Schattenkuss (Giacomo)

[Januar '17]
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Acacia
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Schattenkuss (Giacomo)

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Still stand sie auf der Galerie und blickte nach unten in die hell erleuchtete Halle. Männer arbeiteten unermüdlich im Licht der zahlreichen Laternen und Fackeln, huschten hier hin und dort hin und über allem lag das Lärmen von Hämmern, Sägen und lauten Rufen. Der Geruch nach Sägespänen und beißender Lauge lag in der Luft. Die Gestalt, die halb verborgen in den Schatten stand, hatte ihren Blick auf eine einzelne Gestalt gerichtet. Der Mann hatte den Kopf gebeugt und starrte auf eine Zeichnung, die für sie keinerlei Sinn ergab.

„Er ist es wert.“, erklang die leise Stimmte Albericos, der noch hinter ihr in den Schatten stand und den Blick auf denselben Mann gerichtet hatte. Er konnte sich nicht gegen die Eifersucht wehren und doch verstand er seine Herrin. „Er ist wirklich so klug und er wird dir zu Ehre gereichen.“ Ein sachtes Drängen lag in seiner Stimme. Wusste er doch, dass die Schattengeküsste Risiken hasste, die sie nicht kontrollieren konnte. Ein leises Seufzen drang über ihre Lippen, ehe sie unter der weiten Kapuze nickte. Sie drehte sich um und ihre schmale, perfekt geformte Hand legte sich sanft an die Wange des großen Mannes, der schon so lange an ihrer Seite weilte. „Danke.“ Für einen Moment klang weiche Wärme in ihrer Stimme mit und katapultierte sie beide in Zeiten, die so lange vergangen waren, dass kein Mensch sich an sie erinnern konnte. „Bring ihn zu mir … und sorg dafür, dass man ihn nicht vermisst.“ Der Ghul nickte und neigte in tief empfundenen Respekt den Kopf, während Acacia an ihm vorbeischritt und genauso ungesehen in der Dunkelheit verschwand wie sie auch gekommen war.

Kurz darauf trat der blonde, große Mann durch die Tore der Werft und steuerte direkt auf den Schiffsbauer zu. Der dunkle Umhang fiel beinah bis zum Boden, stand jedoch weit genug auf, dass er ohne Problem das Schwert an seiner Seite ziehen konnte. Kette schimmerte über der breiten Brust und machte ebenso wie die schmalen Narben auf seiner Wange seine Wehrhaftigkeit klar. Er blieb neben dem Schreibpult stehen und wartete bis der andere Mann ihn mit seiner Aufmerksamkeit bedachte. „Signore di Nicolo. Die Madonna wünscht Euch zu sprechen.“ Bei den leisen Worten erstarrten der Leiter der Werft und sein Assistent, die in der Nähe arbeitete und warfen Giacomo einen nervösen Blick zu, ehe sie sich betont beschäftigt gaben. Der blonde Fremde jedoch blickte ihn ungerührt aus Augen an, die seltsam wirkten – zu alt und zu … fremd –, an. Ganz so als würde er die Aufregung, die seine Worte ausgelöst hatten nicht bemerken … oder als wäre er sie so gewohnt, dass er sie ignorierte. Er gewährte dem Handwerker noch ein wenig Zeit um seine aktuellen Aufgaben abzuschließen und verließ dann die Werft. Mit sicherem Schritt durchquerte er die dunklen Gassen Genuas und schien genau zu wissen wohin sie gingen.

Schließlich erreichten sie eine Villa, die im römischen Stil erbaut worden war. Nach einem kurzen Klopfen des Ghuls wurde das Tor geöffnet und er führte den Mann in das Gebäude. Mit einem dumpfen Laut schlug das Tor seltsam endgültig hinter ihnen wieder zu und die daneben stehenden Wachen stellten sich wieder in Position. Sie trugen schwarze Lederrüstungen, Handschuhe und Helme und selbst ihre Gesichter waren aus Schleiern von schwarzer Kette verborgen, so dass nur ihre Augen freiblieben. Das Haus an sich fühlte sich seltsam an. Als läge eine dicke Decke darüber und würde alles dämpfen. Dennoch verharrte der schweigsame Mann keinen Moment, sondern schritt durch die eleganten, aber spartanisch eingerichteten Flure.

