Paolo kannte den Hof der Wunder, aber war nur selten mal dort gewesen früher. es war ein Ort der Laster, der Wollust, des Rausches, der Spielsucht, der seichten Unterhaltung und all jenes weiteres, dass Menschen Freude machte und Kainskindern sicher auch. Lichter, Lachen, bunte Farben, Tücher, Decken, Kissen. Es war wie ein großer Spielplatz für Erwachsene.
Der Hof war aber auch ein verwildeter Ort, was womöglich gerade den Reiz an ihm ausmachte. Hier gab es keine Regeln oder wenn kannte Paolo sie nicht. Jeder sprach einfach mit jedem. Setzte sich zueinander, musizierte, spielte, trank oder fickte.

Es war an sich ein guter Jagdort, wenn man hier jagen durfte und es einen nicht kümmerte, was so alles im Blut des ausgewählten Opfers mitschwamm.
Paolo wusste gar nicht warum es ihn diesmal ausgerechnet hier hin gezogen hatte. Vielleicht einfach weil er den Rest der Stadt nun schon so oft gesehen hatte und die Nacht etwas lebhafter werden sollte und vielleicht ließ sich hier das ein oder andere Schmuckstück erstehen.

Der Hof der Wunder. Immer wieder ein seltsamer Anblick. Selbst bei Nacht war es hier selten ruhig. Wenn einmal die Menschen ruhig waren, konnte man ihren Geruch noch immer wahrnehmen. Halb verborgen lag er da und doch war es ein Ort an dem soviel passierte. Der Cortiele delle Meraviglie schlief wahrlich nur selten. Auch wenn die Farben ihm wohl Inspiration sein konnten, war der Brujah nur selten hier. Allzu chaotisch. Zu lasterhaft war das Treiben an diesem Ort. Mit einem Schmunzeln dachte er an eines seiner lasterhaften Werke, bog um die Ecke und genoß für einen Moment die plötzliche Wildheit. Es war als würde man in einer anderen Stadt sein.

Aufmerksam flogen seine Augen über die Anwesenden. Er würde nicht groß auffallen. Seine Kleidung war dem Platz angemessen und selbst ein Geldbeutel schien zu fehlen. Barfuß, die rauhen Hosenkleider von unten bereits im Auflösen begriffen, der Unterrock mit bunten flecken versehen. Auch die sonst so übliche Fibel fehlte und der dunkle wollene Umhang wurde nur von einem schlichten Knoten gehalten. Die Weste geflickt und mit fehlenden Schnüren zum Binden. Ja hier stand jemand der so aussah, als könnte er hierher passen. Kein Mitglied eines hohen Clans. Kein Gelehrter. Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen als er in die Menge eintauchte.

Während manch ein Besucher sich bemüht, sich unauffällig unter die Menge zu mischen, versuchen andere, in der Explosion aus Sinneseindrücken auch noch herauszustechen.

Eine bleiche junge Frau, mit einer wild zusammengestoppelten Mischung aus Stoffen und Farben, ohne sackleinenen Überwurf, treibt sich zwischen den Ständen der Trödler und Ramschhändler herum. Anstatt der üblichen Haube trägt sie dieses mal eine phrygische Kappe, die nur den oberen Teil des Kopfes bedeckt und die Lockenpracht darunter ungezügelt herauswallen lässt.
Ein Mann mit einem beladenen Handkarren läuft ihr hinterher, während sie von Stand zu Stand geht. Waren landen vom Handkarren an den Ständen, seltener von den Ständen in den Handkarren, und Münzen werden ausgetauscht - und diese stets aus Richtung der Stände in den Säckel der jungen Frau.
Sie legt dabei eine gewisse Routine und Zielstrebigkeit an den Tag, als würde sie das öfter machen. Definitiv keine Bummlerin, die lustwandelt und trödelt um die Eindrücke des Hofs der Wunder aufzusaugen.

