[1076] Die kluge Anwendung persönlicher Niedertracht für das Allgemeinwohl [Angelique, Ilario]

[Ilario]

Um über Angeliques Anliegen en Detail zu beraten, hatte der Hüter sie in das Elysium eingeladen. Er wolle sie auf der Terrasse treffen, unter freiem Himmel in den nächsten Vollmondnächten. Und dort erwartete er die kindliche Malkavianerin dann auch an die Ballustrade gelehnt blickte Ilario ihr entgegen wenn sie die Treppe hinaufkäme. Wie üblich war sein Gewand von tiefem Schwarz, nur an den Säumen der Tunika blitzten silberne Stickereien im Mondlicht und an der Seite trug er ein Schwert in ebenso dunkler, wildlederner Scheide. Ein kostbarer Rubin war im Knauf eingearbeitet, die Klinge schien von fremder Machart, von weiter her als Italia.

Ilario wartete eine kurze Verneigung Angeliques ab, dann nickte er ihr zu. "Du willst also einsteigen in dieses schmutzige, erbauliche Spiel?"

[Angelique]

Angelique war in ihrem weißen Kleidchen gekommen und bildete einen scharfen Kontrast zu dem schwarzen Lord.
Zuerst erschrak sie, den sie hielt sein Schwert im ersten Moment ob des Edelsteins im Knauf für das von Roger, das sie seit Jahrzehnten suchte.

Dann aber fing sie sich wieder und lächelte.
"Ich spiele das Spiel ja schon sehr lange, nur eben nicht in der hohen Politik. Die überließ ich den Hohen Familien, während ich diesmal langsam meine sterblichen Figuren aufgestellt habe.

Aber wenn ich mein Wissen, meine Schiffe und mein Geld zum Wohle der Menschen Genuas einsetzen will, muss ich diese Investitionen schützen können.

Und das wiederum geht nur über die Adelsfamilien des Senats. Meine sterblichen Vasallen, die nichts von mir wissen, sollen nicht nur Teil der Verteidigung sein, für die ich sie seit Jahrzehnten positioniere, sondern sie sollen auch Nutznießer dieser Politik sein und sie gestalten helfen.

Ich habe mein Handelsnetz seit über hundert Jahren aufgebaut und viele Eisen im Feuer. Ich habe Fehler gemacht und einst meine Blutvasallen politisch aufgestellt. Ich habe das bitter mit Ruin und menschlichen Verlust bezahlt.

Aber ich bin lernfähig.
Deshalb wende ich mich auch an dich und ich wende mich auch an die wohlwerte Iulia, denn nichts will ich tun, was nicht auch den Segen Aurores hat.

Diese Stadt wird bald mächtig werden und das darf ich nicht verpassen. Ich wünsche, meinen Anteil zu leisten und die damit verbundenen Privilegien in der Welt der Sterblichen für meine Getreuen."

Sie schaute ihn sehr erwachsen dabei an. Nur wenige sahen jemals diese ernste Miene auf dem Kindergesicht und die klaren Augen, die nicht die Maske der verhuschten Mystikerin zeigten, sondern die strategische Schachspielerin, die sie sein konnte.

Ilario gehörte zu diesen Auserwählten.

[Ilario]

"Dies Schwert trage ich als Zeichen des Standes, und weil ich als Hüter sicherlich eines Nachts gezwungen sein werde es zu gebrauchen. Du musst dich also nicht fürchten, vor dieser Klinge aus dem Westen." Sicherlich gab es auch wesentlich angsteinflößenderes an dem Lasombra als guten Stahl, aber er wusste, dass sie dies ebenso wusste. Daher lächelte Ilario sacht und nickte zu ihren weiteren Worten.

"Es ist diese Normannenfamilie, vom Turm am Hafen richtig? Dann stellen sich gleich mehrere Dutzend Fragen, aber fangen wir mit den offensichtlicheren an: Sollen sie dort weiterhin ihren Stammsitz haben und sich politischen Einfluss im Siestri Platealonga erringen oder sich lieber in einem der neu erschlossenen Siestri etablieren? Letzteres wäre sicherlich einfacher, doch müsste dort eine Basis geschaffen werden. Und zum zweiten... Wer aus dieser Familia soll was anstreben? Einen Posten im Senat und diesen dann für die kommenden Generationen halten?"

[Angelique]

"Galéran D'Ors habe ich im Sinn. Er hat gute, freundschaftliche Kontakte zu den normannischen Herren von Sizilien und ist ein schlauer Händler. Er lahmt nach einer Schlachtverletzung ist daher sehr besonnen ... für einen Normannen. Außerdem hat er, neben einer normannischen Ehefrau, auch eine Genuesin als Kebse, seit er jung ist und sie bei den Brotunruhen gerettet hat. Er sieht Genua also als seine Heimat an."

Angelique grinst frech. "Warum nicht beides. Siestri Platealonga, mit dem Familiensitz ausbauen und investieren in die neuen Viertel und in einer Generation dort Familienbande mit anderen Adelsfamilien knüpfen. Die Ambitionen der Normannen sind grenzenlos und ansteckend. Es würde Genua nicht schaden, diese Dynamik zu nutzen."

Sie zeigte wieder ihr ernstes Geschäftsgesichtchen. "Galéran weiß nichts von mir oder uns, so wie die meisten der Familie D'Ors. Das soll bitte so bleiben. Ich weiß nicht, wie die anderen die Stille handhaben, aber ich nehme die ernst. Warne mich bitte, wenn Spieler auf das Schachbrett hüpfen und die Figuren durcheinanderbringen wollen."