Der Raum, den sie schließlich betraten, war beinah leer. Weißer Marmorboden, schwere, dunkelrote Vorhänge an den Fenstern. Ein paar Laternen spendeten ausreichend Licht, so dass auch der Mensch gut genug sehen konnte. Ansonsten gab es als einzige Möblierung zwei schwere, bequem wirkende Sessel und einen kleinen Tisch. Eine weitere Tür führte offenbar in einen Nebenraum.

Der eigentliche Blickfang war jedoch die schlanke, hochgewachsene Gestalt, die ein wenig abseits der Sessel stand. Sie trug ein Kleid von täuschend schlichtem Schnitt, welches jedoch ihre perfekte Figur wie angegossen umschmeichelte und ihr schmale Taille betonte. Der Stoff war von dem dunklen Rot vergossenen Bluts und so dicht und fein gewebt, dass es Wochen, wenn nicht Monate gedauert haben musste ihn herzustellen. Das tintenschwarze Haar schimmerte satt im Licht der Laternen und war in ihrem Nacken zu einem dicken Knoten gedreht, der ahnen ließ wie schwer und voll ihr Haar sein musste, wenn sie es offen trug. Die Haut war von der Farbe reiner Milch und hatte nichts Menschliches an sich. Wirkte sie doch kalt wie der Marmor, auf dem er stand und doch perfekt.

Als sie sich schließlich umdrehte, zerfiel auch der letzte Rest von Menschlichkeit, den man ihr zugestanden haben mochte. Ihre Züge waren zu perfekt, zu schön. Sie wirkte wie die Gestalt gewordene Rache Gottes. Erhaben und unberührbar. Dennoch lächelte sie. Eine Bewegung, die ihre Züge weicher scheinen ließ und von unendlicher Gnade sprachen. „Giacomo. Komm doch herein.“ Ihre Stimme passte gut zu ihrem Äußeren, war dunkel und voller Geheimnisse, wie das Rauschen finsterer Flügel. Entweder war diese Frau ein Engel … oder ein Dämon.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Dem Ruf der Familie Bianchi folgend, einem Haus, mit dem seine Familie schon seit Jahren hervorragende Geschäftsbeziehungen pflegte, war er mit seinem Schiff und einem Teil seiner Mannschaft, mit der er zu arbeiten pflegte, nach Genua gereist. Nach den üblichen gegenseitigen Huldigungen ging es dann am zweiten Tag gleich an die Arbeit. Mehr als zwei Wochen war er schon hier und zusammen tüftelten die eifrigen Denker an der Lösung eines Problems bei der Konstruktion eines neuen Schiffes. Scheinbar benötigte Genua mehr Schiffe, vor allem aber solche, die ihren potenziellen Gegner überlegen waren. Bis zum Teil spät in die Nacht hinein werkelte daher der harte Kern an jenem Schiff, so auch Giacomo selbst. An jenem schicksalhaften Abend bemerkte er nicht, dass sie beobachtet wurden, so wie wohl auch keiner der anderen Anwesenden. Erst als die Schritte eines Fremden an ihre Ohren drang, sahen die Männer auf. Giacomo als Letzter von ihnen, da er gerade über dem Plan für das Schiff brütete, um dort vielleicht einen Konstruktions- oder Denkfehler zu finden. Kurz musterte der Mann aus Pisa den Fremdling und bemerkte seine nicht gerade simple Bewaffnung. Wer auch immer er war, er schien der Meinung zu sein gerüstet in die Werft zu treten. Giacomos Augen schwenkten kurz zum Werftschef, denn er nahm zunächst noch an, dass dieser der gewünschte Adressat für den Erschienenden sei. Erst als der Mann, der nicht unweit von ihm stand, explizit ihn ansprach, ohne auch nur einen Blick oder ein Wort an die anderen Beteiligten zu richten, sah der hochgewachsene Mann zu dem Schwertträge mit dem Kurzhaarschnitt herüber.

