[1073] Vorlesung im Elysium [Gabriel, Virgile]

[Gabriel Ducas]

Einer seiner regelmäßigen Besuche im Elysium stand an. Er hatte die ersten Stunden der Nacht, noch über einem kleinen Mosaik gebrütet und dieses entnervt aufgegeben. Vielleicht würde ein Spaziergang seine Gedanken klären und er könnte den passenden Stein finden. Vielleicht eine andere Farbe? grübelnd lief er, beinahe schlafwandlerisch in Richtung Ravecca. Umging Clavicula auf seinem Weg und bog hier und da sinnlos ab. Seine Schritte waren fest und für einen Beobachter mochte diese Person wohl nicht als betrunken gelten, dennoch ergab sein Weg durch die Stadt keinen Sinn. Er ging an San Ambrosio vorbei in Richtung San Donato, ehe er abbog, am Rande Claviculas entlang ging und schließlich über San Damiano wieder zurück in Richtung Ravecca ging. Vielleicht finde ich im Garten eine Lösung. dachte er als er den Giardino della Rosa silenziosa betrat. Wie so häufig zeigte sein weißes Oberhemd einige Farbflecken, die gröbsten hatte er versucht mit einer ledernen Weste zu überdecken. Das Schuhwerk und die knielange Hose waren ebenfalls aus Leder und an einigen Stellen geflickt. Er hatte in den Sommermonaten auf seinen typischen Umhang verzichtet und ging mit ruhigen Schritten durch den Gang aus Holzbögen. Tief sog er den Geruch der Rosen ein und lenkte seine Schritte, wie immer, in Richtung Anschlagtafel. Mit einem freundlichen nicken begrüßte er Mariam und traf sich mit ihr an den Aushängen, um ihrer Stimme zu lauschen und sich, sofern es Neuigkeiten gab, diese vorlesen zu lassen.

[Virgile]

“Wartet doch kurz.” meldete sich Virgile in ruhigem Ton noch bevor Mariam anfangen konnte Gabriels Bitte nachzukommen. Er musste die beiden im Garten gesehen haben und war ihnen zur Anschlagtafel gefolgt. Während er näher trat, zog er seinen Umhang von seinem Haupt, zeigte sein Gesicht zusammen mit dem wilden Haarschopf und stellte sich so auf, dass Mariam leicht versetzt zwischen ihm und Gabriel stand.

Mit einem langsamen und deutlichen Nicken grüßte er Gabriel, wobei er ihn gleichzeitig von Kopf bis Fuß musterte. Dann wendete Virgile seinen Blick den Anschlägen zu und führte fort: “Warum sparen wir der guten Mariam nicht die Mühe, das alles zweimal vorzulesen und hören uns gemeinsam an, was da geschrieben steht?”. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schien einen Moment lang darauf zu warten, dass Mariam beginnen würde. Doch die folgende Stille erinnerte den jungen Brujah wohl daran, etwas vergessen zu haben.

“Ah, richtig…”, murmelte er, in einem Ton als hätte er etwas Lästiges vergessen und wandte sich dann deutlich an Gabriel, “Bitte entschuldigt. Ich bin Virgile, Kind von Mélisande, vom Clan der Brujah. Ein mehr oder weniger neuer Gast hier in Genua.” Nach seiner knappen Vorstellung streckte Virgile seine rechte Hand Gabriel entgegen. Ob er damit einfach nur das Wort weiterreichen wollte oder einen Händedruck erwartete, war jedoch kaum zu unterscheiden. “Und ihr seid?”

[Gabriel Ducas]

Mit einer schnellen Bewegung erfasste er die Stimme des hinzutretenden und musterte diesen. Ein kurzes Blitzen in den Augen war zu vernehmen als sich Virgile vorstellte und der rechte Mundwinkel hob sich zu einem einseitigen Lächeln. Kannte Gabriel seinen Clansbruder etwa? Er erwiderte das Nicken. „Aber natürlich. Wie sich die Wege doch kreuzen…“ seiner Stimme fehlte die sonstige Geschäftstüchtigkeit, es klang vielmehr als würde er mit einem alten Bekannten sprechen. Er schmunzelte noch einmal, bevor er sich seinerseits vorstellte. „Gabriel Ducas, Neugeborener vom Clan der Gelehrten, Kind von Canissa von Catania, Kind von Xanthus dem Wissenden. Aus der Linie von Syphax von Karthago. Ich hatte das Vergnügen eurer Freisprechung beiwohnen zu dürfen. Unglücklicherweise fanden wir bislang noch nicht die Gelegenheit zu einem Gespräch. Es freut mich das meine Geschwister ihren Weg nach Genua finden.“

