[1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

[Januar '23]
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Drita
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[1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Drita »

Im Elysium wartete eine Nachricht auf Giada. Das Schreiben war auf Latein verfasst, aber auf der Rückseite fand sich eine Übersetzung in Italienisch. Im Zweifelsfall würde der Ghul diese auch vorlesen. Die Tinte wurde offensichtlich mit Blut gemischt.
An meine Schwester im Blute,
Giada Salvaza Rossi,
Neugeborene im Blut der Schatten,
Kind der Heiligen Noellina, Ancilla im Blut der Schatten,
Kind Totilas, Ahn des Clans der Schatten aus der Linie des Boukephos, Fürst Mailands, Herr der Lombardei, Gafaúrd des Zirkels der bitteren Erinnerung

ich bin derzeit als Gast des Prinzen von Genua in der Domäne und werde einige Zeit hier verweilen. Daher ist es mir ein Bedürfnis die Mitglieder des Clans in Genua schnellstmöglich kennen zu lernen und euch die Gelegenheit zu bieten euch vorzustellen.

Da ich momentan noch auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft bin, werde ich euch zu Mitternacht in 7 Tagen nach Erhalt dieser Nachricht im Elysium erwarten.

Drita
Ancilla vom Clan Lasombra
Feuer und Sturm, Erdbeben mögen meine Waren zerstören.
Ich verliere nicht Viel, wenn mir das Vertrauen meiner Kunden erhalten bleibt.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Etwa im Verlauf eines Monats erhielt Drita eine Antwort: Zuerst wohl die einfache Mitteilung, dass die Nachricht übergeben worden war, danach eine Bestätigung der Adressatin. Falls Drita sich die Mühe machte, konnte sie diese Bestätigung sogar in Form eines seltenen und erstaunlich feinen Papierblattes in der Hand halten.

Das Blatt war erstaunlich rein und eindeutig kein Pergament. Aufgrund seiner schieren Kostbarkeit war es auch relativ klein, etwa so groß wie eine Handfläche. Es kam in einer eisernen und wachsversiegelten Schatulle als Hülle und Schutz. Kein Siegel war in diesem Wachs, doch wenn Drita das Wachs brechen wollte, musste sie auch etwas sehr kleines, zartes zerbrechen, das in dem Wachsklumpen steckte: Ein sehr feiner, länglicher, schmaler Zahn. Von einer vermutlich eher kleinen Giftschlange, denn einmal zerbrochen war die Zahnkanüle freigelegt, durch die das Gift sonst floss?

Sobald Drita das getan hätte, konnte sie problemlos das locker zusammengerollte Papier nehmen. Die Schrift darauf war gestochen scharf, ebenmäßig und lateinisch, ebenso wie die Sprache Latein war.
An die verehrte Drita,

Ich nehme Euer Angebot an und die Gelegenheit für die siebte Nacht nach Erhalt Eurer Nachricht wahr.

Giada Salvaza Rossi,
Neugeborene im Blut der Schatten,
Kind der Heiligen Noellina, Ancilla im Blut der Schatten,
Kind Totilas, Ahn des Clans der Schatten aus der Linie des Boukephos, Fürst Mailands, Herr der Lombardei, Gafaúrd des Zirkels der bitteren Erinnerung

8, 7, 3, 2, 1, 1 (Patzer zum Erinnern/Einordnen von Drita)
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Drita
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Drita »

Nachdenklich saß Drita an dem Abend unter dem Pavillon. Die Wut über die Antwort der jungen Lasombra hatte die Ancilla verworfen. Stattdessen starrte Sie mit eiskalten Augen und hartem Gesicht auf den zerbrochenen Zahn in ihren Fingern. Die spitze eben jenes war in das Blütenpapier gebohrt - nicht zum ersten Mal, wie es aussah.

Sie wartete... schweigend und hob den Blick nicht von dem Zahn in ihrer Hand, als jemand näher kam.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Man konnte die Schritte der Magistra hören, schon weitem. Es klang nach dem Klirren einer Kette, gerade leicht genug, dass es kein Gespräch übertönte, gerade laut genug, dass es eine Warnung sein konnte.
In Wahrheit war es keine Kette, die Giada an der Seite trug. Es war ein Rosenkranz aus klobigen, groben Perlen. Er wirkte viel zu einfach gemacht für den Rest ihrer Erscheinung: Die teure Scherpe, die sie um den Bauch gewunden trug. Die Kleider aus schweren, bestickten Stoffen mit reichen Farben. Die Spangen, die ihr Haar zusammenhielten.

