„Votori?“, fragte er. Seine Stirn legte sich leicht in Falten, bevor sie sich wieder glättete. „Sicher versteht ihr, dass mein Wissen hier sehr limitiert ist und ich daher nur bloße Vermutungen anstellen kann. Ich kenne weder die Details noch bin ich ein Gelehrter, der die Ereignisse aus Sicht eines Historikers etc. betrachten könnte. Auch kenne ich die Geschichte zwischen Savonna und Genua nicht, kann also nicht sagen, was zu dem Konflikt geführt haben mag.“ Er sprach ruhig, während er das Spielbrett wieder mit Figuren besetzte. Er lächelte kurz. „Ich bin also keineswegs in der Lage in irgendeiner Form Kritik zu äußern, an niemandem. Auch ist das nicht meine Absicht.“, stellte er klar. Er wollte nicht, dass seine Worte im irgendwann in den Hintern bissen, nur weil man ihm dann nachsagte, er hätte die Taten oder Worte andere kritisiert.
„Grenzen sind denke ich generell ein Problem. Das Landesinnere ist immer das, das Innere eines Landes, aber an den Grenzen, da wird es schnell ungenau. Man kann schließlich nie mit absoluter Sicherheit sagen, auf welcher Seite der Grenze die eigenen Füße gerade stehen und ob dies in den nächsten Jahren noch die gleiche Seite der Grenze sein wird.“ Er zwinkerte. „Grenzen ändern sich mitunter schnell und müssen nicht immer mit den Landesgrenzen der Menschen übereinstimmen, was alles womöglich weiter verkompliziert“, begann er seine Überlegungen. Er überlegte wie er selbst als Herrscher denken würde. „Sicherlich werden Grenzen genau beobachtet, denn niemand möchte, dass ein anderer etwas für sich beansprucht, von dem man ausgeht, dass es einem selbst gehört.“ Er strich sich mit der Zunge über die Lippen. „Es wird immer jemand geben, der will, was man selbst hat. Und dann gibt es auch noch andere, Familie und dergleichen, die es vor Eindringlingen zu beschützen gilt. Starke Grenzen sind also notwendig für die Sicherheit, gleichzeitig fragt sich der Außenstehende natürlich auch, was es da so Wichtiges und Wertvolles zu beschützen gibt und wird neugierig. Oder einfach nur gierig.“
Er machte seinen Zug auf dem Schachspiel und dachte weiter nach, während er Livius Zug abwartete.
„Sieht man von den allgemeinen Rahmenbedingungen, also den historischen, diplomatischen, strategischen Umständen, einmal ab, so kommt der individuelle Faktor hinzu.“ Er strich sich gedankenverloren durch den Bart. „Ein jeder bringt seine eigene Vergangenheit und seine individuellen Verpflichtungen mit, dann noch die Kabbelei untereinander, wenn Verfehlungen nicht aus der Welt geräumt wurden, man neidisch auf den Rang und Status des anderen ist. Oder man sich schlicht weg einfach nicht ausstehen kann. Und dann kommt da noch das Tier hinzu, die eigenen Vorstellungen, wie man ein Problem lösen kann, die unterschiedlichen Fähig- und damit auch Möglichkeiten.“ Er blickte Liviu an. „Versteht mich nicht falsch, das kann alles gut gehen und zum Erfolg führen. Es kann aber auch ein Pulverfass sein, das beim kleinsten Funken sich selbst zerstört.“ Er machte eine kurze Pause. „Und letztlich...hängt der Friede nicht von den höchst verehrten Prinzen ab? Sicher, eine Aufgabe kann an Untergebene delegiert werden, damit diese eine Lösung finden. Die Lösung wird jedoch immer dem Wunsch eines Prinzen entsprechen müssen, daher bedarf es auf beiden Seiten dem Wunsch nach Frieden, oder nicht?“ Er war gespannt was Liviu dazu sagen würde und wollte seine Meinung dazu auch hören.
Er blickte seinem Gegenüber neugierig ins Gesicht. „Haben die Venezianer etwas mit dem Konflikt zu tun oder habt ihr an dieser Information ein persönliches Interesse“, bohrte er sacht nach. „Sicher versteht ihr, dass Nachforschungen möglich sind, jedoch mit Sicherheit nicht ganz ungefährlich sind. Ich sollte also wissen, worauf ich mich bei Zustimmung einlassen würde, ist doch eine persönliche Gefahr nicht ganz von der Hand zu weisen.“
Dass Liviu die Beziehungen zu seiner alten Heimat nicht einschlafen lassen wollte, konnte er nachvollziehen. Ihm selbst ging es nicht unähnlich. „Stammt eure Familie aus Syrakus oder euer Erzeuger? Da seid ihr ein ganzen Stück weit weg von der Heimat“, sagte er und legte damit den Köder aus.