[1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

[Januar '23]
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Gabriel Ducas
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

Interessiert hörte er auf die Worte der Magistra. Neigte bei einigen Namen den Kopf nachdenklich zur Seite, ließ sich jedoch nicht zu einem Kommentar hinreißen. Er schien ihre Meinung zu teilen. Zumindest in weiten Teilen. Auch ihre selbstkritischen Äußerungen ließ er unwidersprochen stehen. Hatte sie mit ihren letzten Worten einen Nerv getroffen? Zumindest schien Gabriel überrascht und sah sich um. Sie waren immerhin im Elysium. Der Ort eines weiteren Magisters und Amtsträgers. Er senkte die Stimme etwas und beugte sich nach vorn.
„Ich bin mir bewusst, dass der sehr verehrte Seneschall Ambitionen hat und diese vermutlich bislang nicht oder nur in Teilen umsetzen konnte. Jedoch mit den Tedesci? Der Älteste eures Blutes in der Domäne? Aus der See der Schatten? Euer Fürsprecher?“ der Gelehrte schüttelte etwas ungläubig den Kopf. „Ich habe nicht ausreichend Kontakt zu eurem sehr verehrten Ältesten um dies zu bestätigen. Sicher könnte ich Erkundigungen einholen, vermutlich würde ich dabei jedoch dessen Aufmerksamkeit auf mich lenken und vermutlich auch seinen Unmut.“ nachdenklich sah er auf seine Finger und dann wieder zu Giada. „Für so etwas bräuchte ich etwas handfestes.“ machte er eine vage Andeutung des Entgegenkommens?

„Zu den anderen bleibt nicht viel zu ergänzen. Ich würde jedoch vermuten, dass ein Ventrue mit einem Ventrue sprechen wollen würde. Insbesondere wenn dieser nicht über den Vasalleneid und seinen Weg gebunden ist. Daher sehe ich zwei mögliche Ansprechpartner. Wovon man einem keinen Brief schreiben muss, wenn man einen Kettenhund des gleichen Clans hat, der Domänengrenzen nicht respektiert.“ Gabriel machte eine kurze Pause bevor er fortfuhr „Was mich selbst angeht. Es gibt Gründe für Unzufriedenheit. Doch auch die Ventrue des Nordens sind keine Freunde meines Blutes.“ er erwiderte das trockene Lächeln. „Ich weiß nicht warum die halbe Domäne mich im Blick zu haben scheint. Die Möglichkeiten zum Aufstieg sind vorhanden und niemand ergreift sie. “ er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ja, das sind sie. Und wenn ich einen Weg für mich wüsste, ich würde sie ergreifen”, meinte Giada darauf und nicht ohne ein gutes Maß an Frustration in der Stimme.
“Doch die meisten Neugeborenen, die Jüngeren und Unerfahren insbesondere, lassen sich leicht von der Art von Rhetorik einfangen, die der werte Benjamin oder die werte Angelique pflegen.”

“Es streichelt den eigenen Stolz, was diese beiden sagen. Es schafft das Bild von eigener Freiheit, von eigenen Möglichkeiten, von eigens ergriffenen Möglichkeiten und Erfolgen.” Giadas Lächeln dazu war kurz, doch schien nicht einmal abfällig.
“Ich bin selbst nicht frei von solchen Versuchungen. Ambition und Hybris setzen mir schwer zu. Doch ich weiß genug als dass ich solcher Versuchung nicht durch Taten nachgebe. Keiner von uns, nicht einmal der Banu Haqim oder das ewigjunge Orakel, ist ohne Bindung oder Verflechtungen in dieser Welt.”

Sie nickte Gabriel zu. “Ihr auch nicht. Doch Ihr habt Euch eben bislang bedeckt gehalten, was Euren Stand angeht. Ämter und damit Verantwort, Ambition, Gehorsam oder auch nur eine Anzeige Eurer Loyalitäten habt Ihr bislang äußerst deutlich abgelehnt. Und so landet Ihr im Verdacht von einem jeden, denn Mißtrauen liegt ja doch keinem in der Nacht völlig fern.” Mit einer schlichten Geste mit offener Hand untermalte Giada ihre - wohl aus ihrer Sicht äußerst plausiblen - Ausführungen.

