[1072] Actio recta non erit, nisi recta fuerit! [Vergonzo, Angelique]

[Vergonzo Faro]

Er hatte die Augen geschlossen als ihre Worte erklangen und ließ jede Silbe wohltuend in seinen Kopf schweben, sich geistig ein Bild von dem Gesagten aufbauend.
"Ein Bau der viel Wandlung durch gemacht hat. Wozu das ewige Feuer? Gibt es eine Legende dazu? Hat eine Göttin oder Kainitin den Menschen dieses Feuer geschenkt? Woher kam das Baumaterial für den Tempel?" und er brannten noch viele Fragen auf seiner Zunge doch er zügelte sich, war vielleicht sogar zu erschöpft und gönnte sich die Pause.

"Weiß man aus welchem Jahrhundert der Tempel ursprünglich stammt? Warst du mal dort?" die Augen waren noch immer geschlossen, als würde er darauf vertrauen bei Angelique in Sicherheit zu sein.

[Angelique]

Angelique lachte leise. "Nein. Das sind Lande, in denen Tomas Blutlinie und die der Gangrel stark ist. Da habe ich mich nicht getraut, hinzu pilgern. Weißt du, ich kann mich noch gut erinnern, als ich ein Menschenkind war und die Ungarn noch heidnische Mordbrenner, die bis in meine Heimat hinein Raubzüge machten. Ich traue ihnen irgendwie nicht, jetzt gute Christen geworden zu sein. So wie Aurore oder andere alte Vampire kaum mehr als ein Lippenbekenntnis zum Christentum gemacht haben."

Das untote Mädchen sinnierte. "Einst zu Zeiten Trojas und Mykenes waren die Tholoi Grabkammern. Es nur natürlich, dass dort welche von uns residierten und sich als Götzen verehren ließen.
Vesta oder Hestia, ist die jungfräuliche Göttin des Herdfeuers. Jedes römische Gebet schloss sie und Janus mit ein. Das Feuer ist Symbol ihrer Tugend.
Müller wie ich beteten zu ihr. Priapos wollte sie im Schlaf schänden."
Sie kicherte. "Soll ich so tun, als schliefe ich, mein Priapos?"

Sie sang leise und lieblich im Schatten des Monolithen des Janus:
"Dryope hatte vom Baum sich Blumen gepflückt, sie dem Söhnchen
Hinzugeben zum Spiel, und zu tun wie jene gedacht’ ich –
Denn ich begleitete sie –, da sah ich entfallen der Blüte
Tropfen von Blut und die Zweige bewegt von zitterndem Schauer.
Eine der Nymphen, wie nun erst säumige Bauern erzählten,
Lotis, hatte darin auf der Flucht vor Priapus’ Begierden
Ihren gewandelten Leib mit behaltenem Namen geborgen.
Nicht war dieses der Schwester bekannt, und erschrocken von hinnen
Wollte sie gehn und, die sie verehrt, die Nymphen verlassen,
Als anwurzelnd ihr Fuß festhing. Los will sie sich reißen,
Doch nur oben bewegt sie den Leib"

[Vergonzo Faro]

Er grinste als sie von Lippenbekenntnissen sprach aber antwortete nicht darauf.
Er sah es vermutlich ähnlich. Entweder man war verrückt wie Ferrucio und glaubte man würde glauben oder man sprach Lippenbekenntnisse. Alles andere erschien dem Nosferatu seltsam. In gewisserweise strafte er den Glauben mit jedem Tun und jeder Faser seines Seins. Denn wo war Gott bei all dem was er tat, das die Bibel Sünde nannte? Im Umkehrschluss glaubte er vielleicht doch oder wusste, aber er hatte die Wahrheit erkannt. Er war wer er war, ob durch Gottes Willen oder die angeblichen Sünden des Vaters. Dies sich selbst gegenüber abzulehnen und so zu tun, als sei man nicht verflucht und befreit worden, erschien ihm undenkbar.

"Glaubst du ich kann ein wenig über mein Kunstwerk erzählen auf dem Wettbewerb? Ich wollte es vermeiden nur von der Technik dahinter zu sprechen. Vielleicht kann ich etwas vortragen und du bewertest es und bestrafst mich wenn ich versage?"

Er kannte das Lied nicht das Angelique ihm sang, doch er genoß es und lauschte mit wohligem Gefühl im Bauch.
Dann sprach er mehr gehaucht:"Wer oder was war Troja und Mykene? Griechischer Glauben? Wann war das? Und Priapos? Ich glaube das ich ein schlechter Heiliger wäre." er kicherte.
Dann dachte er über das Lied nach.
"Verwandelte sie sich in einen Baum?" fragte er dann neugierig.

[Angelique]

"Ich denke schon. Brennende Büsche reden und Stäbe werden in Schlangen verwandelt in der Schrift. Scheint valide, die Annahme, angesichts des Bestiariums, in den sich auch unsere Art verwandeln kann.
Wenn Toma sich in einen Fleischbaum verwandeln würde, wäre ich wenig überrascht. Wo steckt der/die/das eigentlich? Lange nicht gesehen."