So bekam er die Blicke, mit denen er von den Einheimischen bedacht wurde, nicht mit. "Und mit wem habe ich das Vergnügen?", erkundigte sich der bärtige Mann aus dem Süden. Seine Stimme war distanziert, aber nicht unhöflich. Dabei blieb offen, ob er explizit nach dem Namen der Dame, die der Fremde mit 'Madonna' betitelt hatte, fragte oder aber seinen eigenen Namen wissen wollte. Zumindest einen Namen würde er wohl brauchen, damit er überhaupt in Erwägung zog, dem Man zu folgen. Alberico di Nicolo Brigori – als ihm dieser Name genannt wurde, zog er fragend und leicht zweifelnd die Augenbrauen zur Nasenwurzel hin. Nach kurzer Rücksprache mit dem Werftschef, ebenfalls ein Brigori, der ihm jedoch einen merkwürdigen Blick schenkte, ließ er den Fremden wissen, dass er sich kurz im Haus seines Gastgebers frisch machen würde. Die stundenlange Arbeit, hatte ihren Spuren bei ihm hinterlassen. Zwar trug er letztlich keine Kette unter seiner Kleidung, doch sein Schwert führte er ebenfalls mit sich. Zusammen mit Alberico, dem überaus zugeknöpft wirkenden und sehr wortkargen Mann, trieb es ihn in die mittlerweile über der Stadt liegende Nacht. Schon bald hatte Giacomo die Orientierung halbwegs verloren, wenngleich er dennoch dachte, leicht zurückzufinden, denn das Meer war doch eher gut zu sehen. Die Villa, die sich dann als ihr Ziel herausstellte, machte einen wirklich herrschaftlichen Eindruck. Mit leicht empor gezogenen Augenbrauen verleihte sich seine Wertschätzung für diesen angenehm ansehnlichen Baustil Ausdruck.

Das schwere Tor, welches sich hinter ihnen recht abschließend wieder zuzog, schien die Geräusche von außerhalb der Mauern ungewöhnlich stark abzudämpfen. Der di Nicolo hatte jedoch kaum Zeit sich größere Gedanken zu dem Thema zu machen, wurde er doch von seinem Namensvettern bestimmt weitergeführt. Seine linke Hand ruhte bei den Schritten auf dem Knauf seines gegurteten Schwertes, bis sie einen beinahe leeren Raum betraten. Nur spärlich möbliert erstreckte er sich vor ihnen, doch war es eher die Gestalt einer Frau, von der er bereits annahm, dass es sich dabei um jene 'Madonna' handelte, die Alberico vorhin so verschwörerisch als den Grund für seine 'Entführung' angegeben hatte, die seinen Blick einfing. Von hinten schon sah sie aus wie gemalt, einer Statue gleich, die eher der Dekoration des Raumes, denn des Empfangs von Gästen diente. Als sie sich dann jedoch zu ihm umwandte, durchfuhr ihn ein heißer Schauder und seine Gesichtzüge wurde mit einem Schlag weicher. Nicht nur ihr fein geschnittenes Kleid mochte sein Augenmerk einnehmen, auch und besonders ihr engelhaftes Antlitz ließ ihn nicht mehr los. Giacomo di Nicolo war ein verheirateter Mann, glücklich und hatte zwei Kinder mit seiner Frau und wenngleich er vielleicht nicht der gläubigste Mensch auf Erden war, so hielt er die christlichen Werte doch relativ hoch, vor allem jene, die Ehe betreffend. Jedoch war der Anblick dieses Menschen so unheimlich und betörend zugleich, dass es vermutlich nur ein Wort von ihr gebraucht hätte, um nicht nur die Gebote seines Herrn, sondern auch Frau und Kinder zumindest für eine gewisse Zeit vollkommen zu vergessen. "Wer seit ihr?", kam es ihm schließlich über die Lippen und er musste viel Kraft und Selbstbeherrschung aufwenden, um ihren Worten nicht sofort hündisch Folge zu leisten, auch wenn sein Kopf ihn fast anflehte, sich ihrem Willen zu beugen und zu ihr zu gehen.

