[1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

[Dezember '22]
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Atessa Federizzi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Atessa Federizzi »

Atessa hob die Brauen, als sie die Art Humor durchscheinen sah und wägte dann ab. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Aufgabe sonderlich interessant für die Lasombra war - ihre Informationen jedoch... nun, Atessa hatte keine Quellen. Dies konnte eine Gelegenheit sein.

"Ein Handel also, so sei es!" Ihre Stimme wurde lockerer, das Lächeln etwas gelöster - vermutlich ein deutlicher Kontrast zu ihrer Gesprächspartnerin. Ob nun Berechnung oder Naivität dahinter steckte, blieb unklar. "Aufgabe für Aufgabe, wer weiß, was sich daraus noch ergibt."

Der Takt des Tanzes ändert sich also.
Atessa lehnte sich vor und setzte fort. "Die Kathedrale, die in Clavicula errichtet werden soll, benötigt Platz." Der Satz war beiläufig. Laut Macario war der Bau schließlich kein Geheimnis. "Die dortigen Bewohner brauchen eine Möglichkeit woanders unter zu kommen und vielleicht sogar ihren Lebensumstand zu verbessern. Dies gilt es zu lösen." Sie zuckte mit den Schultern. "Sicherlich kein kleines Unterfangen und sicherlich nichts, was ohne Probleme durchgeführt werden kann."
Sie sah Giada erwartungsvoll an "Soviel zu meiner Aufgabe."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada nickte, doch dem Handel entsprechend enthielt sie sich jeder Bemerkung zu dieser Aufgabe Atessas, zur Kathedrale oder Clavicula.

Stattdessen gab sie ihren Teil des kleinen Handels dazu:
“Meine Aufgabe erhielt ich einst vom werten Herold Galeno Fiore, der nun Nubis genannt wird. Oder vielmehr: Er schlug mir eine Aufgabe vor, doch die war kaum angemessen, also nannte ich ihm diese und er stimmte zu.” Auch das sagte sie recht trocken.

“Meine Aufgabe war und ist das Instandsetzen und der Ausbau der Straße zwischen Genua und Mailand. Es ist ein unwegsames Gelände durch das Gebirge und dann in die von Wegelagerern und Krieg zersetzte Ebene um Pavia und nach Mailand hin.” An nichts im Tonfall oder im Mienenspiel Giadas ließ sich ablesen, dass diese gesamte Sache wohl wahrscheinlich mehr als nur die vordergründige Bedeutung von Straßenbau hatte. Es lag nahe, jedoch ließ sie nichts davon erkennen. So, wie sie sprach, klang es tatsächlich einfach nach einer Straße, nach Schlamm, Steinen, Gebirge, Brücken, Wegelagerern und so weiter.

“Ein Unterfangen wie das kann auch kaum gelingen ohne den Senat von Genua und vor allem den Grafen von Mailand und die Herrschaft Mailands zu überzeugen. Bezahlt werden muss es aus den Taschen der Herrschaft und auch der Händler, welche die Straße so gern nutzen wollen.”

“Und selbst, wenn all diese Dinge gelingen, ist es eine Aufgabe, welche nie endet. Denn kaum ist ein Teil der Straße ausgebessert, kaum ist ein Städtekrieg beendet oder eine Räuberbande ausgemerzt, gibt es doch am anderen Ende der Straße eine neue Sache. Ihre unwegsamen Schlaglöcher müssen aufgefüllt werden, die mühselig geschlagenen Brücken müssen repariert und ausgebessert werden.” Giada lächelte recht freudlos.

“Ihr seht: Meine Aufgabe endet wahrscheinlich nie. Jedoch gebe ich unumwunden zu, dass der Stand einer Vasallin Mailands in Genua doch gewiss ein anderer ist als der einer werten Dame wie Euch, aus Salerno und der See der Schatten, und wohl auch ohne Vasallenschwur zu fernen Herrn?”
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Atessa Federizzi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Atessa Federizzi »

Atessa lauschte aufmerksam Giadas Worten und zog die Stirn hoch. In der Tat klang das nach einer nicht nach einer Aufgabe, die abzuschließen war. Sie hätte für die Instandhaltung vermutlich ein zeitliches Limit setzen sollen. Sicherlich sinnvoll, wenn die Unendlichkeit vor einem lag aber Atessa schluckte den Kommentar. Sie ging davon aus, dass Giada wenig Verhandlungsmasse hatte.

"In der Tat klingt das noch einer nicht enden wollenden Arbeit." Atessa macht sich gedanklich Notizen. Das politische Geflecht dieser Stadt war komplex. "Und nein, ich bin an keinen fernen Herrn gebunden." beantwortete sie beiläufig die Frage der Lasombra, während sie ihre eigenen Gedanken sortierte.