Trödeln tat dafür Paolo, der sich nach und nach die kleinen provisorischen Stände der Händler ansah und schließlich bei Schaustellern stehen blieb, die ein zotiges Stück aufführten, das nur so vor sündigen und spitzen Possen triefte. Nicht gerade eloquent, aber witzig, wenn man sich zu vulgären Humor hinab lassen konnte.
Hin und wieder rieb oder drückte sich der Ravnos das rechte Ohr.

Dann schlenderte er weiter und sah doch so aus als würde er nach etwas bestimmten Ausschau halten, gerade hielt er bei einem Mann der Würfel und Spielfiguren aus Bein, Zahn und Holz anbot. Er sprach mit ihm, kaufte aber offenbar nichts.

Es war eine dieser Nächte, die sie ganz und gar und gänzlich ihrem Vergnügen zugeschrieben hatte. Zufrieden lächelnd stand die junge Brünette an eine Wand gelehnt, das Haar zu einem simplen Zopf geknotet und unter einem schlichten schwarzen Schal halb verborgen. Atessa hatte ein einfaches, unbesticktes dunkelrotes Kleid an - als wolle man gesehen werden, aber dann doch nicht zu sehr.

Ihr Blick schweifte ein ums andere Mal über die Menge der sich bewegenden Leiber und manchmal hatte sie das Gefühl, als würden ihre begeisterten Blicke diejenigen, denen sie ihre Beachtung schenkte, nur noch mehr zur Bewegung animieren. Es war ein Fest, wie bei jedem ihrer Besuche!
Doch jedes Mal, wenn ein Mann oder ein Frau auf sie zukamen, lehnte sie ab. Vielleicht war der direkte Kontakt mit Sterblichen in dieser Gegend zu gefährlich, vielleicht wollte sie aber auch einfach nur zuschauen und gelegentlich in ihren Träumen schwelgen...

Atessa hatte erst eine ihrer Art hier angetroffen. Eine Schande eigentlich, war dieser Kessel aus Farben und Lauten doch ein Ort, an dem man seine Existenz voll und ganz genießen konnte...

Die Blicke des Zeloten überflogen die Stände. Blieben an einigen Waren hängen, aber offenbar wollte er nichts kaufen. Es war vielmehr der Blick eines Kenners, der Ware beurteilte. Andere mochten mehr Augen für die Sterblichen haben, der Brujah hingegen schenkte diesen wenig Beachtung und schien viel eher einen Überblick zu haben, ob es an den Ständen auch Waren gab, die einen Kauf wert waren. Insbesondere nachdem er Allegra, die selbst an einem Ort wie diesem kaum zu übersehen war, gewahr wurde. Er veränderte seine Position etwas, um hinter der Kappadozianerin zu laufen und begutachtete, was sie dort scheinbar unter die Leute brachte. Erst nachdem er der bleichen Frau in bunten Gewändern ein wenig gefolgt war, sah er Paolo, der wohl viel besser in diese Gegend zu passen schien. Ob er wohl auf der Jagd war? Der Gedanke war da, doch in dem Moment sah er die brünette Dame, die er bereits auf dem Hoftag gesehen hatte, wie sie einen weiteren Verehrer scheinbar abwimmelte. Doch wo war Paolo nun hin? Zumindest Allegra konnte man kaum verlieren.

Der Handkarren von Allegras nützlichem Idioten enthält allerlei Krimskrams - Statuetten, kupferne Kettchen, Krater und andere Töpferware, thespische Masken, und, seltsam genug, irdene Becher von aktueller Machart.
Einer der Händler - ein älterer Mann mit grauem Zottelbart - gibt Allegra sehr viel weniger Münzen als die anderen, und es kommt zu einem Streitgespräch. Dessen Ende bekommt Gabriel noch mit, während die Kappadozianerin schnaubend eine bauchige Glasflasche mit einem Riss vom Stand nimmt.

"...egal, ob da schon drei Leute waren die 120 oder 130 Silberpfennige dafür geboten haben. Für 180 Silberpfennige geht sie weg oder gar nicht! Im Einkauf hat sie mich schon 200 Pfennige gekostet, ich lege mit dem Preis ja jetzt schon reichlich drauf!"

Auf einen Wink von ihr teilt der Helfer kleinere Artefakte aus und ersetzt damit den verkauften Warenbestand.

