[1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

[April '23]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Allegra Aldighieri
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Das Holzkonstrukt hält unter der Belastung. Das Holz ist auch deutlich zu stabil um wirklich Jahrhunderte alt zu sein, so viel lässt sich mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Seefahrt leicht einschätzen.

"Ja, die Geschäfte laufen gut. Und ich denke Luitprand werden meine Leute nicht interessieren - sie wissen nichts von den Dingen, die die Nacht durchstreifen, und sie müssen auch nichts davon wissen, um ihre Aufgabe für mich zu erfüllen. Tatsächlich sind sie so für mich nützlicher."

Sie folgt seinem durch das Zelt schweifenden Blick und lächelt. "Oh, das ist bei weitem nicht meine ganze Habe. Nur ein kurzzeitiges Lager, das noch vor Morgengrauen wieder verschwunden sein wird, wie so vieles hier auf dem Hof der Wunder, was im Fackelschein besser aussieht als im gleißenden Tageslicht."

Sie blickt etwas ernster, als er auf Sardinien zu sprechen kommt.

"Es geht nicht um eine Handelsroute. Es geht um Nachforschungen zu einem Schatz, dessen Spuren nach Sardinien führen.

Vor etwa 150 bis 200 Jahren wurde ein Schiff von gottlosen Piraten aufgebracht - wahrscheinlich Heiden, vielleicht auch Muselmanen. Dieses Schiff war die Anna Zefira, geführt von dem genovesischen Kapitän Revio dem Tapferen. Oder Kapitän Revio dem Kühnen. Die Aufzeichnungen widersprechen sich hier leider.
Der Leichnam Kapitän Revios konnte ausgelöst werden und ist heute bei der Kirche San Giorgio hier in Platealonga begraben und wird immer noch als Seliger verehrt. Das Schiff selbst und der Schatz, den es mit sich führte, sind aber bis heute verschwunden. Keines der Stücke ist bis heute aufgefunden worden - größtenteils hochwertig verarbeitete Sakralgegenstände wie silberne Kreuze, und sowie als auffälligstes Einzelstück ein sehr lebensecht gefertigtes und lebensgroßes hölzernes Kruzifix. Allesamt Dinge, die durch Einschmelzen stark an Wert verlieren würden, oder die im Morgenland unverkäuflich wären, während sie in jedem christlichen Hafen des westlichen Mittelmeers aufgefallen wären. Folglich müssen sie noch irgendwo gehortet sein."


Sie macht eine kurze Pause, in der sie Vincente eindringlich einblickt.

"Ich konnte mittlerweile Sardinien als mögliche Basis der Piratenbande identifizieren, da Revios Handelsreisen gelegentlich dorthin führten. Vermutlich auch und gerade seine letzte fatale Reise.
Wenn ich mit meiner Hypothese richtig liege, muss der Schatz noch nach wie vor in Sardinien aufzufinden sein.

Womöglich haben die sardischen Hafenmeister alte Aufzeichnungen zu Revios Kommen und Gehen. Vielleicht hat er auch Einzug gefunden in den sardischen Volksglauben, wurden ihm doch zumindest hier in Ligurien Wunder zugeschrieben mit denen er Seeleute in Not retten konnte.

Jemand, der sich ohnehin nach Sardinien begibt, müsste für mich vor Ort nachforschen ob es Indizien gibt, die meinen Verdacht erhärten."


Ihr begeistertes Leichenstarren steigert sich und wird fast schon fiebrig.

"Wenn ja... Dann würde ich eine Expedition planen. Eine Expedition, die zwei Geschöpfe der Nacht unfassbar reich machen könnte! Bischöfe, Äbte und Kardinäle, Handelsfürsten und Pfeffersäcke, sie alle würden um solche bereits verloren geglaubte Reliquien mit Gold und Silber, mit Ämtern und Kirchenländereien wettbieten!"
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Vincente Carlos
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Interessiert hob er die Augenbraue. „Liutprand kann durchaus überraschen.“ Er lächelte sein Haifischlächeln. „Seid einfach auf der Hut, wenn ihr eure Leute behalten wollt und euch nicht in seine Schuld begeben möchtet.“ Damit beließ er das Thema. Luitprand erschien ihm wie niemand, den man mit Charme umgarnen konnte. Dazu hatte dieser einen viel zu dicken Stock im Arsch. Ber sie konnte es natürlich versuchen.