“Doch solcherlei ist ein Luxus und in bislang jedem einzelnen Fall, den ich in all meinen Jahren beobachten durfte, ist dieser Luxus am Ende zu teuer und wird doch auf schreckliche Weise bezahlt.” Sie neigte den Kopf ein wenig. “Ihr jedoch habt diesem Luxus noch nicht solange und so maßlos gefrönt wie andere. Und nun befindet Ihr Euch an einem Wendepunkt. Wenn ich Eure Worte und den Zwang durch die Gewalt des werten Arash recht deute, dann habt Ihr vor, eine andere Richtung einzuschlagen als bislang?”
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Gabriel Ducas
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

Die Ambitionen der Magistra quittierte er mit einem Nicken. Giada gehörte nun nicht zu den Personen die mit solchen hinter dem Berg hielten. „Nun die Rhetorik der werten Angelique oder des werten Benjamin muss man sich leisten können.“ sagte er seelenruhig „Es kommt mit den Jahren und zumindest der werte Benjamin ist doch als einziger nicht nur ehrbarer Handelspartner, sondern darüber hinaus der einzige, inzwischen ehemalige, Amtsträger der Verantwortung übernommen hat und übernimmt, und auch auf Erfolge verweisen kann.“ er schüttelte den Kopf „Ich wüsste nicht einmal welch Amt und Verantwortung ich übernehmen sollte?“ der Gelehrte spreizte die Arme und sah etwas ratlos in Richtung der Magistra.

„Ich verstehe eure Frustration. Insbesondere da es scheinbar schwieriger ist, am gesellschaftlichen Boden zu schwimmen als ein Amt zu ergreifen. Denkt ihr ein Amtsträger zu sein würde eure oder meine Position verändern?“
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ja, das glaube ich.” Fest und absolut klang das. “Es liegt in der Natur unsere Weges, dass wir es sind, die Ordnung, Herrschaft und Dienst verstehen, Pflicht, Ehrbarkeit, Notwendigkeit. Macht.”

Giada machte einen Wink zur Tür und nach außerhalb hin, irgendwo in das Dunkel dort draußen.
“Ihr würdet ein Amt nicht mit Eitelkeit verwechseln. Und Ihr würdet ein Amt auch nicht fortwerfen nur weil seine Pflichten unbequem sein mögen.”

“Ich glaube nicht, dass einer wie Benjamin tatsächlich überdauert. Ein Hochmut wie seiner leuchtet und funkelt so sehr, dass es Begehrlichkeiten in den Jungen weckt. Doch genau deshalb wird eben dieses Leuchten und Funkeln auch vernichtet werden, ausgetreten so wie man die frei geflogenen Funken einer Feuerstelle austritt. Und was bleibt davon über außer einem Streifen schwarzer Asche auf dem Boden?”
Irgendwie klang dies so als wären dies aufmunternde Worte, die sie zu Gabriel sagte. Der Tonfall war so und auch ihr womöglich sogar ermutigende Miene, die sie dem Brujah zeigte.

“Was Ihr tun könntet? Das müsst Ihr Euch selbst fragen, mit Euren Möglichkeiten. Wahrscheinlich wäret Ihr eine lausige Geißel, außer, Ihr habt verborgene Talente in der Hatz auf Kainiten. Ihr wäret ein brillianter Liktor, denn die Menschen und ihr Treiben sind Euch nicht fern. Ihr habt den Feinsinn, den Blick für das Detail. Vielleicht fehlt Euch die Härte, die wohl auch vonnöten ist, doch diese lernen wir alle früher oder später.”

“Womöglich könntet Ihr eine Harpyie werden, sobald Ihr …noch ein wenig tiefer geblickt habt. Und sofern nicht Euer Blut Euch diese Möglichkeiten abschneidet. Doch eine Harpyie zu sein, das fordert eine weit größere Härte als ein Liktor zu sein. Härte, Demut, Gnadenlosigkeit.” Sie hob kurz den einen Mundwinkel zu einem halben Lächeln. “Und niemals darf es so wirken als würde es ausgerechnet diese Tugenden brauchen. Leicht muss es wirken und mit scheinbar leichter Hand müssen diese Pflichten getan werden.”

Natürlich Giada nannte Härte, Demut und Gnadenlosigkeit in einem Atemzug allesamt als Tugenden. Es klang jedenfalls ganz selbstverständlich.