"Welche Konsequenz ergibt sich nun für euch, da diese Aufgabe nicht zu schaffen scheint? Ich hatte angenommen, dass man nicht länger willkommen ist in der Stadt, wenn man nach 5 Jahren seine Aufgabe nicht zur Zufriedenheit des wohlwerten Herolds bzw. der höchstverehrten Majestät durchführt." Sie machte eine kurze Pause. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden, es lag eine gewisse Ernsthaftigkeit, gepaart mit Neugier auf ihrer Miene. "Oder genießt Ihr den Stand einer Diplomatin?"
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Nein. Ich bin ein geduldeter Gast, für den auch bereits gesprochen wurde. Und sollte die höchst verehrte Aurore jemals befinden, dass ich ihr für die Instandsetzung dieser Verbindung zwischen meiner Heimat und Genua ungenügende Dienste leiste, so würde ich wohl zurecht ihrer Domäne verwiesen. Ich würde in meine Heimat zurückkehren und von der Entscheidung der höchst verehrten Weißen Prinzessin berichten.”
Giada sprach diese Worte mit vollständig glatter Miene und ohne größere Betonung aus.

Die Magistra machte eine weglegende Geste. “Es ist recht, wie es ist. Es ist eine Aufgabe, welcher eine ganze Existenz gewidmet werden könnte.” Sie neigte den Kopf ein wenig.

“Nun wisst Ihr auch ein wenig davon, weshalb ich hier bin. Doch was war es, das Euch nach Genua führte?”
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Atessa Federizzi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Atessa Federizzi »

Atessa zuckte mit den Schultern und nickte, ein pragmatischer Ansatz, das konnte sie verstehen. "Ich verstehe."

"Nun, die aktuelle Situation in Salerno war eine, sagen wir, Gelegenheit ein neues Kapitel aufzuschlagen. Woanders." Sie lächelte. "Und nun bin ich hier. Ich weiß, wenig spektakulär. Die Zeit wird zeigen, was mich hier erwartet."

Sie machte eine wegwischende Bewegung. "Ich werde sehen, welche Kräfte hier walten und mich vorerst auf meine Aufgabe konzentrieren."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ein neues Kapitel - beinahe beneide ich Euch.” Giada lehnte sich auf ihrem Platz ein wenig zurück und schlug ein Bein über das andere. “Ah, und den Drang, eine Aufgabe beim Schopf zu packen.” Sie ballte kurz beide Hände zu Fäusten als würde sie eine solche Aufgabe tatsächlich aus der leeren Luft zerren können.

“Ich sollte tatsächlich nicht über Euer Vipernnest sprechen. Doch ich werde Euch einen Rat geben, der womöglich viel mehr wert sein kann.” Sie legte einen Finger nachdenklich an ihr Kinn und sann wohl über die nächsten Worten kurz nach bevor sie sie aussprach: “Sucht den werten Baumeister Vergonzo Faro auf. Ihr könntet ihn sicherlich hier im Elysium eine Nachricht hinterlassen. Deutet im Gespräch Eure Aufgabe an ohne mehr zu verraten als Ihr wünscht. Wenn Ihr ihn für Euch gewinnen könnt anstatt ihn gegen Euch aufzubringen, könnte das für Eure Aufgabe wertvoller sein als alles andere.”
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Atessa Federizzi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Atessa Federizzi »

Atessas Lächeln kam zurück und sie legte den Kopf schief, als Giada ihre Haltung änderte. War das Verbitterung in ihrer Stimme?

Was danach kam, überraschte sie dennoch. Das hatte die Rose von dieser ernsten, freudlos wirkenden Lasombra wahrlich nicht erwartet. Eine Information diesen Gewichts. Sie beugte sich vor, um besser lauschen zu können und nickte dann langsam.

"Habt Dank, ich werde eurem Rat gewiss zu Herzen nehmen..." Sie hielt kurz inne "...und eure Geste nicht vergessen."

Die Toreador nickte Giada tiefer zu.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Ja, vielleicht war das Bitterkeit. Sie war sorgfältig begraben, hinter der ein wenig steifen Haltung der Lasombra, hinter den durchaus wohlgesetzten Worten, hinter den eilig - aber nicht zu eilig - nachgeschobenen Themenwechseln. Die Lasombra war eine Fremde in der Fremde, eine Diplomatin ohne Diplomatenstand, eine Neugeborene auf einem politischen Parkett für Ancillae und Ahnen, eine sinnlose, gestaltgewordene Geste der Verbindung in Zeiten des Krieges, eine fremde Vasallin, die in Genua weder ein Amt noch eine Aufgabe noch irgendeinen weiteren Sinn finden konnte als den, den sie bereits ausfüllte. Sie saß fest. Vermutlich auf einem recht hohen Sitz, gemessen an anderen Neugeborenen, doch das war es eben auch.

Natürlich konnte noch mehr dahinterstecken. Hohe Politik unter Ahnen und Domänenherren konnte auch Geiselaustausche beinhalten, politische Gefangene, den tödlichen Tanz von offenen und verborgenen Spionen und vieles mehr.

Doch letztlich saß hier eine Blutsenkelin des Fürsten Totila von Mailand und ja, vielleicht war das Bitterkeit in ihrer Stimme. Aber immerhin lenkte das weitere Gespräch davon fort und sie folgte seinem Fluss.

