[1077] Wir betreten feuertrunken, Herrliche, dein Elysium [Allegra, Drita, Arash]

[Allegra Aldighieri]

Allegra wird sichtlich nervös, als sie sich bewußt wird mit der Geißel zu sprechen. Macario hatte sie gewarnt, sie nicht zu reizen. Drita war eine Ancilla und damit sicher wichtig, wegen ihr konnte die Geißel nicht hier sein. War sie hinter ihr her? Waren Dritas freundliche aber persönliche Fragen an sie ein abgekartetes Spiel guter Büttel, böser Büttel?
Selbst wann das so war, sich zu entziehen würde nur negativ auf sie zurückfallen.
Sorgsam legt sie ihre Worte zurecht.

"Ich wurde in Kalabrien in die Nacht geführt. Seit die Normannen dort auch die letzte Feste genommen haben, gibt es keine Kriegswirren mehr, und die älteren Kinder Kains fühlten sich angezogen. Viele Jüngere wie ich mussten die Domäne verlassen um Platz zu schaffen, und sich eine neue Heimat suchen."
Sichtlich nervös, mit einem deutlichen Seitenblick auf die Geißel, fügt sie hinzu: "Der wohlwerte Macario hat mich dazu gründlich ausgefragt und meine Geschichte mit seinen Kontakten in Kalabrien auf Herz und Nieren übergeprüft. Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, sonst wäre ich kaum so offen hier in einem so stark besuchten Juwel der Stadt."

Sie wendet sich wieder Drita zu, aber nicht so stark dass sie für Arash schlecht zu hören wäre.

"Warum ich gerade Genua ausgesucht habe... Nun, zum einen gehört die Domäne ebenso wie Kalabrien zur See der Schatten, und ich ging davon aus hier freundliche Aufnahme zu erfahren. Diese Erwartung hat sich mehr als erfüllt.

Zum anderen gibt es keine größere Blüte des Handels auf dem ganzen Erdenrund, selbst die höchst durchlauchtete Republik Venedig muss die Westseite des Mittelmeeres Genua überlassen.
Und genau das ist mein Metier. Ich bin eine Händlerin von Curios, die besser in den Händen der Lebenden und Unlebenden aufgehoben sind, als in den knochigen Krallen der Toten.
Ich hoffe, hier Wurzeln zu schlagen und meinen Teil zum Gedeihen der Domäne beizutragen."

[Arash]

Der Geißel fiel durchaus auf, dass Allegra sehr nervös war. Der lauernde Blick lag bei der Antwort der Kappadozianerin die ganze Zeit auf dieser. Ein stechender Blick aus grünen Augen. Wie die eines Raubtiers, welches seine Beute musterte. Erst als Allegra geendet hatte sprach auch die Geißel wieder. Er wandte sich wieder an Drita, um die Frage der Ancilla zuerst zu beantworten. "Mich hält die Jagd in Genua." Es war eine kurze aber prägnante Antwort, die aber vielleicht mehr als nur eine Ebene hatte. Dann wandte er sich wieder Allegra zu. Der Blick blieb dabei lauernd und stechend.

"Ihr findet blumige Worte für Genua, werte Allegra." begann er knurrend. War es eine Warnung? "Ihr habt natürlich recht. Genua gehört zur See der Schatten, aber seit ihr auch im Bilde, wie es letztendlich dazu kam, das Genua der See der Schatten vor fast 4 Dekaden beitrat?" Nun war auch der Unterton lauernd. Was konnte eine falsche Antwort anrichten? Gab es eine Richtige? Das Raubtier wartete auf eine Reaktion.

[Drita]

Die Lasombra lehnte sich zurück, als ihr bewusst wurde, dass Allegra nervös wurde. Sie lauschte den Worten der Kappadozianerin. Kalabrien. Sie nickte - sichtlich zufrieden über diese Aussage. Dann nickte sie nochmals, als Allegra den Handel ansprach. Das Lächeln wurde breiter. Freundlicher. Doch sie sagte Nichts, während Drita auf die Antwort der Geißel auf ihre Frage wartete.