Er lachte. „Gottlose Piraten?“ Er bemühte sich sein Lachen wieder einzufangen. „Nun, so kann man sie auch beschreiben. Auch wenn ich gehört habe, dass wohl nicht alle unter ihnen... schlecht sind.“ Er legte den Kopf schief, als wolle er ihre Worte in seinem Kopf vom einen Ohr zum anderen rollen. „Es wurde ein Leichnam ausgelöst? Seit wann sind Tote etwas wert? Noch dazu, wenn sie über weite Strecken transportiert werden müssen – dann sind sie eine einzige Schweinerei, ob reich, geliebt oder gefürchtet ist dabei egal.“

Er dachte über die Schätze nach. „Ihr kennt seine letzte Route nicht? Von wo hat man denn dann den Leichnam ausgelöst? Weite Strecken dürfte er nicht zurückgelegt haben, zumindest nicht ohne große Verwesung. Und ob man ihn dann noch erkennen und identifizieren konnte...“

Er machte eine kurze Pause. „Wie dem auch sei, wenn der Schatz noch nicht gefunden wurde, dann ist er versteckt, zerstört oder befindet sich in Privatbesitz.“ Er legte den Kopf in die andere Richtung. „Gibt es denn Aufzeichnungen zu den Schätzen? Oder wie wollt ihr glaubhaft bezeugen, dass es wirklich die Schätze von diesem Kapitän sind? Und würden nicht Kirche oder etwaige Nachkommen Anspruch erheben und die Schätze als ihr Erbe betrachten, für welches sie nicht willens wären zu zahlen?“
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Allegra Aldighieri
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

"Es sind nicht alle Piraten schlecht, wohl wahr, aber diese hier waren auf jeden Fall gottlos, dass sie so einen Helden der christlichen Seefahrt zu Tode gefoltert haben."

Allegra lächelt bei den Fragen.

"Gebeine sind eine Menge Wert, solange es die richtigen sind. Habt Ihr schon einmal San Siro besucht, oder eine der anderen großen Kirchen in Genua? Sie beinhalten vielerlei Reliquien, aber die Hauptattraktion sind die Gebeine der Heiligen, in deren Nähe die Gläubigen zu kommen suchen, um einen Abglanz von ihrer Heiligkeit zu erhalten, von den Heiligen Hilfe zu erflehen oder durch pure Nähe von Krankheit und Siechtum erlöst zu werden. An hohen Festtagen, wenn die Gebeine durch die Straßen getragen werden, ziehen sie eine ganze Traube von einer Prozession hinter sich her, die sich den Segen erhofft.

Kapitän Revio ist zwar 'nur' ein Seliger, nicht ganz so bedeutsam wie ein ordentlicher und kanonisierter Heiliger. Sein Leichnam war dem damaligen Hafenmeister dennoch eine fürstliche Summe wert, und sein Grab wird immer noch von Seefahrern aufgesucht, um für eine glückliche Überfahrt zu danken oder um eine solche zu bitten. Besucht es gerne einmal, vielleicht kann Euch Gottes Beistand auf hoher See von Nutzen sein."


Sie legt den Kopf ein wenig schief bei der Frage nach Aufzeichnungen.

"Es gibt keine 'Aufzeichnungen' als solche, die man nur aufschlagen muss um eine bequeme Zusammenfassung samt Karte und rotem X für das Schatzversteck zu haben. Das Wissen, das ich heute über Revios Schatz habe, habe ich mir über Jahre in mühevoller Kleinarbeit zusammengepuzzelt, aus Aufzeichnungen, Hagiographien, Ladeverzeichnissen, mündlichen Überlieferungen und vagen Legenden. Gerade letztere zwei sind oft verzerrt, aber oft die einzigen überlebenden Anhaltspunkte, und dennoch nützlich wenn man sie verifizieren oder wenigstens bestärkende weitere Anhaltspunkte finden kann.