“Und auf der anderen Seite: Ihr werdet wohl in der Tat gar nichts verändern, wenn Ihr in den Dingen außen vor bleibt. Glaubt mir, als eine, die nun schon so lange versucht, hinein zu gelangen und es satt hat, von außen auf dies stolze Genua zu blicken, kann ich Euch versichern, dass hier draußen die Möglichkeiten stets einfach und schmal bleiben.”
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Gabriel Ducas
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

„Diese Domäne hat genug Kainiten die ein Amt ergriffen haben um Macht und Herrschaft zu bekommen. An den anderen Dingen mangelt es hingegen.“ er machte eine Pause und sah sie unumwunden an. „Ein brillanter Liktor? So so. Hattet ihr euch nicht für dies Amt stark gemacht? Es schien fast so, als wolltet ihr es selbst bekleiden?“ er musterte ihre Reaktion, bevor er mit einem seufzen fortfuhr. „Vielleicht habt ihr Recht. Vielleicht wäre ich eine lausige Geissel. Doch selbst eine lausige Geissel würde das Amt besser ausführen, wenn sie nur versuchen würde ihren Pflichten nachzukommen.“ beschwichtigend hob er die Hände. „Das gilt für alle Ämter in Genua. Erst die Pflicht, dann die persönliche Bereicherung. Der Möglichkeiten gibt es also reichlich, nur wo beginnen? Die Grenzen sind durchlässig. Ambitionierte Amtsträger gefährden die Stille. Die Etikette ist für viele ein Witz. Nicht einmal der Gefallenhandel ist noch möglich.“ insbesondere der letzte Punkt schien dem Gelehrten übel aufzustoßen. „Niemand unternimmt etwas. Niemand ist zuständig.“ ohne Pause fuhr er fort und seine Stimme bekam mehr Leben als noch zuvor. „Ist es das Verhalten des Banu Haquims das falsche Begehrlichkeiten weckt? Oder ist es die Untätigkeit jener, die ihn für sein Verhalten strafen könnten? Warum sollte sich jemand an die Regeln der Etikette halten, wenn Arash und Liviu diese mit Füßen treten? Warum sollte Adamo einen Handel einhalten, wenn er doch weiß, dass in Genua niemand über die Einhaltung solcher Geschäfte wacht?“ er zuckte kurz mit den Schultern. „Selbst der verblichene Herold Toma hat sich offensichtlich nicht an die vorgeschriebene Menge an Blutsdienern gehalten.“
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ja, das hatte ich”, bestätigte Giada die Frage nach dem Liktorenamt recht einfach. “Und das hat sich nicht geändert. Ebenso ändert es nichts an der Tatsache Eurer Eignung.”
Sie hob fragend eine Augenbraue als wollte sie sehen, worauf er mit seiner Frage hinaus wollte.

“Und der Rest Eurer Anliegen? Helft, es zum Besseren zu wenden, und Ihr habt andere auf Eurer Seite, die ebenso daran gewinnen wie Ihr.” Giada machte sich nicht einmal die Mühe, von “Hilfe” oder von “Verbündeten” zu sprechen. Sie sprach von Macht. “Stellt Euch nicht allein auf sondern steht gemeinsam mit anderen in dieser Gesinnung. Das ist, was die Via Regalis Euch bietet und zugleich gebt Ihr eben damit zurück, was Ihr erringt.”

Sie schenkte ihm ein kurzes, bissiges Lächeln. “Was braucht Ihr also, um wieder auf die Füße zu kommen und zu beginnen? Einen Unterschlupf wolltet Ihr nicht. Ebenso nicht, dass ich Euch Arash vom Hals halte. Wenn Ihr so weiter macht, gewinne ich noch den Eindruck, dass Ihr mir nur einfach lauschen wollt, wie ich versuche, Euch aufzumuntern.” Sie hatte Humor, wenn sie wollte. Hier klang er durch.
“Oder ringt Ihr noch immer mit der Frage, ob und wie weit Ihr der verdammten Mailänderin trauen könnt? Falls das so ist, dann ist jetzt Eure Gelegenheit für Eure Fragen.”
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Gabriel Ducas
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

„Nun ich frage mich eben, warum ihr den ersten Liktor unterstützt? Ihr seid sonst standesbewusst. Warum also den ersten Liktor zu einem besseren Stand verhelfen, anstatt selbst die Gelegenheit zu ergreifen? Vielleicht würde das euren Ambitionen mehr helfen als zu vertrauen das ein Ventrue sein Wort für euch nutzt.“ der Gelehrte beobachte die Reaktionen der Magistra genau. Ein Tyrann würde die Gelegenheit zur Machtergreifung nicht verstreichen lassen und sich bestimmt nicht einem Schwächeren unterordnen.