Die Erscheinung der Magistra hatte etwas an sich, das einem Sterblichen unweigerlich den kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Es war schwer greifbar und für die Todlosen in der Nacht auch kein echtes Hindernis. Und doch, Giada trug eine Ahnung von Unheil mit sich, von lichtlosen Geheimnissen, von unbarmherziger Finsternis. Auch wenn all der teure Stoff, das Kleid, der Schmuck ihr vielleicht irgendwie die Anmutung von Noblesse oder wenigstens Reichtum geben konnten: Der Abgrund, der hinter alledem aufklaffte, war zu tief und zu hässlich.

Sie trat näher an Drita heran. Nah genug, um sich zu zeigen. Nicht nah genug für eine direkte Attacke mit dem Schwert - nicht, dass einer von ihnen beiden eines trug, hier, im Giardino della Rosa silenziosa. Nicht, dass einer von ihnen beiden eines brauchte.

Giada verneigte sich in einem etwas steifen Ernst. Das war, was einer Ancilla gebührte. Sie sprach nicht, sie wartete. Das gebührte einer Neugeborenen.
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Drita
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Drita »

Die Ältere regte sich nicht.
Nicht, als die Kette zu hören war.
Nicht, als die Schritte näher kamen.
Nicht, als die Neugeborene sich verbeugte.
Nicht, als Sekunde, um Sekunde verstrich.

Eiskaltes, unbarmherziges Schweigen, dass der Dunkelheit zu Eigen wurde - das sie augenscheinlich Beide liebten.
Nur der Zahn drehte weiter auf dem Papier.

Und dann... stach Drita ihn in den Bogen, sodass er alleine stehen blieb. In ihren eigenen Namen. Nein. Vielmehr in die Lücke da drunter.

Langsam erhob sie sich. Stolz und selbstsicher. Ihr schwarzes Kleid fiel an dem Körper hinab. Sie konnte an Prunk nicht an Giada heran halten, aber das musste Drita auch nicht. Oder es war ihr nicht mehr wichtig.

"Ich nehme an, dass die Enkelin Totilas besser in der Etikette geschult ist, als die meisten Neugeborenen in Genua zusammen."

So wie sie das sagte, klang es, wie ein Lob. Anerkennung... und zugleich wie der Untergang, der wie eine dunkle Welle hinter ihren Worten lauerte und sich schäumend aufbaute.

"... ... also muss ich davon ausgehen, dass du deine Worte so mit voller Absicht gewählt hast."

Die Ancilla kam direkt zur Sache, wie es schien. Solche Hindernisse mussten aus der Welt geräumt werden, direkt. Unbarmherzig. Mit starker Hand.

"Erkläre dich."

Das Latein das sie sprach, hatte starke Einflüsse von dem Italienisch der Adria. Und trotz der Jahrhunderte, war das Griechische ihrer Muttersprache nie ganz aus ihrem Akzent verschwunden.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giadas Gesicht in all der Zeit war sehr, sehr ausdruckslos geblieben. Über die Zeit hinweg wirkte es dann langsam mehr und mehr …betreten. Beschämt schloss sie einen Moment lang die Augen. Sie räusperte sich.
Doch Giada war nun einmal auch, wer sie war. Sie kannte den kalten und zornigen Blick jener, die älter und mächtiger waren als sie selbst. Sie war niemand, die einfach einbrach oder auch nur einbrechen durfte, nur weil der Wind rauh wurde.
Dafür war sie offenbar jemand, der unumwunden ehrlich war, wenn es nötig schien.

“Ich habe einen Fehler gemacht”, gestand sie. “Mir ist eine andere mit dem Namen Drita bekannt. Ich habe dies verwechselt und an ein übles Ränkespiel geglaubt. An eine Irreführung. Es wäre nicht die erste hier in der Stadt.” Nach dieser knappen Erklärung straffte sie sich.

“Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen und ich kann diesen Fehler nicht ungeschehen machen. Doch ich kann Euch um Verzeihung bitten. Ich biete Euch, verehrte Drita, als Ancilla vom Clan der Nacht, einen kleinen Gefallen und meine Unterstützung beim Zurechtfinden hier in Genua für das erste Jahr und einen Tag. Solange dies nicht die Schwurtreue zu meiner Heimat verletzt oder sich gegen Genuas Wohl richtet. Dies im Austausch für Eure Vergebung für meinen Fehltritt.”
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Drita
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Drita »

Drita musterte jede noch so kleine Änderung der Mimik in Giadas Zügen. Aber auch die Züge an der Neugeborenen, die hart blieben, lagen in dem Interesse des Schattens. Sie offenbarten die Erfahrungen und Entbehrungen, die man schon durchlitten hatte. Den Druck und die Hiebe, die man ertragen hatten. Ohne die Härte, sagten die Regungen doch wahrlich wenig aus.

