[1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

[Januar '23]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Vincente Carlos
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Mein Erzeuger entsandte mich auf Wunsch des verehrten Mohammad al Shaik, Ancilla des Clans der Schatten und Konsul Sardiniens, nach Genua. Von ihm wurde ich dereinst freigesprochen.“, antwortete Vincente. „Ich soll mich um die diplomatischen Bande zwischen Pisa und Genua bemühen.“

Er konnte sich vorstellen wie das für einen Gelehrten klingen mochte. Insbesondere nach seinen nächsten Worten. „Ich bin um Bildung bemüht und habe mich dem Erlernen der Italienischen Sprache gewidmet. Der werte Liviu Cosma war so freundlich mich in die italienische Schrift und das Lesen einzuweisen. Jedoch stehe ich hier noch am Anfang. Rechnen kann ich nicht.“
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Macario
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Macario »

Der Herold nickte Vincente bestätigend, gar anerkennend zu. Dies war gewiss kein schlechtes Zeichen.

"Was kostet es Euch, die Lehren des werten Liviu?", wollte der Herold als nächstes wissen.

Macario wartete die Antwort ab, ehe er fortfuhr.

"Seid achtsam, dass diese diplomatischen Bande Euch nicht zu Fallstricken werden. Ein Bauer im Spiel der Könige ist entbehrlich und schnell geopfert.", gab er altklug zu bedenken.

Er blieb inhaltlich beim Spiel der Königlichen und erkundigte sich:
"Was war der Grund, dass Ihr seinerzeit nicht zu Eurem Spiel antratet gegen die werte Giada, unsere Schwester im hohen Blute?"
Wie kann man von Licht sprechen, wenn man nicht, wenigstens einmal,
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Zenon von Kition
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Vincente Carlos
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente dachte kurz nach. „Ich habe das Glück, dass Liviu mit seiner Zeit recht großzügig und auch er ein sehr geduldiger Lehrer ist. Ich werde ihm bei Gelegenheit einen Gefallen für seinen Dienst schulden, er hat diesen jedoch bisher nicht eingefordert.“

Die nächsten Worte des Herolds nahm er mit einem Nicken zur Kenntnis. Ihm war bewusst, dass er kaum der Diplomat war, den man auf eine solch wichtige Mission schicken würde. Oft fragte er sich, was sich die Mächtigen dabei gedacht hatten, als sie gerade ihn schickten.

Bei der Erwähnung des Schachspiels verfinsterte sich sein Blick für einen kurzen Moment, wurde er doch nur ungern daran erinnert. Es überraschte ihn jedoch nicht, dass seine Schmach die Runde gemacht hatte. Er wog ab, wie er sich verhalten sollte und entschied sich für eine Möglichkeit. Verlegen senkte er bei seinen nächsten Worten den Blick. „Ich bin Giada an jenem Abend, den ihr ansprecht, das wohl schuldig geblieben.“ Er ließ hier aus, dass er sich an anderen bei seiner Ansprache orientiert hatte. Andere, von denen er noch immer nicht wusste, ob es nicht Absicht gewesen war. „Ich wurde daraufhin korrigiert und man gab mir die Möglichkeit die Schmach zu begleichen, indem ich nicht zum Spiel antrete. Unsere wohlwerte Clansschwester hat zudem angeboten mir in Fragen der Etikette Nachhilfe zu geben.“
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Macario
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Macario »

Der Geistliche fasste sich mit seiner rechten Hand ins Gesicht und zupfte zweimal spielerisch an seinem Kinnbart.
Er besah sich den Anderen erneut, wie als ob er sich zuvor bei einem bestimmten Detail verguckt haben müsste.

"Wer wies Euch die... Möglichkeit zu, es auf diese Weise zu begleichen? Die wohlwerte Harpyie, richtig?", erfolgte die wissende Nachfrage Macarios.
Schließlich war er selbst zugegen gewesen, hatte aber nicht alles wortwörtlich mitbekommen, was gesprochen worden war.
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Zenon von Kition
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Vincente Carlos
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente ging in Gedanken an ebenjenen Abend zurück, bevor er die Frage beantwortete.

„Es war Giada selbst, die mir diesen Preis der Wiedergutmachung anbot“, erklärte er schließlich. Ihm war bewusst, dass diese Wortwahl beschönigend war. Giada hatte ihre Worte keineswegs sanft vorgetragen. Sanft war wahrscheinlich auch das letzte Wort, mit dem man sie beschreiben würde. Und wer es laut täte und in ihrer Gegenwart, würde sicher schnell vom Gegenteil überzeugt werden. Im Gegenteil, sie hatte – seiner Meinung nach - übertrieben heftig reagiert. Inzwischen schrieb er dies jedoch auch den Gerangel zwischen den Clans zu. Wäre Iulia nicht Zeuge gewesen, der Abend wäre vielleicht anders verlaufen.

So wie Macario ihn musterte, musste er sich auch unwillkürlich fragen, ob er mit seinen Worten in der Achtung stieg oder sich mal wieder ein Loch aushob. Beides schien in ungewohnter Regelmäßigkeit der Fall zu sein.
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Macario
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Macario »

"Ahh... und hat sie Euch bereits in Fragen der Etikette wertvolle Antworten geben können?", fragte der Geistliche noch einmal nach, aber sichtlich mit weniger Interesse an dem Thema und mehr um das Gespräch weiter fortzuführen.

Kaum das Vincente eine wie auch immer geartete Antwort gegeben hatte, prasselten neuerliche Fragen auf ihn ein.
Das folgende politische Thema schien den Herold, mehr zu interessieren.