Sie drehte den Kopf herum, runzelte kurz die Stirn. Jagd. Ein Tier auf der Jagd. Das war... nicht überraschend. Dennoch nickte sie nach einer kurzen Bedenkpause, in der sie die Bedeutung seiner Antwort abwog.

Und dann offenbarte sich, wer den bösen Büttel spielte. Dritas Lächeln wurde zu einem zufriedenen Grinsen, als sie sich weiter zurück lehnte und die Bühne den beiden Neugeborenen überließ.

[Allegra Aldighieri]

Die Kappadozianerin legt sich vorsichtig ihre Antwort auf die Geißel zurecht.

"Vor 40 Jahren war ich noch nicht einmal in die Nacht geführt. Entsprechend spärlich ist mein Wissen.
In Kalabrien und den anderen Ländereien am Zeh des Stiefels rang die See bis vor sehr kurzem noch hauptsächlich mit den Byzantinern und stellt in erster Linie ein Bündnis gegen diese dar.
Über Genua weiß ich darum, dass Savona den Strauß mit der Superba sucht, aber ich weiß nicht ob dieser Konflikt schon lange genug zurückreicht um zum Beitritt geführt zu haben."

Unsicher, ob sie die richtige Antwort gewählt hat, wirft sie einen fragenden Blick zu Drita, dann wendet sie ihre Aufmerksamkeit wieder Arash zu.

[Arash]

Die Geißel bemerkte die kleine Geste Dritas durchaus. Dies war jetzt ein Schauspiel und sie war Zuschauerin. Ob der Gangrel dies aber nun als schlecht bewertete, oder ob er einfach mitspielte, war schwer zu sagen. Seine Aufmerksamkeit wandte sich schließlich wieder vollkommen der Kappadozianerin zu. Bei ihren Worten fletschte er die Zähne und schnaubte. "Junges Alter ist keine Entschuldigung für fehlendes Wissen." knurrte Arash. "Insbesondere nicht, wenn man in eine fremde Domäne einreist. Schnell kann man an den falschen geraten, der einem dies nicht verzeiht." Der Gangrel setzte sich in Bewegung. Ging auf und ab. Konnte offenbar nicht ganz still stehen. "Lasst mich euch eine Geschichte erzählen." knurrte er nun deutlich dunkler. Das Knurren, welches bisher eher im Hintergrund seiner Stimme geblieben war und das Timbre vertieft hatte, war nun deutlich hervorgetreten. "Es war im Jahr 1034 nach Christi Geburt, als die höchst verehrte Aurore Regina Alba, la principessa bianca, Prinz von Genua, Ahn vom Blut der Könige, Kind des Geoffrey le Croise, Ahn vom Blut der Könige. Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr vom Blut der Könige. Kind des Ventrue, erster seines Blutes. Kind des Enoch, des Weisen. Kind des Kain, des Vaters ihr Thronjubiläum zelebrierte, als der hoch verehrte Lydiadas Ahn vom Blute Lasombras, Consigliere del padrone profondo, sanguigno cacciatore di Catania, Herr der Tiefen, aus der Linie Ahriman min alzilals, Ahnherr des Clan Lasombra, Kind Lasombras, erster seines Blutes diese Unterbrach und einen fünftägigen Bürgerkrieg in Genua auslöste. Durch unvorsichtige Kainskinder wurde in Genua Stille mehrfach gebrochen und all dies konnte nicht vertuscht werden. Dies resultierte in Regeln die euch sicher der werte Macario bereits mitgeteilt hat." begann er. Immer wieder zuckte sein Kopf zu Allegra herum. "Dieser Krieg endete schließlich mit dem Aschenen Pakt von San Donato. Genua trat also mehr oder weniger gezwungenermaßen der See der Schatten bei. Brach somit den Vasallenschwur den Genua gegenüber Mailand und dessen Prinz vorher hatte." Er fletschte erneut die Zähne. "In einer Sache habt ihr allerdings recht. Der Handel in Genua über den Seeweg und auch zum Teil über den Landweg floriert. Aber ist das wirklich der Einzige Grund der euch herführt? Gäbe es nicht noch viele andere Domänen in denen der Handel viele Möglichkeiten hergibt?" fragte er nun fast unschuldig. Aber war die Unschuld wirklich da?

