[1075] Treffpunkt Hafenkante [Fiamma, Gabriel]

[Gabriel Ducas]

Auf ihre Frage nach seinem Befinden betrachtete er sie erstaunt. Er öffnete den Mund und schwieg für einen Moment, ehe er mit einem Lächeln antwortete. „Ja. Ja es geht mir gut. Die See hat immer auch etwas Melancholisches findet ihr nicht?“ sein Blick glitt wieder hinaus auf die dunkle Fläche, welche da vor ihnen lag. „Wie habt ihr mich denn eingeschätzt?“ er schmunzelte hörbar „Und wie hätte ich mich eurer Meinung nach anders Verhalten können?“

Es verging ein Augenblick, bevor er fortfuhr. Eine Welle schwappte an Land und ein paar Wassertropfen trafen seine Fußspitze. „Sind die Zustände in den Waisenhäusern so schlecht?“ er klang nun interessiert. Offenbar hatte er keine Ahnung, wovon sie sprechen mochte, hegte jedoch durchaus Interesse an ihrer Sichtweise und den genannten Zuständen. „Wieviele Waisenhäuser hat die Stadt und was genau ist eure Aufgabe?“

[Fiamma]

Auf ihre Frage hin versuchte sie ihn nicht in Verlegenheit zu bringen und sah ihn nicht an. Aber auf seine Antwort hin nickte sie und lächelte. "Das ist schön." Fiamma stocherte nicht nach und beließ es dabei.

"Hmm... Das kann ich Euch noch gar nicht genau sagen, also wie viele es gibt. Ich suche sie noch. Aber das was ich bisher gesehen habe, war traurig." Noch immer hatte Fiamma ihre Stirn in Falten gezogen und dachte angestrengt darüber nach. "Die Kinder leben in schlechten Zuständen. Einzelne Menschen kämpfen gegen Windmühlen an und doch scheint es so, als hätte die Gesellschaft die Kinder bereits aufgegeben. Fiamma spürte, wie Wut in ihr aufkeimte. Gabriel konnte sie in den letzten Sätzen deutlich hören. "So kann man das doch nicht lassen, oder?" Doch dann besann Fiamma sich auf seine Frage. Sie schüttelte kurz den Kopf, als könnte sie all die negativen Gedanken damit abschütteln und lächelte dann wieder, sah ihn an und kicherte kurz. Fiamma musterte Gabriel aufmerksam und legte den Kopf leicht schief. "Also, naja, ich dachte nicht, dass ihr so "normal" seid. Ich habe euch sehr viel formeller eingeschätzt und hätte vermutlich niemals damit gerechnet Euch hier anzutreffen und mit Euch zu plaudern." Ihr Blick glitt auf den Boden, bevor sie wieder hinaus aufs Meer sah. "Und? Mit welcher Aufgabe füllt Ihr Eure Nächte aus?" Schnell biss Fiamma sich auf die Unterlippe, denn sie wollte nicht zu neugierig wirken und ihn damit womöglich verärgern, dass sie unerwünschte Fragen stellte.

[Gabriel Ducas]

„Formeller?“ er schien amüsiert über ihre Wortwahl und sein Blick wanderte zu ihr und ein mildes Lächeln zeichnete sich um die Mundwinkel ab. „So hat man mich noch nie beschrieben.“ es folgte eine kurze Pause, in der er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Meer richtete und mit ernsterer Stimme sprach. „Mir scheint eure Aufgabe in guten Händen. Nein. So sollte man es wirklich nicht lassen. Wo wollt ihr ansetzen? Vielleicht kann ich euch unterstützen?“ es war ein aufrichtiges Angebot, wenn auch sicher nicht umsonst. „Es ist erfreulich zu sehen das euch das Schicksal anderer nicht egal zu seien scheint. Dafür habt ihr meinen Respekt. Ihr solltet euch diese Eigenschaft möglichst lang bewahren.“ Sodann sah er hinab auf seine Hände und wieder zu ihr.