Er legte das Handgelenk der rechten Hand hinter seinem Rücken in die linke Hand und nickte Mariam einen Moment zu, um dieser zu signalisieren, dass sie beginnen konnte. „Sofern es eure Zeit erlaubt, könnten wir hiernach einiges nachholen. Wir sollten die freundliche Hilfe der Dame nicht über Gebühr beanspruchen.“

[Virgile]

Gabriels Vorschlag folgend, wandte Virgile seine Aufmerksamkeit Mariam zu. Während sie die Anschläge vorlas, strengte er sein Gedächtnis auf der Suche nach einer Erinnerung an seine Freisprechung an. Mit einem leichten Kopfschütteln verwarf er aber diesen Versuch und wartete bis Mariam zu Ende gesprochen hatte, um sich dann recht zügig bei ihr zu bedanken und ihr zu bedeuten, dass sie sich nun entschuldigen dürfte. Sobald sie sich verabschiedet hatte, wandte sich Virgile wieder Gabriel zu.

“Ich hoffe es kränkt euch nicht zu sehr, dass ich mich leider nicht an euch erinnere werter Gabriel. Bei meiner Freisprechung war ich damit beschäftigt nichts Falsches zu sagen. Den Luxus mir Gesichter zu merken, von denen ich nicht wusste, ob und wann ich sie wiedersehe, hatte ich nicht.”, er unterbrach kurz, um Gabriel noch einmal nachdenklich zu mustern, bevor er weitersprach, “Ich muss aber sagen, dass sich diese Begegnung nicht wie ein Zufall anfühlt. Wenn es also nicht das Schicksal ist, das uns hier zusammengebracht hat, dann werden es die Älteren sein, welche da über uns stehen. Es fragt sich nur, warum?”

Mit misstrauischer Miene schaute sich Virgile an dieser Stelle um, als würde er nach fremden Zuhörern suchen. “Was haltet ihr davon, wenn wir uns eine ruhigere Ecke im Elysium suchen, um weiterzureden?”, dabei zeigte er in Richtung des Gartens, “Ich hatte bisher noch nicht die Gelegenheit für ein Gespräch im Irrgarten und ich habe das Gefühl, es muss nicht jeder unseren Geschichten lauschen.”

[Gabriel Ducas]

Gabriels Aufmerksamkeit sank alsbald. Offenbar gab es wohl keine Aushänge, die er nicht schon kannte und so wartete und beobachtete er stillschweigend sowohl Virgile als auch Mariam. Als die Dame schließlich geendet hatte, nickte auch Gabriel ihr zu und wandte sich danach wieder an seinen Clansbruder. Auf die Aussage nach einer möglichen Kränkung lächelte er nur und schüttelte den Kopf. Ein falsches Wort bei der Freisprechung kann in Catania sehr endgültige Folgen haben. pflichtete er Virgile in Gedanken bei.

„Nun was in den Nächten ist schon wahrlich Zufall? Ich kann zumindest sagen, dass ich von eurer Ankunft keine Kenntnis hatte.“ antwortete er bedacht und beobachtete, wie sich Virgile umsah und tat es ihm gleich. „Nun ganz gleich ob Schicksal oder die Älteren. Wir können unser Gespräch gern fortsetzen…“ sprach er und begab sich in Richtung des Gartens. „…ich selbst habe den Irrgarten noch nie aufgesucht. Ich hoffe eure Anreise war ruhig und eure ersten Schritte in der Stadt verliefen nach euren Wünschen? Es gibt so viele Fragen und so viel zu besprechen.“ mit ruhigen Schritten ging er zum Irrgarten. „Bitte.“ mit einer auffordernden Geste ließ er Virgile den Vortritt und erst danach schloss sich Gabriel an.