[Ilario]

"Nun, die Menschen sterben so schnell... Kaum hat man sich an einen gewöhnt vergehen sie. Dennoch ist es wichtig, dass ihr euer Haus mit einem soliden ersten Stein beginnt. Wenn dieser Mann das Fundament bilden soll, gut."
Ihren frechen Einwurf quittierte der Schatten mit einem bitteren Lächeln und Kopfschütteln.
"Nein Marie, nicht zugleich. Beginne an einer Stelle und zeige Genua, dass du dort nicht nachlassen wirst. Deine Kräfte räumlich zu weit zu verteilen ist gefährlich, vor allem auf einem neuen Feld. Auch kann und werde ich dich nur warnen vor anderer Kainiten Aktivitäten, sollte ich in meinem Umfeld davon Wind bekommen. Meine Augen und Ohren können nicht überall zugleich sein. Auch wenn manche dies meinen."

[Angelique]

"Gut, dann natürlich dort, wo ich bereits meinen soliden ersten Grundstein in Form meines Turms habe.
Du hast ja recht. Ich habe hier und dort Besitzungen, aber sie sind verstreuter als die Besitzungen der Welfen. Das ist zwar meine Stärke, weil so niemand misstrauisch darauf kommen kann, dass ein Vampir dahinter steht, aber gegen Machenschaften von anderen Vampiren ist das tatsächlich nicht hilfreich, wie ich leider lernen musste."

Sie überlegte. "Außerdem scheint es nicht schlau, sich mit all den Neonaten über neue Territorien zu balgen. Jeder Alteingesessene kennt mich, aber Neue könnten denken, ich sei leichte Beute auf dem politischen Parkett, weil ich klein, kindlich und nett wirke.

Die kampferprobten D'Or wären eine große Bereicherung für die Milizen, die die Stadtwache stellen. Die Gegend ist der Hafen, wo ich eh am liebsten bin. Meine Schiffe liegen da oder landen da an.
Ich sehe dieses Sechstel Genuas als sein Herz an und weiß natürlich, dass es wichtig, reich und begehrt ist.

Ich will nicht mit den Leuten, die dort herrschen, konträr gehen. Im Gegenteil, ich will mit ihnen kooperieren, damit beide Seiten prosperieren können."

[Ilario]

"Im Kleinen herrscht dort keiner, wiewohl unsere höchstverehrte Lehnsherrin natürlich auch dort die Herrschaft innehat. Viele wollen dies aber, daher stelle dich mit dem einen oder anderen gut. Am besten solche die dem Weg der Könige, dem der Ehre folgen. Auf ihr Wort ist Verlass." Einige nichtexistente Herzschläge lang betrachtete er die kindliche Kainitin. Wurde sie endlich erwachsen? "Um die eine oder andere Auseinandersetzung wirst du genausowenig herumkommen wie um schmutzige Handel."

Wieder Schweigen, während Ilario den Verlauf von Angeliques Schatten aufmerksam musterte.

"Wenn du deine Leute, deinen Kandidaten, soweit in Stellung gebracht hast und ein Posten im Senat frei wird, lass es mich wissen. Ich mache meinen Einfluss dann für ihn geltend. Dafür schuldest du mir dann etwas, ein Geheimnis. Ein schmutziges... von Benedetto. Etwas das noch verborgen ist und du herausfinden wirst."

[Angelique]

"Es sollte mir leicht fallen, mit denen, die ihre Eide halten, zu verhandeln. Man behauptet zwar, ich würde mich nicht an meine halten, doch das bezieht sich auf unlautere Abmachungen, die im Nachhinein geändert wurden.
Es sollte offensichtlich sein, dass VOR einem Geschäft die Regelungen geklärt werden und nicht DANACH. Schon die Römer haben so Kriege begonnen, wenn das passierte.
Du dagegen sagst mir klipp und klar, was du möchtest für deine Unterstützung. Das ist so erfrischend und ehrlich! Ich danke dir wirklich dafür."

Sie wurde neugierig. "Nun hast du mein Interesse geweckt. Geheimnisse interessieren mich immer. Es ist die Aufgabe eines Orakels, sie zu enträtseln. Geheimnisse im Dunkeln, sind wie eiternde Wunden, die man nicht erkennt. Man muss sie untersuchen."

[Ilario]

"Gut, dann soll es so sein. Wir haben einen Handel."

Der bleiche Magister nickte, es war beschlossen und galt damit.

"Wenn du mir ein Geheimnis bringst welches mir hilft den Griff Benedettos und seiner Mailänder Puppenspieler vom Bischof abzulenken... werde ich dir darüber hinaus ein Geschenk machen. Eines vom dem ich ahne, dass es dich begeistern wird."

[Seresa]

Zusammenfassung:
Ilario und Angelique trafen sich im Elysium. Die Malkavianerin ließ den Lasombra wissen, dass sie in die hohe Politik einsteigen möchte. Der Schatten beriet das Mondkind mit Fragen zu ihren Absichten. Ilario bietet Angelique Unterstützung an, sobald diese ihre Figuren platziert habe. Sie schließen einen Handel, der Benedetto beinhaltet, bevor sich ihre Wege in dieser Nacht trennen.