„Ich soll das künstlerische und kulturelle Ansehen der Domäne stärken.“ erneut glitten seine Augen über die Gangrel und ein freundliches Lächeln huschte über die Züge als er sah wie sie sich auf die Unterlippe gebissen hatte. „Stellt ruhig eure Fragen. In der Jugend sind diese so zahlreich wie der Sterne am Himmel.“ das freundliche Lächeln verblasste und er schien einer Erinnerung nachzuhängen, während er auf ihre Reaktion wartete.

[Fiamma]

Ein leises Kichern folgte Gabriels erster Antwort und Fiamma lächelte neugierig ob seines Hilfangebots. „Was denkt Ihr denn, wie ihr mir dabei helfen könntet?“ Ihr war bewusst, dass es sie etwas kosten würde, wenn sie seine Hilfe annahm. Aber noch hatte sie es nicht entschieden. „Verzeiht mir meine Frage, aber ich weiß nicht über welche Fähigkeiten Ihr verfügt, die mir dabei helfen könnten.“

Dann lächelte sie verlegen und sah wieder zu Boden. „Dafür habe ich Euren Respekt nicht verdient.“ Fiamma nahm sich einen Moment ihre Gedanken zu ordnen. Sie war wegen der ganzen Sache aufgewühlt. „Naja, es ist vermutlich nicht so einfach wie ihr denkt. Es ist das System, das mich stört. Sollten denn nicht gerade die Kinder der Menschen mehr Aufmerksamkeit bekommen, damit aus ihnen etwas Besseres als Bettler und Taugenichtse werden kann?“ Fiamma seufzte schwer und sah Gabriel kurz mit leichter Verzweiflung im Gesicht an. „Sie haben sich nicht ausgesucht in dieser Welt zu leben.“ <Genauso wenig wie ich!>

Wieder verstrich ein Augenblick. Wieder sah Fiamma auf die brandende Gischt vor ihnen. Fiamma murmelte mehr zu sich selbst, als zu Gabriel „….das künstlerische und kulturelle Ansehen der Domäne… Hmmm.....“ Dann dachte sie über seinen letzten Satz nach, ließ sich aber nichts anmerken und sah ihn wieder offen lächelnd an. „Und wie stellt Ihr das an? Das ist sicherlich keine leichte Aufgabe, oder doch?“

[Gabriel Ducas]

Wie stelle ich das an? Wenn ich das nur wüsste. schoss es ihm durch den Kopf und er schwieg eine Weile nachdenklich. „Ich versuche mein Bestes. Es ist eine mühselige Arbeit, die mich, wie eure Aufgabe, vorerst beschäftigt hält und einen Mehrwert für das System schaffen soll. Unsere Aufgaben sollen nicht einfach sein und selbst wenn man sie abschließt, wird man sicher eine neue erhalten.“ bedächtig faltete er seine Hände zusammen und richtete seinen Blick in die Ferne.

„Ich bin Handwerker. Ich könnte zum Beispiel einen meiner Mitarbeiter wöchentlich in ein Waisenhaus eurer Wahl bestellen auf das die Kinder etwas anderes werden können. Vielleicht könnte ich sogar einige von ihnen später anstellen?“ es folgte eine kurze Pause, bevor er sich zu ihr wandte. „Sicher nur eine Kleinigkeit. Aber vielleicht lockt die Aussicht auf ein Leben mit ehrlicher Arbeit einige wenige weg von dem von euch vermuteten Pfad.“ Ihre Verzweiflung schien er nicht wahrzunehmen.* „Habt ihr euch schon einmal gefragt, warum ihr mit dieser Aufgabe betraut wurdet?“ Aufmerksam beobachtete er ihre Reaktion.

*

Spoiler!

Wahrnehmung+Empathie um Verzweiflung zu erkennen: [9, 3, 3, 3, 1, 1] Nope!