Sie überlegt kurz. "Das sind Städte in Asia Minor und Griechenland, die vor zweitausend Jahren waren, was heute Konstantinopel und Bagdad sind, inklusive der Feindschaft.
Und der griechische heidnische Glaube wurde von Kaiser Theodosius vor 700 Jahren verboten. Aber ihre Weisheiten leben weiter in der christlichen Lehre und in den Werken der Philosophen."

Sie lachte hell. "Werd nicht heilig! Ich habe lieber einen Priapos als einen Origenes. Und oh, ja, mach lieber Anekdoten als technische Details, die diese tumben Ein- und Halbgebildeten eh nicht versehen werden und sich langweilen."

[Vergonzo Faro]

"Ha, ich bin nicht gebildeter als die anderen." lachte er auf.
Dennoch hielt er sich nicht für dümmer. Er strich ihr sanft übers Haar.
"Ich frage mich manchmal was passieren muss, dass ich fragen finde, die du nicht beantworten kannst,...oder was ich mit dir tun müsste..." sein Augenlider schlossen sich halb als er in ihre tiefen alten Augen sah.
"Priapos also, ein schlimmer Finger wie." sprach er dann anerkennend...

Als das Lied getan war, trotz eines anderen Endes, flüsterte er ihr eine Antwort ins Ohr.

Dann sang er etwas, auch wenn es mehr fein gesprochen war als gesungen, schien es dennoch mehr zu sagen als man zu Anfang denken könnte.
"Als mal ein Ritter reiten ging vier trübe Tage lang, die Brote, die er mit bekam, er ziemlich schnell verschlang.
Tags drauf der Hunger plagte ihn, er wusste nicht wohin. An einem Baum ein Äpfelchen so rot und glänzend hing.
Der Tapfre nach dem Apfel griff und ihn mit Freuden aß. Zu dumm denn kurz darauf landet er unsanft im Gras!
Der Grund für diese Landung war der Apfel, sonnenklar. Das wunderschöne Äpfelchen unglaublich giftig war."

[Angelique]

Sie lachte hell und klatschte Hände.
Natürlich kannte sie das Lied und sang begeistert den Refrain:
"An dieser Stellle merket auf und seid so frei! Beachtet der Teufel steckt oft im Detail!
Der Teufel, ja der Teufel, der Teufel steckt oft im Detail!
Der Teufel, ja der Teufel, der Teufel steckt oft im Detail!"

Sie sang dann die zweite Strophe:
"Ein Henker nun seit Jahren schon die Urteile vollstreckt, hat manchem Dieb und Duivelspack die Hälse langgereckt.
In dem Beruf verlangte ihn nach Innovation, drum bastelte er Jahre lang an nem neuen Knoten schon.
Und als der Knoten fertig war, der Henker sprach zum Knecht:“Hey Du, hol einen Schemel, denn testen will ich,
ob der Knoten gut oder ob er schlecht!“
Er schwang sich auf den Hocker und den Hals in seine Schling und weil ein Bein vom Hocker locker er im Bodenlosen hing."

[Vergonzo Faro]

Die wulstigen Lippen bewegten sich als er lautlos mitsang als Angelique das Lied weiter trällerte, sein Klopfen mit der Hand im Takt.
Erinnerungen die so ewig zurück lagen, dass sie beinahe Fremd und unwirklich wirkten, doch für einen Moment gelang es dem Orakel ihn wieder zurück zu versetzen in dieses alte Leben.

Er lächelte sie an und legte den Kopf schief.
"So belanglos wie es für den einfachen Geist erscheinen mag, so treffend sind diese Worte wenn man erkennt, dass sie eine treffliche Umschreibung dafür sind, was unsereins Schicksal betrifft. Wenn nur nur ein Bein locker, vom Hocker auf dem man steht..."

Er streifte den Gedanken mit einer Geste beiseite und richtete eine Frage an das Mondenkind.
"Kann ich dir zu gegebener Zeit meine Rede für den Wettbewerb zur Korrektur vortragen?"

[Angelique]

"Klar, aber bedenke, dass wir das zur eigenen und der Erbauung anderer machen", mahnte sie.
"Wir sind nicht dabei, um zu gewinnen.
Der Sieger steht bereits vorher fest und wird keiner der sogenannten niederen Familien sein."

[Vergonzo Faro]

Er nickte.
"Ich danke dir. Und ja, ich nehme Teil damit es einen Beitrag mehr gibt und um Dinge zu sagen ohne direkte Worte dafür zu benutzen, nicht um zu gewinnen. Gewonnen habe ich bereits, da meine Worte gehört werden und manch einer die Aussage dahinter verstehen wird."
Dann streckte er die alten Knochen durch und richtete den Blick in den Himmel. Die Nacht würde nicht mehr lange andauern.

[Angelique]

"So mache ich das auch. Die meisten verstehen nur nicht. Wahrscheinlich gut so. Die wenigsten Vampire können mit Satire umgehen.
Oder gar, dass sie nicht verstehen, dass sie verhohnepiepelt werden."

Sie gab dem Buckligen ein Küsschen.
"Bis zum nächsten Treffen, Schatz!"

Dann entschwand sie trällernd und tanzend in die Nacht.