„Arash ist für eure Ambitionen die perfekte Gelegenheit. Es würde euer Interesse unterstreichen und könnte die Geißel das Amt und im besten Falle sogar die Existenz kosten. Euch hingegen als Liktor dem wohlwerten Liutprand unterzuordnen, sieht euch ganz und gar nicht ähnlich.“ er verzog kurz das Gesicht. „Auch würde wohl eher der erste Liktor zum Ancilla oder Blutvogt, bevor einer seiner Liktoren im Status aufsteigt. Daher frage ich mich, was ihr euch von eurer Unterstützung erhofft.“ ruhige legte er seine Hände flach zusammen und sah sie mit einer gehobenen Augenbraue an.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Ha. Weshalb ich Liutprand offen unterstützt habe? Weil er auf der Via Regalis geht, hat er meine Unterstützung in der Vergangenheit bekommen. Insbesondere, wenn er sich aufgestellt hat gegen Aufrührei, Rebellion, törichte Eigenbrötlereien.” Sie sah Gabriel ein wenig belustigt an. “Was dachtet Ihr? Dass ich derlei aus gutem Herzen heraus tue? Selbstlos? Mitnichten. Ich gewinne daran, dass Struktur und Ordnung obsiegen und die Macht in den Händen jener liegen, die sie auch zu halten wissen.”



Sie schien Gabriel diesen eher plumpen Versuch, sie bei ihrem Ambitionen zu packen, ebenso nicht übel zu nehmen. Vielleicht sogar im Gegenteil, denn sie gab ihm nun eine längere Antwort:


“Und warum ich nicht selbst es versuche? Ich denke, Ihr begreift meine Lage noch immer nicht ganz. Ich bin eine verschworene Vasallin Mailands. Ich kann der höchst verehrten Aurore von Genua keinen Vasallenschwur leisten. Wie soll sie mir eine von ihr abgeleitete Macht in ihrer eigenen Domäne in die Hände legen, wenn mein Lehnsherr im Norden thront, als Herr der Lombardei? Er ist kein Teil der See der Schatten während die höchst verehrte Aurore von Genua in die See der Schatten ging, um den Löwenthron zu behalten.”

Sie nickte Gabriel zu. “Dieses Hindernis für mich gilt für jedes Amt in dieser Domäne. Wenn die Weiße Prinzessin derlei täte, so wäre es nicht einfach nur, dass sie irgendeinem Neugeborenen ein Amt verleiht. Es wäre ein Signal, ein Zeichen in der Politik, eine Geste unter Ahnen. Und eine solche Geste wird nicht weniger vielschichtig dadurch, dass der hoch verehrte Seneschall dies nicht ohne weiteres hinnehmen könnte, dass die Weiße Prinzessin eine solche Geste macht. Derselbe hoch verehrte Seneschallt, der durchaus aus der See der Schatten stammt - aus Eurer Heimat sogar. Der Genua in die See der Schatten zwang und dabei seinen eigenen Anspruch auf den Löwenthron aufgeben musste. Der mit Gier auf Mailand und Turin starrt. Versteht Ihr?”

Sie machte eine barsche Geste. “Und ich selbst bin in all diesen Dingen nichts als eine simple Geste meines Lehnsherren. Ich bin hier und solange ich das weiterhin unversehrt bin und regelmäßig ein Zeichen meines Überdauerns in die Heimat schicke, ist alles wie zuvor. Doch ich kann mich hier nicht auch nur eine Haaresbreite bewegen. Das Einzige, was ich tun kann, ist, meine Bereitschaft zu zeigen. Und das ist zugleich auch das, was ich tun muss, als ein dankbarer Gast dieser Domäne. Aus dieser Dankbarkeit heraus erwächst mein Wunsch, eben diese Dankbarkeit auch in Taten zu zeigen - soweit ich es kann und die engen Grenzen, innerhalb derer ich gehe, es erlauben.”
Nun hob sie die Hand und deutete auf Gabriel. “Zum Beispiel, indem ich ehrbare Männer auf der Via Regalis unterstütze. Wie Liutprand. Wie Euch. Denn ich bin überzeugt davon, dass sie Pflicht, Gehorsam, Herrschaft und Macht gleichermaßen begreifen und danach handeln.”