Natürlich gibt es keine Sicherheit. Sicherheit gibt es nie bei der Suche nach Curios. Vielleicht ist das Piratenschiff mitsamt Schatz gesunken und ruht für immer am tiefsten Punkt des Meeres. Vielleicht haben die Piraten die Silberkruzifixe eingeschmolzen und das Holzkrufzifix in einem steifen Winter verfeuert. Aber mit 'hätte, könnte, sollte, vielleicht, das klappt ja doch sowieso nie' ist noch nie jemand reich geworden, ganz gleich ob Grabräuberin oder Pirat.

Ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich eine stabile Hypothese habe, und nur noch jemanden vor Ort brauche der sie für mich überprüft. Ihr - oder eure Leute - begebt Euch ohnehin nach Sardinien, und könnt die Augen und Ohren offen halten während Ihr auf Landgang seid.

Wenn sich die Spur erhärtet, können wir dann weitersehen. Ich muss Euch vertrauen, denn aus eigener Kraft schaffe ich es weder sicher nach Sardinien, noch wieder mitsamt Schatz heraus. Ihr müsst mir vertrauen, denn nur ich habe das Gespür und die Erfahrung, um das Versteck des Schatzes einzugrenzen, und die Expertise wie man heiße Curios so abkühlt, dass man am Ende mit Gold und Silber dasteht, und nicht vom erstbesten Kirchenfürsten als Dieb beschuldigt und ausgeplündert wird. Ich habe mit Curios gehandelt, noch bevor ich in die Nacht geführt wurde, auch mit Kirchengold und Reliquien - ich weiß ganz genau wie man das richtig macht."
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Vincente Carlos
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Nun, ich bin alles andere als bibelfest, aber mir war so als hieße es da irgendwo Staub zu Staub oder so. Daher wundert es mich doch sehr, wenn man die Toten ehrt, indem man sie öffentlich ausstellt. Warum dann nicht gleich Messen auf dem Friedhof abhalten oder zu ihnen in die Särge steigen? Würde ich jemanden verehren, ich würde seine Überreste nicht ausstellen wie einen ausgestopften Tierkadaver.“ Es lief ihm kurz den Rücken hinunter. „Aber vielleicht bin ich nicht auf dem Stand der Zeit, zweifelsohne bin ich nicht auf Stand mit der Religion und all ihren Feinheiten.“

Er schmunzelte so wie er es immer tat, wenn er an seine Aufgaben dachte. „Auf jeden Fall habt ihr mich neugierig auf dieses Grab des tapferen, kühnen Kapitän Revios gemacht. Wo genau soll es sich denn befinden? In Gesprächen mit anderen wurde angedeutet, dass eine zu … heilige Stätte wie Kirchen und Co. möglicherweise unsere Art... auf unangenehme Weise begrüßen könnten.“ Er schlenkerte mit der Hand. „Der Zorn Gottes und so.“ Fast hätte er mit den Augen gerollt. Es war für ihn schwer zu begreifen, diese Religion. Und dass sich Kainiten zu dieser hingezogen fühlten.

„Ich habe Kontakte nach Sardinien und bin dort sicherlich auch hin und wieder unterwegs, ich kann also gerne Nachforschungen anstellen. Bedenkt jedoch bitte, dass dort die... politische Lage mitunter etwas heikel ist und das Betreten von mitunter fremden Domänen entsprechend geächtet wird, wenn man erwischt wird.“ Er lächelte. „Bliebe dann noch die Sache mit der Entschädigung und der Aufteilung der Beute, sollte sie denn gefunden werden.“
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Allegra Aldighieri
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Allegra blickt ein wenig versonnen. "In einem Sarg unter sechs Fuß Erde zu liegen ist gar nichts so schlechtes. Man lernt gelassen zu bleiben anstatt der nutzlosen blinden Wut des Tieres zu verfallen, man lernt zu abzuwarten und darauf zu vertrauen befreit zu werden, und man lernt, mit seinen anderen Sinnen viel intensiver wahrzunehmen, wenn man erst mal einige Zeit von der Welt des Lichts und der Geräusche abgeschnitten ist.
Besonders, wenn man die Enge mit einer lieben Person teilt, dicht zusammengedrängt und den forschenden Händen hilflos ausgeliefert, sich ihnen ruhigen Herzens unterwerfen während man sie immer intensiver fühlt..."
Ihr Tonfall wird zunehmend schwelgerisch und ihr Blick verträumt, als die Erinnerungen an ihre Zeit als Küken zurückwandern. Nur ein wenig widerwillig kehrt sie zum Geschäftlichen zurück.