Schluckend wartete er auf so etwas wie eine Reaktion, ehe er sich zunächst daran erinnerte, noch immer eine Hand auf dem Schwertknauf ruhe zu haben, welche er erst einmal fortnahm. "Womit habe ich eure...'Einladung' verdient, wehrte Dame?", schob er nach einiger Zeit nach und tat dennoch schon langsam einen Schritt vor den anderen und geriet dabei nur noch weiter in ihren Dunstkreist, ehe er an einem der Sessel zum Stehen kam.
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Acacia
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Acacia »

Mit einem mild amüsierten Lächeln beobachtete sie seine Reaktion auf ihr Erscheinungsbild. Zwar war das Ritual noch nicht lange vollzogen und sie noch nicht besonders lang so unübersehbar nicht menschlich, dennoch hatte sie sich bereits an die Reaktionen gewöhnt. Ein weiterer Grund, warum sie nur noch verhüllt das Haus verließ. Niemand würde sie so jemals übersehen oder gar vergessen. Dementsprechend gab sie dem Menschen genug Zeit sich zumindest ein wenig an ihr Gesicht zu gewöhnen. „Wer ich bin?“, fragte sie amüsiert. „Das ist vielleicht eine etwas umfangreiche Frage für den Moment. Doch du kannst mich Acacia nennen.“ Für einen Moment glitt ihr Blick über seine Schulter und sie nickte dem Mann in seinem Rücken sacht zu. Eine Geste, die alles Mögliche ausdrückte. Dankbarkeit, Zufriedenheit, Anerkennung, Respekt. Immerhin wusste sie um die tobende Eifersucht im Herzen ihres Ghuls und da er schon so lange bei ihr war, wollte sie ihn nicht erzürnen.

Ihre schmale Hand hob sich und deutete auf einen der freien Sessel. „Setz dich doch.“, forderte sie ihn freundlich auf, auch wenn ihr Ton darauf schließen ließ, dass sie keinen Widerspruch erwartete … oder dulden würde. Schweigend überbrückte sie dann die wenigen Schritte bis zu dem anderen Sessel und ließ sich ihrerseits nieder. Ihre Schritte ebenso perfekt und katzenhaft wie ihr Äußeres, wenn auch nicht so übermenschlich. „Deine Intelligenz war es, die dich heute hierhergebracht hat.“ Der Blick aus den schwarzen Augen war anerkennend und auch zum Teil beeindruckt. „Ich will ehrlich mit dir sein. Ich lasse dich schon seit Jahren beobachten und deine Leistungen haben mich immer wieder beeindruckt. Also wirst du innerhalb der nächsten Nächte sterben. Es ist deine Wahl ob du dich danach erneut erhebst um zu den Herrschern der Welt aufzusteigen oder ob dein Körper zu Asche und Staub verfällt und deine Seele ins Fegefeuer fährt.“ Sie sprach so ruhig und gelassen, dass kein Zweifel daran aufkam, dass sie jedes ihrer Worte vollkommen ernst meinte. Anmutig faltete sie die Hände in ihrem Schoß und saß dabei so gerade, dass ihr Rücken die Lehne nicht berührte. Allerdings wirkte die Haltung an ihr zwar streng, aber nicht einstudiert, sondern natürlich. Es war schwer vorstellbar, dass diese Frau sich einfach entspannt zurücklehnte oder sich gar in die Ecke eines Sofas kuschelte. Aufmerksam sah sie ihn derweil an, gespannt auf seine Reaktion. Immerhin hatte sie ihm gerade nicht unbedingt … beruhigende Dinge eröffnet.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Die Frau, zu welcher er geführt worden war, ließ Giacomo erstaunt zurück. Weniger die Kälte, die ihr helles Gesicht auszustrahlen schien, war dafür verantwortlich, als viel mehr die markanten, glatten und der Vollkommenheit nahen Gesichtszüge. Vermutlich wären sie, wenn es einen Maßstab dafür gäbe das Ende dieser Skala. "Ich bin erfreut", bekam er halbwegs ohne zu stottern hervor gebracht und räusperte sich nach den wenigen Worten, denn ihre Schönheit schien ihm den Verstand zu vernebeln. Die höfliche Einladung sich zu setzen, nahm er nickend an, folgte ihrem Beispiel und setzte sich, wenngleich etwas steif in den Gliedern, neben sie. Als sie dann erneut das Wort erhob, sah er sie etwas verwundert an. Nicht, dass er nicht wusste, was viele an ihm schätzten, doch war er dabei im Moment noch ganz und gar auf dem falschen Weg. "Vielen Dank für die zuvorkommenden Worte. Du schmeichelst mir." Gerade als sich jedoch seine Züge und Gliedmaßen etwas entspannen wollten, überfuhr sie ihn, als säße sie auf einer Kutsche und hätte dabei voll auf ihn zugehalten.

