[1077] Strömungen im Schatten [Vincente, Ilario]

[Ilario]

Vincente hatte über Maryam um Audienz gebeten und einige Zeit später war er gebeten worden in den ersten Nächten des März 1077 in das Elysium zu kommen. Vor einem Schachspiel sitzend erwartete Ilario ihn, alle Figuren waren noch unberührt und dennoch studierte der Ancilla das Spielbrett, ging in Gedanken Züge durch. Ob diese jedoch alle noch dem Spiel der Könige vor ihm galten war fraglich. Als der jüngere Lasombra eintraf sah Ilario auf und ihm entgegen.

"Ah, werter Vincente. Tretet näher."

Dezent gab Ilario ihm Zeit und Raum für die förmliche Verneigung, denn er wusste um Vincentes Bemühungen sich darin zu verbessern.

[Vincente Carlos]

Für diesen Abend hatte er ein hellgraues Hemd gewählt, zu dem er dunkle, braune Hosen und ein paar Stiefel trug. Die Kleidung war von guter Qualität und sauber, in ihrer Art jedoch schlicht. Dafür hatte er sich diesmal für einen mit Prägungen verzierten Gürtel entschieden, welcher dem Schmuck seiner Erscheinung diente. Vorsorglich hatte er sich nach seinem Bad auch den Bart stutzen und die Haare frisieren lassen. Alles in allem war seine Erscheinung gepflegt, wenn auch etwas schlichter. Ihm war bewusst, dass er sich an diesem Abend nicht mit dem Glanz und der Pracht des Elysiums messen konnte und wollte es auch nicht.

Nachdem ein Diener ihn zu Ilario geführt hatte, hatte er mit etwas Abstand im Sichtbereich des Älteren gewartet, damit dieser seine Gegenwart bemerken und ihm zu verstehen geben konnte, dass er nun Zeit für ihn hätte. Da Ilario ihn ansprach, kam er dessen Aufforderung nach und trat näher.

Mit ein paar Schritten Abstand blieb er erneut stehen, um sich vor dem Hüter tief zu verneigen. Erst, wenn dieser ihm ein Zeichen gab, dass er sich wieder aufrichten und sprechen durfte, würde er ihn höflich begrüßen. „Die Nacht zum Gruße, verehrter Ilario. Habt vielen Dank, dass ihr euch an diesem Abend Zeit für mich nehmt.“ Anschließend blieb er stehen und wartete ab, ob Ilario ihm erlaubte sich zu setzen.

[Ilario]

"Sehr gut, ich sehe euer Bemühen eurem Auftreten mehr Schliff zu verleihen trägt erste Früchte. Nehmt Platz werter Vincente." Ilario deutete ihm eben dies zu tun. Sobald Vincente saß, sprach der Ältere weiter. "Ich nehme an eure Anfrage mich zu sprechen ist nicht belangloser Natur. Ihr wollt etwas oder habt über mein Angebot nachgedacht. Allerdings werde ich es abwandeln, die Jahre zogen ins Land und die Dinge entwickeln sich... Nun, was führt euch also her?" Mit einer Geste lud der Ancilla den Jüngeren ein zu sprechen, sein Anliegen kundzutun.

[Vincente Carlos]

Vincente freute sich, dass der Anchilla seine Bemühungen – und fairerweise musste man hier sagen: Verbesserungen – mit Lob bedachte. Fast wäre ihm darüber die Röte ins Gesicht gestiegen. Er hoffte, dass er sich auch in Zukunft korrekt betragen würde, um dem Clan keine Schande zu bringen und sein eigenes Ansehen nicht durch sein Verhalten zu mindern. Andere wären dann sicher williger, ihm behilflich zu sein. Auch, wenn er sicherlich noch einige steinige Wege zurückzulegen hatte. Er machte sich da nichts vor.

Auf die Weisung hin setzte er sich auf den ihm zugewiesenen Platz. Der Aufforderung folgend, antwortete er: „Es betrifft wohl beides“, begann er und lächelte matt. „Meine Jahre in Genua, sie ziehen dahin und mit dem bevorstehenden Hoftag...“ Er machte eine kurze Pause, um sich zu sammeln. „Gerne möchte ich an unser vorheriges Gespräch bezüglich der Fürsprache anknüpfen.“ Damals hatte sich Ilario zumindest nicht gänzlich einer Fürsprache – oder zumindest einer Empfehlung – verschlossen. Er hoffte, dass er dem noch immer nicht gänzlich ablehnend gegenüber stand. „Darf ich offen sprechen?“, fragte er zögerlich. Es war schwierig seine Worte so sorgfältig abwiegen zu müssen, wollten sie doch meist wie eine Quelle aus ihm heraussprudeln. Indem er sich diesmal zurück hielt und seine Anliegen gezielter vorbrachte, weniger Zeit des Anchillas für sich beanspruchte, er hoffte, dass er sich damit korrekt, oder zumindest korrekter verhielt, als es bei seinem ersten Treffen gewesen war.