"Ihr werdet etwas in Sardinien tun müssen, das ist wohl wahr, aber andererseits hättet Ihr ohne mich niemals von dieser Gelegenheit erfahren und seid in ein kostbares Geheimnis eingeweiht. Ich betrachte uns damit als quitt, was Vorarbeiten angeht.

Die Aufteilung des Schatzes selbst machen wir zu gleichen Teilen. Wenn wir also keinen weiteren Kainiten hinzuziehen müssen um zum Erfolg zu kommen, bekommt jeder die Hälfte.
Eure Clansschwester, die verehrte Drita, kann diese Vereinbarung gerne besiegeln ehe die Expedition selbst stattfindet. Dann müsst ihr nicht fürchten, dass ich mich hinter Eurem Rücken auf einem fremden Boot davon mache, und ich nicht, dass Ihr mich nachdem ich meine Schuldigkeit getan habe in Ketten legt und in ein Serail verkauft."


Sie setzt sich auf und schiebt ihre Beine über die Kante der Liege.

"Kapitän Revios Grab findet man gleich ganz in der Nähe nur eine Viertelstunde Fußmarsch entfernt, Kirche San Giorgio in Platelonga. Ihr müsst nicht befürchten dass ein gleißender Bannstrahl vom Himmel fährt und Euch in Asche verwandelt, ich habe Grab und Kirche selbst besucht bei meinen Nachforschungen.

Ich kann Euch selbst hinführen und es direkt zeigen, wenn Ihr mir ein paar Minuten Zeit gebt mich umzukleiden."
Sie greift sich ins offene Haar, während sie mit der anderen Hand über das kurze weiße Chiton streicht. "Hier am Hof der Wunder stört sich keiner daran wenn ich mich hübsch mache und mein Haar und meine anderen Vorzüge zur Schau stelle. Ganz im Gegensatz zu Pfaffen und Kirchgängern, leider."
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Vincente Carlos
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Ist dergleichen üblich bei eurem Clan oder ist dies... eine Eigenheit eures Schöpfers?“ Er bekam schon bei dem Gedanken an lebendiges Eingesargt sein Beklemmungen. Auch klang es ganz so, als würde man sich dabei andauernd Kopf oder Ellenbogen stoßen.

„Und, falls es keine zu indiskrete Frage ist, wie kam es, dass man euch beide begraben und ihr euch auch nicht aus dem Grab befreit habt? Geschah dies etwa freiwillig, als eine Art Prüfung? Ich frage nur, da ich mir die Dunkelheit, die Enge, die Beklemmung und der Hunger alles andere als angenehm vorstelle.“

Er wartete die Antwort ab.

Auf den Vorschlag, die Ancilla Drita als eine Art Schiedsrichter hinzu zu ziehen, musste er kurz nachdenken, bevor er antwortete. „Nun, ich bin sicher, dass wir auch was diesen Punkt angeht eine Lösung finden werden. Hattet ihr denn schon mit meiner geschätzten Clansschwester zu tun? Hat sie schon früher für euch eine solche Aufgabe übernommen?“ Er legte kurz den Kopf schief. „Ich frage nur deshalb, weil sie für derartige Fälle womöglich eine Gegenleistung erwarten wird.“ Er zuckte mit den Schultern und seufzte. „Bei Unsereins ist in den seltensten Fällen etwas umsonst. Vielleicht Rachsucht und Nachtragigkeit.“, fügte er am Ende noch scherzend hinzu.