“Am Ende sind Gesten wie diese, was mit uns in der Nacht überdauert”, bemerkte Giada zu Atessas letzten Worten. “Wenn Ihr es wünscht, erzählt mir etwas von Euch? So manche und so mancher von den Blutserben Arikels, von den Rosen, ist der Gelehrtheit oder den Künsten zugetan. Habt Ihr eine ähnliche Leidenschaft?”
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Atessa Federizzi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Atessa Federizzi »

Sie hatte keine Ahnung, wer ihr da gegenüber saß. Bei allem was sie wusste, war es eine politische Schachfigur. Die Frage war, mit wie viel Macht sie ausgestattet war. Denn Figuren waren sie alle, soviel hatte sie gelernt.
Jetzt war es Atessa, die ein Bein über das andere schlug und eine etwas bequemer Sitzposition einnahm. Eine Haltung, die ihr zu gefallen schien. -ihr Blick huschte beiläufig über den Rosenkranz an der Schärpe ihrer Gesprächspartnerin.

"Nun, ich bin wohl keine Künstlerin. Eher genieße ich den Anblick der Kunst der Schöpfung unseres Herrn. Der menschliche Körper ist wahrhaft ein Meisterwerk, so er denn wohlgeformt ist. Ich bekam in der Heilerschule zu Salerno die Gelegenheit ihn zu studieren." Der Gedanke daran zauberte ein zufriedenes Lächeln in ihr Gesicht, bevor sie fortfuhr.
"Was bedeutet schon Kunst, wenn sie nicht wertgeschätzt wird. Es wäre doch schade, wenn es nur Erschaffer aber keine Bewunderer gäbe."

Sie machte eine Pause und legte sich eine Strähne hinter die Ohren. "Und Ihr, gibt es etwas, an dem Ihr euch erfreuen könnt? Vergnügen ist ja zum Glück nicht nur uns Rosen vorbehalten."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1076] Und Ihr seid? [Atessa, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Keiner von uns kann das Vergnügen ganz von sich abwerfen. Selbst die Tugendhaftesten erfreuen sich - und sei es im Eifer des eigenen Glaubens oder, hässlicher wohl, an der Ereiferung über den Unglauben anderer.” Giada hatte den Blick auf jenen Rosenkranz bemerkt, so wie es schien. Sie griff danach, ließ die Perlen durch ihre Finger wandern. Diese Perlen waren klobig und wirkten grob, aus einfachem Metall, Bein und sogar Holz gemacht und nicht in der feingearbeiteten Kunst, die sich die Magistra vermutlich mit anderen Teilen ihrer Garderobe und ihres Äußeren geleistet hatte.

“Wisst Ihr, ich habe eine These zum Vergnügen von solchen wie uns, die wir in der Nacht wandeln, verdammt vor Gott, als die Erben Kains.” Giada setzte sich ein wenig zurecht, so dass sie sich besser Atessa direkt zuwenden konnte.

“Nun besitze ich wenig Kunstverstand und noch weniger Geduld mit den Künstlern. Vermutlich habe ich auch weniger als Ihr ein Auge für die Schönheit der Dinge in dieser Welt. So könnt Ihr mir vielleicht mit meiner These helfen.”

“Wir sind Kreaturen dieser Welt und Kreaturen der Nacht. Die Sonne ist unser Feind und unsere Existenz ist eine, in der wir das Leben der Menschen stehlen. Uns ist Zeit gegeben, die die Menschen nicht besitzen, doch die Dinge, die uns im Leben vielleicht begeistert haben, werden für unseren Geschmack fahl und fahler.”

“Die Menschen, die wir einst kannten, ergrauen und sterben im Alter. Die Musik, zu der wir einst tanzten, verblasst und wird durch neue Weisen ersetzt. Die Farben, die Muster, die Geschichten, sogar die Sprache: Nichts bleibt. Und irgendwann werden wir es auch leid, den allzu flüchtigen Gespenstern unserer Wünsche und Begehrlichkeiten nachzujagen. Wir suchen nach den Dingen, die größeren Bestand haben. Wissen vielleicht, doch das ist ein nie endender Weg und selten ist er einer von Leidenschaft und Vergnügen. Macht, insbesondere unter unsereins, doch auch das ist ein nie endender Weg und sobald man ihn mit Vergnügen oder Leidenschaft verwechselt, hat man bereits begonnen, von ihm abzufallen.”

“Dann ist da das Blut. Es ist die Passion, die uns niemals erlischt. Sie ist immer neu. Sie ersetzt nahezu jede Leidenschaft, die wir im Leben kannten, ohne Schwierigkeit. In unserer Gier danach sind wir einander ähnlicher als wir jemals zugeben wollten. Nicht einmal vor uns selbst.”
Giada hielt eine der Perlen des Rosenkranzes zwischen ihrem Zeigefinger und ihrem Daumen.
“Zugegeben, dies ist kein Thema für eine leichte Konversation mit einer Fremden. Zu meiner These also: Dass wir, so wie wir sind, ein jedes für uns andauerndes Vergnügen am Ende auf das Blut zurück verfolgen können. Wir sind, was wir sind.”
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