[Ilario]

"Sprecht offen Vincente, manchmal ist die direkte Aussprache die beste Form. Jedoch will ich, ob der veränderten Lage etwas vorausschicken. Meine direkte Fürsprache werde ich aus unterschiedlichen Gründen nicht geben. Eure Etikette werden besser, aber böswillige Geister unter meinen Rivalen würden euch dann nur zu gern auf dem Hoftag zu Fehlern verteilten und leiden lassen. Auch um mich damit zu brüskieren. Es würde auch euch mehr schaden denn nutzen. Allerdings würde ich euch dem werten Herold Nubis anempfehlen, sagt ihm ich schicke euch damit er für euch spricht und ihr schuldet ihm dafür einen kleinen Gefallen. Er wird euch nicht abweisen.
Dafür will ich von euch lediglich, dass ihr eine Chance ergreift. Als Aufklärer an den Ort eines wichtigen Scharmützels reist. Dort wartet bestimmt auch die eine oder andere Gelegenheit für einen Mann wie euch."

Ilario lächelte gefährlich, was weniger Vincente galt als der Unternehmung und den Möglichkeiten für einen Piraten.

[Vincente Carlos]

„Ich verstehe.“ Vincente nickte, auch wenn er das Ausmaß an potenziellen Katastrophen am Hoftag nicht mal erahnen konnte. Und ja, er wäre sicher ein leichtes Ziel, auch wenn er sich nur ungern als Opfer sah. „Ich will mich gerne mit dem wohlwerten Herold Nubis in Verbindung setzen und mit ihm diesbezüglich reden“, antwortete er. „Habt Dank für die Empfehlung.“ Insgeheim fragte er sich, wer die Gegner des Hüters sein mochten. Aber wahrscheinlich war dies eine natürliche Begleiterscheinung des Alters, statt grauer Haare und Falten sozusagen.

„Ich hatte bei einer Veranstaltung Gelegenheit mit dem Fräulein Orakel, der werten Angelique, zu sprechen. Sie wäre ebenfalls bereit sich als meine Fürsprecherin bereit zu erklären. Allerdings hat sie angedeutet, dass ich zuerst mit euch sprechen müsse... denn wenn ich sie richtig verstanden habe, so war sie nicht sicher, ob ihr Wort anerkannt werden würde“, erklärte er. „Oder zumindest habe ich es so verstanden.“ Er warte ab, was Ilario zur Fürsprache Angeliques sagen würde. Vielleicht wäre sie ja eine gute Ergänzung zur Fürsprache des Herolds.

Dass Ilario sogleich einen Preis für seine Hilfe nannte, überraschte ihn nicht. Es war zu erwarten gewesen. „An was für eine Auskundschaftung habt ihr gedacht? Fand das Scharmützel bereits statt oder wird es erst noch geschehen?“ Und befinde ich mich dann etwa mitten drin?

[Ilario]

"Galeno... Nubis, wird euch nicht abweisen. Sagt ihm explizit, dass ich in dieser Sache sein Entgegenkommen wünsche. Wenn ihr Angelique als Fürsprecherin wählt mag das auf euch zurückfallen, da sie in manchen Kreisen als unzuverlässig gilt. Aber sie ist auch sehr lange schon Genua und der höchstverehrten Aurore treu ergeben, daher denke ich ihre Fürsprache sollte für eure Zwecke ausreichend sein. Es geht euch ja vorrangig um eure Anerkennung als Gast und nciht darum nuancierte gesellschaftspolitische Statements zu setzen, nicht wahr?"

Leise und eindringlich sprach er dann von jenem Ort an den er Vincente schicken wollte. Als wolle Ilario ihm Gefahr und Vorsicht vermitteln die dort lauerten und angeraten seien.

"Das Scharmützel wird demnächst stattfinden, ihr solltet jedoch erst dort anlanden wenn es schon Nächte, oder auch Wochen, vorbei ist. Wenn sich die Lage dort beruhigt hat. Es könnten jedoch auch andere nach der Insel sehen, auch unsere Feinde. Seid daher vorsichtig. Interessant wäre, was auf der Insel womöglich noch zu fnden ist, was die Angreifer vielleicht nicht finden konnten oder die Verteidiger gut versteckt haben. Vielleicht sogar Überlebende oder Kainiten die sich verbergen konnten. Hauptsache ihr kommt wieder und könnt berichten."