[Drita]

Zu Allegras Antwort gab es keine direkte Reaktion seitens der Ancilla.

"Fehlendes Wissen wird von Dritten durchaus oft verziehen", widersprach Drita Arash und stimmte ihm im nächsten Moment doch wieder zu: "... wenngleich es für einen selbst unverzeihlich ist, denn man macht sich angreifbar... ausnutzbar. Dafür gibt es keine Entschuldigung."

Die Geschichte - es wirkte nicht so, als würde Drita sie zum ersten Mal hören. Doch war sie durchaus voller Neugierde eine andere Sicht der Dinge zu hören und die Reaktion der Geißel auf seine eigenen Worte zu erleben. Am Ende war sie allerdings erleichtert, dass Arash die Kurzform gewählt hatte.

Gespannt wartete die Lasombra auf die weiteren Worte.

[Allegra Aldighieri]

Ruhig hört die Kappadozianerin dem Vortrag der Geißel zu. Ihre Nervosität hat sich gelegt, Drita schien mehr eine beobachtende Dritte zu sein als Arashs Bundesgenossin in einer Anklage gegen sie.

"Ich danke Euch für eure gewinnbringende Schilderung der Hintergründe, wohlwerter Arash. Wir Thanatologen befassen uns wenig mit der schnöden Tagespolitik, aber Wissen sammeln wir begierig, daher bin ich sehr froh wenn ich eine weitere Lücke in meinem Wissensschatz schließen kann."

Die Worte wirken aufrichtig. Es liegt keinerlei Sarkasmus in ihrer Stimme oder Mimik.

"Falls ihr mutmaßt ich sei im Auftrag Milanos unterwegs: Ich habe diese Domäne niemals betreten. Ich weiß nicht einmal, wer sie derzeit regiert und mir meinen Judaslohn auszahlen würde.

Aber ich weiß, es ist eure Pflicht mißtrauisch zu sein, daher lasst mich euch bei der Pflichterfüllung helfen: Vergleicht die Zeitpunkte meines Schriftverkehrs mit dem wohlwerten Macario mit dem Datum meines persönlichen Erscheinens, und Ihr werdet feststellen das mir eine Landreise nach und zurück aus Milano unmöglich gewesen wäre neben der Seereise von Rhegium hierher.
Hätte ich hier mit milanesischen Agenten konspiriert, hätte ich dieses Haus niemals unlebend erreicht. Hätte ich das in Rhegium getan, wüssten Macarios Kontakte davon, und ich würde gepflockt im Hafenbecken liegen noch ehe ich einen Schritt auf genovesischen Boden gemacht hätte."

Sie macht eine Pause, um Gelegenheit zum Einhaken zu geben, ehe sie fortfährt.

"Auch habe ich nicht die Absicht, einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Oder sonst irgendwie Unfrieden zu stiften. Krieg ist schlecht für den Handel, am besten floriert er wenn die Dinge wohlgeordnet und friedlich sind. Und das sind sie unter dem Schirm und Schutz der höchst verehrten Fürstin Aurore.

Was andere Domänen angeht, so ist die einzige die sich mit der Superba aus Sicht einer Händlerin messen könnte die Serenissima. Um zur Serenissima zu gelangen müsste man den gesamten Stiefelabsatz umrunden, in Gewässern geplagt von Muselmanen und Korsaren. Die Superba ist von Kalabrien nur einen Katzensprung entlang der sicheren Westküste erreichbar. Selbst wenn ich die Superba für unterlegen halten würde, die Entscheidung wäre eine leichte gewesen."

[Arash]

Auch der Gangrel hörte der Kapadozianerin zu, ohne sie unterbrechen oder viel Mimik und Gestik zu zeigen. Trotzdem schien er auf jedes Wort zu achten das gesprochen wurde. Ob ihm auch eventuelle Betonungen oder ähnliches auffallen würden? Wahrscheinlich. Sonst wäre man womöglich für das Amt der Geißel ungeeignet.