Giada lächelte düster. “Denn auch das ist eine Geste. Es gibt weitere Ebenen in diesem Ringen: Mein Lehnsherr geht auf demselben Pfad durch die Nacht wie ich selbst. Und wir beide gehen, ebenso wie Ihr, auf der Via Regalis. Im Gegensatz zu dem hoch verehrten Seneschall, dessen Verachtung für die Via Regalis kaum größer sein könnte. Und die Weiße Prinzessin ihrerseits - nun. Das ist eine weitere, in all diese Dinge hinein gewobene Geschichte. Sie ließ ihr eigenes Kind nicht grundlos vor aller Augen durch den Büßer in Blut taufen und das Glaubensbekenntnis ablegen. Und die Via Caeli… ah. Sie ist eine Macht für sich. Sie ist nicht die Via Noctis des hoch verehrten Seneschall und sie ist nicht die Via Regalis, die wir beide so gut kennen.”

“Doch auch, was die Via Caeli angeht, bin ich kaum neutral. Meine Mutter im Blute ist eine Blutsheilige. Dies ist kein …Titel, der einfach frei in die Welt erfunden wurde oder irgendein Beiname. Sie wurde vom Ketzer selbst geprüft und heilig gesprochen. Und dieser Ketzer ist eine Macht für sich - er ist ein Mahnmal, ein Hirte für diejenigen in der Nacht, welche der Via Regalis folgen. Und so ist ausgerechnet mein Hiersein auch damit belegt - im Gegensatz zum Hiersein eines beliebigen anderen Vasallen meines höchst verehrten Lehnsherren. Und trüge ich ein Amt - irgendein Amt - in Genua, so trüge eben diese Geste also auch diese weiteren Nebenbedeutungen mit sich.”

Dies unterstrich sie mit einer kompliziert scheinenden, gefächerten Geste. Der Rosenkranz an Giadas Seite klirrte leise, als sie das tat. Wie eine schwere, metallene Kette.

“Versteht Ihr nun besser? Es ist sehr gut möglich, dass ich niemals irgendeine Art von Amt hier in Genua ausfüllen kann. Es ist gut möglich, dass ich morgen schon in eine andere Domäne aufzubrechen habe, in welcher die Tedesci ihren Krieg ausfechten. Genua ist weder die erste noch die letzte für mich. Es ist gut möglich, dass sich all das auf einen Schlag ändert, sobald dieses Schlachtfeld zwischen den Pfaden, zwischen der See der Schatten, den Tedesci, den Höfen der Liebe, den Etruskern, Venedig und Byzanz sich verschoben hat. Doch für jetzt und nun ist die Lage wie sie nun einmal ist. Und da ich nichts bin als irgendeine Neugeborene, ganz gleich wie alt, bin ich eben genau die Funktion, die Botschaft, die Geste und der Brückenschlag, welche mein höchst verehrter Lehnsherr für Genua wünscht.”


Giada griff den Rosenkranz nun fest, so dass das Klirren abrupt endete. Ihre Faust schloss sich um die Perlen, das schwere, aus grauem Eisen gemachte Kreuz lag über ihren Fingern.
“Wenn Ihr mich mit meinen eigenen Ambitionen locken wollt, werter Gabriel Ducas, so müsstet Ihr diese Dinge zuerst verstehen. Denn sonst könntet Ihr Euch an diesem Ambitionen verbrennen und hättet nichts daran gewonnen - und ich ebensowenig. Vor allem aber bin ich nicht frei, einfach diesen Ambitionen zu folgen, ganz gleich wie verlockend Ihr sie präsentiert. Und selbst wenn ich so frei wäre, hieße dies noch lange nicht, dass mein Weg zu einem Amt ebenso frei wäre.”

Sie hob ihre rechte Augenbraue und senkte zugleich die Hand mit dem Rosenkranz. “Dies muss Euch größere Klarheit verschafft haben. Wollt Ihr mir dies vergelten und mir sagen, wo Ihr steht, werter Gabriel?”
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Gabriel Ducas
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

Mit Ruhe und Gelassenheit hatte er ihren Ausführungen gelauscht. War er überrascht? Nun wenn er es war, zeigte er das nicht äußerlich. Lediglich wenn sie ihre Unterstützung jener Wandler auf der Via Regalis betonte schlich sich ein leichter Glanz in seine Augen. Auf ihre letzte Frage hin schmunzelte er nur und zuckte mit den Schultern.