[Vincente Carlos]

„Nuancierte gesellschaftspolitische Statements würde ich gerne vermeiden“, bestätigte Vincente Ilarios Annahme. „Zumindest derzeit.“ Ohne die politische Landschaft zu kennen, würde er, wenn es nach ihm ginge, lieber gar nicht erst den großen Zeh in das Wasser der Politik setzen. Aber er existierte – und damit hatte er automatisch schon eine politische Position, egal ob er wollte oder nicht.

Als Ilario so eindringlich mit seiner Schilderung begann, beugte er sich automatisch ein wenig vor.
Seine Brauen bildeten bei der Schilderung eine kleine Furche, denn der Auftrag könnte alles Mögliche bedeuten.

„Darf ich davon ausgehen, dass die Insel nicht zur Domäne Genuas gehört und, sollte man meine Anwesenheit bemerken, ich dort Übles zu erwarten hätte?“ Sicher würden Kainiten, die eine Insel ihr Eigen nannten, das Kommen und Gehen an den Küsten möglichst genau im Blick behalten. „Und... geht es um eine Schatzsuche oder um eine Extraktion und Bergung von Überlebenden?“, begann er sich vorsichtig fragend mit der in Aussicht gestellten Aufgabe voran zu tasten. „Beides würde unterschiedlicher Planungen bedürfen.“

[Ilario]

"Es geht darum festzustellen, was eventuell noch auf jener kleinen Insel zu finden ist. Vielleicht auch nur wenig oder nichts, aber zumindest Spuren und Hinterlassenschaften die vielleicht davon zeugen was dort geschehen ist." Ilario zuckte mit den Schultern, nicht alles hatte er erahnen können, manchens war dem Schatten verborgen geblieben. "Vermutlich ist die Insel unbewohnt, es könnte aber jemand als Beobachter, Späher oder Wachposten zurückgelassen worden sein. Mit so etwas sollte ein Mann eurer Profession aber klarkommen, auf die eine oder andere Weise."

Auf einen anderen Einwand Vincentes nickte Ilario zustimmend. "Ja, diese Inselchen ist nicht Teil der Domäne Genua. Es ist eine kleine Insel, daher vermute ich entweder niemand erhebt Anspruch auf sie als Domäne... oder aber verschiedene Parteien tun dies, zumindest auf dem Papier. Seelords, Prinzen naher oder ferner Städte..."

[Vincente Carlos]

Vincente verkniff es sich zu sagen, dass man auf einer Insel sicher jede Menge finden könnte, und wenn es nur Möwendreck und Sand und Gras war. Er würde Pferdeäpfel fressen, wenn Ilario nach solchen banalen Dingen suchen würde. Es musste also etwas Anderes, etwas Bedeutendes sein.

„Diese Dinge von denen ihr sprecht. Wären sie für die Augen einer menschlichen Mannschaft geeignet oder sollte ich nur meine Ghule mit an Land nehmen?“ Er grübelte noch ein wenig. „Ich nehme an, dass Feindkontakt vermieden werden sollte. Aber habt ihr eine Ahnung mit welchen Freunden ich zu rechnen hätte oder wie ich sie ggf. erkennen könnte? Vorausgesetzt, es gibt noch Personen auf der Insel und nicht nur ein paar Späher und Wachleute und Aufpasser.“ Dann fügte er noch hinzu. „Ich frage mich auch, ob die Fähigkeiten anderer Clans nicht auch hilfreich wären, als Ergänzung zu den Fähigkeiten der Lasombra. Oder handelt es sich hier um eine Clansinterne Angelegenheit von höchster Verschwiegenheit?“ Für ihn wäre es wichtig zu wissen, ob er die Reihen seiner Mannschaft für diese Aufgabe entsprechend würde aufstocken müssen. Zu einer Insel fahren, sofern Wetter und See mitspielten, wäre kein Problem, auch nicht das nachts an Land gehen. Komplizierter wurde es, wenn die anderen Akteuere sich zeigen sollten. Schließlich hielt er es durchaus für möglich, dass es sich bei der Aufgabe nicht nur um eine für den Hüter lästige handelte. Wahrscheinlich würde es noch gefährlicher sein, als was der Hüter hier andeutete.