[Fiamma]

Fiamma nickte langsam und sah Gabriel eindringlich an. Ihre Stimme klang ein wenig verschwörerisch. „Jaha, das habe ich. Ich glaube der Herold kann Gedanken lesen.“ Sie kicherte und wandte sich wieder ab und überlegte angestrengt. „Hmm…. Das würde allerdings nicht erklären, warum ausgerechnet ich diese Aufgabe erhalten habe.“

Unerwartet begann Fiamma an der Hafenkante entlangzugehen und drehte sich irgendwann abrupt um. „Ich frage mich ständig, wie wir alle unsere Aufgaben bekommen. Was meint Ihr, gibt es da ein System? Webt jemand im Hintergrund alle Stränge zusammen? Oder greift der Herold einfach in einen Beutel hinein und verteilt alle anstehenden Aufgaben wahllos?“ Fiammas Wangen färbten sich leicht rot und als sie merkte, dass sie sich in Rage geredet hatte, ging sie die wenigen Schritte zur Kiste hinüber, ließ sich darauf nieder und schwieg einen Moment.

Ihre nächsten Worte waren wieder leise und besonnen, und doch war deutlich ein Lächeln darin zu hören. „Das ist eine wirklich noble Geste von Euch und eine besonders schöne Idee. Ich selbst bin noch nicht darauf gekommen, wo ich doch noch immer alle Orte zusammentrage, an denen sich die Waisen aufhalten.“ Mit Schwung stand Fiamma wieder auf und kam zu ihm hinüber. „Wenn ich darf möchte ich gerne zu gegebener Zeit darauf zurückkommen. Ich denke Eure Arbeit könnte in der Tat sicherlich den einen oder anderen Jungen begeistern. Welches Handwerk übt Ihr aus?“

Fiammas Lächeln wurde breiter. Gabriel hatte sie auf eine wirklich tolle Idee gebracht. Sie sollte sich dafür revanchieren. „Wie weit seid ihr mit Eurer Aufgabe denn bereits gekommen? Habt Ihr denn schon eine Übersicht über die Museen dieser Stadt oder darüber welche Feste in Genua gefeiert werden?“ Ihr Blick war ehrlich interessiert.

[Gabriel Ducas]

Mit einem beinahe väterlichen Lächeln beobachtete er den kleinen leidenschaftlichen Ausbruch der Gangrel und folgte ihren Bewegungen. Schweigend lauschte er und schien beinahe erfreut? Als sie sich dann wieder beruhigte und setzte lag der Blick seiner Augen einen Moment auf ihr und schien sie nicht zu mustern, sondern vielmehr absuchend. Welch interessante Person. Welch Feuer.

„Nun ob die Geste nobel ist, sei dahingestellt. Sie ist allerdings notwendig. Man verliert sich leicht, wenn das Ziel unklar erscheint. Ihr könnt jederzeit zu diesem Thema auf mich zurückkommen. Ich werde sehen welches der Kinder für das Handwerk der Glasmalerei oder die Steinbearbeitung geeignet ist.“ alsdann ging er einen Schritt zu der Kiste, auf der sie Platz genommen hatte.

„Aufgaben sollen einen Mehrwert schaffen. Eine wachsende Gemeinde bietet mehr Möglichkeiten. Ich denke daher sie kommen von der Höchstverehrten. Jedoch kann es durchaus sein, dass sich die Herolde auch selbst einige Dinge einfallen lassen, um ihre persönlichen Ziele voranzutreiben.“ er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht haben sie aber auch mehr freie Hand und es gibt nur größere Ziele und der Weg dorthin steht ihnen frei. Was auch immer es sei, ihr habt eine Aufgabe, die euch sehr an die städtische Umgebung bindet und im Interesse mehrerer Personen liegt.“ er schmunzelte kurz bevor er fortfuhr. „Ich könnte euch ein wenig mehr über die Waisenkinder erzählen, im Gegenzug für ein paar Informationen eurerseits?“

[Fiamma]