Dem folgte ein Geständnis. Drita unterbrach die Jüngere dabei nicht, wollte wohl jedes Wort bis hin zu der Entschuldigung hören. Vielleicht war sie innerlich sogar ein bisschen enttäuscht, dass das so einfach gewesen war - zu schnell ging. Aber auf der anderen Seite sprach das für die Neugeborene, die ganz genau wusste, wo ihr Platz war und wie sie sich bewegen musste. Totilas Enkelin besaß also Potenzial.

"Ich schätze Ehrlichkeit." Dritas Stimme durchbrach die Stille, die sich nach dem letzten Satz der Mailänderin gebildet hatte und einige Zeit anhielt.

"Und ich schätze, wenn Hindernisse und Missverständnisse effektiv und effizient aus dem Weg geräumt werden. Von daher... akzeptiere ich und betrachte diesen Vorfall als Ausrutscher. Ich hoffe, dass ihr für die Zukunft daraus lernt. Hättet ihr die Dinge erst einmal hingenommen, hättet ihr hier eure Vermutung bestätigen oder beseitigen können... und hättet eine scharfe Klinge formen können, statt sie schon mit eurem Schreiben stumpf zu schlagen."

Es folgte ein Nicken, gepaart mit einer Handgeste. Die stumme Erlaubnis mit dem Protokoll fortzuführen. Es wäre ihnen Beiden nicht angemessen dies Prozedere abzukürzen.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Meinen Dank.” Giada neigte den Kopf. “Und umso interessanter ist Eure Ankunft hier in Genua. Es ist eine bewegte Zeit, in der so vieles in jener Schwebe kurz vor einem Wandel zu stehen scheint.”

Die Magistra legte ihre Hände ineinander, so dass diese beinahe in den weiten und schweren Ärmeln ihres Kleides verschwanden.
“Ich selbst beobache diese Dinge mit dem gebotenen Interesse”, umriss sie sehr grob den Grund ihrer eigenen Anwesenheit in Genua. “Wie Ihr es bereits selbst sagtet, gelte ich hier und für die meisten als eine Enkelin Totilas. Einigen, vielleicht auch Euch, kann ich als ein Kontakt gen Mailand weiterhelfen.”
Es klang ebenso plausibel wie schlicht. Es klang nach der Art von Erklärung, hinter der sich ein Dutzend weitere verbergen mussten, eine politikverflochtener als die nächste.
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Drita
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Drita »

"Ich kann euch sagen, dass Beständigkeit in unserer Welt nie von langer Dauer ist. Manchmal sind es 10 Jahre... manchmal 100... ... aber Bestand hat Nichts. Und jeder Wandel birgt so viel... Neues. So viele Möglichkeiten."

"Mich treibt vor Allem der Handel hier her. Gefallen wollen getauscht werden, sind sie doch die Währung unseres Daseins. Und Genua erscheint mit Ideal, um in alle Welt zu handeln." Damit erklärte Sie ihr hier sein und bestätigte zugleich, dass sie durchaus auch Interesse hatte auf das Angebot der Jüngeren einzugehen. Doch die Tatsache, da konnte Giada sich sicher sein, war ein viel zu einfacher Grund, als das das Alles sein konnte.

"Mailand habe ich bisweilen leider noch nicht gesehen. Dafür komme ich gerade aus dem schönen Venedig."
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Die Schatten sind weiblich [Giada, Drita]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Giada neigte den Kopf ein wenig und sann wohl über diese Worte, über diese beinahe philosophische Sicht der Dinge nach. Letztlich nickte sie.
“Ja. Ich denke, es war eine verehrte Jägerin vom Blut der Bestien, die mir einmal sagte: ‘Nichts ist wahrlich ewig, ganz gewiss nicht unsere Unsterblichkeit. Selbst Ewigkeit ist vergänglich und einzig die Vergänglichkeit mit ihrem Wandel ist ewig.’”

Sie hob das Kinn ein wenig an. “Sie konnte die Finsternis nicht kennen, mit welcher unser Blut verbunden ist. Dennoch liegt Wahrheit in ihren Worten.” Giada lächelte ein eher knappes, recht trockenes Lächeln, das so schnell wieder verschwand wie es gekommen war.
“Ihr klingt wie eine, die eine gute Übung hat, die Gelegenheiten des ewigen Wandels für sich zu nutzen.”
Gesperrt

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