Er fragte:
"Was werdet Ihr also unternehmen, um den Bund Genuas mit den Pisanern zu verstärken?
Oder wie versteht Ihr Eure... diplomatische Entsendung... ?
Und warum strebt Pisa überhaupt nach einem solchen Bund?
Seid Ihr in der Politik bewandert?
"

Noch während er sprach, hatte sich der Herold von seinem Gesprächspartner seitlich abgewendet.
Er blickte nun wieder in den nächtlichen Garten hinab. Seine rechte Hand wies beiläufig rechts neben sich und so gab er Vincente damit eine Einladung,
es ihm gleichzutun.
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Zenon von Kition
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Vincente Carlos
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Wir haben uns diesbezüglich bereits getroffen und der Unterricht hat begonnen. Wie ihr jedoch sicher selbst bezeugen könnt, ist das Thema der Etikette weitläufig und je mehr man lernt, desto weniger weiß man.“ Er lachte. „Ich jedenfalls erkenne immer deutlicher wie vielschichtig diese ist und wie schwer es sein muss, wenn man diese Kunst mit ihren unzähligen Facetten und Nuancen wirklich meistern will.“

Vincente musste über die darauf folgenden Fragen des Herolds etwas nachdenken, um eine für ihn möglichst elegante Antwort zu finden. Er lenkte auf Geheiß seine Schritte neben Macario und blickte ebenfalls, etwas in Gedanken verloren, zum Garten.

„Was die Beweggründe für mein Entsenden betrifft, so kann ich nur Mutmaßungen anstellen“, begann er. „Ich bin ein einfacher Mann und keiner der Höflinge, wie man sie sicher auch in meiner Heimat reichlich finden mag.“ Es gab Momente, in denen hätte er gerne einen Stein genommen und ihn nach dem ein oder anderen, elenden Emporkömmling geworfen. „Ich bin kein Politiker, was vielleicht ein Vorteil ist. Ich bin....“, er pausierte kurz, „vielleicht weniger verstrickt als jemand, der sich schon länger in der Politik bewegt und somit vielleicht auch eher eigenen Zielen folgt – oder den Zielen unterschiedlicher Herren.“ Dass auch er sich immer weiter verstricken würde, ließ er aus. Schließlich wurde man nicht aus dem Nichts zu Jemand und nur dann würde man vielleicht auch etwas in dieser Angelegenheit bewegen können. „Ich habe bisher die Aufgabe noch nicht beginnen können, es gibt noch zu viele Grundlagen zu erlernen.“ Erneut lachte er kurz gutmütig auf. „Wenn man den Gesprächspartner in Sachen Etikette unabsichtlich vor den Kopf stößt, nun, dann wird er wohl kaum gerne an einem Gespräch teilnehmen wollen, nicht wahr?“

Er betrachtete die Rosen, die sich sacht im Abendwind wogten. „Die Heimat, sie wird von Pisa und Genua zu unterschiedlichen Teilen beansprucht. Die Insel wurde mehr oder weniger untereinander aufgeteilt. Wenn man die vorherigen, ursprünglichen Bewohner noch hinzuzieht, dann gibt es grob gesagt drei Parteien, die alle ein Stück vom Kuchen den ihren nennen. Über kurz oder lang kann dies natürlich zu Reibereien führen. Ich stelle es mir vor wie ein Seil, an dem ein jeder in eine andere Richtung zieht und wird zu fest gezogen, nun, dann schadet es am Ende nicht nur dem, der das Seil verliert, sondern wahrscheinlich auch dem Seil, das ausfranst.“ Er leckte sich kurz über die Lippen. „Aber wie gesagt, das sind nur Mutmaßungen und Gedanken eines Mannes, der kein Gelehrter ist. Ich bin zum jetzigen Zeitpunkt schon zufrieden, wenn ich durch mein Tun die Situation nicht verschärfe. Ob man sie je wird klären oder gar besser können, nun, das wird die Zeit zeigen müssen.“
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Macario
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Macario »

"Ich sehe in der Tat, ich erkenne und bezeuge Euren Fortschritt, werter Vincente.", bescheinigte Macario Vincente salbungsvoll.
Er ergänzte noch: " Ihr scheint gefestigt, weniger unstet."

"Ein Seil als Metapher für die politische Lage? Eure Bescheidenheit steht Euch gut zu Gesichte.", antwortete er.

"Das Seil, welches Ihr beschrieben habt, es umspannt wohl alle Beteiligten gleichermaßen. Ziehe ich an der einen Stelle und gewinne etwas hinzu, nehme ich nicht nur einer anderen Stelle etwas weg, sondern es verschieben sich gleichermaßen alle damit Verknüpften. Der eine mehr, der andere weniger. Und doch betrifft es alle. Selbst Venedig und Sizilien. Diese Metapher mag Eurer Problemstellung noch mehr entsprechen.", erklärte der geistliche Vater in der Haltung des milden Lehrers gegenüber seinem guten Schüler.

"Nun erzählt mir von Eurer Aufgabe für Genua und Eurem Fortschritt.", so leitete der Herold zum nächsten Thema über.
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Seresa
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Re: [1077] Der andere Herold [Macario, Vincente]

Beitrag von Seresa »

Da die Zeit bereits weit fortgeschritten war, verschob man weitere Themen auf andere Treffen.



Zusammenfassung:
Vincente und Macario trafen sich im Elysium. Sie stellten sich einander vor, nachdem Vincente vom Verbleichen Tomas erfahren hatte und seine Pflichten nicht vernachlässigen wollte. Macario bat seinen Clansbruder mehr über sich zu erzählen Sie unterhielten sich über das Schachspiel, zu welchem Vincente nicht angetreten war, sowie dem Lesen lernen bei Liviu.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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