„Was für Informationen?“ Das Lächeln wich langsam aus Fiammas Stimme und auch aus ihrem Gesicht. Vielleicht saß sie nun auch etwas steifer und aufrechter vor Gabriel. Ihr Gesicht ließ nicht erahnen, was nun in ihrem Inneren geschah. Ein Gedanke jagte den nächsten und Fiamma fragte sich, ob sie dabei war sich von Gabriel in sein Netz ziehen zu lassen ohne es zu merken. Was, wenn diese Begegnung kein Zufall war? Hatte nicht vor einiger Zeit jemand zu ihr gesagt, dass es keine Zufälle gibt? Hatte Gabriel sie hier bereits in den vielen vergangenen Nächten gesehen und wusste, dass sie auch heute Nacht wieder hier sein würde? Fiamma begann sich unwohl zu fühlen, wie ein Reh, dass von den Wölfen eingekesselt wird, und das keinen Ausweg mehr finden kann. Ganz zart kratzte etwas unter ihrer Oberfläche. Aber Gabriel bekam von ihren inneren Kämpfen nichts mit und doch konnte er wahrnehmen, dass sich etwas verändert hatte. In ihrer Stimme lauerte etwas. „Wie kommt Ihr darauf, dass mein Ziel unklar sei oder ich mich verloren hätte?“ Dann machte sie eine Pause und beobachte Gabriel einen Moment. „Sagt mir was ihr wollt und ich sage Euch, ob ich Eure Hilfe annehmen werde." Und doch hoffte sie, dass ihre Gedanken sie täuschten.

[Gabriel Ducas]

Sie kauft nicht die Katze im Sack. dachte er und lächelte anerkennend auf ihre erste Frage ehe sich die Gesichtszüge des Gelehrten bei ihrer letzteren etwas irritiert verzogen und er kurz darauf den Kopf schüttelte. „Aber nein. Die Kinder haben sonst kein Ziel und könnten sich verlieren.“ korrigierte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Meer.

„Könnt ihr euch vorstellen, wie schwierig es ist etwas in den Tiefen des Meeres zu finden?“ es war ein seltsamer Wechsel der Themen. „Ihr sollt mir bei der Suche helfen. Einen Anhaltspunkt geben. Vielleicht einen Kontakt herstellen. Ich möchte nichts Unredliches von euch, falls euch das beruhigt.“ er drehte sich erneut zu der Gangrel. „Und es hat nichts mit den Waisen zu tun, deren Leben ihr zu verbessern gedenkt. Vielmehr ist es wohl ein Sachverhalt der euch, neben den Informationen zu den Waisenkindern auch tieferes Wissen über euer Blut einbringen kann. Somit profitiert ihr wohl in doppelter Weise.“ er schmunzelte etwas und musterte sie erneut. „Früher oder später werdet ihr Geschäfte machen müssen. Das ist der Lauf der Dinge. Manche Gefälligkeiten werden euch angeboten, so wie in dieser Nacht. Andere werden euch womöglich aufgezwungen oder als Aufgabe für ein höheres Wohl aufgetragen.“ nun zwinkerte er ihr verschmitzt zu.

[Fiamma]

Es dauerte einen Moment, bis Fiamma reagierte, und seiner „Korrektur“ folgte nur ein verstehendes Nicken. Dann stand sie leise seufzend auf und kam wieder hinüber zu Gabriel an die Hafenkante. Fiamma beugte sich leicht nach vorne und blickte suchend in das schwarze Wasser hinab – ein sinnloses Unterfangen?

Als sie das Wort wieder an Gabriel richtete, klang ihre Stimme um einiges sanfter als gerade noch. „Ich helfe Euch, wenn ich dafür keinen der Meinigen verraten muss.“ Dann richtete sie sich wieder auf, drehte sich leicht zu Gabriel und sah ihm direkt in die Augen. Er konnte in ihren das schimmernde Gelb mit den kleinen grünen Sprenkeln deutlich erkennen, jetzt wo sie doch recht nah neben ihm stand. Das hatte sie bisher vermieden, aber es unterstrich ihre Ernsthaftigkeit. Als sie den Blick alsbald wieder abwandte und aufs Meer hinaussah, wirkte sie nachdenklich und sprach vorerst nicht weiter.

Fiamma wusste, dass sie die meisten Dinge wohl nicht alleine schaffen würde. Sie brauchte Verbündete und Leute, denen sie vertrauen konnte. Aber sie war noch nicht lange genug in Genua um diesbezüglich die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und doch würde das Glück ihr sicher nicht ewig hold sein. Sie musste beginnen sich mit ihresgleichen auseinanderzusetzen.