[Virgile]

“So viel zu besprechen…”, wiederholte Virgile in leisem Murmeln und machte sich auf den Weg zum Eingang des Irrgartens. Mehr als ein paar flüchtige Blicke hatte er bisher auch nicht in den Irrgarten geworfen, aber besser als offen im Elysium herumstehen war er sicher. Auf Gabriels Geste hin trat er als Erster ein und schlenderte langsam um die erste Biegung. Dabei schaute er sich noch einmal um und lauschte nach nahen Stimmen.

Die folgende Stille entlockte ihm ein zufriedenes Nicken und so wendete er sich wieder an Gabriel: “Nun werter Gabriel, ihr sagt, es gibt viel zu besprechen. Ich denke aber, dass ich nicht besonders viel Interessantes zu sagen habe. Meine Anreise habe ich überlebt und sie war sonst recht langweilig. Der Herold war etwas steif für meinen Geschmack, aber recht zuvorkommend. Es gibt also nichts, worüber ich mich beschweren sollte. Wie steht es bei euch? Ist die Stadt gut zu euch? Bei meiner Anreise habe ich von einem Liktor vom Clan der Gelehrten gehört. Der Name fällt mir gerade nicht mehr ein. Seid ihr das?”

Virgile folgte dem Pfad des Irrgartens, während er seine Fragen an Gabriel richtete. Dabei wählte er den Weg so, dass er wohl mit voller Absicht jede Sackgasse des Irrgartens genau einmal erreichte. An einigen Stellen kontrollierte er die wohl gepflegte Hecke, schien zu prüfen, wie einfach man hindurchblicken konnte. Bei den Kehrtwenden an den Sackgassen hielt er stets bedachten Blickkontakt mit Gabriel, aber sonst konzentrierte er sich auf die Umgebung.

[Gabriel Ducas]

Gabriel folgte seinem Clansbruder und schien keinen Anstoß daran zu nehmen das dieser offenbar jede Sackgasse ansteuerte. Er selbst war noch nie in dem Irrgarten und wusste selbst nicht so genau wie der Weg zu der Bank im inneren am schnellsten zu bewältigen war. Bei den Kehrtwenden lächelte er ahnungslos und zuckte mit den Schultern.

„Eine Reise ist doch immer auch ein Erlebnis. Aber es freut mich das es keine Beschwerden eurerseits gibt. Die Herolde verrichten nach außen hin Dienst nach Vorschrift, doch ich bin mir sicher, dass sie bereits ein erstes Urteil über jeden Neuankömmling fällen.“ als sie schließlich das innere erreicht hatten, nahm Gabriel platz und sah Virgile auffordernd an. Wenn dieser sich schließlich entschieden hätte, fuhr er fort. „Der Name des Liktors…oder vielmehr Hilfsliktors ist Salvador. Es ist ihm untersagt die Stadt zu betreten und er verrichtet seinen Dienst auf See. Vielleicht können wir ihn einmal gemeinsam aufsuchen? Sagt, habt ihr bereits eine Aufgabe erhalten oder gar schon Fürsprecher gewinnen können?“ Gabriel klang sichtlich interessiert und beinahe ein wenig fürsorglich als er ergänzte. „Solltet ihr Fragen haben oder Unterstützung benötigen, zögert bitte nicht mich zu kontaktieren. Es wäre mir eine Freude.“ dann lehnte er sich entspannt zurück und betrachtete die Hecken um sie herum. „Was führt euch nach Genua und wie steht es um Catania? Wie geht es eurer verehrten Erzeugerin? Bestellt ihr doch bitte meine freundlichen Grüße und, sollte es möglich sein, wäre es mir ein Vergnügen sie treffen zu dürfen.“

Die Stimme des Gelehrten verblieb freundlich wurde nun jedoch auch etwas geschäftiger. Ein erster Handel? Wird er eine Gegenleistung fordern? Interessiert wandte er seinen Blick nun auf seinen Clansbruder und ließ diesem Raum zu antworten.

[Gabriel Ducas]

Zusammenfassung: Gabriel trifft im Elysium auf seinen Clansbruder Virgile, der ebenfalls aus Catania stammt und dessen Freisprechung er beiwohnte. Man spricht ein wenig über die alte Heimat und jeder geht danach wieder seiner Wege.