„Habt vielen Dank für eure Ausführungen…“ sprach er und betonte es so dass noch etwas kommen würde, ließ jedoch eine kurze Pause. „…die ich sicher gern vergelte.“ wollte er nicht ursprünglich etwas anderes sagen? „Wo ich stehe? Eine interessante Frage. Bedenkt man, dass die meisten Kainiten der Stadt mich als Mitglied der See der Schatten sehen…“ er hob einen Finger und grinste etwas. „…als Mann des sehr verehrten Seneschalls.“ er wog ein wenig den Kopf hin und her und drehte die Hände mit den Handflächen nach oben. „See der Schatten. Catania.“ er sah sie an und lächelte. „Eine sehr einfache Rechnung. Der Brujah muss zu eurem sehr verehrten Ältesten gehören. Manche gehen sogar so weit zu fragen, ob ich hier bin, um ihn zu kontrollieren.“ Nun schüttelte er den Kopf. „Wo stehe ich? Nun wohlwerte Giada. Ich stehe wie viele meines Blutes vor mir, auf wackligem Grund. Mein Blut hat seit einem Jahrhundert keinen festen Stand in dieser Domäne.“ er sah einen Moment zu seiner rechten Hand als er fortfuhr und hob diese bei seinen Worten. „Nun könnte man einwenden, dass es mit meinem höchst verehrten Lehensherren Josef Szőkyel, Ancilla der Gelehrten, jemanden gibt, der es als Vasall ihrer höchstverehrten Majestät weit gebracht hat.“ sein Blick wanderte zu seiner anderen Handfläche als er fortfuhr. „Doch wie auch der höchst verehrte Totila ist auch mein Lehensherr weit entfernt und das Reisen ist gefährlich.“ langsam hob er nun auch die linke Handfläche. „Auch muss man die bedauernswerten Schicksale meiner Clansgeschwister in Genua innerhalb der letzten Jahrzehnte berücksichtigen.“ er hob beide Hände etwa auf die gleiche Höhe und sah sie wieder an, bevor er sie langsam zusammenlegte und wieder hinabsenkte.

„Was ist nach den Auseinandersetzungen um den Löwenthron also vom Blut der Gelehrten geblieben?“ eine rhetorische Frage. „Ein unsicherer Grund.“ mit einer kurzen Pause fuhr er fort. „Bereits mit meiner Einreise unterstellte man mir eine Einflussnahme in die genuesische Politik.“ seine Stimme wurde ernster. „In der Domäne herrscht Unklarheit ob man nun Gast, anerkannter Gast oder gar Vasall sein muss, um ein Amt zu ergreifen. Vielleicht ist das auch abhängig, wen man fragt. Oder wer fragt?“ seine Augen fixierten sie als er mit ruhiger, aber bestimmter Stimme sprach. „Ich verstehe durchaus etwas von politischen Hintergründen und Gesten.“ er verzog etwas den Mund und fragte abschließend. „Versteht ihr nun besser wo ich stehe?“ gab er ihre Frage zurück.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1077] Der Preis der Arbeit [Giada, Gabriel]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

“Das tue ich in der Tat.” Giada lächelte und legte ihre Hände hinter dem Rücken locker ineinander. “Eine interessante Lage. Und der verehrte Josef Szoykel als ein Lehnsherr - ha, das könnte Euch in den Augen der höchst verehrten Aurore vielleicht den Weg ein wenig ebnen, wenn Ihr es wolltet. Es käme wohl darauf an, ob und wie Ihr dies anzeigt und ob und wie sehr Euer Lehnsherr auch ein gutes Wort über Euch zu sagen gewillt ist.”

Sie schien über die Dinge eine Weile nachzudenken. “Die Umstände stellen uns eher als mögliche Verbündete als als Rivalen oder Feinde auf”, stellte sie dann fest. “Selbst wenn Ihr ein Mann der See der Schatten wäret oder es durch Eure zweite Geburt in Catania nun einmal seid, macht Euch dies nicht zu einem Feind. Meine Feinde kommen aus dem Norden.”

Interessiert sah sie ihn an. “Ich weiß gar nicht allzu viel über Euren Clan, muss ich gestehen. Wäret Ihr zu einem Austausch an Wissen bereit? Gleich auf gleich, wie es sich unter Gelehrten geziemt?” Sie nickte ihm zu. “Natürlich dann, wenn Ihr es wünscht und die Muße habt. Mein Angebot zum Beistand steht unberührt davon.”
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