Ungläubig sah er zu ihr, blinzelte ein paar Mal und zog danach verdutzt seine Augenbrauen empor. "Verzeihung?", entgegnete er ihr und es war weniger eine implizierte Frage, als eine klare Aufforderung, die an sie gerichtet war. Er wollte Antworten. "Deine Worte ergeben keinen Sinn", schüttelte er den Kopf und zog die Augenbrauen zu seiner Nasenwurzel zusammen. "Was meinst du damit, dass du mich beobachten lässt?" Die Sache mit seinem Tod und der danach von ihr in den Raum gestellten Wiederauferstehung ließ er erst einmal ganz weg, denn er hatte für so etwas in diesem Moment gar keinen Nerv. Allerdings war der Zauber ihrer so perfekten, engelhaften Gestalt bei ihm mit dieser doch recht erschütternden Neuigkeit, die er ihr aber noch nicht wirklich abkaufte, verflogen. Sein Blick war schneidend und keineswegs einladend, so wie es vorhin noch hätte passieren können, jedoch hatte sie mit nur wenigen Worten seine gesamte Stimmung zum Kippen gebracht.
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Acacia
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Acacia »

War sie zunächst zwar ruhig und ein wenig steif, so wirkte sie dennoch freundlich und zuvorkommend. Mit jedem seiner Worte jedoch verdüsterten sich ihre Züge und Zorn loderte in den nachtschwarzen Tiefen ihren Augen. Als hätte er sie tödlich beleidigt. Im selben Moment fiel ihm auf, dass irgendetwas mit den Laternen, die das Zimmer gleichmäßig beleuchteten nicht stimmte. Denn obwohl kein Lüftchen wehte, flackerte das Licht und seltsame Schatten bildeten sich in den Ecken und auf den hellen Wänden. Die schlanken Finger legten sich auf die Lehnen des Sessels und gruben sich fest in die Polsterung. „Du hast kein Recht, dich als gleichwertig mit mir zu bezeichnen.“, schneidend und kalt glitt ihre Stimme durch das Zimmer wie eine Peitsche, die mit Dornen gespickt war. Für einen unendlich langen Herzschlag lag ihr Blick unversöhnlich auf ihm und es war leicht zu glauben, dass sie kurz davor war aufzustehen und ihm das Herz mit bloßen Händen aus der Brust zu reißen. Woher sollte er auch wissen, dass sie ihrem Zorn diesmal absichtlich deutlich Ausdruck verlieh? Die erste Lektion war niemals einen Vampir so wütend zu machen, dass er auf einen losging.

Nachdem dieser Moment des Schreckens vorüber war, entspannten sich ihre Finger ein wenig und ihre Mimik glättete sich ein wenig. Doch war der Zorn nur ein Blinzeln entfernt und hing wie eine düstere Wolke über dem Raum. „Ich wollte herausfinden wer du bist. Unter der Haut, unter der Maske, die ein jeder jeden Tag trägt. Ich wollte sehen aus welchem Holz du geformt worden bist um zu entscheiden ob du es wert bist in die Familie aufgenommen zu werden. Das du heute hier bist bedeutet, dass du es wert bist.“ Ihre Stimme hatte ein wenig ihrer Wärme wiedergewonnen und klang nicht mehr nach der eisigen Schwärze der winterlichen See und obwohl er ihre Wut so zielgenau entfacht hatte, hatte sie sich kaum bewegt, wenn man davon absah, dass sie die Hände auf die Armlehnen gelegt hatte. Nicht einmal geblinzelt hatte sie.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Auf Grund ihrer wie eine Maske wirkenden Mimik und seinem Gemüt, dass bei den Worten, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte alles andere als ruhig war, hatte er nicht bemerkt, wie er ihre höfliche Geste des Duzens einfach erwiderte. Keinesfalls höflich, aber ihre Reaktion war gemessen daran, dass sie als Erste diese Linie überschritten hatte und das gleich noch zu Anfang ihrer Konversation. "Verzeiht mir, Signora, es war nicht meine Absicht, euch zu kränken." Wenngleich er es absonderlich fand, dass sie deshalb so aus der Haut fuhr, merkte er es sich, doch bestand er weiterhin auf die Beantwortung seiner Fragen. Ihre Erklärung für die Beschattung und dem Auspionieren ließ jene von ihr besagte Maske sich auf sein Gesicht legen. "Sollte ich mich jetzt geehrt fühlen?", fragte er ehrlich, denn noch immer war ihm die Tragweite der gesamten Situation nicht wirklich klar. Giacomo sah zu ihr, beobachtete und musterte sie, während ihre voran gegangenen Worte durch seinen Kopf jagten. "Ihr sagtet vorhin, dass ich in nächster Zeit sterben werden. Sofern es euch nicht möglich ist in die Zukunft zu sehen, müsste ich annehmen, dass dies eine Drohung ist."