Als sie geendet hatte nickte der Gangrel und schüttelte den Kopf. „Ich finde es faszinierend, dass ihr automatisch davon ausgeht ich würde euch der Kontakte mit Milano verdächtigen, obwohl ich das nicht im Geringsten angedeutet habe." Sein Mund verzog sich zu einem raubtierhaften Lächeln. "Auch scheint ihr davon auszugehen, dass die Kommunikation zwischen dem werten Macario und den anderen Ämtern, insbesondere mir, wohl nicht sonderlich gut funktioniert.“ Er stieß ein Schnauben aus. „Ihr werdet noch einige lernen müssen. Aber das werdet ihr tun, oder wie ihr sagt am Grund des Hafenbeckens enden.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich konnte mir durch eure Erzählungen ein Bild von euch machen. Das reicht vorerst. Nun muss ich allerdings wieder meiner Wege ziehen, so ihr erlaubt verehrte Drita?“ er sah zu der Lasombra hinüber und erst als diese genickte hatte, nickte der Gangrel auch Allegra zu, bevor er sich entfernte und an anderer Stelle des Elysiums das zu tun, weswegen er eigentlich hergekommen war.

[Drita]

Drita verfolgte das Gespräch. Auch sie schien interessiert, was gesagt wurde; was nicht. Aber ihr Fokus lag mehr auf dem Gangrel, als auf der Kappadozianerin, wobei diese sicher nicht außen vorgelassen wurde. Drohungen. Immer die selben Gebärden. Aber darum wurde man eben Geißel. Nicht wahr?

Das Nicken war knapp, aber vorhanden. Und als Arash sich umdrehte, schob die Ältere eine Braue hinauf. Ein sachtes Kopfschütteln folgte, während die Augen sich wieder Allegra zuwendeten. Mit einem leises Seufzen veränderte die Mimik sich wieder zu einem Lächeln.

"Der Handel in der Serenissima blüht trotzt aller Unwägbarkeiten. Ich besitze einige Kontakte dahin - auch zu eurem Blute - solltet ihr je den Wunsch hegen mit Venedig zu handeln. Vielleicht können wir etwas auf die Beine stellen, was gewinnbringend für uns Beide ist? Seid ihr auch noch in Kontakt zu eurer Heimat?"

Drita legte den Kopf schief und musterte die bunte Gestallt nochmals - dieses Mal etwas ausführlicher.

"Ihr seid also eine Händlerin. Wie erfrischend eine verwandte Seele zu finden. Wandelt ihr zufällig auf der Via Mercator?"

[Allegra Aldighieri]

Allegra blickte der Geißel nachdenklich hinterher. Sie ging davon aus, sich ganz gut geschlagen zu haben - noch dazu vor einer Ancilla als Ohrenzeugin - trotzdem ließ sie das Gefühl nicht los, dass die Eröffnung in ihrer Anklage gemacht worden war. Mutmaßte die Geißel etwas gegen die Kappadozianerin persönlich? Oder war das einfach nur grundlegendes Mißtrauen gegen jeden Neuankömmling?
Sie würde es früher oder später herausfinden. Fakten auf ihrer Seite zu haben konnte nur ein Anfang sein, Verbündete waren bei Anklagen sehr viel mehr wert in der Kainitengesellschaft, so viel hatte sie in ihren jungen Jahren schon gelernt.

Sie hebt eine Augenbraue, als die Verbindungen zu anderen Kappadozianern in Venedig erwähnt werden.

"Oh, ihr besitzt Kontakte zu meinem Blute in Venedig? Das ist interessant. Die Serenissima hat Zugang zur Ostseite des Meeres, vor allem zu den Latinern und dem Heiligen Land, und damit zu Schriften die hier nur schwer oder gar nicht verfügbar sind.
Ich kann Kontakt nach Kalabrien arrangieren. Mein Hauptgeschäft sind Curios, vor allem solche aus alten Gräbern und Ruinen, aber ich kenne Geldverleiher die in alle möglichen anderen Geschäftszweige Verbindungen herstellen können.

Ergibt sich daraus ein Plan, der zu gegenseitiger Bereicherung führen kann?"

Bei der Frage nach dem Pfad zuckt sie die Schultern.

"Ich weiß es nicht, mir ist die lateinische Zunge fremd. Vom Namen her könnte das was mit Merkur zu tun haben, dem heidnischen Götterboten und Schutzpatron der Reisenden und Händler. Oder mit Marktplätzen?"