Sein Blick folgte ihren Bewegungen. „Wenn ihr die Zeit erübrigen könnt, so können wir gerne zu besagter Kirche aufbrechen. Ich hatte bisher nicht das Vergnügen und lerne gerne dazu.“ Sein Blick blieb etwas länger an ihren Beinen hängen und an der Stelle, wo der Stoff diese zu bedecken begann. „Lasst die Pfaffen doch Pfaffen sein. Meinetwegen jedenfalls müsstet ihr euch nicht umziehen, ich würde euch auch so zurecht gemacht in die Kirche begleiten.“
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Allegra Aldighieri
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

"Ja, man könnte sagen, es ist eine Art Prüfung - eine Schulung in Gelassenheit und Selbstbeherrschung. Und in noch mehr als das: Man lernt, mit seinen verbliebenen Sinnen besser wahrzunehmen, und kann es auch später willentlich intensivieren - zuerst mit Augenbinden, dann mit geschlossenen Augen, und später wenn man es wirklich verinnerlicht hat sogar mit offenen Augen, selbst binnen eines Herzschlages.

Viele Kappadozianer haben ähnliche Bräuche, aber mein Erzeuger war da tatsächlich etwas außergewöhnlich. Besonders wie er mir die Vorzüge einer intensiver fühlenden Haut gezeigt hat..."
Sie kichert etwas albern, als sie daran zurückdenkt. "Aber es war sehr effektiv, ich habe sehr gut aufgepasst nach solch einer Lektion. Und er hat mich gelehrt, mich Dinge zu trauen die ich als anständiges Mädchen niemals gewagt hätte.

Wie war es bei euch selbst und anderen Magistern, werter Vincente? Wurdet ihr jemals besonders geschult in der Selbstbeherrschung, in der Konfrontation eurer Ängste, in den Feinheiten der Pfade? Oder hat man euch einfach ins Wasser geworfen und geschaut, ob ihr sinkt oder schwimmt?"


Allegra wirkt aufrichtig neugierig, und schließlich hat sie auch einiges von sich selbst offenbart.

"Ich hatte bereits Kontakt zu verehrten Drita, daher weiß ich von ihrer Dienstleistung Verträge, Gefallen und dergleichen zu bezeugen und zu besiegeln. Natürlich macht sie das nicht für umsonst. Aber wenn sich mein Verdacht erhärtet und wir wirklich den dicken Fisch unseres Unlebens an der Angel haben, dann wären zwei kleine Gefallen an sie nur eine Rundungsungenauigkeit, etwas das wir womöglich einfach mit unserem neu gewonnenen Reichtum einfach von uns wischen können.
Aber damit können wir gerne noch warten, bis die Ergebnisse eurer Nachforschungen vorliegen und wir wissen, dass es sich auch tatsächlich lohnt, eine Expedition zu starten."


Sie bemerkt den Blick auf ihre Beine sehr wohl und lacht auf. "Wenn es rein nach mir ginge, würde ich die Kirche auch nackert aufsuchen. Aber leider sind die wenigsten Sterblichen so aufgeschlossen wie du." Sie wendet sich ein wenig von Vincente ab und löst den Verschluss des Chitons, um es abzustreifen und sorgfältig auf ihre Liegebank zu legen. Einen langen Moment steht sie einfach so da wie von Gott geschaffen - gerade abgewandt genug um nicht sofort etwas interessantes zu offenbaren, gerade unter ihren langen Locken, aber wenn man nur den Kopf etwas reckt...
Danach geht sie daran, Schicht um Schicht ihre bunten Tücher anzulegen - eine Menge bunte Tücher. 'Kurz etwas überziehen' hat für die eitle und auf die Zurschaustellung ihres Reichtums bedachte Kappadozianerin eine etwas andere Bedeutung als für irgendwelche ärmlichen Sterblichen, oder selbst für viele Kainskinder.
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Vincente Carlos
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Nun, ein bisschen Selbstbeherrschung und Gelassenheit hat noch niemandem geschadet.“ Etwas verbissen dachte er, dass Selbstbeherrschung bei Umgang mit Kainiten eher dem eigenen Überlebenswillen geschuldet war – und damit eher einem Müssen und weniger einem Wollen. „Sicherlich ist es eine sehr nützliche Fähigkeit, die sich in Gegenwart anderer mit Sicherheit oft bewähren wird. Ist diese Schulung Teil eures Pfads bzw. dem eures Herrn? Es ist ein interessanter Ansatz.“