Wer sonst, als der Mörder selbst, konnte dem Opfer dessen Tod prophezeien. "Von welcher Familie sprecht ihr?", fuhr er deshalb weiter fort, war jedoch deutlich aufmerksamer, gerade was seine nähere Umgebung anging. Noch würde er auf das Thema Tod und Wiederauferstehung nicht eingehen, vergessen ahtte er es jedoch nicht. Seine Augen fixierten sie dabei, ließen ihre Bewegunge nur selten aus den Augen, wenn er kurz in eine andere Richtung sähe, um sicherzugehen, dass niemand bei ihm stünde, um ihm hinterrücks die Kehle durchzuschneiden. Giacomo war sichtlich nicht wohl in der Haut und daran würde wohl nur sie wirklich etwas ändern können.
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Acacia
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Acacia »

Er verstand es schnell. Ganz im Gegensatz zu einigen anderen, die schon so lange durch die Nacht wandelten. Sie legte Wert darauf, dass ein jeder seinen Platz kannte, aber sie neigte nicht dazu das ihren Untergebenen ständig unter die Nase zu reiben. Da waren andere Mitglieder dieser Domäne deutlich aggressiver. Dennoch erfreute sie sein schnelles Einlenken und sie neigte den Kopf ein wenig in Anerkennung seiner Entschuldigung. Sie wusste, dass es für einen Menschen seltsam anmuten musste, wenn sie so schnell und so heftig erzürnt war, doch war das Tier in ihnen allen stark – selbst wenn ihre Selbstbeherrschung hervorragend war, war sie doch schon seit Jahrzehnten nicht mehr gerast.

„Du solltest dich in der Tat geehrt fühlen. Nur den wenigsten wird solch ein Angebot unterbreitet. Aber ich weiß, dass du das im Moment nicht verstehen kannst. Dafür sind wir hier. Um deine Fragen zu beantworten, denn es ist deine Entscheidung.“ Ihre Hände fanden den Weg zurück in ihren Schoß und legten sich dort leicht übereinander. Seine Worte entlockten ihr dann ein schmales Lächeln. „In deinen Augen ist es vielleicht eine Drohung, doch ist es ein Angebot.“ Schließlich konnte sie ihm immer noch das Gedächtnis löschen, sollte er sich tatsächlich weigern, aber sie würde es nicht tun. Insofern war es vielleicht doch eine Drohung.

„Mein Clan ist der der Lasombra. Wir werden auch Magister genannt und wir herrschen aus den Schatten. Meine Ahnenlinie erstreckt sich über die Jahrhunderte, aber dieses Detail können wir später genauer erläutern. Lass dir gesagt sein, dass dreizehn dieser Clans die Nacht durchstreifen und sich die Herrschaft über die Welt teilen. Manche sind mächtiger, andere weniger mächtig. Die Lasombra sind zweifelsohne einer der mächtigsten Clans. Vor allem hier im Süden.“ Gelassen erklärte sie die Strukturen der Nacht, bemühte sich aber es möglichst einfach zu halten. Immerhin hatte er noch nie etwas von den Dingen gehört, die seit weit mehr als einem Jahrhundert so natürlich und einfach für sie waren.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Er verstand absolut gar nichts. Zumindest nicht das, was sie ihm wirklich versuchte zu sagen, was jedoch auch kein großes Wunder war, fehlten ihm zum Zusammensetzen des Puzzles doch etliche Stücke an Informationen. Sie war ihm jedoch nur kleine Brocken hin, die für ihn keinen wirklichen Sinn ergab. Langsam wurde er jedoch wieder ruhiger, denn ihre Worte formten in seinem Kopf ein falsches Bild, welches ihn aber jedoch beruhigte. Mit dem 'Tod und der Wiederauferstehung', schien sie nur etwas Symbolisches zu meinen, waren es scheinbar nur geflügelte Worte, die sie verwendet hatte. "Meine Entscheidung auf euer Angebot also", fasste er die Lage zusammen und hielt sie nun fest im Blick. Er tippte mit dem Zeigefinger der ihr abgewandten, rechten Hand auf seine Armlehne und atmete einmal tief durch. Scheinbar hatte sie seine Zurückhaltung wahrgenommen und eröffnete ihm weitere Details zu dem kryptisch vorgetragenen 'wir' von vorhin.