"Eine Woche steht sie schon hier und setzt Staub an, ich übergebe die Aufgabe lieber an jemand fähigeren. Und Antonio - bei meiner nächsten Runde will ich mehr in der Kasse sehen, 30 Pfennige müssen schon für mich rausspringen. Bessere Händler stehen schon Schlange, um Melinoes Netzwerk beizutreten."

Mit diesen Worten entfernt sie sich und lässt den etwas bedröppelt dreinschauenden Antonio zurück. Sie nähert sich dem ruhigeren Rand des Marktes (so weit man auf dem Hof der Wunder von 'ruhig' sprechen kann) und wird einer Gestalt in einem dunkelroten Kleid gewahr, die gegen die Wand lehnt. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, und sie winkt Atessa mit dem rechten Arm heftig zu, um in dem Trubel etwas aufzufallen. Mit dem linken gibt sie dem Helferlein ein schiebendes Handzeichen, das sich darauf mit dem Handkarren von ihr entfernt.

Am Ende einer niedrigen Mauer, strategisch recht günstig, saß die alte Strega auf der Mauer. Gehüllt in ihre Lumpen und der Kopf bedeckt von einem schmutzigen Kopftuch. In ihrer gebeugten Haltung sah sie jämmerlich und bemitleidenswert aus. Neben ihr auf der Mauer lag der alte knorrige Stock, den sie als Krücke und Stütze benutzte. In ihrer zittrigen Hand hielt sie eine hölzerne Schale, die sie vorbeieilenden Besucher des Hofes der Wunder flehend entgegenstreckte und um eine milde Gabe im Namen Gottes bat. Nur all zu selten landete eine Münze in der Schale, die von der alten aufgeklaubt und geschickt in den Wirren ihrer Lumpen verschwand.

Beobachtete man sie lange genug fiel jedoch auch auf, dass sie ihre Umgebung und das Treiben gut im Auge behielt. Von der Mauer aus konnte sie die Menge auch ganz gut überblicken und sie hatte die untoten Akteure in diesem Treiben auch recht schnell ausgespäht und verfolgte ihre Bewegungen.

[Wahrnehmung + Aufmerksamkeit: 10, 9, 9, 8, 8, 4, 2] 5 Erfolge

Diese Nacht ist es, wo sich Pietro nun umsah in was für einer Stadt er eigentlich gelandet ist. Und natürlich war es so, dass man schnell von diesem Ort hörte. Er kam wie gerufen für Pietro. In seiner Üblichen bekleidung - Ein weißes Stoffhemd mit Lederüberwurf und Stofflicher Hose sowie Stoffsandalen - war er auf dem Weg zu diesem Bunten örtchen. Der Toreador machte halt vor einer alten Dame auf einer Mauer, welche anscheinend um einige Münzen zu betteln schien. Er beschloss, diese einen moment zu betrachten und warf ihr mit einem Lächeln eine Münze in die Schale, nur um dann den Weg weiter zu führen. Einige male hielt er bei Verkaufsständen an, betrachte aber eher die Vielfalt und die reichhaltigkeit an Farben die es hier zusehen gibt. Ja, dies ist ein Ort, an dem er sich gerne aufzuhalten schien.

Vorläufig bleibt er bei einer Gruppe an Straßenschauspielern stehen und betrachtete eine Darbietung die mehr als nur Sündhaft schien. Es scheint für den Toreador etwas Interessantes zu sein, weshalb seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf dieser Darbietung zu liegen scheint.

Die "alte Dame", der Pietro eine Münze in die Schale gelegt hatte betrachtete den jungen Mann mit einem merkwürdig gierigen Blick und fasst ihm an die Schulter. Mit zittriger Hand und ohne viel Kraft. Nicht genug um ihn wirklich aufzuhalten und wenn er weitergehen wollte, würde sie ihn nicht davon abhalten können.

"Gott sei's gedankt, mein hübscher Junge...sag mal haben wir uns nicht schon mal gesehen? Du kommst mir so bekannt vor."

Sie gluckste vergnügt und anzüglich.