Kurz lachte er auf. „Habt ihr schon einmal einen Kainiten baden gesehen? Und ich spreche hier nicht von einem Gangrel.“ Etwas ernster fügte er hinzu. „Die meisten dürften, wenn man sie ins Wasser wirft, untergehen. Auch ohne, dass man ihre Taschen zuvor mit Steinen füllt. Wobei es natürlich auf die Jahrhunderte gerechnet immer auch solche gibt, denen man eine solche Gabe mit auf den Weg geben möchte.“ Er Wolfslächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Dann dachte er an seine Lehrjahre, wenn man sie so bezeichnen kann, zurück. „Nun, mein Erzeuger hat mir sicher die Grundlagen beigebracht, oder zumindest jene die ihm passten. Seit meinen Jahren in Genua merke ich bei den Zusammenkünften wie schnell Situationen eskalieren können – und oft nur, wegen eines unbedachten Wortes oder aus Unwissenheit. Die Etikette jedenfalls ist ein gefährlicher Tanz. Und ein jeder wird ihn lernen müssen, wenn Mächtigere einen dadurch nicht zu Fall bringen sollen.“ Er sprach diese Worte ohne Verachtung, aber doch mit einem gewissen Verdruss in der Stimme. Er war letztlich ein Mann, der die ersten harten Lektionen hatte lernen müssen, und der wusste, dass es nicht die letzten gewesen wären.

„Jedenfalls bin ich es aus meinen Zeiten mit Menschen anders gewohnt. Seemänner sind rauer und wenn man sich etwas zu sagen hat, dann sagt man es oder man gibt anderweitig zu erkennen, dass das Gegenüber mit einem Messer im Rücken rechnen sollte. Selbst unter Freunden kann es sein, dass man sich betrunken schlägt und beschimpft. Und am nächsten Morgen stellt man sich Seite an Seite einem gemeinsamen Angreifer.“ Er machte kurz eine Pause. „In gewisser Weise ist ein solches Leben ehrlicher. Seit ich in Genua bin habe ich immer öfter das Gefühl mir auf die Zunge beißen zu müssen.“

Er rollte ein paar weitere Gedanken im Kopf hin und her.
„In gewisser Weise sind wir einander sogar ähnlich. Ihr habt in einem Grab ausgeharrt und ich hatte Kasib und die Einsamkeit des Meeres.“ Er blickte verträumt, als könne er die Vergangenheit sehen.

„Es hat sich durch meine Wandlung nicht allzu viel für mich geändert, da bestimmte Bereiche meines Lebens gleich oder zumindest ähnlich geblieben sind. Ich bin schon zu Lebzeiten zur See gefahren und das Meer ändert sich nicht. Es ist weiterhin schön und wild und frei, ebenso wie Bruder Wind. Wenn mir Genua zu viel wird, dann suche ich manchmal diese Einfachheit der See wieder auf.“

Er wedelte kurz mit der Hand. „Ich kann in all dem natürlich nicht für meine Clansbrüder oder -schwestern sprechen. Unser aller Weg und Werdegang dürfte sich unterscheiden, schon alleine aufgrund von Abstammung und der damit einhergehenden Ausbildung. Ich bin sicherlich mehrmals mit meinen Befürchtungen und Ängsten konfrontiert worden – und werde es noch immer. Ob ich am Ende schwimmen kann, das wird sich erst noch zeigen müssen. Und wird sicher auch immer vom Wohlwollen anderer abhängig sein.“

Zu den Erklärungen zu Drita nickte er. „Ihr habt Recht, bevor wir andere scheu und auf die Sache aufmerksam machen, sollten wir erst prüfen ob und wie leicht oder schwer der Schatz gefunden werden kann. Am Ende kommt uns noch jemand mit mehr Ressourcen zuvor. “

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht gerade wenige Sterbliche dafür bezahlen andere nackert zu sehen, sie würden es nur nicht offen zugeben. Und die Kirchenleute scheinen da ja noch einmal besonders verklemmt und … frustriert?“