Clan. Magister. Lasombra. Alles weitere Puzzleteile, die jedoch eher unförmig waren und nicht in das Bild passten, als dass sie ihm dabei halfen jenes zu vervollständigen. Sein deshalb rätselnder Blick traf sie daher lange und nachdenklich. Nach einer langen Zeit des Schweigens hörte er mit dem leisen Tippen auf und sein Finger ruhte. Wer ihn kannte wusste, dass er nun entweder ein Problem im Kopf gelöst oder einen Entschluss gefasst hatte. "Wenn die Signora so freundlich wäre, mir die Regeln des Clans und den Preis für den Beitritt zu offenbaren, darf sie davon ausgehen, dass ich das Angebot überdenke." Noch immer ging er augenscheinlich davon aus, dass es sich bei den Lasombra um eine Art Geheimbund handeln musste, wie auch von den besagten anderen zwölf. Ruhe hatte sich in seine Züge gelegt und er schien weder an Tod, noch an Flucht zu denken. "Wäre es zu unhöflich, nach etwas Wein und vielleicht ein wenig Brot zu fragen?", erkundigte er sich dann bei seiner Gastgeberin. "Auf leeren Magen sollte man ja bekanntlich keine wichtigen Entscheidungen fürs Leben treffen, nicht wahr?", fragte er sie und lächelte nun zum ersten Mal, wenngleich noch verhältnismäßig gedämpft.
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Acacia
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Acacia »

Man konnte ihm ansehen wie er nachdachte und auch jene verräterische kleine Bewegung seines Fingers fiel ihr auf. Vor allem, weil sie bereits vorher davon gewusst hatte. Es interessierte sie, was in seinem Kopf vorging, denn offensichtlich kam er zu einem Schluss, der zu seiner Weltsicht passte. Wie bedauerlich, dass sie diese in den nächsten Stunden sehr gründlich auseinandernehmen würde. „Natürlich.“, erwiderte sie ebenso höflich auf seine Frage nach einer Bewirtung. Ihr Blick richtete sich für einen Moment auf den Ghul, der an der Tür stand. Jener öffnete diese und sprach leise mit jemanden, der offensichtlich auf der anderen Seite auf Befehle wartete.

Die dunkle Schönheit jedoch konzentrierte sich sogleich wieder auf ihren Gesprächspartner. Keinerlei Besorgnis lag in ihrem Gebaren und das obwohl er größer und stärker war, dazu auch noch bewaffnet und ihr offensichtlicher Leibwächter mit etwas anderem beschäftigt. „Mein Clan schätzt Begabung mehr als hohe Geburt. Wir achten die Talente eines jeden Individuums und suchen diese zu unterstützen, so, dass wir aus den klügsten Köpfen bestehen und nicht aus denen, die die höchste Geburt oder das schönste Gesicht aufweisen. Mein Clan schätzt die Individualität sehr und doch ist Struktur sehr wichtig. Wir herrschen in der Nacht und damit ist eine große Pflicht verbunden, denn mit der Macht kommen nicht nur Privilegien, sondern auch Pflichten.“ Ein gewisser Ernst lag in ihrem Blick, während sie sprach. Allerdings erklärten ihre Worte auch, warum sie ausgerechnet ihn gewählt hatte. Immerhin war er alles andere als einfältig. „Die Regeln … nun diese sind nicht leicht zu lernen und umfassend. Allerdings kann ich sie dich lehren. Es geht um Etikette und Sünden, die niemals begangen werden dürfen.“ Ein leichtes, feines Lächeln schlich auf ihre Lippen, nahm er sie offenbar zu wenig wörtlich. „Was den Preis betrifft: Es ist dein Leben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Sie wusste genau, dass sich dieser Preis für einen Menschen unendlich hoch anhören musste, allerdings war die Belohnung dafür Unsterblichkeit und praktisch grenzenlose Macht … wenn man diese gegen die gierigen Klauen der anderen Untoten verteidigen konnte zumindest.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Schattenkuss (Giacomo)

