in der Gegend herumspähen, ab und an auf den Boden spucken und den ein oder anderen, lästigen Passanten fortjagen.

Siehe da, da kam doch wieder ein seltsamer Kerl mit Umhang unter dem sich sicherlich auch einiges verbergen konnte. Kaum angekommen, wurde er sogleich verbal aufgehalten, denn einer der Wachen trat etwas vor, um noch etwas Platz zwischen Haus und diesem Fremden zu sichern.

"Hey, wo solls hingehen?" Seine Sprache war einfach und vom Leben der Strasse gezeichnet. So auch sein sonstiges Aussehen. Ein Wächter, wie er im Buche stand, einer, dessen Vergangenheit nicht sonderlich blumig gewesen war.
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Virgile
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Virgile »

Auf die forsche Anrede hielt Virgile kurz inne, um dann langsam seinen Umhang vom Kopf zu ziehen und sein Gesicht preiszugeben. Er musterte die Wache vor ihm mit unbeindrucktem Blick. Dabei fuhr er mit dem Zeigefinger über die Narbe auf seinem Nasenrücken und rieb nachdenklich sein Kinn, fast als würde er die Anzahl seiner Narben mit der der Wache vergleichen. Nach einem langen Moment der Stille formte sich ein leichtes, fast verständnisvolles Lächeln auf Virgiles Gesicht.

“Ihr macht gefährliche Arbeit hier und ich will eure Arbeit nicht schwieriger machen als sie schon ist.”, entgegnete Virgile der Wache in gedämpftem Ton, “Ich habe eine lange Reise hinter mir, ich bin kurz vorm Verhungern und das einzige was man mir gegeben hat, sind ein Ort und ein Name. Ich habe einen gewissen Nubis zu treffen. Im A Tarda Ora.”

Virgile zog seine andere Hand unter seinem Umhang hervor und zeigte damit auf die Tür hinter der Wache. Während das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand, führte er trocken fort: “Ich will also da rein und wenn du mir sagst, wo ich diesen Nubis finde, wäre ich dir sehr dankbar.”
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Nubis
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Wieder dieser Name...
Die Wache musterte noch einmal ihr Gegenüber, schliesslich war nun mehr zu sehen, als zuvor. Mehr Narben und ein Gesicht.
"Aha, willst da rein. So? Trägst du Waffen? Die sind hier in Broglio nicht gestattet. Falls also ja, wirst sie abgeben müssen."

Die Wache klang fordernd, aber durchaus auch etwas argwöhnisch. Hier kamen sicherlich oft sehr seltsame Gäste vorbei und so manch einer...nun, man wusste ja nie.
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Virgile
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Virgile »

Ein unzufriedenes Klicken seiner Zunge, gefolgt von einer leicht säuerlichen Miene, war Virgiles erste Antwort auf die Forderung des Wächters. “Nun, ich habe gesagt, dass ich euch keine Schwierigkeiten machen will…”, versicherte er dem Wächter. Dabei glitten Virgiles Hände zurück unter seinen Umhang, zwischen seine Gewänder und fast provokativ langsam zog er zwei lange Messer hervor, die er mit dem Griff zum Wächter gerichtet präsentierte.

“Hier habt ihr meine Waffen. Wenn ich gehe, erwarte ich sie zurück.” Sichtlich unzufrieden ließ sich der Neuankömmling seine Waffen abnehmen, nicht ohne dabei die Hände des Wächters genau zu beobachten. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, die Wächter noch mit einigen Fragen zu stochern: “Darf ich jetzt rein? Gibt es sonst noch irgendwas, das ich wissen sollte? Wisst ihr vielleicht wo sich hier in der Gegend Söldnervolk sammelt?''
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Nubis
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Die Wache nahm die Waffen entgegen und nickte knapp bestätigend. Auf die Fragen wollte oder konnte er nur begrenzt eingehen, doch da sein Gegenüber keine Schwierigkeiten machte, konnte wohl auch die Wache zuvorkommend sein und es zumindest versuchen.

"Ja, kannst nun zum Haus und da um Einlass bitten. Söldner kannst du sicher im Hafen finden, in den Tavernen treiben sich einige rum. Wenn du welche anheuern willst", auch wenn der Blick der Wache eher ausdrückte "sehr wahrscheinlich eher nicht", so fuhr der Mann dennoch fort, "dann kannst das in der Söldnerschule tun, die ist bei Borgio Incrociati, bisschen ausserhalb der neuen Stadtmauern."

Ohne Waffen und mit diesen wenigen Informationen durfte Virgile nun auch zum Haus. Ob er dort freundlicher empfangen werden würde?
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Virgile
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Virgile »

“Söldnerschule?”, wiederholte Virgile mit ungläubiger Miene, die sich darauf zu einem kurzen und heiteren Lachen ausweitete, “Ich hatte eher eine Schenke oder dergleichen erwartet. Aber eine Schule? Sicher lernen die dort besser als auf dem Feld. Ganz sicher. Besten Dank.” Sichtlich amüsiert klopfte Virgile der Wache freundschaftlich auf die Schulter, als er an ihm vorbei ging und inspizierte darauf die Türen der respektablen Villa.

Für einen kurzen Moment hielt er inne und kontrollierte, ob der Eingang verriegelt war. Tatsächlich war es eine ungewohnte Erfahrung für den immer noch recht jungen Brujah, auf einen Besuch in solch einem stattlichen Haus eingeladen zu sein. Noch ungewöhnlicher, dass er durch den Haupteingang eintreten durfte. Virgile beendete sein spontanes Sinnieren jedoch schnell mit einem Schulterzucken, legte Hand an die Tür und ließ sich selbst mit einem unnötig kräftigen Stoß in das Gästehaus ein. Während er sich umsah, ließ er die Tür wieder langsam und vorsichtig in ihren Rahmen zurückgleiten.