Vincente wand den Blick nicht ab, als sie sich auszog und nackt vor ihm stand. Warum auch? Er hatte schon viele Nächte damit verbracht für etwas zu zahlen, was er hier umsonst bekam. Und im Gegensatz zu manchen Bordellen und Trinkhäusern war es hier sauber. Daher wartete er geduldig, bis sie sich wieder in ihre Tücher gehüllt hatte. Vielleicht konnte er ja für seine eigene Garderobe noch etwas lernen.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Die Kappadozianerin zeigt keinerlei Scheu, als sie betrachtet wird, und plaudert währenddessen einfach weiter. Sie ist eine eher mädchenhafte als frauliche Schönheit, mit schmalen Hüften und kleinen Brüsten.
Auch ist sie sehr mager, mit hervorstehenden Rippen - als Sterbliche hat sie sich wohl nur selten satt essen können.
Eine weitere Auffälligkeit ist das Fehlen jeglicher Körperbehaarung unterhalb des Halses. Ihre Locken sind wohl nicht das einzige, was sehr sorgfältig direkt vor dem Kuss zurecht gemacht wurde - ihr Erzeuger muss großen Wert auf ihr Erscheinungsbild gelegt haben.

"Begraben zu werden gehört bei den meisten Kappadozianern dazu. Manche begraben ihre Kinder sogar ohne Vorwarnung gleich nach dem Kuss, damit sie sich aus ihrem eigenen Grab freischaufeln müssen, und entscheiden dann danach wie das Kind damit zurecht kommt, ob es der Weiterexistenz würdig ist oder vernichtet werden sollte. Aber sooo streng war Ivain nie zu mir. Es war ihm immer wichtig, dass ich Dinge aus eigenem Entschluss tue - und er war zugegebenermaßen gut darin, mich dazu zu bringen, am Ende selbst die Dinge tun zu wollen, vor denen ich mich anfänglich geziert habe."

Sie ist gerade eben fertig damit, ein buntes Tuch um ihren Oberarm zu wickeln, und blickt Vincente mit großen Augen an.

"Das ist eine der Kerntugenden des Oudos Thyrsophoros. Den freien Willen zu achten, niemanden zu zwingen, dem anderen auf Augenhöhe zu begegnen und andere durch Überzeugungskraft zu bewegen, nicht dadurch dass man ihnen eine Kette anlegt und daran zerrt.

Nach dem, was du mir erzählt hast, wurdest du niemals gezielt geschult in deinen Tugenden, und hast wahrscheinlich auch nie viel über unsere Pfade gelernt.
Lass dir nur gesagt sein, dass es unter uns auch welche gibt, die nicht damit zufrieden sind, dass irgendwelche Tyrannen sich herausnehmen, bestimmen zu wollen wie andere zu leben haben, wie sie zu denken haben, wie tief sie vor ihnen zu Kreuze zu kriechen haben - und dann ihren Willen durch Strafe erzwingen, weil ihr Argument zu schwach ist um durch Überzeugung zu wirken.

Wenn du magst, kann ich dir bei anderer Gelegenheit mehr davon erzählen. Aber nur wenn du willst, denn wie schon gesagt wollen wir Thyrsophoroi nur Freiwillige, die aus freien Stücken auf uns zukommen."
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Vincente Carlos
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Re: [1080] Nymphae Euplokamo [Allegra, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente lauschte ihren Erklärungen. Jemanden im Unwissen zu begraben, ihn oder sie absichtlich dem Schrecken, der Angst und der Furcht auszusetzen schien ihm sonderlich und nicht gerade der beste Start für eine gute Beziehung. Offenbar schien jedoch ein jeder seine eigenen Mittel und Wege zu haben, einen anderen in die Nacht zu holen und zuvor auf die Probe zu stellen. Kasib hatte da sicher auch das ein oder andere im petto gehabt.

„Oudos Thyrsophoros? Was bedeutet das? Habt ihr das auch auf einer eurer alten Schriftrollen in einem Grab entdeckt?“

Bei ihren folgenden Worten musste er überlegen. „Nun, die Kunst einer Überredung ist sicherlich praktisch wie nützlich. Doch wenn ihr an ein paar gesellschaftlichen Veranstaltungen teilgenommen habt, so werdet ihr merken, dass die Einhaltung bestimmter Regeln wichtig ist. Wird Anstoß genommen, so kann dies auch schnell in Blut enden. Das Tier lässt sich nicht immer zügeln, auch wenn der Kopf es noch so sehr wünscht. Und der ein oder andere geht vielleicht gerade in dieser Zügellosigkeit erst richtig auf.“
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