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Dankend nickte er ihr zu, als sie seine Bitte nach etwas Wein nachkam, vor allem um seine vom Gespräch leicht trocken gewordene Kehle zu befeuchten, und ihre Bediensteten dazu anwies, ihm etwas aufzutischen. Nicht ahnend, dass dies sein letztes Mal auf Erden sein würde, zeigte sich der Schiffsbauer beruhigt und lehnte sich wieder etwas entspannter in den Sessel zurück. Danach wandte sich seine Gastgeberin und augenscheinlich zukünftige Gönnerin wieder an ihn und er lauschte ihren Ausführungen sehr konzentriert und genau. Ihre Worte verliehen dem ominösen 'Clan' von dem sie sprach eine gewisse Schärfe, ließen sie ihn doch vor seinen Augen klarer werden – zumindest dachte er sich das. Die kurze Pause, die sie zwischen sie fallen ließ, nutzte er dafür, eine Nachfrage zu stellen. "Ihr sprecht immer wieder von der Macht, vor allem in der Nacht. Was meint ihr damit", fragte er ganz direkt und frei heraus. Sie waren hier unter sich, soweit er das sehen konnte, weshalb er sich nicht zurückhielt. Sie wollte etwas von ihm, da schien es nur sein gutes Recht zu sein, genauere Informationen zu bekommen, bevor er zusagte. Wobei er ahnte, dass er an diesem Punkt wohl kaum noch eine Wahl hätte. Solche Zusammenschlüsse legten nicht zum Spaß großen Wert auf Geheimhaltung, selbst wenn der Rest der Welt so ambivalent über sie sprach, wie manche über Religion. Manche behaupteten, sie wären allgegenwärtig und übermächtig, andere zweifelten ihre Existenz an, so wie Christen zum Beispiel Allah anzweifelten.

Als sie dann fortfuhr legte er seinen Kopf leicht auf die Seite, ließ sie aber zu keinem Zeitpunkt aus den Augen. "Mein Leben. Ihr meint meine Bestrebungen, meine Treue, Loyalität und Schaffenskraft. Oder meint ihr es so wörtlich, wie es mir scheint, denn die Betonung dieser Worte lässt einen gewissen Restzweifel aufkommen, wehrte Signora." Es klang kindisch und albern. Wenn sie ihn in ihrem Bund haben wollte, wäre er tot für sie von keinerlei Wert. Aber ein ungutes Gefühl kroch ihm bis in den Nacken und ließ ein paar er Haare dort aufstellen. Unwohlsein und gleichzeitige Faszination ließen ihn zwischen Vorsicht und umgehender Zustimmung schwanken. Giacomo wollte jedoch zusätzlich nicht, dass er dachte, er sei einfach zu haben und wollte sich schon gar nicht unter Wert verkaufen. Das Essen, was einige Zeit später gereicht wurde, nahm er dankend an, störte sich jedoch nicht daran, dass die Dame nicht mitaß. "Vorzüglich, mein Dank geht an euren Koch", ließ er sie wissen, natürlich ohne dabei etwas im Mund zu haben, denn er war dank seiner Geburt die Etikette der hohen Schichten gewohnt, wenngleich es wohl auch über ihm noch jene gab, die in anderen Sphären wandelten, wie jene Schönheit der Nacht, die hier bei ihm saß. Am Ende blieb er mit der Weinflasche, einem fein gearbeiteten und von Gold verzierten Glas zurück, hielt sich mit dem Trinken aber dezent zurück. "Wozu benötigt euer Clan Schiffe?", fragte er dann erneut sehr direkt, denn das war es nach seinem Verständnis, was sie von ihm wollten.
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