Mit anerkennendem Nicken schwenkte Virgile seinen Blick durch die Eingangshalle, über die blanken Fließen, die ihm sein Spiegelbild zeigten und entlang des eindrucksvollen Freskos an der Wand. Erst dann suchte er in der Halle nach jemandem, der ein grobes Eintreten bemerkt haben musste.
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Nubis
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Ein Mann mittleren Alters, der auf einem Schemel Platz genommen hatte, stand auf, als der Fremde eintrat. Der gut genährte Mann trat auf Virgile zu, jedoch nicht aufdringlich, denn er liess ihn erst einmal Eindrücke des Freskos und des Eingangsbereiches zu. Doch dann sprach er ihn an.

"Entschuldigt, seid ihr aufgrund einer Einladung hier?"

Die Haltung des Mannes war selbstsicher, jedoch auch zurückhaltend, freundlich. Er schien zu wissen, wie man an unbekannte Fremde herantreten konnte, ohne besonders eingeschüchtert, aber auch nicht zu erhaben zu wirken. Die Kleidung wies ihn als einen etwas besseren Diener oder Arbeiter aus, denn es war schon recht guter Stoff, der verwendet worden war. Die Mimik des Dieners war freundlich und zuvorkommend. Ein Lächeln auf den Lippen und eine prüfender, fragender Blick in den Augen.
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Virgile
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Virgile »

Nur kurz drehte sich Virgile dem Diener zu, um zu zeigen, dass er ihn wahrgenommen hatte. Dann schwenkte er weiter den Blick durch die Halle, als würde er die Architektur des Gebäudes begutachten. “Einladung?”, begann er in fragendem Ton, “Ich habe keinen Brief oder dergleichen dabei, wenn du das meinst. Man hat mir aufgetragen, mich im A Tarda Ora einem gewissen Nubis vorzustellen. Das A Tarda Ora habe ich wohl gefunden. Einen Nubis noch nicht.”

Nach ausreichender Begutachtung der Inneneinrichtung wendete sich Virgile dann wieder dem Diener direkt zu: “Man hat mir versichert, dass meine Ankunft bereits angekündigt wurde. Falls dieser Nubis hier im Haus ist, wäre ich sehr glücklich darüber, wenn du ihn findest und ihm mitteilst, dass Virgile angekommen ist und um ein Treffen bittet.” Nachdem Virgile seine Bitte geäußert hatte, hob er noch kurz den Zeigefinger, als hätte er noch einen Nachtrag zu machen. Da ihm aber wohl nichts Wichtiges mehr einfiel, zeigte er statt dessen auf den Diener und fügte noch eine weitere Frage an: “Du kennst jetzt meinen Namen. Wie lautet dein Name?”
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Nubis
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Re: [1072] Neue Straßen, alte Regeln [Virgile, Nubis]

Beitrag von Nubis »

Der Diener verfolgte mit seinem Blick den Fremden, blieb aber an Ort und Stelle stehen.
"Ah, der Herr Virgile. Ja, ihr wurdet angekündigt. Die zeitliche Komponente wurde nicht passend übermittelt, doch ihr habt Glück, denn der hochverehrte Herold ist anwesend. Mein Name ist nicht wichtig, jedoch da ihr ihn wissen wollt, Remigios."

Er blickte zu einer Treppe ins obere Stockwerk.
"Wenn ihr mir bitte folgen wollt?"

Der Diener führte Virgile die Stufen hinauf und ging mit ihm an ein paar Türen vorbei, bis er bei einer stehen blieb.
Dort klopfte er an, wendete sich dem Gast zu und meinte: "Ich werde euch ankündigen."
Dann schlüpfte er durch die Tür und war erst einmal im Raum verschwunden. Jedoch musste Virgile nicht lange warten und da stand der Diener schon wieder vor ihm, lächelte und hielt ihm die Tür auf.
"Der Herr erwartet euch."

Der Raum war nicht gross, bot zwei Stühlen und einem Tisch Raum. Auf dem Tisch lag Schreibmaterial, Wachbücher, Papier und Pergament, sowie ein tönernes Tintenfass mit Federkiel.
Am Tisch neben einem Stuhl stand ein Berg aus Stoffen, eine Gestalt, die aus dunklen Augenhöhlen und umgeben von farbigem und verzierten Tüchern, den Gast anstarrte. Das Flackern einer Öllampe liess die Regenbogenhaut der tief liegenden Augen ab und zu bernsteinfarben aufflackern.
Das Gesicht war nicht verdeckt durch eine Maske, denn diese hing an der Seite der Kleidung an einer dafür gefertigten Halterung. So zeigte sich das Totengesicht des Kappadozianers deutlich. Das Weiss der Knochen drang durch hauchdünne Haut, vereinzelt waren noch Muskeln zu erkennen. Auch die Zähne zeigten sich hier und da nach Aussen, wo sie sonst von Haut verdeckt war.
Der lange Stoff der Glockenärmel verdeckte vollständig die Hände. Auch die Füsse waren nicht zu sehen.

"Willkommen in Genua.
Ich bin Nubis, Herold zu Genua, Neugeborener im Blute des Todes, Kind von Bruder Martinus, Ancilla vom Blute Kappadozius, Kind von Hephaistos, Ahn vom Clan des Todes und Seneschall der Domäne Florenz.
Werter Virgile.... Mögt ihr euch zu Beginn etwas ausführlicher vorstellen?"
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